Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

(Heiner Schönecke [CDU]: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, diese Bilanz ist das Ergebnis des Zubaus bis 2014. Die Novelle des EEG 2014 hat mit der deutlichen Kürzung der Einspeisevergütung faktisch zu einem Ausbaustopp geführt. Zum Bestand sind in der Folge kaum noch neue Anlagen hinzugekommen. Der vorgesehene Ausbaukorridor wird nicht ausgeschöpft.

Wenn die Bestandsanlagen ab 2020 sukzessive aus der Förderung fallen, dann ist ihr Weiterbetrieb gefährdet, da an der Strombörse kein ausreichend hoher Preis erzielt werden kann, um allein die Substrateinsatzkosten zu decken.

Damit entfielen dann sowohl die auf der Bioenergieerzeugung aufgebauten Wärmenutzungskonzepte als auch die mit der Bioenergienutzung möglichen Systemdienstleistungen, z. B. für einen sicheren Stromnetzbetrieb. Das wäre bedauerlich, meine Damen und Herren. Denn Biogas hat, richtig erzeugt und angewendet, als gut steuerbare und einfach speicherbare regenerative Energie auch zukünftig eine wesentliche Rolle in der Energiewende -

(Zustimmung bei der CDU)

nicht etwa weil der Anbau und die Energieumwandlung von Biomasse so herausragend effizient wäre - wir könnten mit Fotovoltaik auf den Anbauflächen deutlich mehr Strom erzeugen -, sondern weil die Systemdienstleistungen der Bioenergie diese Energieform gerade bei weiter steigenden Anteilen der fluktuierenden erneuerbaren Energien zu einer idealen Ergänzung von Windenergie und Fotovoltaik machen. Als gut speichbarem Energieträger mit hoher Energiedichte kommt Biogas bei der Substitution fossiler Brennstoffe zusätzliche Bedeutung zu, besonders im Prozesswärmebereich.

Diesen Vorteilen stehen aber strukturelle Nachteile der Energieerzeugung aus Biomasse gegenüber. Insbesondere der bevorzugte Einsatz von Mais beim Energiepflanzenanbau verursacht beträchtliche ökologische Probleme. Herr Dr. DenekeJöhrens, ich will das gerne konkretisieren. Die Belastungen von Natur, Landschaft und Grundwasser durch die Vermaisung und durch die entsprechende Güllefracht machen deutlich, dass eine Veränderung der Rahmenbedingungen für den Einsatz der Bioenergie erfolgen muss, und zwar sowohl auf der Input- als auch auf der Outputseite.

Mit der Novellierung des EEG besteht jetzt die Möglichkeit, die Anschlussförderung für die aus der

EEG-Förderung fallenden Anlagen klug zu regeln, indem die förderlichen Aspekte der Bioenergie weiter gestärkt und die belastenden ökologischen Folgen minimiert werden. Mit dem EEG 2016 muss ein Marktdesign für die Biogasanlagen verbunden werden, das geeignete Abfallstoffe und nachhaltige Energiepflanzen fördert und das Anreize zur Flexibilisierung von Bestandsanlagen setzt, um deren Potenzial zur Bereitstellung von Regelenergie und Systemdienstleistungen noch stärker zu entwickeln und nutzbar zu machen.

Dann macht der Erhalt der bestehenden Biogasinfrastruktur unter energiesystemischen, unter ökologischen und unter ökonomischen Aspekten Sinn. Vor allen Dingen werden die Menschen in der Bioenergie dann mehr sehen als bloß einen Konkurrenten für den Lebensmittel- und Futtermarkt, durch den sich der ökonomische Druck auf die knapper werdenden landwirtschaftlichen Flächen weiter erhöht.

An dieser Stelle, meine Damen und Herren von der CDU, springen Sie mit Ihrem Antrag, dessen Zielrichtung und grundsätzliche Ausrichtung völlig richtig ist, leider zu kurz. Wenn Sie wirklich etwas für die Bioenergie tun wollen, dann empfehle ich, sich unserem Antrag anzuschließen. Dann könnten wir mit einem entsprechend wirkungsvollen Signal in Berlin aufschlagen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Becker.

(Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens [CDU] meldet sich zu einer Kurzinter- vention)

Der nächste Redner ist nun Dr. Gero Hocker, FDP. - Oh, habe ich etwas übersehen? Dann nehmen wir die Kurzintervention noch mit. 90 Sekunden für Herrn Dr. Deneke-Jöhrens. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie machen den Fehler, den Mais zu verteufeln. Sie sprechen hier schon wieder von einer „Vermaisung“ der Landschaft. Schauen Sie sich einmal Ihr Vorzeigebiomassekraftwerk in Jühnde an! Auch das wird mit Mais betrieben, und es wird nachhaltig betrieben.

