Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

Ich unterstelle Ihnen an dieser Stelle wirklich einen Kamikazekurs. Sie hängen sich hierbei an die FDP. Sie sind sozusagen in ihrem Fahrwasser. Mit wehenden Fahnen laufen Sie an dieser Stelle der FDP sogar hinterher!

(Jörg Bode [FDP]: Wir laufen gar nicht!)

Dieser Antrag ist kontraproduktiv!

Eine kleine Lehrstunde: Die Erkundungsarbeiten in Gorleben sind beendet. Ich bitte Sie, das endlich einmal zu akzeptieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dass Sie sich ausgerechnet zu den Wortführern einer bereits - ich nenne es mal so - kollabierenden Pro-Gorleben-Fangemeinde machen, ist unglaublich und ungeheuerlich. Letzten Endes geht es doch darum, in der Bevölkerung Vertrauen zu schaffen. Das Signal, das Sie mit diesem Antrag aussenden, ist für das Wendland verheerend, und es ist auch für Niedersachsen verheerend.

Seit den 60er-Jahren wird in Salz zur Endlagerung geforscht, seit 50 Jahren. Gleich am Anfang hat man damit in der Asse II begonnen. Forschungsergebnisse sind dokumentiert worden, und sie sind an der Stelle auch durchaus richtig und wichtig. Die Frage ist jedoch: Geht es Ihnen tatsächlich lediglich um Forschung? Oder geht es Ihnen um eine Gorleben-Renaissance? - Denn warum - so frage ich Sie - fordern Sie in dem Antrag nicht Erkundungslabore zur Endlagerforschung in Granit oder in Ton? - Nein! Sie fokussieren an der Stelle wieder nur auf Salz. Warum aber nicht auch andere Medien?

Sie hatten dazu im letzten Jahr im Bundesumweltportal eine Pressemitteilung veröffentlicht. Sie ist dort unter der Schlagzeile „Bäumer und Bertholdes-Sandrock: Schließung des Besucherverkehrs in Gorleben schwerer Fehler - Endlagerforschung

braucht Salzlabor“ zu finden. Reaktionen darauf: Kommentare: null! - Artikel bewerten: null! - Twitter: null! - Likes bei Facebook: null!

Ich glaube, dem ist an dieser Stelle nichts hinzuzufügen. Den Antrag, den Sie gestellt haben, den braucht niemand. Den braucht vor allen Dingen auch Niedersachsen nicht.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Jetzt sind die Likes bei Facebook Maßstab der Politik der SPD! Das erklärt eini- ges!)

Vielen Dank, Herr Bosse. - Es liegt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention vor. Frau Kollegin Bertholdes-Sandrock, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Kollege Bosse! Sie sagten, wir fokussierten auf Salz. Wir fokussieren nicht insgesamt auf Salz. Wir sind immer für eine Untersuchung aller drei möglichen Medien eingetreten.

Wenn man von Salz spricht, dann muss man - ich sage das völlig leidenschaftslos - einfach sehen, dass die umfangreichsten, längsten und wissenschaftlich am ehesten hochkarätigen Untersuchungen in Gorleben durchgeführt wurden. Jetzt kommen Sie mit den politischen Beschlüssen. Ich stelle nicht außer Rede, dass es sie gibt - von wem auch immer.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Zum Bei- spiel von der CDU!)

Aber Sie sagen - dazu haben wir einen überfraktionellen Konsens -: Es geht um wissenschaftliche Untersuchungen. - Ich möchte hier dringend anmerken, was Ihnen möglicherweise nicht bekannt ist, aber eigentlich bekannt sein sollte, wenn Sie zu der Materie reden: Es gab vor mehreren Jahren, als Lutz Stratmann niedersächsischer Wissenschaftsminister war, einen Besuch, den ich initiiert hatte, des damaligen Präsidenten der Universität Clausthal und seines Vertreters in Gorleben. Damals lagen all die politischen Beschlüsse - es sind ja nur politische Beschlüsse! - noch nicht vor, die im Grunde bedeuten, dass man nicht vorankommt. Der Präsident, Herr Professor Brandt, sein Vertreter und ein weiterer Geowissenschaftler hatten umfangreich ausgearbeitet, in welcher Weise - dabei ging es nicht um CDU, SPD, und Fukushima

