Ich kann wirklich nicht verstehen, dass Sie in Ihrer Rede wieder alles in einen Topf geworfen und gesagt haben: Wir haben hier 1,1 Millionen Menschen, die zugewandert sind. - Auch Sie wissen: Das sind Menschen, die aus ihren Heimatländern vertrieben wurden und die wahrscheinlich - oder hoffentlich - in ihre Heimatländer zurückgehen werden.
Ich sage es noch einmal: Das Thema Asyl auf der einen Seite und das Thema Wirtschaftsmigration auf der anderen Seite in einen Topf zu werfen, ist genau der falsche Weg.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist ganz deutlich geworden, dass wir gerade diese Differenzierung vorgenommen und eben nicht alles in einen Topf geworfen haben. Der Unterschied zwischen Asyl und Zuwanderung besteht natürlich. Wenn Sie in Ihrem Antrag auf Asyl und Zuwanderung nicht differenziert eingehen, dann muss man halt zu den einzelnen Punkten so Stellung nehmen und kann das nicht anders darstellen.
Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, an einem positiven Recht hier in Deutschland zu arbeiten. Ich habe deutlich gemacht, welche Möglichkeiten es im Moment schon gibt und dass es Möglichkeiten gibt, die gesetzlichen Grundlagen anders auszuführen. Das haben andere Bundesländer gezeigt, z. B. bei dem Thema Abschiebung. Das ist nicht alles, aber es gehört zu dem Gesamtpaket. Auch das muss man berücksichtigen.
Vielen Dank, Frau Jahns. - Wir fahren in der Beratung fort. Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Polat das Wort. Bitte!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte gehofft, dass sich die CDUFraktion hier doch noch anders zur Modernisierung des Einwanderungsrechts positioniert. Im September letzten Jahres keimte wieder eine Debatte zur Modernisierung des Einwanderungsrechtes auf, gerade vor dem Hintergrund, dass viele Zuwanderer - Zuwandererinnen und Zuwanderer -
(Christian Dürr [FDP]: Das mit dem Gendern ist immer ganz schwierig in der Sprache! - Jens Nacke [CDU]: Sie muss das machen! Sonst gibt es wie- der Zuschriften aus jedem Kreisver- band!)
nach Deutschland gekommen waren, die die Möglichkeit gesucht hatten, über den Weg des Asyls nach Deutschland einzuwandern.
Insofern wird diskutiert, auf der einen Seite das Einwanderungsrecht zu modernisieren und zu liberalisieren und auf der anderen Seite Menschen legal die Einreise zu ermöglichen, damit sie nicht den Weg über das Asylsystem gehen müssen.
Die SPD hat auf Bundesebene zum wiederholten Male versucht, ihre Koalitionspartner, insbesondere die Partner von der CSU, davon zu überzeugen, dass noch in dieser Legislaturperiode der Entwurf eines Einwanderungsgesetzes auf den Tisch gelegt wird. Dann gab es das Sommerinterview mit Seehofer. Er hat die Position vertreten, die Sie jetzt auch hier vertreten haben, Frau Jahns, was mich wundert, weil Sie im letzten Jahr schon einmal weiter waren. Er hat die Position vertreten, dass es ein Einwanderungsgesetz mit der CSU nicht geben wird, wenn das Einwanderungsgesetz mehr Einwanderung bedeutet, was schon Schizophrenie in sich bedeutet, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Kanzlerin hat daraufhin gleich am nächsten Tag dementiert, und Kanzleramtschef Altmaier hat gesagt, dass die CDU über ein neues Einwanderungsrecht nachdenken möchte. Ich meine auch, dass auf Ihrem Parteitag im Dezember ein entsprechender Beschluss gefasst wurde. Ich habe das aber in der Kürze der Zeit nicht nachsehen können.
Ihr Antrag stammt zwar aus dem vergangenen Jahr. Die darin enthaltenen Punkte sind aber trotz der Dynamik, die dieses Thema im vergangenen Jahr erfahren hat, aktueller denn je. Noch immer haben wir keinen Entwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Einwanderungsrechts auf dem Tisch liegen. Weiterhin gibt es eine strukturelle Benachteiligung von Land und Kommunen bei der Finanzierung der Kosten im Bereich der Zuwanderung aus humanitären Gründen. Hier besteht ein strukturelles Defizit, bedingt durch das Asylbewerberleistungsgesetz.
Deshalb fordern wir in Nr. 2 die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das ist ein Sondergesetz, das es so in keinem anderen EU-Land gibt. Das Problem an diesem Gesetz ist, dass sich der Bund einfach aus der Affäre ziehen kann. Er kann die Asylverfahren in die Länge ziehen. Durch erneute Berichterstattung kann dafür gesorgt werden, dass die Asylverfahren nicht beschleunigt durchgeführt werden und die Menschen deshalb im Asylbewerberleistungssystem und im System der Gestattung hängenbleiben und von allen Arbeitsmarktinstrumenten ausgeschlossen sind, die Sie nach dem SGB-System, nach der Sozialgesetzgebung, nutzen könnten.
Der sozialdemokratische Partner auf Bundesebene hat es trotz der Störfeuer von CDU und CSU geschafft, auch im Zusammenhang mit den Asylpaketen I und II eine Liberalisierung des Arbeitsmarktrechts durchzusetzen. Ich nenne die Abschaffung der Vorrangprüfung im Zusammenhang mit der aktuellen Beratung eines Integrationsgesetzes. Niedersachsen hat bereits angekündigt, landesweit die Vorrangprüfung auszusetzen. Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle bei Herrn Ministerpräsidenten Weil.
