Protokoll der Sitzung vom 15.10.2015

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 77. Sitzung im 28. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtags der 17. Wahlperiode. Gemeinsam mit den Schriftführerinnen wünsche ich Ihnen einen guten Morgen!

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 21: Mitteilungen des Präsidenten

Das Haus ist vergleichsweise gut besetzt. Deshalb dürfen wir bereits jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit einem Wortbeitrag von Herrn Nacke zur Geschäftsordnung. Bitte sehr!

(Detlef Tanke [SPD]: Völlig überra- schend!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu einem Geschäftsordnungsbeitrag gemeldet, bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, weil ich beantragen möchte, die Tagesordnung für heute zu ändern.

Wir schlagen Ihnen seitens der CDU-Fraktion vor, den gestern beratenen Tagesordnungspunkt 13, der anschließend an den Innenausschuss überwiesen wurde, erneut auf die Tagesordnung zu setzen, damit wir heute Gelegenheit haben, diesen Antrag abschließend zu beraten. Ich darf den Antrag kurz begründen.

Der Innenausschuss hat gestern Abend getagt und diesen Antrag auf die Tagesordnung genommen. Das war auch vernünftig und sinnvoll, weil schließlich die Entscheidung im Bundestag - und darum geht es ja in diesem Antrag - heute fallen wird und morgen der Bundesrat zu diesen Fragen Stellung nehmen muss und eine Entscheidung herbeiführen wird. Danach macht eine Beratung dieses Antrags keinen Sinn mehr.

Im Innenausschuss ist sehr deutlich geworden, wie sich die SPD und die Grünen zu diesem Antrag verhalten. Herr Watermann hat für die SPD in Aussicht gestellt, dass er dem zwischen CDU und SPD geschlossenen Kompromiss im Innenausschuss,

der heute im Bundestag zur Abstimmung steht und so aller Erfahrung nach auch verabschiedet werden wird, nicht zustimmen kann. Die SPD hat also dem Ministerpräsidenten an der Stelle die Gefolgschaft verweigert. Die Grünen machen das bereits seit längerer Zeit deutlich. Ich verweise nur auf das Studium der Zeitungen von heute.

Das ist ihr gutes Recht. Sie können das so machen. Das, was aber nicht richtig ist, ist, sich dann hinter Geschäftsordnungstricks zu verstecken, gestern deutlich zu machen: Nein, wir nehmen diesen Punkt nicht zur Abstimmung, wir nehmen ihn einfach von der Tagesordnung in der Hoffnung, dass er sich dann von allein erledigt. - Das ist parlamentarische Trickserei. Die Menschen haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie Sie sich zu den Fragestellungen positionieren, die heute im Bundestag entschieden werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Besonders deutlich ist das gestern bei dem Wortbeitrag von Herrn Onay geworden, der noch einmal sehr deutlich gesagt hat: Es ist doch gut für uns, unsere Karten verdeckt zu halten. - Herr Onay, das ist nicht gut für Sie, sondern die Menschen haben einen Anspruch darauf, Ihre Position zu erfahren. Sie können und dürfen sie nicht verstecken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Unsinn!)

Glauben Sie denn wirklich, Ihre Landesregierung, Herr Onay, hätte einen strategischen Vorteil, wenn Sie das Ganze hier - - -

(Belit Onay [GRÜNE]: Sie haben das aus dem Zusammenhang gerissen! - Gegenruf von Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Das macht er immer! Das macht er bewusst!)

- Ja, ich führe das ja gerade aus.

Sie haben doch den Eindruck erweckt - Sie können sich hier gern gleich zu Wort melden -, die Landesregierung hätte einen strategischen Vorteil, wenn sich der Niedersächsische Landtag an dieser Stelle heute nicht binden würde.

(Johanne Modder [SPD]: Hat er mit keinem Wort gesagt!)

Da sage ich Ihnen: Das ist nicht der Fall. Tatsächlich ist es doch so, dass Ihr Ministerpräsident hier

überhaupt keine Rolle mehr spielt. Niedersachsen gilt als unsicherer Kantonist,

(Johanne Modder [SPD]: Oh!)

