Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

bei den Fachhochschulen mehr Baumittel und nicht eine um 80 % gekürzte Baufinanzierung.

Meine Damen und Herren, in diesem Hochschulpakt ist, wie ich eben schon ausgeführt habe, zwischen Bund und Ländern vereinbart worden, dass man 50 : 50 finanziert. Da gibt es Flexibilität, dass man nicht in jedem Jahr 50 : 50 abgleichen muss. Aber auf der langen Strecke, am Ende dieser Vereinbarung für die Zeit von 2007 bis 2023, ist sicherzustellen, dass jeder seine 50 % gebracht hat.

Die Betrachtung der einzelnen Jahresscheiben ist durchaus interessant, gerade dann, wenn man die Legislaturperioden betrachtet. Bis 2012 wurden 13,8 Millionen Euro mehr aus Landesmitteln in den Hochschulpakt gezahlt im Vergleich zu den Bundesmitteln. Wir sehen jetzt in den Zahlen für 2013 bis 2017 eine Unterausstattung des Landes gegenüber den Bundesmitteln um immerhin 75,5 Millionen Euro, die - so steht es auch in der von Ihnen vorgelegten Mipla - in den Jahren 2018 bis 2023 aufgeholt werden muss. Dann müssen nämlich 61,7 Millionen Euro aufgeholt werden, die dann für Mittel nachgelegt werden müssen, die Sie jetzt ausgeben, da Sie die Bundesmittel stärker ausschöpfen, als Sie Landesmittel dagegenstellen. Meine Damen und Herren, das ist ein sehr großer ungedeckter Scheck, der nach 2018 im Hochschuletat eingelöst werden muss.

Welche Auswirkungen ungedeckte Schecks in Haushalten haben können, dürfen wir schon im nächsten Jahr, also im 2016er-Haushalt, auch im MWK-Haushalt, erleben. Ich spreche von der Sprachförderung in der Erwachsenenbildung. Im zweiten Nachtrag zum Haushalt 2015 haben wir hier gemeinsam beschlossen, dass die Erwachsenenbildungseinrichtungen 5 Millionen Euro für die Sprachförderung für Erwachsene bekommen sollen. Wir haben durch Anfragen und Unterrichtungen in Erfahrung bringen können, dass diese Mittel zum heutigen Tage bereits ausgeschöpft sind. Es sind bereits Anträge abgelehnt worden. Diese Mittel sind also ausgeschöpft. Mithin sind 1,6 Millionen Euro pro Monat für die Sprachförderung aufgewandt worden.

Sie stellen für das nächste Jahr 10 Millionen Euro bereit, also 830 000 Euro je Monat - gerade mal die Hälfte! Das heißt, die Erwachsenenbildungseinrichtungen, die sich große Mühe gegeben haben, Sprachlehrer anzuwerben, Kurse auf die Beine zu stellen, ein Programm anzubieten, das dringend notwendig ist, werden jetzt vor die Wand gefahren und müssen ihre Angebote halbieren, weil Sie zu

wenig Geld bereitstellen. Sie halbieren den Ansatz. Wir haben 10 Millionen Euro zusätzlich - - -

(Maximilian Schmidt [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Reden Sie doch mal mit den Einrichtungen!)

- Wenn Sie dies morgen beschließen, ist das ein Faktum, Herr Schmidt. Sie haben ja gar keine Ahnung!

(Zustimmung bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Schauen Sie in den Haushalt! Sie kürzen bei Flüchtlingen, indem Sie Mittel für die Sprachförderung halbieren. Das ist das Gegenteil von Willkommenskultur! Das ist auch nicht verlässlich gegenüber den Erwachsenenbildungseinrichtungen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie bauen mit Ihren zahllosen ungedeckten Schecks eine riesige Belastung im Wissenschaftsetat auf, die sich zukünftig zwangsläufig in Belastungen für die Hochschulen in Niedersachsen niederschlagen werden.

Ich bin jetzt seit 13 Jahren im Landtag und habe schwierige Haushaltsjahre mit erheblichen Kürzungsnotwendigkeiten erlebt. Gemessen daran leben wir heute in geradezu paradiesischen Haushaltsjahren. Der Wissenschaftsetat tritt aber auf der Stelle, meine Damen und Herren. Gleichzeitig schiebt Rot-Grün gigantische Lasten in zukünftige Haushaltsjahre, die viel schwieriger werden dürften. Die Schuldenbremse ist da nur ein Stichwort. Ein anderes ist: Wir wissen nicht, wie dann die Konjunktur aussieht.

