Meine Damen und Herren, auch das ist eine der Fragen gewesen: Zum Ausdruck der Kultur gehört natürlich auch wahrnehmbar vorbildliches Handeln von bestimmenden Personen. Diese Diskussion
wird geführt. Sie wurde auch gestern intensiv geführt. Das muss sich auch am Umgang der Vorstandsmitglieder mit ihren Vorstandsvergütungen bzw. den Boni zeigen. Auch dort ist die Integrität unabhängig vom Rechtsanspruch eine ganz entscheidende Fragestellung. Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung gestern deutlich gemacht, dass das verstanden worden ist. In der Aufsichtsratssitzung am 22. April werden die entsprechenden Entscheidungen getroffen. Das ist ein wichtiges Signal des Vorstandes an alle Beteiligten und Betroffenen draußen, damit sie sehen: Alle leisten erkennbar ihren Beitrag, um diese Krise zu bewältigen und die Wahrnehmung von Volkswagen nach außen weiterhin zu verbessern.
Das Signal, das der Vorstand mit der deutlichen Absenkung der variablen Vergütung setzt und dem sich auch der Aufsichtsratsvorsitzende, Herr Pötsch, anschließen wird, ist richtig und ein Beleg dafür, dass sich alle Beteiligten in der Diskussion für einen solchen Weg starkgemacht haben. Das ist ein gutes Zeichen auch für die Unternehmenskultur. Es ist vielleicht auch ein Symbol, ein wichtiges Zeichen in der Außenwahrnehmung.
Meine Damen und Herren, das Thema Aufklärung und der Umgang damit darf am Ende nicht bedeuten, dass wir in einer sich stark und schnell verändernden Welt der Mobilität die Zukunftsaufstellung bzw. die Zukunftsperspektiven außer Acht lassen. Deswegen muss es jetzt um die Investitionen in neue Technologien gehen. Es muss um alternative Antriebe gehen. Es muss um Digitalisierung gehen. Das ist zurzeit das Topthema, das viele Beteiligte im Konzern herausfordert. Es muss auch einen Beitrag zur künftigen Beschäftigungs- und Standortsicherung in Niedersachsen und Deutschland geben. Das gilt natürlich auch für die anderen Standorte, die weltweit vorhanden sind.
Sie alle haben sicherlich im Laufe der letzten Monate und Jahre die Gelegenheit gehabt, zu sehen, welche Perspektiven mit Blick auf Mobilität Volkswagen entwickelt hat und welche Kompetenz Volkswagen an der Stelle hat. Leider kommt das in der Außendarstellung im Moment etwas kurz, weil natürlich zuerst einmal die Aufklärung des Sachverhalts für alle Beteiligten im Vordergrund steht.
Diese Perspektiven für die Standorte, meine Damen und Herren, sind wichtig; denn die Beschäftigung an den Standorten wird nicht ohne Wirtschaftlichkeit funktionieren. Das wurde übrigens
nicht erst jetzt erkannt. Ich will an das Effizienzprogramm erinnern. Es ist im Jahr 2014 gestartet. Das ist ein konzernweites Programm zur Effizienzsteigerung und betrifft grundsätzlich eine Optimierung aller Bereiche des Unternehmens. Das ist auch im Personalkostenbereich zwischen den Sozialpartnern vereinbart worden. Ziel ist eine Ertragssteigerung um 10 Milliarden Euro bis 2017 im gesamten Konzern. Im Herbst 2015 ist der Beschluss über die beschleunigte Umsetzung des Effizienzprogramms für die Marke Volkswagen gefasst worden. Dazu gehören die entsprechenden Betriebsvereinbarungen zur Beschäftigungssicherung.
Der nächste Schritt - auch das aus der Diskussion, wie es mit der Personalentwicklung weitergeht, heraus - ist die Initiative Volkswagen 2025, zu der Sie am 11. April eine Presseinformation von Volkswagen lesen konnten - eine Initiative, zwischen Vorstand und Betriebsrat vereinbart und von der Landesregierung unterstützt: standortsichernde Maßnahmen im Rahmen der Investitionsplanung der anstehenden Investitionsplanungsrunde mit kurz- und mittelfristigen Maßnahmen für Investitionen sowie auch für langfristige Perspektivziele der Standorte. Ich glaube, das ist, über den kurzfristigen Zeitpunkt hinweg, von ganz entscheidender Bedeutung.