Sie haben hier von Effizienz und von Nachhaltigkeit gesprochen. Mais ist - vielleicht zusammen mit der Zuckerrübe - die Pflanze, die am effizientesten und nachhaltigsten in einem Biomassekraftwerk zu verwenden ist. Meiner Ansicht nach ist die Mischung das Beste.

Sie müssen - das aber tun Sie nicht - Mais als einen wichtigen Baustein anerkennen. - Das sagen wir jedenfalls. - Mais sollte aber nicht der einzige Baustein sein. Wir wollen nicht 100 % Mais, sondern Maisanteile. Aber diese Anteile werden groß sein müssen. Sonst rechnet sich eine Biomasseanlage nicht. Wer das ablehnt und verneint, der bewegt sich jenseits der Realität.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Deneke-Jöhrens. - Herr Becker möchte antworten, ebenfalls innerhalb von 90 Sekunden.

Herr Deneke-Jöhrens, die Realität beim Ausbau von Biogasanlagen war, dass es zu einer deutlichen Ausweitung der Maisanpflanzungen gekommen ist. Das Landschaftsbild hat sich völlig verändert. Es ist zu deutlich stärkeren Einträgen von Gülle gekommen. Es geht darum, diese Entwicklung nicht durch den Bau weiterer Biogasanlagen noch voranzutreiben, sondern ein deutliches Signal dafür zu setzen, dass die Landwirtschaft sich wieder - in Anführungszeichen - normalisiert. Die Landwirtschaft soll sich durch die Vielfalt der angebauten Produkte auszeichnen und nicht durch eine Konzentration auf Mais, die die Baudichte von Biogasanlagen scheinbar erfordert.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Jetzt aber spricht Herr Dr. Gero Hocker von der FDP. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Deneke-Jöhrens für die Kurzintervention dankbar, die er eben gemacht hat.

Aus Ihrem Antrag geht hervor, dass Sie auf ganz andere Elemente setzen wollen. Sie haben da insbesondere die Vergärung von Gülle im Blick. Ganz ehrlich: Wer sich ein bisschen mit Landwirtschaft auskennt, der wird wissen, dass Gülle Mais nicht substituieren kann und dass Sie auch in Zukunft auf Mais setzen müssen, wenn Sie auf diese Technologie setzen. Das ist ganz klar.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Anders wird das nicht funktionieren. Da hat jemand bei Ihnen seine Hausaufgaben nicht gemacht. Sie sollten wissen, dass Gülle zu 95 % aus Wasser besteht, und aus Wasser ist eben nicht so viel Energie zu machen wie aus Mais.

Es kann nicht angehen, dass wir als Politik mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz Anreize dafür schaffen, dass sich unsere Landwirtschaft - die Branche, in der wir in Niedersachsen quasi Kernkompetenzen besitzen, in der wir besser aufgestellt sind als jedes andere Bundesland und die mehr Arbeitsplätze schafft als fast alle anderen Wirtschaftsbereiche - von ihrem originären Auftrag trennt. Es kann nicht angehen, dass ein Landwirt gar keine andere Wahl hat, als sukzessive zum Energiewirt zu werden und sich peu à peu von dem zu trennen, was er am besten kann, nämlich von der Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln. Es kann nicht angehen, dass unsere Landwirtschaft Kernkompetenzen verliert. Das aber ist das Ergebnis der Förderpolitik, die aus Berlin kommt und die Sie hier unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

Ich mache ausdrücklich keinem Landwirt den Vorwurf, dass er sich die Vorzüge dieses Systems sichert. Aber Politik muss doch erkennen, dass uns dieses EEG bei der Bewältigung der Energiewende überhaupt nicht weiterhilft. Dieses staatlich aufgeflanschte System zerstört die Kernkompetenzen, die auf Höfen in Niedersachsen seit fünf, zehn, manchmal sogar fünfzehn Generationen vorhanden sind und stetig weiterentwickelt wurden. Der Schwarze Peter liegt da nicht beim Landwirt. Aber Politik muss sich fragen, ob die Anreize, die sie setzt, tatsächlich ins Jahr 2016 gehören.

(Beifall bei der FDP - Volker Bajus [GRÜNE]: Darüber reden wir heute! Welche Anreize wollen Sie setzen?)

