Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich nicht gewundert, dass die CDU diesen Antrag direkt im Ausschuss und nicht zur ersten Beratung im Plenum eingebracht hat. Letztendlich wissen Sie ganz genau, dass die Forderung nach einem Untertagelabor seit eineinhalb Jahren entschieden ist und Sie mit Ihrem Antrag der Zeit absolut hinterherlaufen.

Im Standortauswahlgesetz ist ganz klar geregelt: Es wird kein Untertagelabor in Gorleben geben. - Das ist auch richtig so, und dem haben die CDU und die FDP, Herr Hocker, damals zugestimmt. Dabei muss ich sagen: Herr Bäumer, etwas verwundert war ich schon, als ich heute gehört habe, dass Sie wohl bei NDR 1 verkündet haben, es wäre vielleicht doch sinnvoll, die ausstehenden Castoren doch nach Gorleben zu bringen.

(Martin Bäumer [CDU]: Zitieren Sie komplett, Frau Kollegin!)

- Ich würde mich freuen, wenn Sie jetzt nicht dazwischenriefen, sondern - vielleicht haben Sie noch ein bisschen Redezeit - sich zu Ihrem Umgang mit dem Standort Gorleben noch einmal positionierten.

Wir haben ganz klar den Eindruck, was Sie wirklich interessiert, ist, am Standort Gorleben weiterhin einen Fuß in der Tür zu haben. Sie schieben hier immer die Bergleute vor. Natürlich ist das für die

Bergleute schwierig, und ich verstehe die persönliche Situation jedes Einzelnen dort.

(Martin Bäumer [CDU]: Was tun Sie dagegen? Gar nichts!)

Aber letztendlich sind sie bei einem sehr großen Arbeitgeber angestellt, der bundesweit tätig ist. Ich glaube, eventuell würde sich der eine oder andere Arbeitsplatz an anderer Stelle finden lassen.

Wir können jetzt nicht, weil Frau BertholdesSandrock einmal den Arbeitskreis der CDU in ihren Wahlkreis eingeladen hat, plötzlich die Bundespolitik umwerfen und sagen: Wir überlegen es uns anders. Wir machen jetzt doch ein Untertagelabor. - Wir hatten seit Jahrzehnten eine einseitige Fixierung auf Salz als Endlagermedium, eine einseitige Fixierung auf den Standort Gorleben, und das wollen Sie scheinbar fortsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben ja schon über das Thema Forschung diskutiert. Ich möchte noch einmal die Zahlen in Erinnerung bringen: 900 Millionen sind in den Jahren 2011 bis 2014 für die Nuklearforschung zur Verfügung gestellt worden; nur ein Drittel ging in den Endlager- und Rückbaubereich insgesamt, und der größte Teil im Endlagerbereich - 70 % bis 80 % - ist in den Bereich Salz geflossen. Diese einseitige Fixierung muss endlich aufgegeben werden.

Was die Erkenntnisse zum Standort Gorleben angeht, Herr Hocker: Ich glaube, man müsste es eher so darstellen, dass Sie die tatsächlichen Ergebnisse ignorieren. Was ist denn herausgefunden worden? - Eigentlich wissen wir von Anfang an, dass der Salzstock kein durchgängiges Deckgebirge zwischen der grundwasserführenden

Schicht - - -

(Zuruf von Filiz Polat [GRÜNE])

- Frau Polat, es tut mir leid. Für die FDP muss ich es ab und zu wiederholen.

Wir wissen, dass es kein durchgängiges Deckgebirge zwischen der grundwasserführenden Schicht und dem Salzstock gibt. Dass Sie im Zusammenhang mit Gorleben immer wieder den Begriff „bestmöglich“ in den Raum stellen, ist wirklich fragwürdig.

Sicherlich: Wir brauchen Informationen zum Thema Endlagersuche insgesamt.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Woher sollen die kommen?)

Das Umweltministerium, Herr Minister Wenzel, veranstaltet eine sehr schöne Informationsreihe dazu.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Aber ohne Information!)

Es wäre schön, wenn auch von CDU und FDP ab und zu Abgeordnete anwesend wären.

(Zuruf von Martin Bäumer [CDU])

- Herr Bäumer, Sie sind häufig da; das stimmt. Aber von der FDP habe ich noch niemanden gesehen.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Hauptsache, man spricht einmal dar- über!)

Es wäre also schön, wenn Sie an diesen Informationsveranstaltungen teilnähmen. Das, was wir brauchen, ist keine Information an dem Standort Gorleben, sondern eine standortunspezifische Diskussionskultur.

