meer ziehen“ fordern die Fraktionen von SPD und Grünen die Landesregierung daher auf, sich gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Union dafür einzusetzen, nicht länger schwerpunktmäßig auf Grenzkontrollmaßnahmen zu setzen. Stattdessen soll sofort eine europäische Initiative zur Seenotrettung auf dem Niveau der italienischen Seenotrettungsmission „Mare Nostrum“ gestartet werden, die gesamteuropäisch organisiert und finanziert wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, das wäre dann erste Hilfe. Aber wie können wir mittel- und langfristig helfen? - Menschen, die sich in einer lebensbedrohlichen Situation befinden, können sich fast nie auf legalem Weg in Sicherheit bringen.
Um in Europa Asyl zu beantragen, muss man nach Europa kommen. Aber Visa werden in Krisengebieten kaum ausgestellt, nicht zuletzt weil die Antragstellerinnen und Antragsteller häufig die geforderten Sicherheiten nicht bieten können.
Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) hat die Zahl der Schengen-Visa verglichen, die in Syrien vor und nach Beginn des Bürgerkriegs ausgestellt wurden. 2010 wurden in Syrien noch rund 35 000 Schengen-Visa ausgestellt. 2013 lag die Zahl praktisch bei null.
Ich bin davon überzeugt, dass das Instrument der humanitären Visa stärker genutzt werden muss. Schutzsuchende sollten in den Botschaften der EU-Mitgliedstaaten Visa beantragen und sich vor Ort für ein Asylverfahren registrieren lassen können. Dazu müssen u. a. humanitäre Aufnahmeprogramme und das Resettlement-Programm der Vereinten Nationen ausgebaut werden, damit Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, nicht auf die lebensgefährliche Mittelmeerüberquerung mit Hilfe von Schleppern angewiesen sind.
Ein wirklich einfaches und schnell wirksames Instrument wäre die Erweiterung der Familienzusammenführung. Ich möchte dazu ein Beispiel aus meinem Büro vom gestrigen Tag schildern. Ein anerkannter syrischer Asylberechtigter, Herr O., ein Ingenieur, der seit einem Jahr in Niedersachsen lebt, konnte im Rahmen des Familiennachzugs im Visumverfahren seine Frau und die minderjährige Tochter mit dem Namen Rand nachholen. Da sich der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz grundsätzlich nur auf Ehegatten und minderjährige Kinder bezieht, wurden die Visaanträge
Ich bitte auch Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Lassen Sie uns - wir sind schon im Gespräch - gemeinsam in Berlin vorstellig werden, um wenigstens beim Familiennachzug schnell großzügigere Regelungen zu erreichen!
Sehr geehrte Damen und Herren, zudem muss unserer Ansicht nach das Dublin-System geändert werden. Legale und geschützte Einreisemöglichkeiten müssen im Rahmen eines Einwanderungsgesetzes ausgebaut werden. Wir haben bei der letzten Plenarsitzung in diesem Haus darüber gesprochen und eigentlich eine große Einigkeit festgestellt.
Selbstverständlich muss auch über friedens- und entwicklungsfördernde Strategien in den Herkunfts- und Transitländern gesprochen werden und über eine vernunftgeleitete Außenpolitik der einzelnen EU-Staaten, die - anders als im Falle Libyens 2011 - nicht Failing States herbeibombt, ohne über die Konsequenzen nachzudenken.
Aber die Menschen warten jetzt an den Küsten Nordafrikas auf die Überfahrt in den vermeintlich sicheren Hafen Europa. Sie besteigen jetzt die Boote, die zu Recht Seelenverkäufer genannt werden. Lassen Sie uns deshalb jetzt helfen! Allein 2014 hat die nach dem Unglück von Lampedusa von Italien gestartete Operation Mare Nostrum 100 000 Menschen gerettet. Der Friedensnobelpreisträger Europa kann mehr.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schröder-Köpf. - Das Wort hat jetzt Herr Kollege Jan-Christoph Oetjen für die FDP-Fraktion. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Not ist in der Tat groß. Menschen machen sich auf den Weg, verlassen ihre Heimat, lassen ihr Heimatland und oftmals ihre Familie, zum Teil Frau und Kinder, zurück, um
einen ungewissen Weg einzuschlagen, um in das gelobte Land Europa zu kommen - oder in eines der gelobten Länder in Europa; letztlich ist vielen wahrscheinlich sogar egal, in welches.