war noch gar kein Thema - dort an wissenschaftlichen Grundlagen gearbeitet werden könnte. Diesen Ansatz haben wir sträflich vernachlässigt und nie aufgegriffen. Er kam von der Universität Clausthal, und das war nicht für die CDU oder die SPD, und das war auch nicht gegen irgendjemanden, sondern es ging um die Erhaltung der wissenschaftlichen Forschung und die Fortsetzung der Arbeiten auf den vorliegenden Ergebnissen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Bosse, bitte schön!

Es reizt mich natürlich zu antworten. - Mindestens 50 Jahre lang wurde bereits in Salz zur Endlagerung geforscht. Denken Sie nicht, dass auch andere geologische Formationen mal dran sind? - Wenn das in dem Antrag gestanden hätte, dann wären wir mit ihm möglicherweise anders umgegangen.

Wir wären möglicherweise auch anders mit ihm umgegangen, wenn in ihm nicht der Standort Gorleben genannt worden wäre.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Das ist ein Reizwort! - Dr. Gero Ho- cker [FDP]: Machen Sie einen Vor- schlag!)

Sind Sie sich überhaupt darüber im Klaren, dass Sie mit diesem Antrag den Endlagerkonsens durchaus gefährden? - Das muss Ihnen doch klar und bewusst sein. Im Standortauswahlgesetz heißt es ausdrücklich, dass es unzulässig ist, ein Salzlabor in Gorleben einzurichten. Aber Sie schreiben es trotzdem in einen Antrag.

(Zuruf von Karin Bertholdes-Sandrock [CDU])

Ich stelle mir auch die Frage, ob Ihre Bundespartei von diesem Antrag eigentlich weiß, ob er ihr überhaupt bekannt ist. Wir müssen diesen Antrag ja ablehnen, um Sie quasi zu schützen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der CDU: Lächerlich!)

Vielen Dank, Herr Bosse. - Jetzt hat sich Dr. Gero Hocker zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Bosse, ich finde es ja nett, dass Sie die Landtagsfraktion der Union schützen wollen. Aber ich glaube, sie kann selbst auf sich aufpassen. Ich würde das nicht überbewerten.

(Marcus Bosse [SPD]: Na, na, na!)

Meine Damen und Herren, vor knapp zwei Jahren hat sich der Grünen-Landesvorsitzende - damals Jan Haude - mit den Worten zitieren lassen - ich darf das kurz vortragen -:

„Am Ende dieses Prozesses muss es gelingen, diesen jahrzehntelangen Konflikt um Gorleben zu beenden und den nach fachlichen Kriterien bestgeeigneten Standort zu finden.“

Ich unterstelle jeder Fraktion in diesem Hohen Hause, dass es unser aller Ziel ist, den bestgeeigneten Standort zu finden. Aber Sie erweisen der Suche danach einen Bärendienst, wenn Sie von vornherein die Erkenntnisse aus fünf Jahrzehnten Forschung im Salz sozusagen mit dem Bagger plattmachen wollen. Den bestgeeigneten Standort werden Sie nicht finden, wenn Sie die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte einfach wegwischen.

(Beifall bei der FDP)

Im Gegenteil: Sie werfen ja der Albrecht-Regierung bei jeder Gelegenheit vor, dass es andere Kriterien als wissenschaftliche Erkenntnisse gegeben hat. Wenn Sie jetzt auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzte fünf Jahrzehnte aus Gorleben einfach verzichten wollen, dann legen Sie andere Kriterien an als jene, die tatsächlich zum bestgeeigneten Standort führen würden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Fünf Jahrzehnte lang ist in Gorleben geforscht worden, und Sie negieren einfach die Wissenschaft und wollen in Gorleben aus politischen Gründen keine weitere Forschung stattfinden lassen.

Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist die, dass Sie der Überzeugung sind, dass viele Milliarden Euro in Gorleben investiert wurden und die Männer und Frauen, die sich dort der Erforschung gewidmet haben, in den letzten 50 Jahren einfach die Hände in den Schoß gelegt haben. Wenn das Ihre Auffassung ist und Sie recht hätten, dann bräuchte man die Erkenntnisse, die man aus Gorleben hätte ziehen können, nicht wei

terzuverfolgen. Ich sage Ihnen aber: Das Gegenteil ist der Fall. Man hat tatsächlich in fünf Jahrzehnten Erkenntnisse darüber angehäuft, wie man in der Salzlinie tiefengeologisch Endlagerung betreiben kann. Es ist schade, dass Sie diese Erkenntnisse einfach fortwischen wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Sie kennen die drei chinesischen Affen. Der eine hält sich die Ohren zu, der andere hält sich den Mund zu, und der dritte hält sich die Augen zu. Die Haltung, die Sie an den Tag legen, hat eine frappierende Ähnlichkeit mit dem dritten dieser Affen: Es darf nicht sein, was man nicht will, und wenn es doch da ist, dann hält man sich so lange die Augen zu, bis es von alleine weggeht. - Meine Damen und Herren, wenn Sie Erkenntnisse von vornherein nicht zur Kenntnis nehmen wollen, funktioniert die Suche nach dem bestgeeigneten Standort nicht.

(Beifall bei der FDP)

Schließlich noch ein Wort in eigener Sache. Werte Frau Kollegin Staudte, Sie werden vermutlich gleich noch sprechen. Es tut mir persönlich leid, dass ausgerechnet wir uns bei diesem Thema immer so beharken müssen.

(Heiterkeit bei der CDU und bei den GRÜNEN)

- Ich kann die Verwunderung nicht ganz nachvollziehen.

Ich habe wie wohl alle Mitglieder des Umweltausschusses nach der Anhörung, die wir zum Thema Klima und Klimaschutzpolitik der Landesregierung durchgeführt haben, gehört, dass Sie Ihrem Nebenmann zugeraunt haben: Eine Anhörung werden wir künftig nur noch dann durchführen, wenn die Meinungen, die vorgetragen werden, das bestätigen, was wir ohnehin schon wissen.

(Volker Bajus [GRÜNE]: Das ist Un- sinn! So ein Quatsch! Unglaublich, hier zu stehen und so etwas zu be- haupten!)

Dass diese Prophezeiung so unmittelbar in die Realität umgesetzt wird, ist ganz schlechter demokratischer Stil.

(Volker Bajus [GRÜNE]: Das hat sie nicht gesagt! Das wissen Sie auch! Sie zitieren falsch!)

Anstatt der Union die Durchführung einer Anhörung zu diesem Thema zu gewähren, haben Sie diesen Antrag im Ausschuss in Bausch und Bogen

verworfen und negativ beschieden. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist schlechter demokratischer Stil, das ist schlechter politischer Stil. Sie sollten überlegen, ob das wirklich die Art und Weise ist, wie hier Mehrheits- und Minderheitsfraktionen zusammenarbeiten wollen. Mit der Suche nach dem bestgeeigneten Standort hat das nun wirklich nichts zu tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Dirk Toepffer [CDU])

Vielen Dank. - Sie hatten recht: Frau Staudte hat sich gemeldet. - Frau Staudte, Sie haben das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Wird jetzt weiter- geflirtet?)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich nicht gewundert, dass die CDU diesen Antrag direkt im Ausschuss und nicht zur ersten Beratung im Plenum eingebracht hat. Letztendlich wissen Sie ganz genau, dass die Forderung nach einem Untertagelabor seit eineinhalb Jahren entschieden ist und Sie mit Ihrem Antrag der Zeit absolut hinterherlaufen.