Protokoll der Sitzung vom 13.11.2015

Wir kommen daher zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, federführend den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur und mitberatend den Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit dem Entschließungsantrag zu befassen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank, das ist nach der Geschäftsordnung ausreichend unterstützt und so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung: Finger weg von den nationalen Bankeneinlagensicherungssystemen - keine Vergemeinschaftung von Bankenrisiken zulasten der funktionierenden Einlagensicherungssysteme von Volksbanken und Sparkassen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/4520

Zur Einbringung erhält für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Adrian Mohr das Wort. Bitte schön, Herr Kollege!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Peer Steinbrück und Angela Merkel erklärten inmitten der Banken- und Finanzkrise am 5. Oktober 2008: Die deutschen Spareinlagen sind sicher! - Diese Staatsgarantie umfasste eine Summe von 568 Milliarden Euro. Diese Garantie wurde mit null Euro in Anspruch genommen. Das war auch Sinn und Zweck der Übung. Deutschland ist in diesem Bereich wie auch in vielen anderen letztlich stärker aus der Krise herausgekommen, auch dank der klugen Politik der damaligen großen Koalition, als wir hineingeraten sind.

Jene Einlagengarantie des Bundes sollte damals Sparer und Märkte beruhigen. Das hat funktioniert. Nur aus diesem Grunde war die Garantie, die der damalige Bundesminister Steinbrück und die Bundeskanzlerin ausgesprochen haben, nötig, richtig und vertretbar. Inhaltlich war sie weitgehend unnötig. Denn sowohl die Geschäftsbanken, die Privatbanken, als auch Volksbanken und Sparkassen in Deutschland haben seit vielen Jahren eigene, systematisch voneinander unabhängige funktionierende Sicherungssysteme für Kundeneinlagen. Dabei wurden die Maximalbeträge der gegen Bankenpleiten geschützten Einlagen in den letzten Jahren und Jahrzehnten mehrfach angehoben.

Sehr geehrte Damen und Herren, seitdem beispielsweise das Sicherungssystem der Sparkassengruppe in Deutschland vor vier Jahrzehnten gegründet wurde, hat noch nie ein Sparkassenkunde einen Verlust seiner Spar- oder Sichteinlagen erlitten.

Im Jahr 2014 ist eine EU-Richtlinie in Kraft getreten, mit der die Vorschriften zu den nationalen Einlagensicherungssystemen in großem Umfange europaweit angeglichen wurden. Leider müssen immer noch 15 Mitgliedsstaaten der EU diese Richtlinie in nationales Recht umsetzen, obwohl die Frist für die Umsetzung bereits abgelaufen ist. Deutschland hat diese Richtlinie umgesetzt. Es war für uns auch nicht so schwer.

Einheitliche Standards für die Einlagen von Bankkunden sind richtig und wichtig. Zuständig für die Umsetzung sind die Nationalstaaten. Die CDUFraktion ist und bleibt der Auffassung, dass das vernünftig ist und auch so bleiben muss. Deshalb stellen wir jetzt diesen Antrag.

Wir sind für gemeinsame Standards, für Transparenz und Verlässlichkeit der Einlagensicherung in

Europa. Das ist übrigens nach Auffassung der Jungen Gruppe der CDU-Fraktion auch der Auftrag der EU: den Rahmen regeln und nicht die Details.

(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Und was ist mit der alten Gruppe? Sieht sie das auch so?)

- Die alte Gruppe sieht das mit Sicherheit auch so, Herr Kollege. Ich weiß nicht, wen ich da ansprechen soll, aber da gibt es Potenziale.

(Zustimmung von Sebastian Lechner [CDU])

Unsere bewährten Einlagensicherungsstandards, unsere funktionierenden Eigensysteme stehen dabei nicht zur Disposition. Das ist übrigens auch konkreter gelebter praktischer Verbraucherschutz.

Natürlich ist angesichts der Erfahrungen aus der Zeit der Staatsschuldenkrise insbesondere in Griechenland nachvollziehbar, dass die EU Verfahren etablieren und implementieren will, um weitere Verwerfungen zu vermeiden. Die Überlegung der EU-Kommission, jetzt in Punkto Einlagensicherung den dritten Schritt einzuleiten, während viele EUStaaten noch nicht einmal ihrer Verpflichtung zum zweiten Schritt nachgekommen sind, lehnen wir aber ab. Deshalb legen wir jetzt diesen Antrag vor.

