Protokoll der Sitzung vom 22.01.2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 56. Sitzung im 20. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 17. Wahlperiode.

Gemeinsam mit den Schriftführerinnen wünsche ich Ihnen einen guten Morgen.

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 25: Mitteilungen des Präsidenten

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Wobei die Präsenz noch steigerungsfähig ist; die Berlin-Heimkehrer kommen wahrscheinlich noch dazu.

Meine Damen und Herren, zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 26, den Mündlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 14.45 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Tippelt mit.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Entschuldigt sind heute von der Landesregierung Herr Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, von der Fraktion der CDU Frau Karin Bertholdes-Sandrock und Frau Heidemarie Mundlos sowie von der FDPFraktion Frau Almuth von Below-Neufeldt.

Danke schön. - Meine Damen und Herren, wir gehen direkt über zu

Tagesordnungspunkt 26: Mündliche Anfragen - Drs. 17/2715

(Unruhe)

Ich möchte darum bitten, dass eine gewisse Ruhe einkehrt. Der heutige Tag ist so schön lang.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Das möchte ich auch!)

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus. Damit meine ich, dass man sich auch daran hält.

Um dem Präsidium jeweils den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie darum, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich stelle fest: Es ist jetzt 9.07 Uhr.

Ich rufe auf die

Frage 1: Arbeitsmarktsituation in Niedersachsen: Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus den aktuellen Zahlen vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftebedarfs?

Die Frage wird vom Kollegen Schminke eingebracht. Bitte sehr!

Arbeitsmarktsituation in Niedersachsen: Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus den aktuellen Zahlen vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftebedarfs?

Vor wenigen Tagen ließ die Bundesagentur für Arbeit verlauten, dass sich der Arbeitsmarkt trotz geringer wirtschaftlicher Impulse positiv entwickelt habe. Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben 2014 weiter zugenommen. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes hat die Erwerbstätigkeit 2014 einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2014 wird zusammen mit 2012 der niedrigste Stand der Arbeitslosigkeit nach 1991 erreicht.

Auch der regionale Blick auf Niedersachsen ergibt ein positives Bild. Die Zahl der Arbeitslosen in Niedersachsen ist im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,7 % und die Arbeitslosenquote von 6,5 % auf 6,2 % gesunken. Die gute Versorgung niedersächsischer Unternehmen mit ausreichend Fachkräften wird für die Standortsicherung immer wichtiger.

Die Zahl der offenen Stellen bewegt sich niedersachsenweit bei 48 785, wobei insbesondere Fachkräfte in den Bereichen Produktion, Gesundheit/Soziales, Verkehr und Handel gesucht werden.

Gleichzeitig verändert der demografische Wandel den Arbeitsmarkt. Nach den Prognosen des statistischen Bundesamtes wird die Zahl der Einwohner im Erwerbsalter bis zum Jahr 2050 deutlich sinken. Die Erwartungen für das Absinken liegen zwischen 22 und 29 %. Die Fachkräftesicherung ist demnach eine der wichtigsten Herausforderungen für die nächsten Jahre.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister erklärte am 12. Januar 2015 - Neue Osnabrücker Zeitung vom 13. Januar 2015 -, dass Niedersachsen die Wirtschaftskraft und den Wohlstand ohne eine Zuwanderung nicht halten kann.

Neben Unterbringung und Sprachunterricht wird die Integration von gut ausgebildeten Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt als wesentliche Voraussetzung für die niedersächsische Wirtschaft angesehen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Was unternimmt die Landesregierung, um die vorhandenen Arbeitskräftepotenziale im Land weiter auszuschöpfen, und welche Bedeutung misst sie der Zuwanderung aus dem Ausland für die Fachkräftesicherung bei?

2. Was unternimmt die Niedersächsische Landesregierung konkret, um Migrantinnen und Migranten beim neuerdings schnelleren und einfacheren Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt beruflich zu integrieren?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung darüber hinaus, um gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, den Jobcentern, den Kammern, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und Unternehmen den Ausgleich von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt zu unterstützen und gemeinsam zur Fachkräftesicherung für die Wirtschaft beizutragen?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Schminke. - Die Antwort der Landesregierung erteilt der Wirtschaftsminister. Herr Lies, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Lage auf dem niedersächsischen Ar

