Protokoll der Sitzung vom 18.09.2015

Sie können noch heute im Organigramm des Paritätischen erkennen, dass dem Vorstand selbst z. B. Fachbereiche zugeordnet sind, was nichts anderes heißt, als dass die Fachberatertätigkeit für die zugeordneten Fachbereiche direkt durch den Vorstand wahrgenommen wird. Dies war auch bei mir früher z. B. beim Fachbereich Krankenhäuser der Fall.

Im Übrigen ist es so, dass sehr große Organisationen, z. B. die großen Sozialverbände, darauf bestanden haben, vom Vorstand selbst beraten zu werden. Es gibt eine weitere Gruppe: Das sind sehr bekannte Persönlichkeiten, teils aus Funk und Fernsehen bekannt, teils Hochadel, teils Industrieunternehmen, die z. B. für Familienmitglieder eigene Einrichtungen hier in Niedersachsen betrieben haben. Diese Einrichtungen waren Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband. Und auch diese Persönlichkeiten haben naturgemäß erwartet, dass sich der Vorstand persönlich kümmert.

(Christian Grascha [FDP]: Das hat sich der Vorstand natürlich nicht neh- men lassen! - Jens Nacke [CDU]: Ei- ne solche Selbstbedienungsmentali- tät! - Gegenrufe von der SPD: Herr Nacke, Sie wissen es doch besser!)

Darüber hinaus gab es typische Beratungssituationen, von denen ich einige nennen will.

(Christian Grascha [FDP]: So eine Selbstherrlichkeit! - Jens Nacke [CDU]: Das muss man sich erst ein- mal trauen! - Christian Grascha [FDP]: Das Landesgeld sollte doch für die Bedürftigen eingesetzt werden!)

Ich darf um Ruhe bitten! - Dann geht’s weiter!

Typische Beratungsfunktionen waren z. B. die Koordinationsfunktion, wenn z. B. mit dem Land Niedersachsen Rahmenverträge abgeschlossen wurden. Diese Rahmenverträge haben üblicherweise den Beitritt der einzelnen Mitglieder zu dem Rahmenvertrag vorgesehen und dienten der Verwaltungsvereinfachung insbesondere des Landes. Manchmal gab es Mitgliedsorganisationen, die mit den Konditionen nicht so ganz glücklich waren und nicht sofort beigetreten sind. Dort gab es jeweils, auch vom Vorstand, die entsprechende Beratung, die dazu geführt hat, dass typischerweise alle oder fast alle Mitgliedsorganisationen solchen Rahmenverträgen beigetreten sind.

Im Übrigen ist es sicherlich auch sehr klar, dass es auch Beratungssituationen gab, bei denen die beratenen Organisationen sehr darauf bestanden haben, dass dies im sehr kleinen Kreis passiert. Ich will eine solche Beratungssituation beispielhaft nennen. Bei über 800 Organisationen können Sie sich sicherlich vorstellen, dass das keine einmalige Situation war.

Wenn es z. B. zwischen dem ehrenamtlichen Vorstand und den hauptamtlichen Mitarbeitern, insbesondere im Bereich der Geschäftsführung, besondere Probleme gab, dann wurde schon erwartet, dass der Vorstand selber über die Möglichkeiten der Abberufung solcher hauptamtlichen Mitarbeiter informiert und berät. Möglicherweise ging es auch um Regressforderungen gegenüber solchen Mitarbeitern.

(Jörg Hillmer [CDU]: Das ist doch in- terne Verbandsarbeit! Hier geht es aber um Beratung!)

Ähnlich war es - da war auch klar, dass der Vorstand das macht - bei existenzieller Bedrohung der Einrichtung, z. B. wenn ein Insolvenzverfahren drohte oder bereits eingeleitet worden war. Da war zu bedenken, dass die dort tätigen Ehrenamtlichen einer Durchgriffshaftung unterlagen, und es war sehr wichtig, sie davor zu schützen.

Ich will auch sehr allgemein sagen: Ich weiß von einer Beratung, in der es darum ging - die Mitglieder des Landtags sind häufig ja auch in sozialen Einrichtungen sehr engagiert -, dass ein Insolvenzverwalter und die Gläubiger ein damaliges Mitglied

des Landtags persönlich in Regress nehmen wollten. Auch in solchen Fällen hat man sich natürlich persönlich gekümmert.

(Jörg Hillmer [CDU]: Aber das ist doch keine Beratungstätigkeit!)

Der drohende Entzug der Gemeinnützigkeit - das waren sicherlich ebenfalls solche Fälle.

Ich will Ihnen sagen: Es gab auch besondere Fälle, die deshalb insbesondere von mir beraten wurden, weil im Bereich der Wohlfahrtspflege überwiegend Menschen mit sozialarbeiterischen und sozialpädagogischen Kompetenzen arbeiten, aber nur sehr wenige Betriebswirte. Bei mir als Betriebswirtin war klar, dass ich bestimmte Organisationen berate, insbesondere wenn es um wirtschaftliche Fragen ging, aber auch bei der Frage von Ausgründungen, bei der Frage, wie man kollektives und individuelles Arbeitsrecht am besten aufsetzt, bei Tariffragen und Ähnlichem. Es ging sicherlich auch um die Frage von Rechtsformen. Es ging um Steuerrecht, um Gemeinnützigkeitsrecht. Es ging um Sozialversicherungsrecht, und es ging auch um so wunderbare Fragen wie: Wenn wir Honorarkräfte beschäftigen, haben wir dann möglicherweise ein Problem mit Scheinselbständigkeit und all diesen Dingen?

(Christian Grascha [FDP]: Was haben Sie eigentlich ansonsten gemacht, wenn das alles Beratung ist?)