Im Übrigen sind auch - das habe ich schon im Ausschuss gesagt - einige Begründungspunkte falsch. Es gibt keine Direktive der EU. So ist es aber dargestellt worden.

Es tut mir leid, wir müssen den Antrag ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Staudte. - Jetzt hat sich der Herr Minister zu Wort gemeldet. Herr Wenzel, bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts dieser Debatte fühlt man sich in der Diskussion fünf bis zehn Jahre zurückversetzt.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Nein, zehn Jahre voraus!)

Ich habe den Eindruck, dass einige hier etwas geschichtsvergessen mit dieser Debatte umgehen.

Sie haben recht: Es gab schon in der Vergangenheit eine Diskussion über Forschungslabore im Salz. Deswegen hat man in den 60er-/70er-Jahren in der Asse ein Forschungslabor im Salz eingerichtet. Leider, Herr Bäumer, ist die Sache dort gründlich schiefgegangen.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Immer dieselben alten Kamellen!)

Aber bis heute ist die Auswertung der Gründe, die dazu geführt haben, dass alles, was man ursprünglich angenommen hatte, innerhalb von zehn Jahren Makulatur war, noch immer nicht vollständig erfolgt. Ich bin ganz auf Ihrer Seite, wenn es darum geht, diese Fragen eindeutig zu klären. Aber was Sie hier machen, Herr Bäumer, indem Sie sagen: „Die Erde ist eine Scheibe“, indem Sie von selbstverschuldeter Unmündigkeit sprechen und weitere solche Begriffe in die Diskussion werfen, wirkt seltsam geschichtsvergessen. Ich frage mich, was Sie damit erreichen wollen.

Wir haben mittlerweile auf Bundesebene ein Gesetz, das einen Neubeginn, transparent und wissenschaftsbasiert, bringen soll - verabschiedet mit großen Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag.

Sie jedoch treten mit Ihrem Antrag den Rückweg an. Wenn man heute Morgen Ihr Interview auf NDR 1 gehört hat, dann hatte man sogar den Eindruck, Sie wollen der Landesregierung auch noch in den Rücken fallen, wenn es darum geht, endlich einmal eine Lastenteilung bei der Lagerung der noch aus Frankreich und England zurückzuholenden Castoren zu vollziehen.

Was haben Sie denn gemacht, meine Damen und Herren von CDU und FDP? Sie haben Jahr für Jahr den Landeshaushalt mit Zahlungen für sehr, sehr große Polizeibegleitungen der Castortransporte nach Gorleben belastet. Wir hingegen haben es geschafft, im Atomgesetz eine Regelung zu verankern, die keine weiteren Transporte nach Gorleben vorsieht. Das hat sich auch sehr wohltuend auf den Landeshaushalt ausgewirkt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Unruhe bei der CDU)

Sie hatten dafür immer 30 Millionen Euro veranschlagt.

Ich erwarte auch von der rechten Seite des Hauses, dass Sie mit nach Lösungen suchen und dafür Sorge tragen, dass wir hier insgesamt einen Neubeginn hinbekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

30 Jahre lang harte gesellschaftliche Konflikte! Wollen Sie die noch weiter auf die Spitze treiben? Oder ist es nicht endlich an der Zeit, gemeinsam und am Tisch nach Lösungen zu suchen, die uns

helfen, dieses Problem in Verantwortung für unsere Kinder zu lösen?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Gero Hocker [FDP]: Herr Wenzel, Sie sind nicht mehr Oppositi- onsführer! Sie sind jetzt verantwortli- cher Minister!)

Das, meine Damen und Herren, ist der Weg, zu dem sich große Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag entschlossen haben.

Ich würde mich freuen, wenn es auch in diesem Landtag eine breite Unterstützung für diesen Weg gäbe. Und ich würde mich freuen, wenn auch Sie intensiv daran mitarbeiten würden, zu klären, was damals im Forschungslabor Asse im Salz alles schiefgegangen ist, weil uns die Erkenntnisse daraus in der Tat auch noch heute helfen, Fehler, die dort einmal gemacht wurden, nicht zu wiederholen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wir haben einen Untersuchungsaus- schuss gehabt! Das ist längst alles festgestellt!)

Das ist doch der Kern. Keiner von uns ist dagegen gefeit, Fehler zu machen, auch nicht als Gesellschaft. Aber wir sollten verhindern, dass wir diese Fehler noch einmal machen. Dabei können uns die Erkenntnisse aus der Vergangenheit helfen.

Ich danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Das war für einen Minister deutlich zu wenig!)