Wenn Sie nun bemängeln, dass dies zulasten des Bundes oder des Steuerzahlers gehe, ist dies Quatsch.
Erstens hatte der Bund sowieso schon 8,5 Milliarden Euro angeboten, und eine solche große Einigung sollte dem Bundesfinanzminister nun die letzte Milliarde auch noch wert sein.
Zweitens: Die Länder nutzen diese zusätzlichen Mittel sinnvoll. Sie nutzen sie für Bildung, für Betreuung, für Forschung und für die notwendigen Investitionen - und das alles unter den Bedingungen der Schuldenbremse. Genau auf diese Art und Weise ist es möglich, dies alles miteinander zu verbinden.
Und Schäuble kann auch nicht jammern. Er reklamiert ja über den Soli 18 Milliarden Euro für sich. Und wenn wir gut rechnen können, dann sind es 9 Milliarden Euro für die Länder und 18 Milliarden Euro für den Bund. Da bleibt ja offensichtlich auch für ihn etwas übrig.
Wenn Sie, Herr Grascha, nun bemängeln, dass wir in Niedersachsen in der Verteilung Letzter seien, so stimmt das schlicht und ergreifend nicht. Wir haben das im Haushaltsausschuss beraten. Man muss in der Tabelle das GVFG-Bundesprogramm herausrechnen; denn das ist kein Umverteilungsinstrument, sondern stellt einfach die aktuelle Antragslage dar. Und dass die für Niedersachsen schlecht ist, liegt schlicht und ergreifend daran, dass in anderen Ländern z. B. Bahnhöfe unter die Erde gelegt werden, und das mit viel teurem Geld. Aber das kann sich auch ändern.
(Lachen und demonstrativer Beifall bei der FDP und bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Das ist ja ein Anspruch! - Weitere Zurufe von der CDU)
Wir sind damit vor Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen und direkt hinter SchleswigHolstein und Hessen. Sie sehen, alle fünf westdeutschen Flächenländer sind hinten.
(Zurufe von der CDU - Christian Dürr [FDP]: Ausreden gibt es genug, Herr Heere! - Gegenruf von Helge Limburg [GRÜNE]: Jetzt hört doch mal zu! Lasst euch das doch einmal erklären!)
Und warum ist das so? - Das hat einen ganz einfachen Grund: Denn wir wollten mit diesem Instrument - - -
Herr Kollege, einen Moment, bitte! - Sie haben hier eine gewisse Begeisterung ausgelöst, aber man sollte das Plenum erst einmal zur Ruhe kommen lassen. - Danke.
- Liebe Kollegen, Herr Nacke und all die anderen, wir stellen bitte Ruhe her, damit Herr Heere weiterreden kann.
(Jens Nacke [CDU]: Reden Sie mal weiter! Reden Sie mal eine halbe Stunde weiter! - Weitere Zurufe von der CDU)
Warum sind die fünf westdeutschen Flächenländer hinten, mit uns mittendrin? - Das ist ganz einfach. Wir hatten erstens das Ziel, dass die ostdeutschen Länder weiter gefördert werden.
Wir hatten zweitens das Ziel, dass die Bundesländer, denen es besonders mies geht und die besonders hohe Schulden haben, nämlich Bremen und das Saarland, zusätzlich unterstützt werden.
Wir hatten drittens das Ziel, dass die besondere Belastung der Stadtstaaten über die Einwohnerveredelung ausgeglichen wird.
Und wir hatten viertens das Ziel, die Geberländerproblematik zu lösen. Die Geberländer haben ja zu Recht eine ordentliche Lastenverteilung angemahnt.
Wenn Sie alle diese Ziele zusammennehmen, dann kann gar nichts anderes herauskommen. Insofern tun Sie nicht so, als wäre das ein schlechtes Ergebnis für Niedersachsen! Nein, das ist ein gutes Ergebnis für Niedersachsen!
Mit einigen kleineren Punkten sind wir nicht so glücklich, vor allem mit dem Wegfall des horizontalen Ausgleichs. Wenn sich ein Aufstieg eines Landes, wie im Fall von Bayern, wiederholen sollte,
(Christian Dürr [FDP]: Um Gottes wil- len! Sie werden doch alles tun, um das zu verhindern, Herr Heere!)
dann würde das in dem neuen System schlechter abgebildet als im alten System. Ein positiver Effekt der neuen Regeln ist hingegen, dass Mehreinnahmen aus Einkommen- und Körperschaftsteuer zukünftig stärker im Landeshaushalt verbleiben. Das ist sehr gut für unsere Politik, die Außendienste der Finanzverwaltung zu stärken und Steuervergehen konsequenter zu verfolgen.