(Zustimmung von Sebastian Lechner [CDU] und von Christian Grascha [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Punkt gebracht: Eine Vergemeinschaftung nationaler Bankrisiken lehnen wir ab. Wenn die klaren Standards der EU-Richtlinie von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, dann ist ein EU-weites Rückversicherungssystem überhaupt nicht erforderlich.

Wir fordern die Landesregierung auf, sich auf allen ihr zur Verfügung stehenden Ebenen dafür einzusetzen, dass eine gemeinsame europäische Einlagensicherung oder Einlagenrückversicherung nicht eintritt. Dafür wünschen wir uns ein breites Votum des Niedersächsischen Landtags. Meiner Auffassung nach ist das kein Thema, das sich für übermäßige parteipolitische Positionierungen und Profilierungen eignet, sondern es erfordert einen gemeinsamen Einsatz, insbesondere auch für unsere niedersächsischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Gerade die in unseren Städten und Kreisen verorteten und regional ausgerichteten Sparkassen und Volksbanken sind ohne Zweifel durch zahlreiche aufsichtsrechtliche Vorgaben und durch ein anhaltend niedriges Zinsniveau zusehends betroffen und stehen in einem schwierigen Marktumfeld.

Die Teilnehmer des Parlamentarischen Abends kürzlich beim Sparkassenverband Niedersachsen erinnern sich gewiss an die Auflistung regulatorischer Maßnahmen durch Sparkassenpräsident Mang, ob nun das Meldewesen, das Geldwäschegesetz, Anlegerschutz und Dokumentationspflichten, das Bankaufsichtsrecht oder auch die gestiegenen Eigenkapitalanforderungen, die sicherlich auch mit ins Feld zu führen sind.

Dies trifft natürlich nicht nur auf die Sparkassen zu, auch wenn Herr Mang das für seinen Verband und für die Sparkassen geschildert hat. Das trifft genauso auf den Sektor der Genossenschaftsbanken und auch die Geschäfts- und Privatbanken in Deutschland zu.

Unser Anliegen muss in diesen Zeiten meiner Auffassung nach sein, die bewährte und krisenfeste Bankenstruktur in Niedersachsen und in Deutschland zu bewahren. Dies ist kein finanzpolitischer Selbstzweck. Dies liegt vielmehr im zentralen Interesse von Millionen von Bank- und Sparkassenkunden in unserem Land.

Die Vergemeinschaftung von Haftungsrisiken und eventuell sogar die Zweckentfremdung von Haftungsrücklagen, die von den Sparerinnen und Sparern, Kunden unserer Sparkassen, Banken und Volksbanken stammen und die die Sparkassen und Banken in die eigenen Haftungssysteme eingelegt haben, würden diesem Interesse massiv zuwiderlaufen.

Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Grascha [FDP]: Guter Mann! Den solltet ihr häufiger mal reden las- sen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Mohr. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Renate Geuter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vertrauen ist die Grundlage für die Funktionsfähigkeit und die Stabilität unseres Bankensystems. In Deutschland gibt es neben dem gesetzlichen Einlagerungssicherungssystem der privaten und öffentlichen Banken die Institutssicherungssysteme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Wir in Deutschland sind im europäischen Vergleich sehr gut aufgestellt.

Mit der Einlagensicherungsrichtlinie sind 2014 in Europa einheitliche Regeln für die Anforderungen und die finanzielle Ausstattung von Einlagensicherungssystemen geschaffen worden, die in Deutschland auch in nationales Recht umgesetzt wurden. Auf europäischer Ebene war bisher vereinbart, dieses System Mitte 2019 auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen.

Eine Reihe europäischer Staaten hat die bereits bestehenden europäischen Vorgaben allerdings bis heute noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Mit der Umsetzung und Implementierung in nationales Recht ist es natürlich noch nicht getan. Es müssen auch die damit einhergehenden Pflichten erfüllt werden. Für die vollständige Umsetzung der derzeitigen Einlagensicherungsrichtlinie haben die Banken noch bis zum Jahr 2024 Zeit.

