Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

In einer Regelung im Rahmenvertrag, der zwischen den Dachverbänden zu schaffen ist, wäre es richtig untergebracht, zumal dieser auch in aller

Transparenz offengelegt werden muss und der Kontrolle durch den Landesrechnungshof unterliegt.

Insgesamt erfährt dieser Gesetzentwurf unsere Unterstützung, allerdings mit Ausnahme von § 3 in Artikel 1 aufgrund der Ausführungen, die ich hierzu gemacht habe.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion der FDP folgt die Abgeordnete Sylvia Bruns. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wichtigkeit der Arbeit der Freien Wohlfahrt ist unumstritten. Sie übernehmen Aufgaben, die zum Teil als staatliche Aufgaben angesehen werden können. In vielen Bereichen ist sie innovativ tätig, und sie erbringt Leistungen, die sie im öffentlichen Interesse leistet. Als Beispiele möchte ich nur die Drogenhilfe, Suppenküchen, Asyl- und Straffälligenhilfe anführen. In diesem Punkt waren wir alle uns im Ausschuss einig: Diese Arbeit muss dringend gewürdigt werden. Deshalb begrüßen auch wir, dass die bisherige Förderpraxis jetzt analog zum Sportfördergesetz umgesetzt werden soll.

Ebenso begrüßen wir die Erhöhung der Mittel um 1 Million Euro für die Freie Wohlfahrt, wie es sich aus der Liste von Rot-Grün ergibt. Sie werden diese Summe auch in den Änderungsanträgen der FDP zum Haushaltsentwurf wiederfinden.

Jetzt fragt man sich, warum wir nun einen Änderungsantrag ins Plenum einbringen, wenn wir alle uns augenscheinlich doch einig sind. - Unser Änderungsantrag ist die Formulierung, wie sie sich aus der Vorlage 9 zu dem Gesetzentwurf ergibt. Wir möchten eine Formulierung im Gesetz, die definitiv die Leistungen, die sich aus dem SGB XI ergeben, ausschließt.

Seit 1994 gibt es im SGB XI eine Gleichstellung der Träger der Freien Wohlfahrt und der privaten Anbieter. § 82 Abs. 2 SGB XI sagt deutlich, dass öffentliche Zuschüsse zu Betriebskosten bei den Pflegesatzvergütungen von den Pflegekassen abgezogen werden müssen. Lottomittel sind öffentliche Zuschüsse. Es heißt nicht, dass sie abge

zogen werden können, sondern sie müssen abgezogen werden.

Der Landesgesetzgeber muss in diesem Gesetzentwurf dringend eine Grenze vorsehen. Der Verweis auf die Abgabenordnung - wie es auch Kollegin Schwarz schon sagte - reicht bei Weitem nicht aus und öffnet Tür und Tor für eine unrechtmäßige Verwendung der Mittel.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Wenn man sich mit Fachleuten unterhält, ist diese Meinung eindeutig. Mit Verweis auf die Abgabenordnung können Sie auch Einrichtungen der Freien Wohlfahrt bis zu 100 Millionen Euro zukommen lassen, ohne dass die Abgabenordnung berührt wird.

(Christian Grascha [FDP]: So ist es!)

Diese werden bei den Einrichtungen eingesetzt, die auf einem gesetzlich eingerichteten Markt agieren und ihre Kosten ausschließlich nach den Vorschriften des SGB XI zu refinanzieren haben. Diese Einrichtungen unterliegen denselben Rahmenbedingungen wie ihre Mitbewerber. Hier wird scheinbar eine Grenze eingezogen, die es faktisch nicht gibt.

Auch wissen wir nach dem Brief, den die Freie Wohlfahrt nach Vorlage der Vorlage 9 verschickt hat, dass nicht immer eine rechtmäßige Verwendung stattgefunden hat. Umso dringender haben wir hier Handlungsbedarf.