beitsmarkt hat sich im zurückliegenden Jahr weiter positiv entwickelt. Ende 2014 sind in unserem Land rund 3,9 Millionen Menschen erwerbstätig, fast 2,8 Millionen von ihnen gehen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Das ist ein neues Rekordhoch. Mit 6,2 % liegt die aktuelle Arbeitslosenquote auf dem historisch niedrigsten Stand in einem Dezember seit der Wiedervereinigung. In zwölf Landkreisen liegt die Arbeitslosenquote unter 5 %, in vier Landkreisen sogar unter 4 %, sodass hier nahezu von Vollbeschäftigung gesprochen werden kann.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Arbeitsmarktperspektiven sind für das vor uns liegende Jahr weiterhin positiv. Das IAB prognostiziert für Niedersachsen im Jahr 2015 eine Stagnation bzw. einen weiteren leichten Rückgang der Arbeitslosenzahl sowie eine weitere Steigerung der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um ungefähr 1,7 %. Die positive Lage auf dem Arbeitsmarkt führt aber vereinzelt schon jetzt zu Fachkräfteengpässen. Die Niedersächsische Landesregierung nimmt diese Entwicklung ernst und hat bereits geeignete Maßnahmen ergriffen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Ausschöpfung aller Potenziale zur Fachkräftesicherung steht bei der „Fachkräfteinitiative Niedersachsen“ im Vordergrund. Gemeinsam mit Unternehmerverbänden, Kammern und weiteren Arbeitsmarktpartnern setzen wir uns für eine Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten von Gruppen ein, für die bisher noch zu viele Benachteiligungen bestehen, die in den Betrieben aber immer dringender als Fachkräfte gebraucht werden.

(Unruhe)

Herr Minister, einen Moment, bitte! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist einfach zu unruhig. Das gilt für alle Bereiche des Hauses. - Bitte sehr!

Dazu gehört insbesondere eine stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen, von arbeitslosen Personen, von älteren Beschäftigten und auch vor allen Dingen von hier lebenden Migrantinnen und Migranten.

Seit dem Start der Fachkräfteinitiative Niedersachsen am 8. Juli 2014 sind bereits zahlreiche Maßnahmen angelaufen bzw. umgesetzt worden. So konzipiert die Landesregierung derzeit mit den Industrie- und Handelskammern Veranstaltungen, die geeignet sind, Unternehmen für die Bedeutung des Themas „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ zu sensibilisieren und zu gewinnen.

Ferner beabsichtigt die Landesregierung in der neuen ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 Qualifizierungsmaßnahmen für erwerbssuchende und beschäftigte Frauen sowie für Frauen und Männer im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Des Weiteren werden Koordinierungsstellen gefördert, die regionale Unternehmen bei der Verbesserung des Angebotes für beschäftigte Frauen, für mehr Familienfreundlichkeit und für mehr Chancengleichheit besonders in männerdominierten Branchen und auf Führungsebenen unterstützen.

Zur Ausschöpfung der Potenziale insbesondere von Älteren haben sich die Landesregierung und ihre Partner zum Ziel gesetzt, bei den Unternehmen in Niedersachsen ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit einer demografiebewussten Personalpolitik zu schaffen. Mit dem Zertifikat „Demografiefest. Sozialpartnerschaftlicher Betrieb“ und dem WOM-Sonderschwerpunkt „Betriebliche Fachkräftesicherung - gesundes und produktives Arbeiten und Altern im Betrieb“ sind bereits erste Maßnahmen angelaufen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus wird die Niedersächsische Landesregierung im Juni 2015 gemeinsam mit der Demografieagentur für die niedersächsische Wirtschaft erstmals Unternehmen mit dem Zertifikat „Demografiefest. Sozialpartnerschaftlicher Betrieb“ auszeichnen.

Unser Ziel ist es auch, die Integration von arbeitslosen Personen in den Arbeitsmarkt durch Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit und durch Qualifizierung zu fördern. Hierzu hat die Landesregierung für die neue ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 das Programm zur Förderung von Maßnahmen zur Qualifizierung und Arbeitsmarktintegration für Arbeitslose und erwerbsfähige Leistungsberechtigte vorbereitet.

Die Nutzung und Förderung inländischer Potenziale hat sicherlich Vorrang in der Fachkräftesicherung, wird aber mit Blick auf die Folgen des demo

grafischen Wandels bei Weitem nicht ausreichen. Denn der größte und wichtigste Hebel, um das Erwerbspersonenpotenzial zu stabilisieren, ist die Zuwanderung. Ohne Zuwanderung aus dem Ausland würden uns die negativen Auswirkungen einer schrumpfenden Bevölkerung noch viel schneller und noch viel härter treffen.

Zu Frage 2: Zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Migrantinnen und Migranten bereitet die Landesregierung derzeit die Novellierung des Niedersächsischen Berufsqualifikationsfeststellungs