Frau Ministerin, bitte setzen Sie sich mehr für die Hochschulen ein! Am Kabinettstisch werden Sie regelmäßig mit folgendem Hinweis abgebügelt: Sie haben ja schon die Gegenfinanzierung für die Abschaffung der Studienbeiträge bekommen - das muss für eine Legislaturperiode reichen! - Die Hochschulen in Niedersachsen haben inzwischen bereits mehrfach die Abschaffung der Studienbeiträge selbst bezahlt. Die Schlüsselszene Ihrer Amtszeit war vor einem Jahr hier an diesem Ort: Ihr Kampf gegen die Verwendung der freiwerdenden BAföG-Mittel, deren Verbleib in den Hochschulen vereinbart war, war zu devot und grenzte an Selbstaufgabe. Den Preis dafür zahlen die Hochschulen in Niedersachsen gleich mehrfach. Es fehlen nicht nur die 110 Millionen Euro aus dem BAföG-Bereich an den Hochschulen dauerhaft.

Ihre Mittelablehnung von damals wirkt bis in den aktuellen Null-Haushalt hinein.

Frau Ministerin, wenn Sie dieses Geld hätten, könnten Sie auch mit realem Geld Politik machen und müssten nicht nur auf Buchungstricks und Anscheinserweckung zurückgreifen.

Unsere Hochschulen, meine sehr geehrten Damen und Herren, stehen vor großen Herausforderungen im nationalen und internationalen Wettbewerb. Sie brauchen mehr Engagement und Unterstützung durch das Land.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Hillmer. - Jetzt hat sich Frau Dr. Silke Lesemann von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort, Frau Lesemann. Bitte schön!

Sehr geehrter Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich denke, es ist an der Zeit, mal einiges von dem geradezurücken, was Herr Hillmer hier erzählt hat. Denn es gibt - ganz im Gegenteil! - gute Nachrichten für den Bereich Wissenschaft und Hochschulen in Niedersachsen.

Auch in diesem Jahr wächst der Gesamtetat im Gegensatz zum Vorjahr,

(Jörg Hillmer [CDU]: 0,06 ‰!)

zwar nicht ganz so viel, aber er wächst! Er wächst!

(Beifall bei der SPD)

Insbesondere der Hochschuletat steigt um 10,4 Millionen Euro auf mehr als 2,3 Milliarden Euro. Seit 2014 steigt er kontinuierlich. Von 2015 auf 2016 steigt er von 6,3 auf 6,6 %. Das ist eine Steigerung.

Unter CDU und FDP dagegen ist er von Jahr zu Jahr weiter abgesunken, Herr Hillmer. Sie sehen, meine Damen und Herren, der Hochschulbereich ist bei Rot-Grün in guten Händen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gute Botschaften auch aus dem Bereich Wissenschaft und Hochschulen präsentiert der Niedersachsen-Monitor 2015. Die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger steigt nach Abschaffung

der Studiengebühren weiter an. Die Absolventenzahlen steigen auch. Wir haben den im Bundesvergleich höchsten Zuwachs.

Die Zahl der Professuren in Niedersachsen steigt. Das zahlenmäßige Betreuungsverhältnis ist bei uns wesentlich besser als im Bundesdurchschnitt. Die Zahl der Promotionen und Professuren von Frauen in Niedersachsen nimmt stetig zu: ein Zeichen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft!

(Beifall bei der SPD)

Auch eine gute Nachricht: Die Zahl der Patentanmeldungen steigt. Nach zwei Jahren mit rückläufigen Patentanmeldungszahlen konnte 2014 eine Zunahme um 7,2 % im Vergleich zu 2013 verzeichnet werden. Das sind hervorragende Nachrichten, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber wir können uns nicht zurücklehnen. Niedersachsen hat bei der Qualifizierung junger Menschen noch einiges zu tun. Weiterhin ist der Anteil der Hochqualifizierten im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlich. Der aktuelle NiedersachsenMonitor lässt uns aber hoffen: Erneut steigt die Zahl der hoch qualifizierten Erwerbstätigen stärker als die Zahl aller Erwerbstätigen an. Wir machen also Fortschritte. Im Sinne unserer bundesweiten Wettbewerbsfähigkeit müssen wir uns aber auch weiterhin anstrengen. Deshalb sind die Investitionen unserer Landesregierung in die Fachhochschulen goldrichtig.

(Beifall bei der SPD)

Eines der wesentlichen Vorhaben der rot-grünen Landesregierung in dieser Wahlperiode ist das Fachhochschulentwicklungsprogramm. Mit dem Haushalt 2016 werden die Budgets der Fachhochschulen dauerhaft um 64 Millionen Euro anwachsen. Diese Steigerung um 26 % ist eine wirklich großartige Leistung, Frau Ministerin.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Gegenzug bieten die Hochschulen nun ca. 3 400 Studienanfängerplätze mehr dauerhaft an. Gegenüber 2014 sind die dauerhaften Grundkapazitäten um mehr als 36 % ausgebaut worden. Für 2016 werden insgesamt ca. 300 zusätzliche Professuren dauerhaft besetzt. Das ist ein ganz gewaltiger Kraftakt.

