Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

Meine Damen und Herren, Herr Heere hat es schon gesagt: Wir wollen in der Medienpolitik mehrere Ziele erreichen und haben diese deshalb in das neue Mediengesetzes aufgenommen.

Wir wollen die Bürgersender, von denen die meisten gut in der Region verankert sind, stärken, indem wir die Zulassungsdauer von sieben auf zehn Jahre erhöhen. Damit verschaffen wir ihnen auch mehr Planungssicherheit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Finanzielle Planungssicherheit wollen wir ihnen damit verschaffen, dass wir in das Gesetz aufnehmen, dass in Zukunft 42 % des Haushalts der Landesmedienanstalt für den Bürgerrundfunk ausgegeben werden sollen. Das sorgt für Kontinuität und Stabilität. Sie haben recht, Herr Nacke: Der Wert 42 % entspricht dem, was bislang schon gewesen ist. In den vergangenen Jahren waren es immer zwischen 40 und 44 %. Aber angesichts der sich verändernden Einnahmen der Landesmedienanstalt glauben wir, dass es notwendig ist, diesen Prozentanteil festzuschreiben.

Bei der Zulassung der kommerziellen lokalen und regionalen Rundfunkbetreiber wollen wir die sogenannten Vielfaltskriterien verschärfen. Eine besondere Härte sehe ich in dieser Änderung nicht.

Meine Damen und Herren, genau wie im Jahr 2003 stehen auch jetzt, im Jahr 2015, für die politische Öffentlichkeit leider allein die Veränderungen in der Versammlung der Landesmedienanstalt im Fokus; denn schließlich hat die Versammlung das entscheidende Wort bei der Vergabe und der Verlängerung von Sendelizenzen.

Bei unseren Überlegungen zur Novellierung des Mediengesetzes war uns sehr schnell klar, dass wir das 2003 geschaffene Konstrukt an die veränderte Wirklichkeit anpassen müssen. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Wege: Entweder man erweitert die Versammlung - das ist bequem, damit sind alle zufrieden, aber damit scheut man jeden Konflikt -, oder man ersetzt bestehende Entsendungsrechte durch neue. Wir wollen den zweiten Weg gehen, und das hat, wie die Presseberichterstattung zeigt, in den letzten Tagen zu intensiven Diskussionen geführt.

Dabei ist klar, dass es eine richtige Anzahl von Mitgliedern der Versammlung nicht geben kann. Die Grenzen müssen wir immer neu definieren. Die Obergrenze bildet die Arbeitsfähigkeit der Versammlung, und da gebe ich all denen recht, die 2003 gesagt haben, 42 Mitglieder sind zu viel. Aber wenn es um die Untergrenze geht, müssen wir zumindest sicherstellen, dass die wesentlichen gesellschaftlichen Kräfte vertreten sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir wollen mit dem Gesetzentwurf die Stärke der Versammlung von bislang 26 auf 30 Mitglieder erhöhen. Das ist in meinen Augen eine sehr maßvolle Steigerung, mit der wir alle leben können.

Dass diese Veränderungen zur Unzeit kommen, wie Herr Nacke gemeint hat, glaube ich nicht. Bis zur Wahl ist noch genügend Zeit. Und dass sich Herr Nacke solche Sorgen um die Verlängerung der Amtszeit von Kreszentia Flauger macht, finde ich schon befremdlich.

Herr Kollege Haase, Herr Thiele möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. - Bitte schön, Herr Thiele!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Haase, ich weiß, dass meine Partei nicht die einzige ist, die vor dieser Situation steht. Wir sind vor mehreren Wochen angeschrieben worden mit der Bitte, die Benennung für das nächste Gremium zu vollziehen. Das haben wir längst getan. Das heißt, die Gremienentscheidungen sind nicht nur bei uns, sondern bei vielen anderen schon lange gefallen. Wenn ich es richtig weiß, sind bereits 19 der 23 Meldungen erfolgt.

Mit dem, was Sie jetzt tun, sagen Sie den Verbänden, die schon gemeldet haben: „Ihr dürft nicht mehr.“ Und das sagen Sie nicht nur der CDU, sondern auch vielen anderen: „Ihr müsst eure Meldungen neu absprechen.“

(Christian Dürr [FDP]: Das ist der Plan!)

Ich finde, es ist ein ziemliches Unding, demokratisch gewählten bzw. per Gesetz definierten Verbänden, Parteien und Vereinigungen jetzt zu sagen: „Alles zurück, ihr macht das bitte neu, weil wir uns überlegt haben, dass wir aus politischen Gründen die Versammlung neu zusammensetzen wollen.“ Ich finde das unmöglich.

Mir ist klar, was bei Ihnen gerade politisch abläuft. Deshalb brauchen Sie mir das auch nicht zu erklären. Aber wie erklären Sie es eigentlich den Verbänden, was Sie da mit ihnen machen?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Thiele, ich finde, das, was Sie da vortragen, war schon eine sehr demagogische und populistische Geschichte. Ich bin mir sicher, dass alle Verbände sehr schnell in der Lage sind, neu zu benennen. Wir können doch nicht ernsthaft sechs weitere Jahre an dem alten System festhalten, nur weil es im Moment Ihrer Meinung nach nicht die richtige Zeit ist, das Gesetz zu ändern.

(Zustimmung bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Weil Sie es nicht gemacht ha- ben!)