Es gibt eine Öffnung des Arbeitsmarktzugangs ab dem dritten Monat. Auch dies ist ein Fortschritt, der aber nicht die strukturellen Probleme im Asylbewerberleistungssystem löst. Auch hier hängen die Leute fest. Wir reden über Gesundheitskarte und Gesundheitskosten, die die Kommunen tragen und die wir über die Kostenpauschale abfedern. All das wäre nicht nötig, wenn die Menschen in den Sozialgesetzbüchern mitgedacht würden.
Damit verhindern wir, dass Menschen über das Asylsystem kommen, obwohl sie besser über den Weg der Einwanderung kommen könnten. Das betrifft Arbeitsmigranten und Studierende aus afrikanischen Ländern. Das betrifft aber auch Menschen aus dem Kosovo oder anderen Balkanstaaten, die dann nicht den Weg über das Asylsystem suchen müssen, sondern den Weg über ein liberales Einwanderungsrecht nehmen könnten, ähnlich wie das die Polen in den 90er-Jahren getan haben.
Wir fordern mit dem Antrag außerdem die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das wäre eine Win-win-Situation für die Kommunen und die Flüchtlinge.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Deine Chance ist unsere gemeinsame Zukunft“ - das ist der Titel des FDP-Papiers zum Thema Zuwanderung, das wir schon deutlich vor diesem Antrag in dieses Haus eingebracht haben. Wir als Freie Demokraten sind der festen Überzeugung, dass wir endlich ein modernes Einwanderungsrecht für Deutschland brauchen.
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Ich sage diesen Satz einfach viel zu gerne. Deutschland ist ein Einwanderungsland.
Dafür brauchen wir ein ordentliches Einwanderungsgesetz bzw. Einwanderungsrecht, damit Asyl eben Asyl bleibt und diejenigen, die eigentlich aus wirtschaftlichen Erwägungen zu uns zuwandern und hier in den Arbeitsmarkt möchten, nicht vor der Situation stehen, keine andere Wahl zu haben, als einen Asylantrag zu stellen, obwohl sie eigentlich gar nicht in das Asylverfahren gehören.
Wir wollen, dass wir mit einem Einwanderungsgesetz für unseren Arbeitsmarkt Einwanderungs- und Zuwanderungsmöglichkeiten zulassen. Ich sage das sehr deutlich - das haben wir auch in unserem Papier beschrieben -: Dabei geht es nicht nur um Hochqualifizierte. In vielen Regionen, übrigens auch in Niedersachsen, suchen Betriebe Facharbeiter. Sogar Auszubildende werden gesucht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich glaube, dass wir in Deutschland wirklich Bedarf haben,
Als sehr positiv an dem Antrag empfinde ich, dass deutlich wird, dass ein Wechsel zwischen den Rechtskreisen Asyl und Zuwanderung möglich sein muss. Das ist eine Forderung, die auch wir erheben. Wir bekommen hier im Haus doch oft genug Petitionen, in denen es heißt: Wir haben jemanden, der einen Asylantrag gestellt hat und einen Arbeitsplatz annehmen will. Es gibt auch jemanden, der ihn einstellen will. Er muss aber erst einmal in das Land ausreisen, aus dem er gekommen ist, um dort einen Antrag bei der Deutschen Botschaft zu stellen, um dann wieder nach Deutschland einreisen zu können. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch wirklich Unsinn, den wir hier in Deutschland betreiben. Davon müssen wir weg.
Wir wollen, dass es eine strukturelle Entlastung für die Kommunen gibt. Es ist richtig, dass Sie sagen, dass der Bund hier in die Verantwortung muss, insbesondere wenn es um die Krankheitskosten geht. Ich sage an dieser Stelle aber genauso deutlich: Solange der Bund nicht in die Verantwortung geht, muss das Land in die Verantwortung gehen und die Kommunen entlasten. Wir haben heute in den Zeitungen gelesen- damit befassen wir uns noch unter einem anderen Tagesordnungspunkt -, dass die Kommunen 600 Millionen Euro vorfinanzieren. Ich glaube, dass sich das Land durchaus mehr anstrengen könnte.
Auch zum BAMF steht viel Richtiges in dem Antrag. Darin steht, dass das BAMF besser ausgestattet werden muss. Das sieht auch die FDP so. Wir haben einen Vorschlag zum vorübergehenden humanitären Schutz gemacht. Wäre diesem Vorschlag gefolgt worden, hätte die Möglichkeit bestanden, das BAMF strukturell zu entlasten,
damit es die Asylanträge schneller abarbeiten kann. Ein Antrag, wie wir ihn hier im Landtag gestellt haben, ist im schleswig-holsteinischen Landtag mit den Stimmen von SPD, Grünen, Piraten und FDP angenommen worden. Ich bedanke mich für diese Initiative. Diesen Mut hatten Sie leider nicht, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Die
Wir teilen aber nicht die Lobhudelei, die Sie in Ihrem Antrag formulieren, insbesondere wenn es um die Flüchtlingskonferenz geht, liebe Freundinnen und Freunde. Insgesamt steht nicht nur wenig Falsches, sondern vor allem viel Richtiges in dem Antrag. Deshalb werden wir als FDP-Fraktion ihm zustimmen.