Protokoll der Sitzung vom 16.12.2014

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Polat. - Nun hat für die Landesregierung Frau Sozialministerin Rundt das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Ich freue mich auf die Gelegenheit, Ihnen - wenn auch zu später Stunde - ausgewählte Eckpunkte des Einzelplans 05 vorstellen zu können.

Der Sozialetat wird mit mehr als 4,3 Milliarden Euro in 2015 wieder der zweitgrößte Einzeletat des Gesamthaushalts sein.

Dieser Haushalt macht Niedersachsen solidarischer und gerechter. Dies ist auch notwendig; denn soziale Gerechtigkeit tut not. Wir wissen, was uns Schwarz-Gelb auf der Bundesebene in den letzten Jahren eingebrockt hat.

Im Jahr 2013 lag die Armutsgefährdungsquote bei 15,8 % - - -

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Frau Ministerin! Sie sollten Ihre Eckpunkte in Ruhe vortragen können. Darum bitte ich noch einmal um Aufmerksamkeit. - Vielen Dank. - Bitte, Frau Ministerin!

1,3 Millionen Niedersachsen - also jeder sechste Niedersachse bzw. Niedersächsin - sind von Armut bedroht. Besonders betroffen sind Erwerbslose, Alleinerziehende, Geringqualifizierte, Menschen mit Migrationshintergrund und Kinder; von den Kindern ist jedes fünfte von Armut bedroht. Sorge bereitet uns auch die Rentenpolitik der früheren Jahre; denn insbesondere bei älteren Frauen ist die Steigerung der Armutsgefährdungsquote erheblich. Sie liegt im Jahr 2013 1,1 % über der des Vorjahres, und das sind 17,7 %.

Die Landesprogramme, die wir in diesem Bereich haben, führen sicherlich nicht dazu, dass sich eine statistisch errechnete Armutsgefährdungsquote

verändert. Aber sie verändern das Leben der Menschen. Die Menschen haben deutlich bessere Teilhabechancen. Ich will z. B. an unser Projekt „Mittendrin“ für armutsgefährdete Kinder erinnern. Wir setzen uns für gute Arbeitsbedingungen, für

gerechte Entlohnung und für die besondere Unterstützung von Alleinerziehenden ein.

Im Bereich der Pflege ist unser Ziel, Niedersachsen zukunftsfest mit Pflege zu versehen. Aus diesem Grund haben wir die Fachkommission Pflege ins Leben gerufen, die sich zurzeit schwerpunktmäßig mit den Themen „ambulante Pflege im ländlichen Raum“, „Aus- und Weiterbildung in der Pflege“ und „Abbau von Dokumentationspflichten“ befasst.

Darüber hinaus sind wir dabei, das Niedersächsische Heimgesetz anzupassen. Wir wissen, dass ältere Menschen selbstbestimmt in der eigenen Häuslichkeit wohnen wollen. Das Heimgesetz der Vorgängerregierung hat genau dies nicht ermöglicht.

Zur Förderung des selbständigen Wohnens im Alter stellt das Land in diesem Jahr Mittel in Höhe von 500 000 Euro für investive und 500 000 Euro für nichtinvestive Vorhaben, also 1 Million Euro, aus dem Förderprogramm „Wohnen und Pflege im Alter“ zur Verfügung. Gefördert werden Projekte als Alternative zur klassischen Unterbringung in Heimen.

(Zustimmung von Filiz Polat [GRÜNE])

Das größte Problem wird aber die Fachkräftesicherung in der Pflege sein. Hier haben wir durch den Landtag bereits zusätzlich die Schulgeldfreiheit eingeführt. Wir planen ein Umlageverfahren, damit Einrichtungen, die ausbilden, nicht dafür bestraft werden, während diejenigen, die nicht ausbilden, profitieren.

Lassen Sie mich auch kurz etwas zum Thema Pflegekammer sagen. Liebe Frau Bruns, was Sie dazu gesagt haben, war nicht von Sachkenntnis geprägt. Es handelt sich eindeutig um eine repräsentative Umfrage, die übrigens bereits die Vorgängerregierung aufgesetzt hat.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das macht es nicht besser!)

Zur medizinischen Versorgung. Sowohl 2014 als auch 2015 haben wir im Haushalt einen Ansatz in Höhe von 600 000 Euro, um die Gesundheitsregionen unterstützen zu können. Hier haben wir die AOK, die Kassenärztliche Vereinigung, die Ersatzkassen und die BKKs mit im Boot. Sie stellen außerhalb unseres Haushaltes zusätzlich fast eine halbe Million Euro für die Förderung von Modellprojekten zur Verfügung.

Es ist richtig: Der Tarifvertrag Soziales wird die Pflege positiv befördern - aber eben nur dann, wenn der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird und wenn auch die tarifliche Bezahlung endlich von den Kostenträgern refinanziert wird.

Herr Hilbers, Sie haben gesagt, Krankenhauspolitik sei eine Herausforderung. Damit haben Sie völlig recht. Leider hat Schwarz-Gelb dabei vollständig versagt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist wichtig, die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, und es war eine Fehlentscheidung der vormaligen Landesregierung, in den Haushalt zwar Investitionsmittel einzustellen, die entsprechenden Investitionen dann aber nicht zu tätigen. Wir freuen uns über den Vorstoß der Regierungsfraktionen, hier über den Verpflichtungsrahmen in Höhe von 360 Millionen Euro hinaus zusätzlich insgesamt 6 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wir machen 60 Millionen Euro! Sie müssen am Donnerstag nur zustimmen!)