Was in Berlin auf den Weg gebracht wurde, ist nach unserer Auffassung nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Große Koalition ist bei

der Energiewende die Koalition des sprichwörtlichen kleinsten gemeinsamen Nenners.

Sie haben insofern recht, als sich Biogasanlagen wohltuend von der Windenergie und der Sonnenenergie mit ihrer volatilen Einspeisung absetzen. Biogas kann man transportieren und speichern. Damit erfüllt es zwei wichtige Kriterien, die die anderen sogenannten erneuerbaren Energien nicht besitzen.

Weil wir die Landwirte, die einfach nur das EEG nutzen, hinter dem Sie stehen und das Sie immer wieder neu beschließen, nicht an den Pranger stellen wollen, haben wir uns im Ausschuss enthalten und werden das auch hier tun. Unsere Auffassung ist, dass dieses EEG mit seinem falschen Anreizsystem endlich abgeschafft werden muss. Im Gegenzug müssen wir unsere Landwirte stärken, statt sie durch immer neue Düngemittelverordnungen und andere bürokratische Hemmnisse zu schwächen. Damit machen wir unsere Landwirte schwach. Deswegen sagen wir, dass Landwirte entlastet werden müssen. Dann können sie auch den Wegfall dieses EEG kompensieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Nunmehr folgt Herr Kollege Volker Bajus von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr! Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die EEG-Novelle war heute schon Thema. Dabei geht es in der Tat auch um die Zukunft der Bioenergie. Leider steht in der politischen Debatte häufig nur das Thema Mengenbegrenzung im Mittelpunkt. Tatsächlich geht es aber um mehr. Das haben meine Kollegen von der CDU und der SPD schon angesprochen.

Leider bleibt die EEG-Reform auch hier nur Stückwerk mit womöglich kontraproduktiven Folgen, während wir eigentlich an einem soliden Rahmen für eine kostengünstige, klimafreundliche und übrigens auch verlässliche Energiewende arbeiten müssten.

Im Fall von Bioenergie ist doch nicht die Frage nach dem Wieviel der Knackpunkt, sondern die Frage ist doch: Wie soll die Biomassenutzung eigentlich aussehen? - Es sind die besonderen technischen Eigenschaften der Bioenergie wie die

Regelfähigkeit und die Systemdienlichkeit, die diese Form so wertvoll machen. Hinzu kommen Aspekte wie der Einsatz nachwachsender Rohstoffe, die Stärkung des ländlichen Raums und die dezentralen Eigentümerstrukturen.

Deshalb haben wir Grüne von Anfang an die Bioenergie unterstützt. Wir tun das auch heute. Auch wir können die Augen allerdings nicht davor verschließen, dass die bisherige Förderung erhebliche Fehlentwicklungen verursacht hat. Auch die Akzeptanz der Bioenergie hat darunter gelitten. Hier müssen wir im Sinne einer umwelt- und sozialverträglichen Nutzung umsteuern. Die Fördersystematik hat zu einer Fehlnutzung auf den Feldern geführt und - ja, das muss man auch so sagen; das sagen auch die Menschen - auch zu immer mehr Maisflächen, die in manchen Landstrichen zumindest zu dem Eindruck einer Monokultur geführt haben, sodass die Leute den Eindruck haben, die Landschaft ist vermaist.

Diese Maisflächen passen prima zur Gülleentsorgung in all den Regionen, in denen es viel zu viel Gülle gibt. Das wiederum führt zu zusätzlichen Belastungen des Grundwassers und der Natur.

Zugleich hat der Biogasboom auch die Konkurrenz um die knappen Ackerflächen verschärft und den Anstieg der Bodenpreise zusätzlich befördert. Das ist das, was wir nicht wirklich wollen können.

Das EEG, meine Damen und Herren, darf keine Subventionen für Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft und in der Landschaft bedeuten, sondern es soll diese und die Landwirte stärken. Die Bioenergie muss als Standbein für die Landwirte erhalten bleiben. Dies darf nicht zulasten von Mensch und Umwelt gehen.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Das tut mir leid, Herr Deneke-Jöhrens, aber wir hätten im Ausschuss zu Ende diskutieren sollen, wie viel Maisanbau für dieses Land gut und richtig ist und wie viel mehr wir wollen. Ich glaube nicht, dass die Menschen in Weser-Ems oder die Menschen im Landkreis Rotenburg oder in anderen Regionen einen zusätzlichen Energiemaisanbau für richtig halten. Ich glaube auch nicht, dass die Landwirte das wollen, die nämlich mit den Flächen doch ganz andere Dinge machen können.