Diese Strategie 2025 für Volkswagen Pkw unter Leitung von Herrn Diess definiert strategische Eckpunkte in Rahmenvereinbarungen zwischen Betriebsrat und Vorstand, auch über die zukünftige Ausrichtung der Marke Volkswagen, der Standorte und der entsprechenden Märkte inklusive der Standortsicherungspakete für deutsche Standorte, was dabei eine große Rolle spielt.
Meine Damen und Herren, es geht uns - gerade als Mitglieder im Aufsichtsrat - um die Stärkung der Standorte und insbesondere natürlich auch um die Stärkung der Standorte in Niedersachsen mit den vielen Beschäftigten, den weit über 100 000 Beschäftigten, die allein bei Volkswagen in Niedersachsen arbeiten.
Uns muss klar sein, dass wir in der gesamten Diskussion Folgendes nicht vergessen dürfen: Der Unternehmenserfolg von Volkswagen ist nicht nur ein Erfolg für das Unternehmen, sondern er ist ein Unternehmenserfolg für den Industriestandort Nie
dersachsen. Das muss uns und allen Beteiligten immer klar sein; denn viele Hunderttausend Arbeitsplätze, über die Anzahl der bei Volkswagen Beschäftigten hinaus, hängen davon ab. Deswegen sind wir alle gut beraten, deutlich zu machen, dass Volkswagen ein wesentlicher Bestandteil der Wertschöpfungskette in unserem Land ist - einem Land, das die Mobilitätswirtschaft und die Mobilitätsindustrie stark im Blick hat. Deswegen muss es unser gemeinsames Anliegen sein und ist es unser gemeinsames Anliegen - das darf ich, glaube ich, für alle Beteiligten sagen -, diesen Bereich weiter zu stärken.
Dies vorausgeschickt, meine sehr verehrten Damen und Herren, beantworte ich Ihre Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Ich glaube, die Erwartungen, die wir an das Unternehmen haben, habe ich dargestellt. Sie, verbunden mit der Frage der Aktivitäten der Landesregierung, sind zwar schon gestern dargestellt worden. Ich will das aber heute noch einmal tun.
Es geht natürlich in erster Linie in der Funktion um den Einsatz in den Gremien, im Aufsichtsrat, im Präsidium, um die Mitarbeit im Sonderausschuss für verschiedene Dinge, aber auch um den Wandel der Kultur, der notwendig ist. Es geht daneben um eine ganze Reihe von Gesprächen in Sitzungen, die außerhalb der klassischen Rhythmen stattfinden und die notwendig sind, um die Position, die für Niedersachsen und für die Beschäftigten von großer Bedeutung ist, an allen Stellen immer wieder deutlich herüberzubringen. Es geht dabei auch um die Neuaufstellung und Zukunftsorientierung.
Deswegen ist das Drängen darauf, dass wir einzelne Informationen nicht als Vermutungen aus der Presse erfahren, sondern dass sich die Verantwortlichen bei Volkswagen zusammensetzen und sie mit der Initiative 2025 aufzeigen, wie es weitergeht, der richtige Weg. Wir brauchen keine Diskussionen über Vermutungen, wir brauchen klare Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern bei Volkswagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zu Frage 2: Ich will an eine nicht ganz einfache Phase erinnern, nämlich an die schwierige Situation im September und Oktober 2015, in der es um die Frage des Vorstandsvorsitzes und die Frage des Aufsichtsratsvorsitzes ging. Ich betone, weil
das meines Erachtens gestern zu kurz kam, dass es schon entscheidend ist, wer in einer schwierigen Phase den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt und die notwendigen Kenntnisse eines derart großen und komplexen Systems wie Volkswagen hat. Volkswagen ist kein mittelständisches Unternehmen und schon von daher eine große Herausforderung. Das ist ein Konzern mit weit über 100 Standorten weltweit und mit über 600 000 Beschäftigten. Deswegen war es das Ziel, den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden, der die Aufgabe in Stellvertretung übernommen hat, zu ermächtigen, die Verhandlungen mit Herrn Pötsch zuführen. Es war die richtige Entscheidung, jemanden aus dem Vorstand mit dieser hohen Kompetenz zum Aufsichtsratsvorsitzenden zu machen. Ich glaube, dass wir, wenn wir in Ruhe darüber reden, uns schnell einig sind, dass es nicht der richtige Weg gewesen wäre, diese Aufgabe einem Externen zu übertragen.
