Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

(Jörg Bode [FDP]: Was sollen sie denn sonst machen?)

Ich meine auch nicht, dass wir uns im Augenblick auf diesen Weg begeben und die Ämter der Landesbeauftragten entsprechend aufblähen sollten. Aber wir bündeln in der Tat bestimmte Kompetenzen in der Landesaufnahmeeinrichtung. Wir organisieren diese um und bündeln Zuständigkeiten im niedersächsischen Innenministerium mit dem Ziel, bestimmte Verfahrensabläufe effizienter und schneller zu gestalten.

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt von der FDP-Fraktion, wiederum von Herrn Oetjen.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich knüpfe an meine vorherige Frage an. Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass diese Menschen, von denen ich gesprochen habe, schon beim BAMF registriert sind, also ihren Asylantrag abgegeben haben - sonst würden sie nicht in der BAMF-Statistik auftauchen -, und vor dem Hintergrund, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Asylanträgen etwa sechs Monate beträgt - wobei ich nicht davon ausgehe, dass die Asylanträge der Menschen aus den Westbalkanstaaten besonders schwierig zu bearbeiten und deswegen besonders langwierig sind -, frage ich mich und damit Sie: Blenden Sie nicht die Realität aus, wenn Sie hier sagen, Sie müssten gar keine Vorbereitungen für die Rückführung von Menschen aus dem Westbalkan treffen, weil Sie erst das Ende der Asylverfahren abwarten wollen, obwohl Ihnen doch klar ist, dass vor dem Hintergrund der Zahlen und der Verfahrensdauern im nächsten Jahr wahrscheinlich Zehntausende von Menschen einen ablehnenden Asylbescheid bekommen werden?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Herr Innenminister, auf ein Neues!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Oetjen, zunächst einmal freue

ich mich, dass Sie mich mit Ihrer Fragestellung an sich selber assoziieren. Das verbindet uns.

(Heiterkeit bei der SPD)

Aber ganz im Ernst, Herr Oetjen; ich habe es eben schon versucht deutlich zu machen. Wir haben folgende Situation: Wenn ein Flüchtling einen Asylantrag gestellt hat und der Asylantrag in der Bearbeitung ist - ganz abgesehen davon habe ich vorhin auch versucht deutlich zu machen, dass zwischen dem Schritt der Erfassung durch das BAMF und der Asylantragstellung gelegentlich Wochen oder Monate liegen können -, dann wissen wir nicht, wann das Asylverfahren wirklich sein Ende findet. Solange das Asylverfahren nicht beendet ist, gibt es keine Ausreisepflicht. Und solange es keine Ausreisepflicht gibt, gibt es keine Abschiebungsandrohung.

Das heißt, ich kann lediglich abstrakt Vorbereitungen treffen. Die Ausländerbehörden können Personal aufbauen und werden das in den nächsten Monaten sicherlich auch tun, weil die Zahl der Abschiebungen zunehmen wird, und auch wir werden unsererseits die Kapazitäten vorbereiten - aber eben abstrakt, nicht auf den einzelnen Flüchtling bezogen, sondern auf die Tatsache, dass mehr Flüchtlinge in kürzerer Zeit abgeschoben werden müssen, soweit sie nicht die freiwillige Ausreise antreten. Also, Vorbereitungen kann ich nur abstrakt treffen - in Form von Personal, das zur Verfügung stehen muss - und in keiner anderen Art und Weise. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.

(Christian Grascha [FDP]: Geschieht das denn?)

Im Einzelfall kann ich dem nicht vorgreifen, wer von wo abgeschoben werden muss. Diese Frage wird vor Ort in der Ausländerbehörde entschieden. Wir müssen beim LKA die Kapazitäten für die Buchung der Flüge oder für andere Verkehrsmittel haben. Und wir müssen bei der LAB NI, soweit Unterstützung erforderlich ist, ebenfalls die erforderlichen Vorkehrungen treffen.

Wenn die Verabredung in Berlin von letzter Woche Realität wird, also in Berlin eine Dienststelle geschaffen wird, die bei der Passbeschaffung in den Fällen, in denen es nötig ist, hilft, dann werden wir gleichzeitig die Zentralisierungsstelle beim Land geschaffen haben, womit wir jetzt gerade beginnen, damit wir für den Fall, dass Berlin handelt - wann immer im nächsten Jahr das sein wird -, mit einer solchen zentralen Stelle handlungsfähig sind.

Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt folgt Herr Focke für die CDU-Fraktion. Nach meiner Liste ist das die letzte Frage der CDU-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Innenminister die Zahlen ausreisepflichtiger abgelehnter Asylbewerber nicht kennt, möchte ich sie für meinen Wahlbereich zur Kenntnis bringen. Vor dem Hintergrund, dass es im Ammerland 217, im Kreis Cloppenburg 273, in der Stadt Delmenhorst 174, im Landkreis Friesland 227, im Landkreis Oldenburg-Land 135 und im Landkreis Vechta bereits 180 abgelehnte und damit ausreisepflichtige Asylbewerber gibt

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

und der Oberbürgermeister von Delmenhorst, Axel Jahns von der SPD, geschrieben hat, dass die eingebauten Verwaltungshindernisse im Rückführungserlass die Rückführung scheitern lässt, frage ich die Landesregierung: Wird der Rückführungserlass geändert und an das geänderte Aufenthaltsgesetz angepasst, ja oder nein?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Focke, erstens hat mich niemand nach den ausreisepflichtigen Flüchtlingen gefragt,

(Zuruf von Jörg Hillmer [CDU])

sondern Herr Oetjen fragte nach der Zahl der Balkanflüchtlinge, die sich in Niedersachsen aufhalten. Das ist ein Unterschied.