Ihr Niedersächsischer Ministerpräsident, Herr Weil, gilt als durchsetzungsschwach, der seine Versprechen nicht einhalten kann, und Sie tragen die Verantwortung dafür.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Herr Watermann sagt: „Ja, das alles ist noch nicht entschieden. Das ist ja nur der Innenausschuss, das ist nur die Große Koalition, die sich dort geeinigt hat. Wer weiß, was alles noch passieren kann?“, dann sage ich Ihnen, Herr Watermann: Sie befinden sich nicht in guter Gesellschaft. Denn in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen, in Baden-Württemberg, in Hessen und in Hamburg hat man sich bereits in der Lage gesehen, sich zu dieser Fragestellung, zu dieser elementar wichtigen Fragestellung zu positionieren. Allein an der Seite Bremens befinden Sie sich; denn dort herrscht ein genauso großer Koalitionskrach zwischen SPD und Grünen, wie das hier in Niedersachsen der Fall ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen sage ich Ihnen abschließend und gebe Ihnen auch den dringenden Rat: Sie können doch nicht hinnehmen, dass einerseits auf der Titelseite der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung steht, dieser Minister gibt auf, dieser Minister zwingt die Kommunen, die Aufgaben des Landes zu übernehmen, und andererseits eine Seite später steht, diese Koalition ist nicht bereit, ihre Verantwortung auf Bundesebene zu übernehmen und wird im Bundesrat diesen Ministerpräsidenten zwingen, das Ganze abzulehnen, sich jedenfalls zu enthalten, wenn er sich nicht an das hält, was Sie eigentlich wollen. Bekennen Sie hier Farbe, damit die Menschen im Land wissen, was los ist! Nehmen Sie diesen Antrag auf die Tagesordnung, damit wir darüber abstimmen können, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Herr Kollege Nacke. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat sich Herr Tonne, SPDFraktion, gemeldet. - Für alle gilt bei Geschäftsordnungsanträgen die Redezeit von fünf Minuten.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eingangs möchte ich angesichts des Rahmens bei der Debatte, in der wir uns befinden, nämlich dass es sich um die größte Herausforderung für jedes einzelne Bundesland, auch für die Bundesrepublik, seit Jahrzehnten handelt, meinen herzlichen Dank an diejenigen ausrichten, die sich seit Tagen, seit Wochen, seit Monaten engagieren,

(Unruhe bei der CDU)

insbesondere an den Ministerpräsidenten und den Innenminister in dieser Situation.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Nacke, Ihr Redebeitrag offenbart ja dann im Laufe einer solchen Debatte immer die tatsächliche Absicht:

(Ulf Thiele [CDU]: Das süße Nichts! - Christian Grascha [FDP]: Immer die gleichen Textbausteine!)

Am Anfang der Hinweis, man müsse doch darüber reden, und dann im Zuge der fünf Minuten, die Sie hier gesprochen haben, wird klar: Es geht nicht um eine inhaltliche Debatte. Es geht nicht tatsächlich darum, dass die Bürgerinnen und Bürger ein Abstimmungsverhalten wissen müssten. Es geht Ihnen um politische Spielchen. Das finde ich angesichts der Dimension das Verwerfliche dabei.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Immer die gleichen Textbausteine! Mein Gott, bekennen Sie sich doch mal! Das ist ja unglaublich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gilt genau das gestern Gesagte, nämlich dass auch heute weiter verhandelt wird, dass um einen tragfähigen Kompromiss gerungen wird.

(Zurufe von der CDU: Wo denn?)

- An jeder Stelle.

Die Aussage des Kollegen Thümler an dieser Stelle, es sei alles abschließend klar, ist schlicht falsch.

(Christian Grascha [FDP]: Quatsch!)

Überall ist Bewegung drin. In jedem Bundesland werden die Diskussionen geführt.

(Zurufe von der CDU: Wo denn? - Christian Grascha [FDP]: Nur hier bei Ihnen!)

Sich hier hinzustellen und zu sagen, es sei alles fest, alles zementiert, ist schlicht falsch.

(Ulf Thiele [CDU]: Der Bundestag stimmt heute ab!)

Sie müssen einmal feststellen: Es gibt mehr als Schwarz-Weiß-Malerei. Das ist offensichtlich eine völlig neue Erkenntnis.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Es wird nicht mehr verhandelt! Das ist durch! - Christian Grascha [FDP]: Das ist ba- rer Unsinn, was Sie erzählen!)

Herr Kollege Nacke, ich verwahre mich auch mit Nachdruck gegen diese Spielchen, Aussagen aus Ausschüssen aus dem Zusammenhang zu reißen und dann hier als absolut darzustellen. Herr Kollege Watermann hat gestern ausdrücklich betont, er habe eine persönliche Einschätzung insbesondere zu der Frage: Darf man unangekündigte Abschiebungen als zwingend dort hineinverhandeln? - Ich finde, es ist sein gutes Recht, dies auch genauso als seine Aussage im Ausschuss kundzutun. Daraus zu machen, man habe sich abschließend festgelegt, ist abenteuerlich, Herr Kollege Nacke. Ich weiß nicht, woher Sie das nehmen.

(Jens Nacke [CDU]: Er hat gesagt, dass er das ablehnen würde!)