Meine Damen und Herren, es ging darum, die Handlungsfähigkeit des Unternehmens herzustellen. In einer Phase, in der der öffentliche Druck groß ist, ist es umso wichtiger, dass die Strukturen sowohl des Vorstandsvorsitzes als auch des Aufsichtsratsvorsitzes klar definiert sind und damit die Handlungsfähigkeit des Unternehmens sichergestellt ist.
Zu den Details und dem Ablauf dieser Verhandlungen kann ich Ihnen nur sagen: Das sind Aufsichtsratsangelegenheiten, die der Verschwiegenheitsbestimmung des Aufsichtsrats unterliegen. Deswegen kann ich zu diesem Teil hier nichts sagen. - Ich glaube, das wissen alle hier im Raum.
Zu Frage 3: zum Arbeitsplatzabbau. Ja, konfrontiert mit Pressemeldungen, ist man schon erstaunt. Deswegen habe ich vorhin gesagt, dass diese Form der Kommunikation über Wochen oder Monate in die Zukunft nichts sein kann, woran wir interessiert sein können. Das verunsichert uns in Niedersachsen, das verunsichert die Beschäftigten in Niedersachsen. Deswegen ist es auch etwas schwierig, zu einer Kommunikation, die - in welchen Kreisen auch immer - geführt wird und an die Öffentlichkeit gelangt, Stellung zu beziehen. Das ist schwierig, weil es sich dabei um Gerüchte handelt. Ich bitte deshalb um Verständnis.
Unser aller Aufgabe ist doch nicht, ein Horrorszenario, das mit Gerüchten gezeichnet wird, zu multiplizieren bzw. zu verstärken. Unsere Aufgabe muss doch sein, dahin zu kommen, dass nicht das zu hören ist, was an einzelnen Standorten oder in
einzelnen Bereichen diskutiert wird, sondern dass es eine Gesamtaufstellung darüber gibt, wie es perspektivisch in Niedersachsen weitergeht. Das ist für uns alle die ganz große Herausforderung.
Deswegen muss es darum gehen, dass Volkswagen im Zuge der Initiative 2025 sagt, was wir uns an den Standorten vornehmen, wie das Effizienzprogramm umgesetzt wird und was das für die Beschäftigung am Ende bedeutet. Das müssen die Sozialpartner miteinander vereinbaren - möglichst nicht durch Diskussionen, die in der Öffentlichkeit stattfinden, was sich in der Regel aber nicht vermeiden lässt, sondern durch eine vernünftige und kluge, am Ergebnis und an den Zielen orientierte Zusammenarbeit.
Trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehört dazu natürlich selbstverständlich auch, alle Informationen, die in irgendeiner Form möglich sind, zu besorgen. Es kann aber nicht die Aufgabe sein, Gerüchte, die nicht bestätigt werden können, in irgendeiner Form weiter zu kommunizieren. Ich bin gerne bereit, immer dann, wenn Ergebnisse vorliegen, sie Ihnen zur Verfügung zu stellen - wenn wir davon ausgehen, dass das möglich ist.
Ich habe es bereits gestern, bezogen auf das gesamte Verfahren, gesagt. Auch dazu der Hinweis: Die Klageerwiderung, vertraulich für die Fraktionsvorsitzenden, ist der Versuch, Stück für Stück die Informationen, die irgendwie möglich sind, zur Verfügung zu stellen, damit wir eine sehr transparente Diskussion darüber haben und damit wir aus dem Vermutungsbereich herauskommen und zu einer realistischen Einschätzung der Situation gelangen. Ich weiß, dass das für viele im parlamentarischen Bereich nicht ausreichend ist. Ich habe dafür auch Verständnis.
