Ja, wir haben doch immer dort eine Verengung in Führungspositionen bei einzelnen Geschlechtern, wo ein Geschlecht im Personalkörperunterbau einseitig repräsentiert ist. Deswegen kann man das Ganze nicht mit einer starren Quote angehen, sondern man muss erst einmal dafür sorgen, dass der jeweilige Personalkörperunterbau entsprechend gleichberechtigt auf Mann und Frau verteilt ist; denn dann kommt wieder der Punkt, dass das bei der Stellenbesetzung durchgeführt werden kann, was auch jetzt schon in unseren Gesetzen steht, dass nämlich der jeweils beste Kandidat für eine Stelle ausgewählt werden soll. Und dafür braucht man den entsprechenden Personalkörperunterbau mit Gleichberechtigung und gleicher Repräsentation, aber eben nicht eine starre Quote. Da haben wir deutliche Unterschiede. Ich bin gespannt, ob wir diese Unterschiede in den Beratungen überbrücken können, um dann das gemein
same Ziel der Gleichstellung von Frau und Mann, was uns ja eint, gemeinsam tatsächlich zu erreichen.
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Ich erteile jetzt das Wort Frau Kollegin Elke Twesten für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist ein Grundwert der EU, in Deutschland und auch in Niedersachsen. Durch das Zusammenwirken verschiedener Ebenen, die aber alle am gleichen Strang ziehen, hat sich die Situation von Frauen und Männern in mittlerweile vielen Bereichen spürbar verändert. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat kontinuierlich zugenommen, unser Bildungsniveau ist höher als das der Männer - und dennoch ist längst nicht alles Gold, was glänzt!
Quantitativ haben wir deutliche Fortschritte gemacht, qualitativ liegt noch einiges vor uns. Es gilt also, Strukturen einzuziehen. Wir müssen unsere Gleichstellungsinstrumente nutzen, und wir wollen die Frauenförderung im öffentlichen Dienst ohne Wenn und Aber.
Aber hierzu brauchen wir eine Top-Down-Strategie. Gleichstellungspolitik wird Aufgabe aller Ressorts, aller Behörden und aller Dienststellen und ist nicht mehr nur Sache des für Gleichstellung zuständigen Ministeriums und erst recht auch nicht mehr nur Sache unserer Gleichstellungsbeauftragten; denn jeder und jede hat verstanden: Erst wenn alle ernst machen und es nicht nur ernst meinen, können wir uns so modern aufstellen, wie wir für die Zukunft sein müssen! Und diese Zukunft, meine Damen und Herren, ist gleichberechtigt.
Herr Försterling, insbesondere Sie spreche ich jetzt noch einmal an: Frauen werden als Frauen und Kandidatinnen angesprochen, und in allen Kommissionen, Arbeitsgruppen, Vorständen, Beiräten und ähnlichen Gremien stellen Frauen mindestens die Hälfte der Mitglieder.
Wenn wir nun aber einen Blick in die Geschichte des NGG werfen, stellen wir fest: Historisch gesehen ist die Frauenförderung in Niedersachsen erst unter Rot-Grün richtig in Gang gekommen:
Als SPD und Grüne das damalige NGG vor nunmehr 20 Jahren beschlossen haben, bekam Niedersachsen ein wirkungsvolles Instrument an die Hand, mit dem die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in der niedersächsischen Verwaltung ein Ende finden sollte. Damals gab es Frauen vor allem in den schlecht bezahlten Jobs mit wenig bis keiner Verantwortung, und in den höheren Besoldungsgruppen musste man sie sogar mit der Lupe suchen.
Was den damaligen Stand der Dinge in puncto Gleichstellung betraf, war es also an der Zeit, dass diese in Bewegung gerieten. So sorgten landauf, landab vor allem die vielen und hoch engagierten Gleichstellungsbeauftragten mit Transparenz, mit der Frauenquote, mit einem langen Atem und mit viel Durchsetzungsvermögen ausgestattet, dafür, dass ungleiche Chancen in weiten Teilen abgebaut werden und Frauen endlich durchstarten konnten.
Dann allerdings, mit dem Regierungswechsel zu Schwarz-Gelb, legte sich eine Eiszeit über die niedersächsische Frauenpolitik: CDU und FDP schafften einen Großteil der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ab, degradierten die Frauenabteilung im Sozialministerium zu einem Referat und machten aus dem fortschrittlichen Frauenförderinstrument NGG ein Instrument für Familienpolitik.
Natürlich ist es im Prinzip nicht verkehrt, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern. Aber das reicht nicht aus, um die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Beruf zu beseitigen. Dass auch Frauen ohne Kinder beruflich benachteiligt waren und immer noch sind, kam Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, gar nicht in den Sinn. Deswegen brauchen wir jetzt echte Gleichstellungselemente und sozusagen verbindliche Selbstverständlichkeiten. Es geht um nicht mehr und um nicht weniger als darum, dieses Land zukunftsfähig zu machen.
Das 2010 novellierte NGG hat die gewünschten Ergebnisse nicht gebracht. Ein Paradigmenwechsel ist längst überfällig. Wir wollen und können und dürfen auf die Hälfte des Talentpools nicht verzichten.
Führungspositionen zu besetzen, muss Frauen und Männern gleichermaßen ermöglicht werden. Wir wollen, dass Männer nur die Hälfte der Macht haben; das wollen wir auch abbilden. Wir wollen und werden das sichtbar machen.
Genau deswegen führen wir die 50-%-Quote wieder ein. Deswegen statten wir die Gleichstellungsbeauftragten mit mehr Einfluss aus; deswegen müssen Verwaltungsleitungen beim Nichterreichen von Zielen Farbe bekennen. Und deswegen sind Abweichungen vom verbindlichen Gleichstellungsplan zu begründen.