Zweitens: Ja. Natürlich werden wir den Rückführungserlass, soweit erforderlich, anpassen. Daran besteht gar kein Zweifel.

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Wann?)

- So schnell wie möglich.

(Lachen bei der CDU - Ulf Thiele [CDU]: Ach, Herr Pistorius! - Weitere Zurufe)

- Ich gebe Ihnen gern einen Hinweis, der Sie vielleicht beruhigen mag. In Deutschland ist es immer

noch so geregelt, dass ein Bundesgesetz, sobald es in Kraft ist, jeden Landeserlass quasi aushebelt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Von daher sind alle Regeln im Rückführungserlass, die nicht mit den Regelungen des neuen Bundesgesetzes konform sind, hinfällig.

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Richtig!)

Entsprechend werden sie nicht angewandt. Was die übrigen Regelungen betrifft, werden wir uns Gedanken machen, wie wir sie anpassen müssen, falls wir es tun.

(Jörg Hillmer [CDU]: Seit acht Wo- chen! - Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Sie kriegen nichts auf die Rei- he! Die Kommunen werden allein ge- lassen! Was Sie tun, ist unverschämt! Präsident Bernd Busemann: Danke schön. - Herr Oetjen von der FDP-Fraktion! Aber nur dann, wenn Ihnen die Kollegen die not- wendige Ruhe gönnen. - Jetzt, Herr Oetjen! (Anhaltende Unruhe)

- Warten Sie noch etwas. Herr Focke, Frau Jahns, haben Sie Interesse an der Frage und an der nachfolgenden Antwort? - Auf geht’s!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Pistorius, vor dem Hintergrund der von Ihnen und auch mir beklagten Bearbeitungsgeschwindigkeit des BAMF und vor dem Hintergrund, dass Sie gesagt haben, dass es zunächst zwei besondere Aufnahmeeinrichtungen in Bayern geben wird und dass, wenn sie volllaufen, wovon wir ausgehen müssen, wenn das BAMF in dieser Geschwindigkeit weiterarbeitet, irgendwo noch drei weitere entstehen sollen, frage ich Sie: Wäre das Land Niedersachsen in dem Moment, in dem Bayern keine Kapazitäten mehr hat, bereit, eine dieser besonderen Aufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen einzurichten?

Danke schön, Herr Kollege. - Herr Minister, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Oetjen, auf diese Frage verbietet sich zum jetzigen Zeitpunkt eine Antwort. Man sollte seine Verhandlungsposition da, wo verhan

delt wird, nicht frühzeitig bekanntgeben und dadurch schwächen.

(Christian Dürr [FDP]: Wieso ist das eine Schwächung Ihrer Verhand- lungsposition? - Christian Grascha [FDP]: Das ist doch eine nationale Aufgabe!)

Wir werden uns mit Sicherheit keinem vernünftigen Vorschlag entziehen. Aber im Augenblick geht es noch überhaupt nicht um die Frage, ob überhaupt ein dritter, vierter oder fünfter Standort notwendig ist. Ich gehe davon aus, dass das BAMF und der Bundesinnenminister ihre Zusagen, zu einer Beschleunigung der Verfahren zu kommen, einhalten und dass die Kasernen in Manching und Bamberg in der Tat so groß und komfortabel sind, dass die die Ankommenden - nur um die geht es - in der vorgesehenen Zahl dort tatsächlich untergebracht werden können. Aber ob das ausreichen wird, ist Kaffeesatzleserei. Im Augenblick weiß das noch keiner.

(Christian Dürr [FDP]: Die Frage ist, ob bei Ihnen der Wille vorhanden ist!)

Und erst wenn wir wissen, ob eine dritte oder vierte Einrichtung notwendig ist, unterhalten wir uns darüber, wo sie liegen kann. Denn wir sollten bei all dem Eines nicht vergessen.

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

- Herr Thiele, es wäre schön, wenn Sie ab und zu einmal zuhören würden, insbesondere dann, wenn der Ministerpräsident etwas erklärt. Bei mir ist es nicht so wichtig.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist allerdings wahr!)

- Dann sind wir uns ja einmal einig, Herr Nacke.

(Jens Nacke [CDU]: An dieser Stelle!)

Deshalb sage ich es noch einmal: Wir wollen uns keinem vernünftigen Vorschlag entziehen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keinen Entscheidungsbedarf.

Bei der Frage einer besonderen Aufnahmeeinrichtung ist immer auch ein Stück weit deren Grenznähe zu berücksichtigen. Denn Sie müssen ja Folgendes berücksichtigen: Ziel des Konzeptes, das verhandelt worden ist, ist, dass möglichst viele Menschen, die ja im Wesentlichen über die österreichische Grenze kommen - inzwischen übrigens im Wesentlichen mit Bussen, die von der österreichischen Staatsbahn angemietet worden sind -,

unmittelbar nachdem sie als Flüchtlinge vom Balkan identifiziert worden sind, in diese Einrichtungen gebracht werden. Diese Einrichtungen sind in Bamberg und Manching natürlich deutlich näher, als wenn man die Menschen 600 km oder 700 km durch Deutschland fahren würde.