Das heißt: Ich habe in solchen Dingen sehr umfänglich und sehr persönlich beraten.

Ich habe mich ebenfalls selbst mit so wunderbaren Fragen auseinandergesetzt, wie man es gerade bei kleinen Organisationen, die gewachsen sind und erstmals hauptamtliche Mitarbeiter haben, schafft, die ersten notwendigen hauptamtlichen Mitarbeiter zu finanzieren - die haben in dem Moment natürlich sprunghaft höhere fixe Kosten, die dann abgedeckt werden sollen -, und Ähnliches.

Ich will auch darauf hinweisen, dass es natürlich auch besondere, ich sage mal, politisch ausgelöste - und dann auch extrem umfängliche - Beratungssituationen gegeben hat.

Ich will daran erinnern, dass im Jahr 2003 durch Schwarz-Gelb zunächst einmal der Toto-LottoVertrag gekündigt worden war. Das hat sofort zu existenziellen Aufregung und Beratung im gesamten Bereich geführt.

Ich will erinnern an die Streichung des Landesblindengeldes durch Frau von der Leyen. Auch das hat extrem aufwendige Beratungssituationen aus

gelöst, weil alle Verbände der Sinnesbehinderten bei der Frage des Benachteiligungsausgleichs beraten werden mussten.

Ich will erinnern an die Streichung der bewohnerbezogenen Aufwendungszuschüsse, die bei vielen Einrichtungen im Bereich der Altenhilfe zu existenziellen Fragen führte.

Ich will erinnern an die Nullrunden im Bereich der Behindertenhilfe, die die Vorgängerregierung gefahren hat, bei denen sich jedes Mal ein erheblicher Beratungsaufwand ergab, nämlich zu der Frage, ob das Ganze überhaupt noch mit Tariflöhnen machbar ist oder ob Tarife möglicherweise ausgesetzt werden müssen.

(Björn Thümler [CDU]: Eine einzige Nullrunde gab es! 2004!)

Das heißt: Wenn politisch motivierte Kürzungen unter Schwarz-Gelb zu betriebsbedingten Kündigungen von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wohlfahrtspflege und der Organisationen geführt haben und dort Existenzen bedroht waren, ging es um die Frage, wie man so etwas auffangen kann, weil viele der ehrenamtlichen Funktionäre und Vorstände in dem Bereich nicht geneigt waren, ihre Mitarbeiter aufgrund von Landeskürzungen in die Existenzlosigkeit zu schicken und damit sich selbst und ihre eigene Existenz wegen der Durchgriffshaftung zu gefährden.

Das vielleicht sehr allgemein gesagt: ein paar typische Beratungen, für die ich immer zur Verfügung gestanden habe.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Hilbers.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Der ist bestimmt auch beraten worden! Er war Geschäftsführer bei der Lebens- hilfe! - Weitere Zurufe)

- Ruhe, bitte! - Herr Hilbers!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die Wohlfahrtsverbände Nachweise für die Verwendung dieser Mittel einreichen, und vor dem Hintergrund, dass Sie, Frau Ministerin Rundt, die Rechtmäßigkeit der Tatsache, dass Sie 50 % Ihres

Gehalts aus den Wohlfahrtspflegemitteln erhalten haben, daraus herleiten wollen, dass Sie beraten haben - wie Sie eben hier vorgetragen haben -, und vor dem Hintergrund dass schwarz-gelbe Politik bei Ihnen offensichtlich sehr viel Beratungsleistung ausgelöst hat - - -

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe)

Trotzdem sollten Sie jetzt die Kurve zur Frage kriegen.

Das glaubt Ihnen im Land sowieso keiner.

Jetzt aber die Frage, Herr Kollege!

Ich frage die Landesregierung: Auf welche Art und Weise ist Ihre Beratungsleistung - wenn Sie betriebswirtschaftlich so versiert sind, Frau Rundt - mit 50 % quantifiziert worden? Hat es dafür spezielle Kostenstellenrechnungen gegeben? Hat es dafür spezielle Verwendungsnachweise gegeben? Oder -

Die Frage steht doch schon!

- sind die 50 % einfach über den Daumen gegriffen worden?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Landesregierung Frau Ministerin Rundt!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich selber ein Fixgehalt erhalten habe, ich mein Gehalt also nicht entsprechend der geleisteten Arbeit und der geleisteten Einzelberatungen bekommen habe, war es naturgemäß nicht notwendig, dies einzeln zu erfassen. Darüber hinaus war es vor allem deshalb nicht notwendig, weil die Finanzhilfe es ermöglicht, genau diesen kleinen ehrenamtlichen Organisationen die Beratung kostenlos zukommen zu lassen, sodass dies zur Verrechnung nicht notwendig war.

Im Übrigen hat der Paritätische die entsprechenden Verwendungsnachweise erstellt,

(Christian Grascha [FDP]: Da steht aber nichts drin!)

die auch in den letzten Jahren - bzw. Jahrzehnten, muss man fast sagen - geprüft worden sind, auch unter Schwarz-Gelb, und nicht einmal zu Beanstandungen geführt haben.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Die nächste Zusatzfrage: Fraktion der FDP, Kollegin Bruns!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage vor dem Hintergrund, dass wir jetzt in den Neuverhandlungen der Verträge stehen - das haben wir jetzt ja auch datiert bekommen: am 29. September -, ob wir in den Verträgen die Anregung des Bundes der Steuerzahler wiederfinden werden, damit wir nicht noch einmal in solch eine Lage kommen, und ob die Verträge anders ausgestaltet werden.

(Christian Dürr [FDP]: Sehr gute Frage!)