Im Mittelmeer geschieht dann eine humanitäre Katastrophe, direkt vor unserer Haustür. Wir lesen tagtäglich in den Zeitungen davon und können es uns doch kaum vorstellen, was dort geschieht - so unwirklich ist es, und so abscheulich ist gerade das Ertrinken, der Tod in den Wellen.
Seit Oktober 2014 ist das Hilfsprogramm Mare Nostrum ausgelaufen - und damit die europäische Antwort auf die Herausforderung, den Menschen zu helfen, die den Weg über das Meer hin nach Europa suchen und die dann scheitern, die kentern oder auch von Schleppern einfach treiben gelassen werden.
Wir bedauern, dass mit Triton kein Fortschritt in die Wege geleitet wurde, sondern - meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss man ganz klar so benennen - ein Rückschritt. Das ist ein Rückschritt für Europa insgesamt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor drei Tagen - das hat die Kollegin Schröder-Köpf gerade schon gesagt - haben die Fregatte „Hessen“ und der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ 419 Flüchtlinge aufgenommen und sie ans italienische Festland gebracht. Frau von der Leyen, unsere Verteidigungsministerin, sagt: „Seenotrettung ist unsere vornehmste Aufgabe“. Damit hat Frau von der Leyen recht. Ich bin froh, dass die Bundesregierung entschieden hat - wenn auch spät -, sich in diesen Einsatz zu begeben und im Mittelmeer zu helfen, Menschenleben zu retten.
Ich sage aber auch: Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass dieser Einsatz eben nicht am 19. Juni endet, Frau Kollegin Schröder-Köpf, sondern dieser dauerhaft sichergestellt wird.
Wenn die „Berlin“ und die „Hessen“ nach Wilhelmshaven zurückkehren, muss Ablösung geschickt werden, um weiter den Menschen zu helfen, die im Mittelmeer in Seenot geraten.
Aber wir können doch von dieser Stelle aus, Frau Kollegin, die Bundesregierung auffordern und ein Signal aus Niedersachsen senden. Deswegen unterstütze ich ja diesen Antrag.
Aber Frau Kollegin Lorberg hat an einer Stelle recht - das ist ein Aspekt, der in dem Antrag fehlt -: Handels- und Kreuzfahrtschiffe sind oftmals überfordert und gleichzeitig zur Seenotrettung aufgefordert. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Meinung, dass wir das in diesen Antrag aufnehmen sollten, dass wir hier die Reeder unterstützen sollten. Uwe Beckmeyer als maritimer Koordinator der Bundesregierung hat das gestern in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung ganz klar zum Ausdruck gebracht.
Wir unterstützen die in dem Antrag erhobene Forderung, legale Wege wie Resettlement-Programme, humanitäre Aufnahmeprogramm, und die Familienzusammenführung zu stärken.
Sehr geehrter Herr Minister Pistorius, wenn Sie in diesem Sinne weiter tätig werden wollen, dann haben Sie unsere volle Unterstützung.
Wir unterstützen auch die Forderung des Antrags - Herr Präsident, ich weiß, dass ich zum Ende kommen muss -, Mare Nostrum, gesamteuropäisch finanziert, wiederaufleben zu lassen. Es ist unsere humanitäre Pflicht, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Seenotrettung aufrechtzuerhalten und zu stärken.
Ich sage an dieser Stelle aber auch: Wir müssen alles tun, um legale Einwanderungswege zu ermöglichen
und den Schleppern, die sich an der Not dieser Menschen eine goldene Nase verdienen, das Handwerk zu legen. Das ist unsere vornehmste Pflicht.
Der Wichtigkeit des Themas war es sicherlich angemessen, nicht abzubrechen, sondern allen Fraktionen etwas Redezeitüberziehung zuzugestehen; ich habe alle Fraktionen gleich behandelt.
Meine Damen und Herren, uns liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor, sodass wir zur Ausschussüberweisung kommen.
Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Ausschuss für Inneres und Sport mit diesem Antrag zu befassen. Wer so entscheiden will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist ausreichend unterstützt und so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 16: Erste (und abschließende) Beratung: Landesbüro Niedersachsen der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit erhalten - Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 17/3444