Protokoll der Sitzung vom 29.05.2013

Nachdem der Ältestenrat dies in seiner letzten Sitzung getan hat, kann ich Ihnen Folgendes dazu mitteilen:

Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen waren sich in dem Ziel einig, bei allen unterschiedlichen Positionen in Sachfragen und allem Verständnis für eine lebendige politische Auseinandersetzung einen respektvollen Umgang miteinander anzustreben, der auch dem Erscheinungsbild des Landtages in der Öffentlichkeit zugute kommen würde.

Ich bitte daher jede und jeden Einzelnen von Ihnen, sich der Bedeutung des eigenen Agierens hier im Plenarsaal bewusst zu sein. Zugleich sichere ich Ihnen im Einvernehmen mit meiner Stellvertreterin und meinen Stellvertretern zu, dass der Sitzungsvorstand seine Aufgabe, die Würde und die Rechte des Landtages zu wahren, weiterhin sehr aufmerksam wahrnehmen wird.

Ich würde mich freuen, wenn es uns im bevorstehenden Tagungsabschnitt gelänge, so miteinander umzugehen, dass wir das gemeinsam angestrebte Ziel auch tatsächlich erreichen - man könnte auch vereinfachend sagen: dass es nicht andeutungsweise zu der Überlegung kommen, ob es einen Ordnungsruf braucht oder nicht.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, wünsche ich uns heute einen guten Verlauf innerhalb der Tagesordnung.

Danke schön.

(Beifall)

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde

a) 100 Tage rot-grüner Aufbruch für Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/196

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen liegt eine Wortmeldung vor. Frau Vorsitzende Piel hat das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir bedenken, dass eine Legislaturperiode insgesamt fast 2 000 Tage umfasst, so hat eine erste Bilanz nach 100 Tagen naturgemäß etwas von einer sehr, sehr vorläufigen Momentaufnahme. Das gilt im Übrigen für die derzeitige Arbeit des ganzen Landtages. Es besteht die Situation - das liegt auf der Hand -, dass sich alle Beteiligten in ihren neuen Rollen noch zurechtruckeln müssen. CDU und FDP sitzen neu in der Opposition, SPD und Grüne, mit sehr viel Neuen in beiden Fraktionen, haben auf der Regierungsbank Frauen und Männer sitzen, die naturgemäß stark ihre politischen Inhalte vertreten, die sie aber auch bei einer knappen Einstimmenmehrheit in jeder Situation zu unterstützen haben.

Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage: Die Rolle der Grünen gemeinsam mit der SPD ist eine etwas leichtere, aber eben auch eine noch sehr neue. Jetzt werden von uns bereits die ersten Resultate erwartet. Ich gebe ehrlich zu: Die Begeisterung der ersten Wochen wurde schon ein wenig von den Sorgen eingeholt, wenn wir auf die finanzielle Situation des Landes Niedersachsen blicken.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Nach zehn Jahren Schwarz-Gelb hat die Verschuldung einen neuen Rekord erreicht.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von der CDU: Du meine Güte!)

- Die Zahlen liegen ja vor.

(Zurufe von der CDU)

Die Politik der letzten Jahre wird uns dabei noch eine Weile begleiten; denn schließlich arbeiten wir alle gemeinsam jetzt noch den schwarz-gelben

Haushalt 2013 ab. Der Haushalt 2014, den SPD und Grüne jetzt miteinander austüfteln, soll ein anderer sein. Ich freue mich über die Ungeduld der Opposition, die nun sicherlich darauf wartet, mit uns gemeinsam die richtigen Ideen dazu zu liefern, wie wir weniger Neuverschuldung auslösen; denn sicherlich brennen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, darauf, nach all den vielen Jahren des Geldausgebens jetzt gemeinsam mit uns die Neuverschuldung zu stoppen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Aber auch wenn Bilanzen zu Beginn einer Legislaturperiode nur eine begrenzte Aussagekraft besitzen, wollen wir uns heute gern damit auseinandersetzen. Da wir Grünen insbesondere die Agrarwende auf unsere Agenda geschrieben haben, will ich ein Bild aus diesem Umfeld bemühen: Ein Teil der Saat ist bereits ausgebracht, und hie und da spießt schon ein wenig erstes Grün.

