Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn die Einrichtung nicht „Sorgentelefon“, sondern „Psychologische und familiäre Beratung für Landwirte und Landwirtinnen“ heißen würde, dann hätten Sie die Anfrage vielleicht gar nicht gestellt. Von daher stellt sich die Frage, mit welcher Intention das gemacht worden ist.
Wir nehmen die zweifellos wachsenden Sorgen der Bäuerinnen und Bauern, die natürlich auch zu Konflikten in der Familie führen, sehr ernst. Wir stocken die Mittel im kommenden Haushalt von 40 000 auf 45 000 Euro auf.
Die wachsenden Sorgen haben die landwirtschaftlichen Familien übrigens nicht aufgrund der rotgrünen Agrarpolitik, sondern neben innerfamiliären Spannungen und Problemen im psychosozialen Bereich macht den Bäuerinnen und Bauern auch die Ideologie des Wachsens oder Weichens Probleme.
Ein Beispiel ist: Es waren Schwarz und Gelb im Bund, die sich mit massiver Unterstützung des Deutschen Bauernverbandes in Brüssel dafür stark gemacht haben, dass es nach dem Wegfall der Milchquote keine neuen zusätzlichen Instrumente der Mengensteuerung auf dem Milchmarkt gibt. Sie setzen ganz bewusst darauf, dass eine ganze Reihe von Milchbäuerinnen und Milchbauern durch ruinöse Milchpreise aus dem Markt gedrängt werden, damit die Flächen dann für Großbetriebe frei werden. Das ist Ihre Politik!
Und dann beklagen Sie sich hier über die wachsenden Sorgen und Nöte der bäuerlichen Familien. Ich finde das schäbig.
Vielen Dank, Herr Janßen. - Jetzt hat sich Clemens Große Macke, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet. Herr Große Macke, Sie haben das Wort.
(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Un- ter welchem Landwirtschaftsminister ist das denn abgeschafft worden? - Gegenruf von Hans-Joachim Janßen [GRÜNE])
- Wir haben eine lebhafte Debatte in der vierten Reihe. Die könnten wir einstellen; denn jetzt hat hier vorne Herr Kollege Große Macke das Wort.
Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege, schäbig ist das, was Sie hier gemacht haben.
Schäbig ist, wie Sie mit Leid und Not der Familien von Landwirten umgehen. Das will ich Ihnen sagen als jemand, der seit fast 30 Jahren in diesem Bereich arbeitet. Sie können meinetwegen, liebe Re
gierungsfraktionen, aber auch Herr Minister, weiterhin so tun, als ob die Schicksale der landwirtschaftlichen Familien Sie wirklich interessieren. Aber das glaubt Ihnen hier sowieso keiner mehr.
Sie können auch weiterhin sogenannte Betroffenheitsdebatten führen. Aber auch das glaubt Ihnen hier kein Einziger mehr. Sie können die Situation, lieber Herr Janßen, meinetwegen auch weiter eskalieren lassen, bis eines Tages auch Sorgentelefone und Familienberatung nicht mehr helfen. Nur, dann ist es zu spät.
Herr Minister Meyer hat in der Beantwortung dieser Anfrage argumentiert: Die hohe Zahl der Anrufer bei den Sorgentelefonen zeigt, dass die landwirtschaftlichen Familien sich von den Angeboten angesprochen fühlen und diese annehmen. - Was für eine Oberflächlichkeit, was für ein Zynismus und was für eine Frechheit!
Ich sage Ihnen ausdrücklich: Wer so die Not, die psychosoziale Belastung vieler Familien wissentlich verharmlost, macht sich mitschuldig.
Ich sage Ihnen: Allein die Katholische LandvolkHochschule Oesede braucht 41 Ehrenamtliche, davon 30 Familienberater und 11 Telefonberater, um den Landwirtsfamilien Hilfe zu bieten. Herr Minister, Sie sagten, Sie hätten gehört, dass immer mehr Frauen dort anrufen. - Sie hören schlecht. Denn mittlerweile sind es nach Aussage von Herrn Ludger Rolfes, dem Leiter dieser Einrichtung, immer mehr Männer, die nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll. Die wirtschaftliche Situation, das schlechte Image, Zukunftsängste und Ihre Politik treiben sie und die Familien in die Depression.
