Protokoll der Sitzung vom 15.12.2015

Auch das ist angesprochen worden: Niedersachsen kämpft für seine Landwirte. Sowohl bei den Direktzahlungen in der ersten Säule als auch in der zweiten Säule haben wir mehr, als wir haben würden, wenn es damals nach CDU und FDP gegangen wäre. Wäre damals den Vorschlägen von Frau Aigner gefolgt worden, hätten unsere Bauern erhebliche Verluste in Höhe von mehr als 300 Millionen Euro erlitten. Jetzt können wir bei fast jedem Bescheid über Direktzahlungen an die niedersächsischen Landwirte sehen, dass sie mehr bekommen, als sie bekommen hätten, wenn es nach der CDU gegangen wäre. Das ist Ihr Frust, den Sie an dieser Stelle haben.

Angesprochen worden ist auch, dass wir trotzdem zusätzliches Geld für den ländlichen Raum bekommen haben. Der Zwischenruf von Herrn Dammann-Tamke „zulasten anderer Bundesländer“ ist richtig. Ja, wir haben nämlich erkämpft, dass die lange Benachteiligung Niedersachsens endlich berücksichtigt wird; denn auch wir haben einen demografischen Wandel. Deshalb ist es richtig, dass Niedersachsen für einen neuen Verteilungsschlüssel gekämpft hat. Sie kennen die Fakten: 8 % weniger für den deutschen Etat bei der ELERFörderung. Niedersachsen hat 15 % mehr.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir weniger Geld für den ländlichen Raum, weniger Geld für die Dorferneuerung, weniger Geld für Agrarumweltmaßnahmen und Tierschutzprämien.

Herr Minister, Herr Oesterhelweg möchte eine Zwischenfrage stellen.

Nein, danke.

Auch das, was Sie über unsere Parteitage berichtet haben, ist Quatsch. Sie wissen: Beim letzten Parteitag der Grünen haben wir gerade das Landvolk, das vor der Tür stand, zu einem Dialog eingeladen. Diese Einladung ist sehr gut angenommen worden. Sie können das ja auch einmal machen und Ihre Kritiker auf Ihren Parteitagen reden lassen. Wir haben eine sehr gute und konstruktive Diskussion geführt, die auch gelobt worden ist.

Von daher, meine Damen und Herren: Niedersachsen packt an. Niedersachsen kämpft für seine Landwirte gerade jetzt in dieser Preiskrise. Sie haben weiterhin keine Antwort auf die Frage geliefert, wie wir auf die Sorgen der Landwirte angesichts der momentan niedrigen Milchpreise und der niedrigen Schweinefleischpreise reagieren sollen. Die Betriebe erleiden zurzeit existenzbedrohende Verluste und machen 30 bis 40 % weniger Umsatz. In jeder anderen Branche würde man von „Krise“ reden. Aber die Bundesregierung, Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt, weigert sich, überhaupt eine Krise anzuerkennen.

Das ist fatal; denn wir brauchen jetzt konkrete Hilfen für die Landwirte. Es darf jetzt aber nicht zu neuer Bürokratie kommen, wie ich auch schon gesagt habe. Vielleicht wenden Sie sich einmal an den Bundeslandwirtschaftsminister, dass er sich um die Düngeverordnung kümmert. Diesbezüglich geht er gegen die Weidehalter. Er verschärft die Auflagen für die Grünlandbetriebe und sagt: Eine Kuh auf der Weide produziert in Zukunft doppelt so viel Dung und Kot wie vorher.

Oder - eine ganz neue Fantasie von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt: Unsere Bauern sollen in einer Stunde die gesamte Gülle und alle Nährstoffe einbringen. Das ist überzogene Bürokratie und zudem auch Quatsch. Das ist lebensfremd, praxisfremd. Niedersachsen wird sich zusammen mit dem Landvolk gegen solche überzogenen Maßnahmen einsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie haben es bei der letzten Umfrage gesehen: Die Zufriedenheit mit der rot-grünen Agrarpolitik hat in den letzten zweieinhalb Jahren deutlich zugenommen. Die Kompetenzzuschreibung der CDU ist gesunken. In der Umfrage können Sie im Detail außerdem sehen: Selbst die CDU-Wähler sind mit

der Arbeit des Landwirtschaftsministers mehrheitlich sehr zufrieden. Vielleicht sollten Sie das einmal anerkennen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf)

- Für die FDP-Wähler gilt das nicht; das stimmt.