Wo finden wir nun aber erstes Grün? - Als erstes Beispiel möchte ich die Flüchtlingspolitik anführen. In diesem Bereich ist es nicht übertrieben, wenn wir sagen: Wir haben begonnen, umzugraben und die Altlasten falscher Entscheidungen abzutragen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Damit meine ich zuvörderst die herzlose Abschiebepolitik des früheren Innenministers Schünemann.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

In diesem Zusammenhang ist zunächst die Härtefallkommission zu nennen. Wir versetzen die Kommission neu in die Lage, mehr Fälle abzuarbeiten und sich mit mehr Menschen zu beschäftigen. Denn es geht hier nicht um Fälle, sondern um Menschen und ihre Familien. Um künftig die Situation von schwer traumatisierten Menschen besser zu beurteilen - denn die Menschen, die zu uns kommen, kommen aus Gebieten, in denen sie Dinge erlebt haben, die ihnen schwer anhängen, wenn sie hier bei uns eintreffen -, setzen wir eine geeignete Medizinerin oder einen geeigneten Mediziner in diese Kommission, die oder der die Lage dieser Menschen genau beurteilen kann. Das ist ein Fortschritt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Wir haben uns einem weiteren Thema genähert: der unwürdigen Gutscheinpraxis. Asylbewerber haben inzwischen fast überall in Niedersachsen die Chance, auf Augenhöhe mit ihren Nachbarn in den Orten, in denen sie leben, einzukaufen. Sie können jetzt an der Kasse mit Bargeld bezahlen. Endlich ist für die meisten von ihnen die unwürdige Zeit vorbei, in der sie mit gesenktem Kopf an der Kasse gestanden und diese Gutscheine hervorgeholt haben.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die gute Botschaft ist: Da dies auf Freiwilligkeit beruht hat - das ist auch ein Teil unserer Politik -, haben sich bis auf drei bereits alle Landkreise entschlossen, diesen Menschen diesen kleinen Teil ihrer Würde - mehr ist es nicht - zurückzugeben, und ich bin sicher, die anderen drei werden auch noch folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die zweite Stelle, an der Grün durchbricht, ist der Bereich Bildung.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Die Novelle des Schulgesetzes macht es jetzt in Ausnahmefällen möglich, dass in der Fläche dreizügige Integrierte Gesamtschulen gegründet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Das ist keine Kleinigkeit für die Eltern und Kinder, die schon lange auf diese Möglichkeit warten und immer mit Neid auf die Städte geschaut haben, in denen es bisher möglich war, in Integrierte Gesamtschulen zu gehen. Künftig wird das auch in der Fläche möglich sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist vielleicht nicht ganz so spektakulär wie die Abschaffung der Orientierungsstufe, dreht sich aber um etwas ganz Wichtiges, nämlich darum, Kindern und Jugendlichen Zeit zu verschaffen. Wir machen das Abitur nach 13 Jahren wieder möglich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Damit verschaffen wir Kindern und Jugendlichen am Ende des Lernmarathons, den die Schulzeit nun einmal darstellt, mehr Zeit, noch einmal Atem zu holen. Das ist wichtig vor dem beruflichen Start. Wir reden hier nämlich von der Chance für die Kinder und Jugendlichen, die in Zukunft die Geschicke in Niedersachsen bestimmen. Ihnen versuchen wir einen besseren Start zu verschaffen. Meine Damen und Herren, das ist keine Kleinigkeit.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es gibt einen möglichen Dissens über die Reihenfolge der Redner. Offenbar gibt es keine tragfähige Vereinbarung der Parlamentarischen Geschäftsführer. Somit gehen wir nach der Reihenfolge der Wortmeldungen vor, sodass jetzt Herr Thümler für die CDU-Fraktion an der Reihe ist.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rot-Grün hat am 20. Februar ein gut bestelltes Haus von uns übernommen:

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Geordnete Landesfinanzen, Rekordsteuereinnahmen mit der Aussicht auf einen ausgeglichenen Haushalt 2017, bestätigt durch die Steuerschätzung vom Mai, das zweithöchste Wirtschaftswachstum in Deutschland, die geringste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren, so viele Lehrer wie noch nie zuvor in der Geschichte des Landes Niedersachsen.

Bei allem tagtäglichen Streit auch in den ersten 100 Tagen möchte ich deshalb zunächst eines deutlich machen: Die CDU-Landtagsfraktion - also die 54 direkt gewählten Abgeordneten auf der rechten Seite des Hauses - spürt eine besondere Verantwortung für die Menschen und das Land Niedersachsen. Wir sind stolz auf das, was wir in zehn Jahren erreicht haben. Niedersachsen hat sich in unserer Regierungszeit gut entwickelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sehen deshalb mit einer gewissen Sorge, wie die rot-grüne Landesregierung durch falsche Weichenstellungen und zögerliches Handeln diese gute Position leichtfertig und unnötigerweise aufs Spiel setzt. Beispielhaft genannt sei hier die Verkehrsinfrastruktur, wo eine rot-grüne Selbstblocka

de nicht nur droht, sondern an der Tagesordnung ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)