Wir als Landesregierung - der Ministerpräsident und ich - gehen verantwortungsvoll mit der Informationspolitik um. Kommentierung von Gerüchten oder Aussagen durch den Wirtschaftsminister hat eine besondere Bedeutung, wenn der Wirtschaftsminister gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrates ist. Deswegen bitte ich um Verständnis dafür, dass wir dabei sehr sorgfältig sind und versuchen, mit unserer Art der Kommunikation weiteren Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Ich würde mich freuen, wenn wir im engen Austausch, sicherlich an der einen oder anderen Stelle auch in nicht öffentlicher Sitzung, die notwendigen Punkte besprechen könnten, wie wir es schon in der Vergangenheit getan haben. Ich habe ein großes Interesse an einer breiten Transparenz; denn nur mit der
breiten Transparenz gegenüber dem gesamten Parlament wird es uns gelingen, eine breite Unterstützung für die nächsten Schritte und für die weiteren Entwicklungen von Volkswagen zu erhalten.
Volkswagen ist unser gemeinsames Unternehmen, auf das wir stolz sind. Das soll auch in Zukunft so bleiben.
Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Meine Damen und Herren, es geht gleich mit den Zusatzfragen los. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich natürlich davon ausgehe, dass die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen allgemein bekannt sind. Ich weise gleichwohl wie immer darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Ich bitte außerdem darum - aber das ist ja gängige Übung hier -, dass man sich schriftlich zu Wort meldet, damit wir den Überblick haben. Gegebenenfalls geben wir weitere Hinweise während der Frageabläufe.
Zu der ersten Zusatzfrage hat sich der Kollege Bode für die FDP-Fraktion gemeldet. Bitte sehr, Herr Bode!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident Weil, Herr Minister Lies, vor dem Hintergrund, dass der Betriebsratsvorsitzende und auch das Aufsichtsratsmitglied Bernd Osterloh ein deutliches Signal der Vorstände bei der Bonifrage gefordert haben und heute der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil erklärt hat „Ein Boniverzicht von 30 % reicht nicht“ und SPD-Vize Ralf Stegner einen kompletten Verzicht fordert, frage ich die Landesregierung: Ist aus ihrer Sicht das derzeit in den Medien dargestellte, wohl vorzulegende Modell von einer Gratifikation für den Aufsichtsratsvorsitzenden in Höhe von 7 Millionen Euro und einer Bonuszahlung an die Vorstände in Höhe von 75 %, wobei 25 % verspätet ausgezahlt werden, ein solcher ausreichender Schritt, oder bedarf es mehr?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Verständnis, dass das Teil von laufenden Verhandlungen ist.
In der nächsten Woche, am 22. April, wird die Aufsichtsratssitzung stattfinden. Dort werden die entsprechenden Beschlüsse gefasst.
(Christian Dürr [FDP]: Sie haben kei- ne Meinung? - Reinhold Hilbers [CDU]: Welche Linie haben Sie denn für die Verhandlungen?)
- Dass die Niedersächsische Landesregierung und die Vertreter im Aufsichtsrat ein klares, ein deutliches Signal von den Vorständen erwarten, haben sowohl der Ministerpräsident als auch ich sehr deutlich gemacht. Ich bitte um Verständnis, dass genau diese Verhandlungen geführt werden und wir am 22. April die entsprechende Entscheidung im Aufsichtsrat treffen.
Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt wiederum von der FDP-Fraktion. Herr Kollege Grascha!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der Berichterstattung in der Zeitung Die Zeit vom 13. März 2016 - ich zitiere aus diesem Artikel unter der Überschrift „VW soll Beweise vernichtet haben“ -:
„Medienberichten zufolge wirft ein ehemaliger VW-Mitarbeiter dem Konzern vor, Beweise zum Abgasskandal vernichtet zu haben. Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung habe er versucht zu verhindern, Daten im Rechenzentrum des US-Konzerns zu löschen. Kurz darauf sei er fristlos entlassen worden, da das Unternehmen davon ausgegangen sei, er habe die
Ich frage die Landesregierung: Was hat die Landesregierung getan, damit es zu solchen Vorfällen nicht mehr kommt?