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, von der einen oder anderen Stelle war zusätzliche Redezeit erbeten worden. Die Ausgangslage ist, dass sich die Redezeitkontingente in der Aktuellen Stunde auf 5 Minuten belaufen. Wenn sich die Landesregierung an diese Redezeit hält, wird nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung keine zusätzliche Redezeit erteilt. Aber: Der Herr Minister hat 13 Sekunden länger als 5 Minuten gesprochen. Von daher gebe ich den Petenten - das sind Herr Dammann-Tamke und Herr Grupe - jeweils eine Minute zusätzliche Redezeit. Bitte! Herr Dammann-Tamke fängt an.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Minister, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die Falschaussage Ihres PGF, dass Niedersachsen mehr Geld aus Brüssel bekomme, klargestellt haben. Dass Ihr PGF in diesem Moment, als er die entsprechende Belehrung erhalten hat, auch noch geklatscht hat, zeigt doch, wie falsch diese Debatte ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich habe aber eine konkrete Frage an Sie, Herr Minister. Im Kern geht es darum - und Sie haben darauf hingewiesen -, dass sich die niedersächsischen Landwirte derzeit in einer existenzbedrohenden Situation befinden und dass die Liquidität auf den Höfen nahezu gegen Null geht. Der Kern der heutigen Debatte und der Frage ist nicht, welchen Anteil an der Schuld dafür der Bundeslandwirtschaftsminister trägt, sondern der Kern der Debatte und der Frage ist, warum die GreeningPrämie, die rund ein Drittel der Prämienzahlungen der EU ausmacht, nur in Thüringen und in Niedersachsen verspätet im Februar ausgezahlt wird. Um die Beantwortung dieser Kernfrage haben sich in dieser Debatte bisher alle gedrückt; auch Sie, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Herr Dammann-Tamke. - Jetzt Herr Grupe; ebenfalls eine Minute.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie zum Sachthema zurückgekehrt sind. Es war hochinteressant, die Parlamentarischen Geschäftsführer in dieser Debatte weitgehend inhaltsfrei mit den üblichen Anwürfen zu hören.

Aber, Herr Minister: Wenn Sie meinen, Sie müssten sich hinter dem Bundeslandwirtschaftsminister verstecken, dann kann ich hier aus FDP-Sicht auch einmal Klartext reden. Suchen Sie im Lande einmal einen Landwirt, der diesen Bundeslandwirtschaftsminister für einen wirklich sehr starken Minister hält. Insofern kann ich Ihnen in diesem Punkt zum Teil zustimmen. Aber Sie, Herr Minister, sind eher die Inkarnation dessen, was wir in diesem Lande überhaupt nicht brauchen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Herr Grupe, langsam!)

Sie sind derjenige, der der Landwirtschaft zusätzliche Probleme bereitet. Da wird Ihnen Ihr Hinweis auf den Bundeslandwirtschaftsminister auch nicht helfen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will Ihnen anhand eines Beispiels einen Hinweis darauf geben, was Sie aus unserer Sicht falsch machen: Ihre Regierung erklärt im Fachausschuss, dass Sie im internationalen Handel grundsätzlich Probleme sehen. Sie lehnen das ab. National aber streichen Sie das Agrarförderprogramm für unsere Bauern zusammen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Hier machen Sie nichts, und einen weitergehenden Handel, der neue Märkte für unsere Betriebe eröffnen könnte, lehnen Sie ab. Das heißt: Das, was Sie hier abliefern, ist eine totale Bankrotterklärung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Keine Antwort? Das sagt alles!)

Wir können jetzt übergehen zu

c) Niedersachsen packt an - das Bündnis für unser Land - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 17/4793

Zur Einbringung gemeldet hat sich die Vorsitzende der SPD-Fraktion, Frau Modder. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit diesem Antrag zur Aktuellen Stunde versuchen, unsere bislang gepflegten parlamentarischen Gepflogenheiten etwas zu durchbrechen. Ich weiß - auch nach der Debatte heute Morgen -, das ist ein gewagter Vorstoß. Aber ich finde, das Thema ist einen Versuch wert.

