Herr Bode hat den Wunsch, sich hier im Wege einer Kurzintervention zu äußern. Herr Bode, bitte! Sie haben 90 Sekunden.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Menge, ich will jetzt nicht auf das Thema E-Mobilität eingehen, sondern auf das, was Sie hier zur Postwachstumsökonomie erklärt haben, nämlich dass wir in Niedersachsen glücklicher werden, wenn wir Verzicht üben.
Dem einen oder anderen, der verzichtet, mag es danach besser gehen. Aber dass die Gesellschaft Wohlstand durch geringeres Wachstum generiert, diese Theorie kann nicht funktionieren!
Sagen Sie Ihren Kindern doch bitte einmal, dass sie, wenn sie kein Eis mehr essen, im Sommer glücklicher sind! - Das ist doch wider das Menschenbild, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir brauchen Wachstum, um Wohlstand zu generieren. Wir brauchen mehr Wachstum, damit wir in Niedersachsen das aufholen können, was gerade in den letzten Jahren liegen gelassen worden ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und dafür haben wir ein Ordnungsleitbild, das auch funktioniert - nämlich die soziale Marktwirtschaft. Das ist der Gegenentwurf zu dem, was Sie hier gerade vorgestellt haben. Dafür stehe ich ein.
Wir sollten alle gemeinsam dafür eintreten, dass die soziale Marktwirtschaft in den Vordergrund unseres Agierens gestellt wird. Die Überlegung, dass es Niedersachsen besser ginge, wenn wir alle verzichten, dass es Volkswagen und Audi besser ginge, wenn weniger Autos verkauft würden - diese Theorie glaubt Ihnen doch niemand!
Vielen Dank, Herr Bode. - Frau Menge möchte antworten. Sie hat dafür ebenfalls 90 Sekunden. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Bode, ich habe nicht gesagt, dass die autoproduzierenden Standorte verzichten sollen, Autos zu produzieren.
Ich habe hier deutlich gesagt, dass es um eine Gesamtkonzeption und -produktion einer anderen Mobilität geht.
Es geht darum, hier in Niedersachsen Chancen zu eröffnen, wie sie Nordrhein-Westfalen der Chemieindustrie eröffnet hat, die dort ja ihren europaweit größten Standort hat. Wenn das in NordrheinWestfalen gelingt, dann dürfte es auch bei uns möglich sein, dass wir auf dieser Ebene ins Gespräch kommen.
Sie aber haben gerade gesagt, dass das nicht möglich sei. Damit haben Sie auf den Punkt gebracht, wie Sie damit umgehen, dass wir das Dreifache dieses Planeten verbrauchen.
Das heißt: Designe ich das, was ich „tragfähige Zukunft“ nenne? - Sie alle nehmen das Wort „Nachhaltigkeit“ mit großer Gleichgültigkeit in den Mund. „Nachhaltig“ heißt aber, die Zukunft enkeltauglich zu gestalten, und das bedeutet auch, dass wir uns damit auseinandersetzen, wie viel uns zur
Da stünde uns sehr gut zu Gesicht, darüber nachzudenken, auf welcher Ebene wir das fortsetzen wollen: by design or by desaster? Ich bin für by design.
Vielen Dank, Frau Menge. - Meine Damen und Herren, bevor es weitergeht, möchte in den jungen Mann oben auf der Tribüne um Zurückhaltung beim Fotografieren bitten, insbesondere wenn Sie den Fotoapparat so weit übers Geländer halten. Wenn er herunterfällt,
findet Frau Kollegin Pieper das gar nicht so nett. Sie merken, wir haben auch Angriffe von oben im Blick!
Meine Damen und Herren, wie schon prophezeit, hat sich die Landesregierung zu Wort gemeldet. Herr Minister Lies, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als einfacher Elektrotechnikingenieur komme ich jetzt wieder auf das Thema Elektromobilität bzw. alternative Antriebe zurück. Dabei will ich betonen, dass diese Anträge und die Diskussion darüber sehr wichtig sind. Ich glaube, im Kern sind wir auch hier mal wieder gar nicht so weit auseinander.
Ich bin schon sehr verwundert, dass die Idee, mehr E-Mobilität in den Markt zu bringen, so extrem kritisiert wird. Gestatten Sie mir deshalb einen Hinweis zum Stichwort Oslo, das Sie, sehr geehrter Herr Kollege, ja angesprochen haben. Es trifft zu: Oslo rückt von der Kaufprämie ab. Das tut es aber deshalb, weil es die Akteure geschafft haben, ihr Ziel drei Jahre früher als geplant zu erreichen: Inzwischen sind ein Viertel aller zugelassenen Neufahrzeuge Elektrofahrzeuge. - Ich glaube also, Oslo ist eher ein Argument für die Kaufprämie als ein Argument dagegen.
Ich verstehe auch überhaupt nicht, warum wir uns darüber streiten. Deshalb will ich das Vorhaben mit der Kaufprämie noch einmal ganz pragmatisch erläutern.
Nach den Erfahrungen der letzten Jahre und vor allem den Erfahrungen der letzten Monate, in denen wir gerade mit denjenigen diskutiert haben, die die E-Mobilität bisher noch nicht intensiv in den Fokus genommen haben, bin ich davon überzeugt, dass reine Elektrofahrzeuge typischerweise nach wie vor zusätzliche Fahrzeuge sind.