Ich sage Ihnen: Immer häufiger sind es gerade die kleinen Familienbetriebe, die keinen Ausweg mehr sehen.
(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ist es nicht eher so, dass die Hofnachfolger mit ihren Vätern nicht zurechtkommen?)
Mein Dank gilt allen, die hier mit großer Sensibilität und viel Zeit als ehrenamtliche und hauptamtliche Beraterinnen und Berater helfen.
Herr Minister, Sie mögen ja Grußwortredner auf einer Jubiläumsveranstaltung gewesen sein. Aber von der Arbeit der Sorgentelefone und auch der Familienberatung verstehen Sie gar nichts.
Ihre permanente Ausgrenzung konventioneller Landwirte und derer Familien hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Arendt Meyer zu Wehdel, viel zu früh verstorbener Kammerpräsident, hat diese Ausgrenzung einmal als neue Form subtiler Gewalt bezeichnet. Recht hat er gehabt!
Meine Damen und Herren, dieser Minister behauptet, die Hauptfinanzierung der Kosten erfolge in erster Linie durch die Bereitstellung von Haushaltsmitteln des Landes. Dass wir uns richtig verstehen: Die Absicherung über einen Haushaltstitel, Herr Minister, ist ausdrücklich lobens- und anerkennenswert. Aber schauen wir uns einmal ein Beispiel genauer an: 6 700 Euro bekommt das Sorgentelefon Oesede. Davon sollen die Ehrenamtlichen zweimal im Jahr die verpflichtende, jeweils dreitägige Fortbildung und nach meinem Kenntnisstand auch achtmal die Supervision bezahlen können. Die Ehrenamtlichen erzählen mir, dass sie nicht einmal die Fahrtkosten erstattet bekommen. Herr Minister, ich frage Sie: Stimmt das, dass die Ehrenamtlichen nicht einmal die Fahrtkosten erstattet bekommen? Wenn ja, dann ändern Sie das!
45 000 Euro sollen im Jahr 2016 für Sorgentelefone und Familienberatung in ganz Niedersachsen in den Haushalt eingestellt werden. Laut Meyer ist das die Hauptfinanzierung der Kosten. Die Ehrenamtlichen erzählen mir jedoch, dass allein von der Diözese Osnabrück - vom Offizialat in Vechta gar nicht zu sprechen - 40 % der Personalkosten des hauptamtlichen Leiters der Familienberatung übernommen werden. Herr Minister, ich frage Sie: Stimmt das? - Dann ändern Sie es!
5 000 Euro, liebe Fraktionen, die Sie die Regierung bilden, im Haushalt sind ein Witz. Es kommt Ihnen doch auch sonst nicht auf ein Milliönchen mehr oder weniger an.
Ihre Aussage, Herr Minister, wir hätten keine Vorschläge gemacht, möchte ich widerlegen und Sie bitten, in unseren Vorschlag zu schauen, den wir
für den Haushalt 2014 im Einzelplan 09 Kapitel 09 03 Titelgruppe 71 gemacht haben. Dort werden Sie 12 000 Euro für jedes dieser Sorgentelefone finden. Das ist die Wahrheit. Vielleicht haben Sie die Größe, sich zu korrigieren. Herrn Oesterhelweg haben Sie vorgeworfen, er solle sich entschuldigen. Ich vermisse die Größe, dass Sie meine Frage, die ich vor einem halben Jahr gestellt habe, beantworten.
Aber, meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss eines sehr deutlich sagen. Wenn man in der Beratung ist, mag Geld wichtig sein. Aber Geld ist nicht das Wichtigste. Geld wird diese Wunden nicht heilen. Respekt und Wertschätzung, liebe Regierungsfraktionen und lieber Herr Minister, sind das, was die Betroffenen zusätzlich von Ihnen endlich einfordern. Ich sage ausdrücklich: und das zu Recht.
Vielen Dank, Herr Große Macke. - Es liegt mir jetzt noch eine Meldung zu einer Kurzintervention von Herrn Janßen vor. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Clemens Große Macke, durch Polemik werden Ihre Vorwürfe nicht stichhaltiger.
Wir sind nicht verantwortlich für die Bilder, die ARD und ZDF sowie andere Sender senden. Diese Bilder versauen das Image der Landwirtschaft insgesamt. Ich wiederhole diesen Appell: Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass solche Bilder nicht mehr gemacht werden können,