Ich möchte aber noch einen ganz anderen Aspekt ansprechen. Das Gesetz kann zum Bumerang für die Freie Wohlfahrt werden. Die Kostenträger verfolgen diese Debatte mit Erstaunen. Sie werden demnächst dafür sorgen, dass jede Einrichtung, die in Pflegesatzverhandlungen geht, genau darlegen muss, dass sie keine Fördermittel nach dem Wohlfahrtsgesetz erhält. Sollte dies der Fall sein, werden diese Fördermittel von den Pflegesätzen abgezogen.

Man kann sich auch vorstellen, dass die Kostenträger demnächst nachfragen werden, warum man denn keine Mittel nach dem Wohlfahrtsgesetz beantragt hat.

Die Pflegesatzverhandlungen werden also für alle nicht einfacher, sondern schwieriger. Eine Erhöhung der Pflegesätze rückt in weite Ferne, und zwar für öffentliche Träger und für private Träger. Auch wird sicherlich vonseiten der Kostenträger über mögliche Regressansprüche geredet werden müssen.

Ich würde jetzt gern noch kurz auf das Stichwort „Geheimverträge“ eingehen. Dieses Wort findet sich ja gar nicht in dem Gesetzentwurf. Wir haben damals eine Anfrage zum Thema „Geheimverträge“ gestellt. Dabei ging es hauptsächlich darum, dass man vorher nicht einsehen konnte, wie die Förderrichtlinien sind. Das ist unüblich, wenn man mit Steuermitteln agiert. Weder das MS noch die Wohlfahrtsverbände wollten die Verträge offenlegen. Da habe ich mich tatsächlich gefragt, warum das nicht geschieht, wenn doch alles so transparent ist.

Unser Änderungsantrag würde Klarheit in die Gemengelage bringen. Zum einen schützt er die privaten Anbieter, zum anderen auch die Freie Wohlfahrt, da die SGB-XI-Leistungen definitiv ausgeschlossen werden.

Wir werden also den ersten Punkten des Gesetzes zustimmen, weil wir sie durchaus gelungen finden, werden aber natürlich an unserem Änderungsantrag dazu festhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Frau Kollegin. - Es folgt als Nächstes für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Thomas Schremmer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das neue Gesetz sichert aus meiner Sicht und aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für Niedersachsen die unverzichtbaren Aufgaben der Freien Wohlfahrtspflege ab. Ich will ganz deutlich sagen, dass die Aufgaben, die hier übernommen werden, sozialstaatlicher Art und auch Aufgaben der Daseinsvorsorge sind.

Frau Schwarz, wir können ja einmal die Bevölkerung, insbesondere die älter werdende Bevölkerung im nächsten Wahlkampf fragen, was sie davon hält, wenn Sie sagen, Altenpflegeeinrichtungen seien keine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Da bin einmal sehr gespannt auf den Diskurs.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich finde es absolut richtig, dass wir hier ein Gesetz verabschieden, das in erster Linie nichts mit dem SGB XI zu tun hat. Das ist völlig klar. Das hat der Landesrechnungshof - das will ich noch einmal ausdrücklich sagen - in jeder seiner bisherigen

Stellungnahmen auch bestätigt. Auch in der Anhörung hat sich keineswegs etwas ergeben, was darauf hindeuten könnte, dass die Freie Wohlfahrtspflege diese Mittel bisher zweckentfremdet hat.

Insofern begrüße ich, dass es, was das Gesetz angeht, offensichtlich eine große Übereinstimmung zwischen allen hier vertretenen Parteien gibt. Ich habe allerdings den Eindruck, dass es nach dem Motto läuft: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ Zu dem Punkt, der hier in Rede steht und bei dem es um Wettbewerbsverzerrung geht, gab es eine - wie ich finde und wie der GBD auch gesagt hat - bemerkenswerte Intensität der Beratung im Ausschuss. Das hat dazu geführt, dass wir letztendlich eine Regelung aufgenommen haben, die auch der GBD als richtig empfindet und an dieser Stelle für geboten hält.