Niedersachsen setzt sich auch bei der Förderung der Fachhochschulen an die Spitze aller Bundesländer. Das ist gut so! Denn gerade Fachhochschulen sind zentrale Institutionen für die soziale Öffnung der Hochschulen und tragen maßgeblich zur Mobilisierung aller Bildungspotenziale bei. Gerade an den Fachhochschulen befinden sich verstärkt Studierende, die entweder später noch aus der Berufstätigkeit an die Hochschule gegangen sind. Außerdem stammen viele Studierende - ungefähr zwei Drittel - aus nicht akademischen Elternhäusern, sind also sozusagen Erstakademikerinnen und Erstakademiker.

(Zuruf von Dr. Christos Pantazis [SPD])

- Ja, Herr Pantazis zeigt auf sich. Er gehört offensichtlich dazu. Er hat aber nicht an der Fachhochschule studiert. Dennoch - sei’s drum! Er ist Mediziner. Auch darüber kann man sich freuen.

(Beifall bei der SPD)

Das Fachhochschulentwicklungsprogramm ist ein Meilenstein auf dem Weg zur sozialen Öffnung der Hochschulen; denn sie wird vor allem durch die Fachhochschulen geleistet. Wir brauchen, wie vorhin angeführt, mehr junge Menschen, die eine akademische Ausbildung wagen, um zu den anderen Bundesländern aufzuschließen.

Nun wirken Investitionen an Hochschulen eher mittel- bis langfristig. Positive Effekte entstehen durch Forschung und Wissenstransfer. Studienabsolventen bringen sich später produktiv als Fachpersonal in den Unternehmen ein. Gleichzeitig sind die Hochschulen selbst ein Wirtschaftsfaktor. Deshalb sind Investitionen in Hochschulen wertschöpfend. Schätzungen der OECD zufolge liegt die fiskalische Rendite bei über 9 %. Der Staat profitiert von den Hochschulen durch ihre Beiträge zur Innovation und durch ein Fachkräfteangebot, was zu mehr Wirtschaftswachstum und einer besseren Beschäftigungssituation führt. Hochschulen wirken positiv auf die regionale Wirtschaft. Besonders für ein Flächenland wie das unsrige ist das eine ganz wichtige Botschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist der Weg dieser Landesregierung für mehr Investitionen in Köpfe genau richtig. Durch langfristige Verträge wie den Hochschulentwicklungsvertrag, die aus dem Hochschulpakt 2020 erwachsenen Verpflichtungen oder das Sanierungsprogramm Hochschulmedizin sind große Summen gebunden. Das gibt den Einrichtungen aber im Gegenzug die dringend benötigte Planungssicherheit.

Weitere Akzente werden in diesem Haushalt durch neue Förderungen im VW-Vorab gesetzt. Ich nenne hier den Aufbau eines Zentrums für Wissenschaftsforschung an der Leibniz Universität Hannover und die Weiterführung der Förderlinie „Holen & Halten“. Weil das Thema VW-Vorab immer auch Gegenstand im Wissenschaftsausschuss war: Die Kalkulation im Rahmen dieser Förderung wird eher konservativ angesetzt. Diese Mittel sind ein Segen. Sie werden aber, anders als Haushaltsmittel z. B. für neue Strukturen, Spitzenforschung oder besonders innovative Projekte, immer nach einer wissenschaftlichen Expertise und möglichst im wettbewerblichen Verfahren vergeben.

Außerdem wird ein neues Programm „Spitzenforschung in Niedersachsen“ aufgelegt, das zur Vorbereitung auf das Nachfolgeprogramm zur Exzellenzinitiative dienen soll. Positiv zu bewerten ist in diesem Zusammenhang die beabsichtigte Zusammenführung des Oldenburger Informatikinstituts OFFIS mit dem Forschungszentrum L3S der Leibniz Universität Hannover. Hierfür wie auch für das Kriminologische Forschungsinstitut (KFN) strebt das Land die Aufnahme in die Leibniz Gemeinschaft an. Die Technische Informationsbibliothek (TIB) , Leibniz Universität Hannover, ist hier bereits Mitglied. Mit der einstimmigen Verabschiedung des Gesetzes zur TIB und deren Stiftungsgründung zum 1. Januar 2016 - das haben wir ja in diesem Jahr gemeinschaftlich vollzogen - wird es für diese Einrichtung auch größere Freiheiten bei der Weiterentwicklung geben.

Für die Erwachsenenbildung, Förderung des lebenslangen Lernens, die Bildungsberatungsstellen, die Offene Hochschule Niedersachsen und das nifbe werden im kommenden Jahr 53,2 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Meine Damen und Herren, 2003 wurde die Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen durch die damalige schwarz-gelbe Landesregierung zerschlagen. Niedersachsen hat damit eine Sonderrolle, und zwar eine gänzlich negative; denn in allen anderen Bundesländern gibt es eine zentrale Einrichtung hierzu. Lange haben die Akteure der politischen Bildung in Niedersachsen unter diesem schwarz-gelben Fehler gelitten. Durch uns bekommen sie nun endlich wieder Unterstützung bei ihrer wichtigen Arbeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)