Insgesamt haben wir also ein gutes Ergebnis. Der Gordische Knoten ist durchschlagen. Herr Schäuble muss jetzt liefern. Die Kritik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die hier schon deutlich wurde, sollte verstummen. Die Bundeskanzlerin muss das Signal geben, dass sie die Einigung der Länder mitträgt. Die CDU muss sich ihrer staatspolitischen Verantwortung stellen und darf die Verständigung auf Bundesebene nicht blockieren.
Mit dieser Einigung wird es für Niedersachsen möglich sein, den bisherigen Kurs der finanzpolitischen Nachhaltigkeit, verbunden mit den notwendigen Zukunftsinvestitionen in Bildung und in Infrastruktur, weiter zu stärken.
Vielen Dank, Herr Kollege Heere. - Jetzt ist die Fraktion der CDU an der Reihe. Es spricht Herr Abgeordneter Hilbers. Bitte sehr!
Was nicht gut ist, wird durch noch so langes Rechnen nicht besser. Die Mathematik ist immer eindeutig. Gegen Adam Riese kann man schlecht etwas einwenden.
Meine Damen und Herren, bei allem Wettbewerbsföderalismus - ein Finanzausgleich ist erforderlich, um, wie es im Grundgesetz verankert ist, gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet herzustellen. Dieser Finanzausgleich ist solidarisch und gesamtdeutsch zu organisieren.
Das neue System, das gefunden worden ist, hat durchaus Vorteile. Es hat nur noch eine Stufe und nicht mehr den progressiven Ausgleichsfaktor, wirkt also leistungsfördernder und berücksichtigt die Kommunen stärker.
Aber das neue System hat auch entscheidende Nachteile. Durch die vertikale Verteilung wird die Abhängigkeit vom Bund gestärkt, und durch die horizontale Verteilung wird der Föderalismus geschwächt bzw. fast abgebaut. Dabei entspricht es doch eigentlich dem Selbstverständnis des Föderalismus, dass die Länder das unter sich ausmachen. Herr Minister Schneider und Herr Ministerpräsident, Sie haben mit diesem Reformkonzept die Chance vertan, mehr Wettbewerbsföderalismus zu bekommen.
Aber Sie wollen Wettbewerb und Wettbewerbsföderalismus ja auch gar nicht. Es waren die A-Länder mit Ihnen an der Spitze, die dies verhindert haben.
Herr Minister Schneider, Herr Ministerpräsident, Sie haben die Chance vertan, die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern zu analysieren und herauszuarbeiten, wie viel Finanzmitteln die Länder benötigen, um die ihnen obliegenden Aufgaben zu schultern. Sie haben die Chance vertan, die Finanzarchitektur zwischen den Ländern neu zu regeln.
Herr Heere hat gerade ausgeführt, welches Ziel Sie in den Verhandlungen verfolgt haben: Sie wollten sich nicht mehr mit den Stadtstaaten anlegen,
und Sie wollten mehr Geld vom Bund bekommen. Dieses Ziel ist ja auch durchaus gerechtfertigt. Außerdem sahen Sie sich in der Pflicht, dass Nordrhein-Westfalen - fürs eigene Selbstverständnis! - wieder Geberland wird und nicht Nehmerland bleibt. Und um alle diese Ziele zu erreichen, haben Sie dann dieses Modell zusammengezimmert.
Der Kollege Grascha hat völlig recht: Sie haben einen Vertrag zulasten Dritter gemacht. Ohne das mit dem Bund abzuklären, haben Sie vereinbart, dass Sie mehr Geld brauchen. Es ist ja auch klar: Wenn man mehr Geld bekommt, kann man das leichter untereinander verteilen, als wenn man es bei der bisherigen Verteilungsmasse belässt. So kriegen also alle etwas mehr, aber eben unterschiedlich viel mehr.
Das Problem liegt nun darin, dass Sie das nicht kommuniziert haben. Herr Heere, Sie haben sich direkt an die Bundeskanzlerin gewandt und gesagt, der Bund solle das jetzt regeln. Denn in der SPD-Bundestagsfraktion gibt es wegen dieses neuen Modells großen Ärger. Im Spiegel-Online wurde ein internes Papier der SPD-Bundestagsfraktion zitiert, in dem es heißt: „Damit haben die Länder einseitig und ohne Absprache mit dem Bund die gemeinsame Gesprächsebene verlassen.“