Im Übrigen will ich auch noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass das, was die privaten Pflegeanbieter uns im Ausschuss jedes Mal vorgeworfen haben, im Grunde jeder Grundlage entbehrt. Denn wir wissen alle, das Verhältnis der Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen von Privaten zu freien gemeinnützigen und kommunalen Trägern liegt bei 60 zu 40. Es kann also gar nicht sein, dass es hier eine Benachteiligung der privaten Anbieter gibt. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird diesem Gesetzentwurf deshalb in vollem Umfang zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Es gibt eine Kurzintervention der Kollegin Schwarz auf den Redebeitrag von Herrn Schremmer. Bitte sehr, 90 Sekunden!

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Kollege Schremmer, Sie haben hier auf den künftigen Wahlkampf hingewiesen. So weit schauen wir noch gar nicht. Wir wollen jetzt erst einmal ordentliche Arbeit machen. Aber aufgrund Ihrer Unterstellung will ich deutlich machen, dass ich in meiner Rede nur darauf hingewiesen habe, dass im Zusammenhang mit dem Verkauf einer kommunalen Altenpflegeeinrichtung in Wilhelmshaven der dortige Oberbürgermeister gesagt hat - ich zitiere aus der Wilhelmshavener Zeitung vom 5. Dezember 2014 -, „dass der Betrieb von Altenheimen keine

Aufgabe der Daseinsvorsorge sei und mithin nicht durch Steuergelder subventioniert werden dürfe“. Offensichtlich hat auch die dortige SPD-Ratsfraktion das genauso gesehen und auch zugestimmt. Dann klären Sie das bitte nicht mit mir, sondern mit dem Vertreter aus Wilhelmshaven - der sitzt etwas näher dran -, warum das so ist.

Ich habe hier allerdings auch deutlich gesagt, dass es uns nachdenklich stimmen sollte, wenn diese Auffassung auf kommunaler Ebene besteht. Das ist auch seitens des GBD in den Beratungen deutlich gemacht worden. Diesen Hinweisen sollten wir uns nicht verschließen. Wir sollten das hier deswegen möglichst rechtssicher gestalten. Das ist unsere Aufgabe als Landtag, der wir nachkommen sollten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Herr Schremmer, Sie können erwidern. 90 Sekunden!

Herr Präsident! Liebe Kollegin Schwarz, Sie haben natürlich das Recht, den Oberbürgermeister von Wilhelmshaven zu zitieren. Wenn Sie das tun, dann machen Sie sich aber diese Position gewissermaßen hier in diesem Hause zu Eigen.

(Annette Schwarz [CDU]: Nein!)

So ist jedenfalls mein Eindruck. Deswegen sage ich Ihnen: Ich habe eine andere Haltung zu dieser Frage. Die werde ich auch in aller Öffentlichkeit jedes Mal wieder sagen. Ich vertrete nämlich die Auffassung, dass Altenpflege und damit auch stationäre Altenpflege durchaus eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist und dass wir das auch so sehen sollten. Gerade wir Politikerinnen und Politiker sollten das so sehen, weil uns in Zukunft diese Fragen mehr umtreiben werden als viele andere Fragen. Wenn wir uns sozialpolitisch angemessen verhalten wollen, dann müssen wir auch eine Antwort auf die Frage geben, ob das Daseinsvorsorge ist oder nicht.

Wenn Frau Schwarz hier den Oberbürgermeister zitiert, dessen Sichtweise ich, wenn er es so gesagt hat, auch nicht richtig finde, dann macht sie sich das aus meiner Sicht zu Eigen. Das wollte ich hier noch einmal ganz deutlich zum Ausdruck bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.

Herr Kollege Nacke meldet sich zur Geschäftsordnung. Herr Nacke, bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort. - Herr Kollege, Entschuldigung. Ich hatte die Wortmeldung der Ministerin übersehen.

(Jens Nacke [CDU]: Ich hatte mich schon gewundert!)

Wir lassen der Dame und der Regierung selbstverständlich den Vortritt.

(Jens Nacke [CDU]: Soll ich meinen Antrag vorher loswerden?)