Zum Thema Salzgitter will ich sagen: Ich glaube, die etwas merkwürdige Doppelbödigkeit, mit der da vorgegangen wird, ist klar geworden. Wir befinden uns derzeit in sehr guten Gesprächen, sowohl mit dem Träger als auch mit den Abgeordneten dieser Region - jedenfalls mit denen, die gerne mit uns sprechen -, sodass ich davon ausgehe, dass wir eine gute, moderne und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung auch dort sicherstellen werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich teile allerdings die Sorge von Frau Bruns, was das ruinöse Konkurrenzverhalten privater Ketten im Krankenhausbereich betrifft. Hier ist eindeutig ein Marktversagen zu diagnostizieren, dem entgegengesteuert werden muss.

Wir setzen für den Bereich Gesundheit Mittel für das Epidemiologische Krebsregister und das Kinderkrebsregister ein. Für den Aufbau eines klinischen Krebsregisters stellen wir 652 000 Euro als Landesanteil zur Verfügung, und für die Krebsregister insgesamt 4,625 Millionen Euro. Ich glaube, die Sinnhaftigkeit ist selbsterklärend, wenn wir beispielsweise an Bothel denken.

Beim Maßregelvollzug rechnen wir im Schnitt mit 1 320 niedersächsischen Patientinnen und Patien

ten. Das sind 20 Unterbringungsmöglichkeiten mehr als im Vorjahr. Wir berücksichtigen das Ganze in einem Haushaltsansatz von fast 134 Millionen Euro, einschließlich des Personalkonzepts mit den 47 Stellen. Es ist völlig richtig: Diese Stellen dienen der Unterstützung der sogenannten 14erTeams. Die Idee der Privatisierung von Frau von der Leyen hat auch dazu geführt, dass man diese 14er-Teams festgeschrieben hat und das Ganze damit vorsätzlich von Anfang an personell unterbesetzt hat. Das verbessern wir nun.

Darüber hinaus gibt es zusätzlich vertraglich vereinbarte Investitionskostenzuschläge für bauliche Erweiterungen in Höhe von 3,2 Millionen Euro.

Es ist schon vieles zum Thema Migration und Teilhabe gesagt worden. Lassen Sie mich dazu nur sagen, dass ich der Bevölkerung danke, die zumindest überwiegend dazu beiträgt, dass die Menschen, die zu uns nach Niedersachsen kommen, freundlich aufgenommen werden und dass dort Hilfe geleistet wird.

Ich will auch ganz deutlich sagen, dass wir sehr glücklich sind, dass hier keine entsprechenden Demonstrationen stattfinden. Für selbsternannte Patrioten ist in Niedersachsen kein Platz, genauso wenig wie in Deutschland!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielleicht noch einmal der Hinweis, dass die Bertelsmann Stiftung gerade eben veröffentlicht hat, dass Migrantinnen und Migranten dermaßen viel Steuern zahlen und Beiträge zum Sozialversicherungssystem leisten, dass sie uns damit sehr guttun.

Wir fördern die Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe im Umfang von 1,44 Millionen Euro, damit auch die, die jetzt zu uns kommen, die Chance haben, hier Bildung zu erfahren, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und sich wirklich hier in einer Heimat wohlfühlen zu können.

Dem Phänomen der neosalafistischen Radikalisierung begegnen wir, indem wir in der letzten Woche einen Trägerverein gegründet haben, der eine Beratungsstelle einrichtet, in der junge Menschen und ihre Angehörigen beraten werden können. Hierfür stellen wir 500 000 Euro zur Verfügung. Der Unterschied ist, dass wir die islamischen Verbände nicht stigmatisieren, sondern mit ihnen gemeinsam arbeiten und gemeinsam solche Dinge auf den Weg bringen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zum Thema Wohnungsbau ist schon viel gesagt worden. Wir haben die Möglichkeit, aus dem Städtebau 47,806 Millionen Euro als Landesanteil in den Haushalt einzustellen. Noch einmal: 2014 standen über 200 Millionen Euro zur Verfügung - ein großer Teil davon Restmittel aus den Vorjahren, die die Beantrager vor sich hergeschoben haben.

Das Wohnraumförderprogramm ist von uns geändert worden. Es ist so gut eingeschlagen, dass die 40 Millionen Euro im Jahr 2014 weit überbelegt waren, sodass wir nun mit Zustimmung des Haushaltsausschusses die Kompensationsleistungen des Bundes vorziehen konnten und insgesamt 80 Millionen Euro zur Verfügung stellen können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Unruhe)

Einen Moment, bitte, Frau Ministerin! - Das Gemurmel ist eindeutig zu laut, auch wenn wir dem Ende der Sitzung entgegengehen. Ich möchte Sie alle noch einmal um Ruhe bitten. - Bitte!

Es gibt noch viel zu sagen, z. B. zum Thema Gleichstellungspolitik, wo uns der Erfolg des Mentoring-Programms gerade überläuft - es gibt über 850 Teilnehmende -,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

oder zur Aufstockung der Mittel für die Frauenhäuser und Gewaltberatungsstellen auf jetzt insgesamt 5,8 Millionen Euro. Es gibt auch viel zu sagen über die Fachkommission Inklusion, die bereits vorgearbeitet hat und uns die ersten Überlegungen für den zukünftig zu gestaltenden Aktionsplan dargelegt hat.

Viele andere Dinge sind auf dem Weg. Ich denke, dass wir gemeinsam Niedersachsen sozialer und gerechter machen können. Ich bedanke mich bei all denen, die unsere Arbeit in den Ausschüssen, aber auch bei Tagungen und im Landtag unterstützt haben, damit wir ein gerechteres und soziales Niedersachsen haben. Ich freue mich auf die weitere Unterstützung im nächsten Jahr.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir sind damit am Ende der Besprechung.

Ich erteile jetzt das Wort zu einer Persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung - der Inhalt ist Ihnen bekannt - Herrn Kollegen Stefan Klein. Bitte!