Bislang nutzen wir die Aktuelle Stunde eher zur politischen Attacke und arbeiten dabei unsere unterschiedlichen Positionen heraus. Das ist auch gut so. Dabei suchen wir manchmal weniger das Gemeinsame und das Verbindende. Gerade das möchte ich heute Morgen einmal ändern.

Meine Damen und Herren, ich möchte mit dieser Aktuellen Stunde für das offene Aktionsbündnis „Niedersachsen packt an!“ werben. Wir alle erinnern uns vielleicht noch an den öffentlichen Aufruf im Zusammenhang mit der Sondersitzung zur Flüchtlingspolitik im September dieses Jahres. Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, die katholische Kirche im Bistum Hildesheim, die Unternehmerverbände Niedersachsen und der DGB-Bezirk Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt appellierten an uns als landespolitische Vertreter. Ich zitiere:

„Lassen Sie uns angesichts der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, die Herausforderungen annehmen, Kräfte bündeln und gemeinsam zügig Lösungen finden.“

Meine Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder hart über die Herausforderungen, die sich uns durch die Flüchtlingsbewegung in unserem Land stellen, gestritten. Wir werden das sicherlich auch noch in Zukunft tun. Leidenschaftlich über den richtigen Weg zu streiten, ist völlig in Ordnung. Da möchte ich nicht falsch verstanden werden. Aller

dings tragen wir alle und insbesondere die demokratischen Kräfte in unserem Lande auch eine besondere Verantwortung in dieser schwierigen Situation. Darauf wollten uns die Bündnispartner ja wohl aufmerksam machen.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir alle sind zutiefst von der nach wie vor großen Welle der Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft beeindruckt. Wir sind sehr dankbar dafür und darauf auch ein Stückchen stolz.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn ohne das Zupacken dieser Menschen wäre vieles überhaupt nicht leistbar. Während wir uns vor allem seit September in erster Linie über die Unterbringung, die Versorgung und die Registrierung der zu uns fliehenden Menschen unterhalten, über die schleppende Asylantragstellung oder auch darüber, welche staatlichen Ebenen welche Kosten übernehmen müssen, stehen schon die nächsten Herausforderungen vor der Tür. Wir dürfen dabei nicht ausblenden, dass mit der rasant steigenden Zahl der Flüchtlinge die Sorgen und Ängste in unserer Bevölkerung zunehmen. Diese Sorgen und Ängste müssen wir ernst nehmen. Wir dürfen sie dabei aber nicht sofort in eine rechte Ecke stellen. Denn dahin gehören sie auf keinen Fall.

(Zustimmung bei der SPD)

Dennoch sind Kräfte unterwegs, die diese Situation für die Verbreitung ihres rechten Gedankengutes ausnutzen wollen. Diesen Kräften, meine Damen und Herren, müssen und wollen wir uns als aufrechte Demokraten entschieden entgegenstellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, uns allen ist, denke ich, klar, dass der ganz überwiegende Teil der heute zu uns kommenden Menschen auf Dauer bei uns bleiben wird. Sie suchen in unserem Land zuallererst Frieden und wollen zur Ruhe kommen. Vielleicht finden sie hier auch eine bessere Zukunft und eine zweite Heimat.

Diese aktuelle Situation und der Umgang mit diesen Herausforderungen werden uns große Anstrengungen abverlangen und unser Land und unsere Gesellschaft verändern. Genau deshalb brauchen wir eine breite gesellschaftliche Allianz, mit der wir diese Herausforderung auch als Chan

ce verstehen. Ich bin Herrn Ministerpräsidenten Stephan Weil deswegen sehr dankbar dafür, dass er mit den Bündnispartnern im September das Gespräch gesucht hat und dass aus diesen Gesprächen das Aktionsbündnis „Niedersachsen packt an!“ entstanden ist. Mein Dank schließt die genannten Bündnispartner ausdrücklich mit ein.