Das, meine Damen und Herren, schafft Transparenz. Das zeigt auf, wo die Schwachstellen sind, und das zeigt auf, wie und wo gehandelt werden muss.
- Ich komme zum Schluss und stelle fest: Zehn Jahre Tiefschlaf in der Frauenpolitik haben unseren Zielen nichts anhaben können. Wir sind nach einer nur kurzen Unterbrechung genauso zielgerichtet wieder da. Wir haben verstanden und nehmen den Kurs einer konsequenten Frauenförderung zum Wohle dieses Landes wieder auf. Ich freue mich auf die Beratungen im Sozialausschuss.
Vielen Dank, Frau Kollegin Twesten. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Frau Ministerin Cornelia Rundt für die Landesregierung. Sie haben das Wort, Frau Ministerin.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist das Leben ganz einfach:
„Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Der Staat hat also die Verpflichtung, Politik so zu betreiben, dass die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter erreicht wird. Niedersachsen hat sich dieser Aufgabe früh, mit dem 1994 in Kraft getretenen Gleichberechtigungsgesetz, gestellt. Es regelte für den Bereich des öffentlichen Dienstes vor allen Dingen, dass in den Besoldungs- und Vergütungsgruppen, in denen Frauen unterrepräsentiert waren, so lange bevorzugt Frauen einzustellen waren, bis die Parität von Männern und Frauen erreicht war. Dieses Gesetz ist 1994 absolut führend gewesen.
Diese Ansätze sind durch die Novellierung des NGG im Jahr 2010 unter Schwarz-Gelb konterkariert worden. Gravierendste Änderung war, dass das für alle Dienststellen formulierte Ziel, Frauen so lange zu fördern, bis ihr Anteil in jeder Besoldungs- und Vergütungsgruppe 50 % erreicht hat, entfallen ist. Jede Dienststelle kann im Moment noch selbst - und zwar willkürlich - festlegen, wie wichtig ihr Frauenförderung ist. Und natürlich, Herr Försterling, gibt es Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind. Das Problem dabei sind aber typischerweise fehlende Bewerbungen, aber nicht Benachteiligung oder Diskriminierung.
Die Landesregierung ist deswegen angetreten, das NGG wieder zu einem wirkungsvollen Instrument aktiver Gleichstellungs- und Genderpolitik auszubauen. Dass das dringend notwendig ist, kann man an einer Zahl sehen: Der Anteil der Beamtinnen in der Besoldungsgruppe A 16 beträgt etwa nur ein Viertel.
Kurz zum Thema Teilzeit: Natürlich ist es gut, dass Männer und Frauen gleichermaßen eine Teilzeitarbeit aufnehmen können. Das ist ein wichtiger Fortschritt. Das Problem ist aber: Wieder tun das überwiegend Frauen, und wieder wird die Teilzeitarbeit zur Teilzeitfalle und zum Karriereknick für Frauen. Hier gibt es noch Etliches zu tun.
Wir sind uns einig, dass sich das NGG wieder auf die gerechte Beteiligung von Frauen in allen Hierarchieebenen konzentrieren muss. Ziel ist, Frauen zu fördern, bis sie in den Besoldungs- und Entgeltgruppen einer Dienststelle so wie in Gremien hälftig vertreten sind. Das heißt, wir müssen die Rechte der Frauen an dieser Stelle sehr stärken.
Und wir stimmen darin überein, dass - von wichtigen Ausnahmen abgesehen; z. B. im Leitungsbereich oder bei höhengleichen Umsetzungen innerhalb eines Hauses - künftig wieder alle Stellen grundsätzlich öffentlich ausgeschrieben werden müssen.
Wir stimmen sicherlich auch darin überein, dass wir Karrierechancen für Frauen und Männer stärken müssen, die in Teilzeit arbeiten.
Die Arbeiten zur Novellierung des NGG sind derzeit in vollem Gange. Wir gehen davon aus, dass wir es demnächst dem Kabinett vorlegen und dann zur Verbandsanhörung freigeben können. Wir flankieren das Ganze mit weiteren Maßnahmen, z. B. mit einem Mentoringprogramm für Frauen in Führungspositionen und einem Karrierenetzwerk für Frauen.
Gesellschaftlicher Fortschritt und Gleichberechtigung gehören zusammen - so steht es in dem vorliegenden Entschließungsantrag. Das ist nur zu unterstützen. Lassen Sie uns bitte gemeinsam Weichen für ein gleichberechtigtes, partnerschaftliches Miteinander von Männern und Frauen stellen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Frau Kollegin Eilers, eine Kurzintervention ist an der Stelle nicht möglich. Aber ich habe es so verstanden, dass Sie zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung beantragen wollen. Die sollen Sie auch bekommen. Die Landesregierung hat ihre Redezeit etwas überzogen. Sie dürfen für Ihre Ausführungen 90 Sekunden in Anspruch nehmen. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich will es ganz kurz machen. Mein Kollege Herr Försterling hat gerade schon in sehr sachlicher Art und Weise ausgeführt, wie die Position der FDP ist. Sie, Frau Ministerin, habe gerade darauf hingewiesen, dass manche Stellen gar nicht ausgeschrieben werden und deshalb Bewerbungen von Frauen darauf gar nicht erst möglich sind. Damit werde eine Einstellung von Frauen verhindert.
Mich beschäftigt Folgendes: In Ihrem Antrag sprechen die Koalitionsfraktionen von Gleichstellungsbeauftragten in der weiblichen Form. Könnten Sie sich auch vorstellen, dass ein Mann diese Aufgabe wahrnehmen kann, oder ist das für Sie von vornherein ausgeschlossen?