Meine Damen und Herren, wer einer Fortentwicklung des Mediengesetzes und seiner Aktualisierung nicht grundsätzlich feindlich gegenübersteht - und ich glaube, das sind die meisten hier im Saal -, der kann den Landesverband der Bürgermedien, den Kinderschutzbund, die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände, den Schwulen- und Lesbenverband, die Verbraucherzentrale, den Flüchtlingsrat oder die Landesvertretung Kulturelle Jugendbildung nicht ernsthaft sozusagen ins grüne Lager verorten und damit irgendwie als Minderheit darstellen. Das ist doch unredlich.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gänzlich unstrittig sind hoffentlich auch bei Ihnen die Regelungen bezüglich des Sitzes für einen muslimischen Vertreter. Das haben wir exakt dem ZDF-Fernsehrat nachgebildet, und ich glaube, das ist ein gutes System. Gleiches gilt für den Sitz der Lehrerverbände und der Umweltverbände.

Um die Erweiterung der Versammlung nicht zu groß werden zu lassen, haben wir einige Sitze gestrichen - dass das noch zu Diskussionen führen wird, ist mir völlig klar -, und zwar den zweiten Sitz für die stärkste Landtagsfraktion und den Sitz, der derzeit noch von den Linken eingenommen wird.

(Jens Nacke [CDU]: Und die Sitze für die Familien und die Unternehmer!)

Alles in allem sind das in meinen Augen sehr maßvolle Änderungen. Aber ich merke schon jetzt, dass wir eine richtig schöne Diskussion in den Ausschüssen bekommen werden.

Unser Bild von Transparenz wollen wir auch dadurch verwirklichen, dass die Versammlung in Zukunft grundsätzlich öffentlich tagen soll. Diese Regelung, die es bislang nicht gab, ist in meinen Augen völlig zeitgemäß. Gleiches gilt für die Klarstellung, dass die Förderung von Filmfestivals und

Musikfestivals vom NDR-Programmauftrag gedeckt sein kann und dass unabhängige Produzenten angemessen berücksichtigt werden.

Ich glaube, der Gesetzentwurf ist insgesamt ein gelungenes Werk.

Meine Damen und Herren, wir legen hiermit einen Entwurf zur Änderung des Mediengesetzes vor, der den Namen „Novelle“ wirklich verdient. Wir werden ihn in den nächsten Wochen intensiv beraten, und es werden auch Anhörungen stattfinden - im Gegensatz zu dem Verfahren 2003.

(Zuruf von Christian Dürr [FDP])

- Sie waren doch gar nicht dabei.

Wir werden in aller Ruhe intensiv beraten und am Ende ein gutes neues Stück Medienrecht für Niedersachsen aufbauen. Die Medienwirtschaft in Niedersachsen wird am Schluss gestärkt sein, und die NLM-Versammlung wird mit Sicherheit gute Zeiten vor sich haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Haase. - Es liegt die Bitte für eine Kurzintervention vor. Herr Nacke, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Haase, das Niedersächsische Mediengesetz wurde zum letzten Mal am 11. Oktober 2010 neu gefasst, und es ist am 1. Januar 2011 in Kraft getreten.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das wa- ren nur kleine Änderungen!)

Ich habe Ihnen mal eine aktuelle Fassung mitgebracht. Die können Sie gerne mitnehmen, damit Sie wissen, worüber wir hier sprechen.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Die habe ich auch!)

Herr Haase, wenn das neue Mediengesetz verabschiedet wird, werden drei Jahre ins Land gegangen sein, nachdem Rot-Grün die Mehrheit in diesem Hause gewonnen hatte. Früher haben Sie es nicht geschafft, das Mediengesetz in irgendeiner Form neu zu fassen. Und tun Sie bitte nicht so, als läge das nun daran, dass man gerade nicht dazu

gekommen ist. Nein, meine Damen und Herren: Rot-Grün ist sich nicht einig geworden!

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Wir sind uns einig! - Zuruf von der SPD: Welch ein Quatsch!)

Die Staatskanzlei hat die Änderungen abgelehnt, und es bedurfte eines Kompensationsgeschäftes, um das Ganze doch noch über die Bühne zu bringen. Und das hat erst so spät funktioniert, dass Sie jetzt die Verbände vor den Kopf stoßen müssen - so hat es Ulf Thiele gerade deutlich gemacht -, dass Sie einzelne Verbände herausschmeißen wollen. Das ist die Wahrheit.

Und geht die Medienwirtschaft aus dem, was Sie in dieses Gesetz hineinschreiben, tatsächlich gestärkt heraus? - „Radio 38“ beispielsweise würde nach Ihren neuen Regeln nicht genehmigt werden können. Wenn es keine Konkurrenz, wenn es keinen Bürgerfunkt gibt, müssen Vielfalt sichernde Maßnahmen ergriffen werden. Es gibt aber in Niedersachsen keinen privaten Rundfunkanbieter, neben dem nicht gleichzeitig ein Bürgerfunk als vernünftiges zusätzliches Angebot steht. Erläutern Sie mir bitte, warum Sie ausgerechnet diesen Unternehmen ihr Angebot ausdrücklich erschweren wollen.

Das zeigt doch Ihr Misstrauen gegenüber dem Unternehmertum und gegenüber den freien Berufen, das ist ein Affront gegen das Handwerk und gegen freie Anbieter von Rundfunk. Die wollen Sie nämlich nicht.

Sie wollen Bürgerfunk,

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Ja sicher wollen wir den!)

und das ist ja auch deutlich gesagt worden: Sie wollen eine Art öffentlich-rechtlichen Rundfunk für alle, auch im Bürgerfunk, und eben nicht den freien Rundfunk. Das ist das, was hier passiert. Und das nennen Sie Stärkung der Medienwirtschaft? - Das Gegenteil ist durch Ihr Gesetz der Fall.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Haase!