Völlig überraschend hat die Europäische Kommission im Juli dieses Jahres das gerade erst geschaffene System als nicht mehr ausreichend infrage gestellt und die Errichtung einer gemeinsamen europaweiten Einlagensicherung vorgeschlagen. Zurzeit ist noch unklar, wie der zu erwartende Vorschlag konkret aussehen wird. Aber es ist wichtig, bereits jetzt deutlich Position zu beziehen. Insofern bin ich für den Antrag sehr dankbar.

Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung oder auch nur eine sogenannte Rückversicherung, die den Rückgriff auf die deutsche Einlagensicherung ermöglicht, bestraft gerade die Institute, die ihre Verpflichtung zur Einlagensicherung vorbildlich erfüllt und die sich gerade während der Finanzmarktkrise am stabilsten gezeigt haben, nämlich die Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

(Zustimmung von Adrian Mohr [CDU] und Christian Grascha [FDP] - Chris- tian Grascha [FDP]: Nicht nur die In- stitute, sondern auch die Sparer!)

Solange die vor gut einem Jahr geschaffenen Regelungen zur Einlagensicherung bisher nur selektiv umgesetzt und an vielen Stellen noch gar nicht mit

Leben erfüllt worden sind, kommt ein Vorschlag zu einer weiteren Veränderung zur Unzeit und führt zu Verunsicherung, bewirkt also eher das Gegenteil.

(Christian Grascha [FDP]: Sehr richtig!)

Das erst 2014 geschaffene System stellt, wenn es denn überall eingeführt ist, sicher, dass in jedem europäischen Staat ein nationaler Einlagensicherungsfonds geschaffen wird. Es berücksichtigt außerdem die Besonderheiten des deutschen Bankensystems, da es den Fortbestand der Institutssicherung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken sichert, die allen Kunden ohne summenmäßige Begrenzung eine Rückzahlung ihrer Guthaben garantiert.

Vorschläge zur Vergemeinschaftung der Einlagensicherungssysteme, die schon 2014 gescheitert sind, begünstigen bei der jetzigen Ausgangslage gerade die Banken mit riskanten, aggressiven Geschäftsmodellen und setzen die falschen Anreize.

Gerade die Institutssicherung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken darf nach unserer Ansicht in keiner Weise durch eine europäische Regelung in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden.

Wir sehen schon jetzt eine Regulatorik, die nur unzureichend zwischen system- und nicht systemrelevanten Finanzinstituten unterscheidet. Die zunehmende Dynamik bei der Bankenregulierung bindet besonders bei den regional ausgerichteten Instituten immer mehr Personalkapazitäten, verursacht Sachkosten und hat damit Auswirkungen auf die Spielräume gerade der Genossenschaftsbanken und Sparkassen für das Kreditgeschäft mit dem Mittelstand.

Kleinere und mittlere in Verbünden organisierte regionale Bankinstitute in Deutschland, deren Geschäftsmodelle sich ausdrücklich an der Realwirtschaft orientieren, stehen unter einem steigenden Fusionsdruck. Verbunden damit ist die Gefahr, dass das flächendeckende Netz von Bankstellen gerade im ländlichen Raum nicht mehr sichergestellt werden kann.

Auch die Bundesregierung sieht das von der EUKommission geplante System zur Absicherung von Spareinlagen kritisch. Dieser Kritik hat sich auch der Bundestag heute vor einer Woche angeschlossen.

Die Vergemeinschaftung von Bankenrisiken schafft kein Vertrauen in die Bankenlandschaft.

(Zustimmung bei der CDU)

Wichtiger ist es, weitere Vorgaben zur Vermeidung von Bankenrisiken auf den Weg zu bringen. Der Vorschlag der CDU-Fraktion, den wir heute diskutieren, hat viele richtige Ansätze.

(Zustimmung bei der CDU)

Darauf können wir bei den künftigen Beratungen aufbauen. Ich kann mir vorstellen, dass wir auch zu einem konstruktiven Ergebnis kommen.