Wenn wir zusätzliche Fahrzeuge über eine Kaufprämie fördern, dann haben wir auf der anderen Seite Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Das heißt: Wenn man das Ganze klug organisiert, ergibt sich gar keine Millionenbelastung für den Staat, sondern dann haben wir ein echtes Instrument der Wirtschaftsförderung und tragen vielleicht sogar zum Wachstum der Produktion von E-Mobilität bei.
Deshalb sollten wir uns zumindest der Diskussion darüber öffnen und den Vorschlag nicht allein schon deshalb von der Hand weisen, weil er nicht aus den eigenen Reihen kommt. Es macht durchaus Sinn, über solche Vorschläge kritisch zu diskutieren und das Für und Wider abzuwägen.
Ich halte den Ansatz für falsch, die Förderung des Kaufs zu unterlassen, um stattdessen die Förderung von Forschung und Entwicklung voranzutreiben. Die Förderung von Forschung und Entwicklung müssen wir sowieso vorantreiben. Aber wenn wir ehrlich sind, besteht das Problem ja auch nicht darin, dass bislang noch keine entsprechenden Fahrzeuge entwickelt worden sind. Im Gegenteil: Wir haben eine Vielzahl von Elektrofahrzeugen auf dem Markt - übrigens auch deutscher Hersteller -, die allesamt wettbewerbsfähig und einsatzfähig sind,
Das Problem liegt also nicht auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung. Das Problem besteht darin, dass wir in Deutschland nur dann eine herausragende Forschung und Entwicklung im anwendungsbezogenen Bereich haben, wenn es auch einen Markt dafür gibt. Das gilt für die EMobilität genauso wie für das automatisierte Fahren.
schung, Entwicklung und Produktion dort stattfinden. Deswegen geht es beim Thema E-Mobilität um mehr als nur die Frage des Einsatzes der Fahrzeuge. Es geht darum, ob Niedersachsen und Deutschland weiterhin der Standort für Forschung und Entwicklung im Bereich der Automobiltechnologie sein wird.
Sie sehen, meine Damen und Herren: Mit der Kaufprämie wollen wir den Standort Niedersachsen fördern.
Das Ganze berührt ja auch das Handwerk. Ich habe mir die Situation in Hildesheim angesehen, wo sehr intensiv ausgebildet wird. Aber was machen die Handwerksbetriebe, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter qualifizieren - weil das Hochvolttechnologie ist und die normale Ausbildung nicht ausreicht - und dafür viel Geld investieren müssen, wenn nachher niemand kommt?
Darum muss es uns doch auch gehen! Deswegen ist die Kaufprämie zumindest ein Anreiz dafür - auch wenn sie sicherlich nicht sofort in großem Umfang wirkt - , den Markt für Elektrofahrzeuge zu vergrößern.
Ein weiteres gutes Instrument war die SiebenStädte-Tour. Elektromobilität muss man nämlich erfahren. Einige verstehen darunter ja immer noch den Cityliner oder Citystromer, den es vor 20 Jahren gab, in dem man als Einzelner saß und bei dem man Angst davor haben musste, überfahren zu werden. Aber so sieht E-Mobilität von heute nicht mehr aus. Das sind ganz moderne Fahrzeuge, die sich von den „normalen“ Fahrzeugen nicht unterscheiden. Aber das ist vielleicht sogar das Problem. Viele wissen gar nicht, welche Fahrzeuge das sind. Deswegen müssen wir das Thema angehen.
Noch ein Satz zum Thema Ladeinfrastruktur. Wir haben in Niedersachsen Hunderttausende Ladeeinrichtungen - weil sich die Ladeinfrastruktur hauptsächlich zu Hause befindet. Das aber reicht nicht aus. Die Studien haben gezeigt, dass E-Mobilität in den ländlichen Regionen deshalb besser funktioniert, weil dort die Lademöglichkeiten zu Hause gegeben sind. Diesen Ansatz müssen wir wählen.
Trotzdem haben Sie natürlich völlig recht damit, dass die Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum ausgebaut werden muss. Das wollen wir befördern, und das will jetzt auch der Bund befördern.
Aber solche Ladeeinrichtungen haben wir auch schon. Sie sind ja die Grundvoraussetzung dafür, dass das Ganze funktioniert. Die inzwischen weit über 2 000 Probefahrten, die wir durchgeführt haben - allein 600 bei den 20 000 Besuchern in Lüneburg -, zeigen, dass wir nach draußen gehen müssen. Es mag zwar nicht Aufgabe der Politik, dafür Werbung zu machen, aber im Rahmen des „Schaufensters Elektromobilität“ haben wir uns dazu verpflichtet, eine solche Schaufensterfunktion wahrnehmen.
Für die Fahrzeugflotten ist das Thema Abschreibung wichtig. Gerade Pflegedienste zeigen mit guten Beispielen bei uns in Niedersachsen, dass das funktionieren kann. Ein tolles Beispiel dafür gibt es in Lüneburg: Die Elektrofahrzeuge fahren morgens, sie fahren abends, und über die eigene Photovoltaikanlage werden sie in der Mittagszeit geladen. Das sind optimale Rahmenbedingungen, das greift sehr gut ineinander. Auch das wollen wir weiter fördern.