Zur Tagesordnung. Wir beginnen die heutige Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt 28, das ist die Fortsetzung der Aktuellen Stunde. Da wir den Tagesordnungspunkt 28 a bereits gestern behandelt haben, behandeln wir heute nur noch den Tagesordnungspunkt 28 b. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 20.05 Uhr enden.
Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr der Schriftführer Herr Kortlang mit. Bitte, Herr Kollege!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es haben sich für heute entschuldigt: Ministerpräsident Stephan Weil ab 11.30 Uhr, ferner Finanzminister Reinhold Hilbers bis 14 Uhr - mit Ausnahme von Tagesordnungspunkt 29 a, den er noch abhandeln möchte -, weiterhin Herr Kultusminister Grant Hendrik Tonne sowie unsere Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast ab 13 Uhr, ferner von der Fraktion der SPD Frau Dr. Dörte Liebetruth und von den fraktionslosen Mitgliedern des Hauses Frau Dana Guth bis zur Mittagspause und ab 17 Uhr Herr Stefan Wirtz.
b) Das Geld der Steuerzahler ist ausgegeben - was hält die Koalition jetzt noch zusammen? - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/9438
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie kennen unsere Einschätzung - wir haben sie hier wiederholt deutlich gemacht -, dass SPD und CDU im Prinzip von Anfang an nebeneinander und nicht miteinander regiert haben.
In der ersten Phase dieser Legislaturperiode ist es ihnen einigermaßen gelungen - sie haben es zumindest versucht -, diese Unterschiede und die Gräben, die zwischen SPD und CDU bestehen, mit dem Geld der Steuerzahler zuzuschütten und zu überdecken.
Doch nun, meine Damen und Herren, kommt dieses Politikmodell endgültig an seine Grenzen. Ein prominentes Beispiel für diese Politik, die Sie in dieser Legislaturperiode gemacht haben, sind die 100 Stellen, die Sie zu Beginn der Legislaturperiode geschaffen haben, als Sie 100 Ministerialbeamtenstellen geschaffen haben, und zwar aus rein parteipolitischen Gründen,
Das funktioniert aber unter dem Eindruck und den Folgen der Corona-Krise nun endgültig nicht mehr; denn die Zeiten der sprudelnden Steuereinahmen sind vorbei.
Und kaum ist das der Fall, kaum ist das Geld nicht mehr in Hülle und Fülle vorhanden und können Sie diese Gräben nicht mehr zuschütten, brechen grundsätzliche Konflikte zwischen SPD und CDU auf. Es zeigt sich eben, dass es Bernd Althusmann und auch Stephan Weil in dieser Legislaturperiode
eigentlich zu keinem Zeitpunkt geschafft haben, eine gemeinsame Idee dafür zu entwickeln, was diese Landesregierung mit diesem Land machen will,
welche Vision man hat und in welchen Positionen man Niedersachsen voranbringen will. Es zeichnet sich ab, dass diese Regierungszeit in dieser Legislaturperiode am Ende fünf verlorene Jahre für Niedersachsen sind.
Das Ganze lässt sich an ganz konkreten Äußerungen und an einer ganz konkreten politischen Frage festmachen, nämlich wie man öffentliche Investitionen künftig sicherstellen will. Der Ministerpräsident hat kürzlich davon gesprochen, dass es „nicht auflösbare Meinungsverschiedenheiten“ mit der Union bei der Frage der Reform der Schuldenbremse gebe - bezüglich der Gründung einer Landesbaugesellschaft, der Gründung eines Milliardenfonds für den Klimawandel usw. usf. Diese Frage der Investitionen, diese Frage, wo die Herausforderungen sind, denen mit öffentlichen Mitteln begegnet werden soll, ist doch nicht eine nebensächliche, sondern eine der zentralen Fragen der Landespolitik: Wo hat man Defizite, und wie will man ihnen gegensteuern? In dieser zentralen Frage gibt es nicht auflösbare Meinungsverschiedenheiten.
Herr Ministerpräsident, wenn das so ist und wenn es nicht nur Parteitagsrhetorik war, um eine gute Stimmung zu erzeugen und ein gutes Ergebnis zu bekommen, also wenn das nicht alles nur Blendwerk war, dann müssen Sie sich doch die Frage gefallen lassen: Warum wollen Sie eigentlich diese Legislaturperiode mit einem Partner zu Ende führen, mit dem Sie nicht auflösbare Meinungsverschiedenheiten bezüglich zentraler Probleme und Herausforderungen dieses Landes haben?
In der Sache, Herr Ministerpräsident und meine sehr geehrten Damen und Herren, erwecken Sie hier den Eindruck, dass ein gewaltiger Investitionsbedarf besteht, der insbesondere durch die Pandemie und die dadurch ausgelöste Krise verursacht und bewirkt worden sei. Das eine ist die Frage, wie man die ganz konkreten Folgen für breite Teile der Bevölkerung quasi abmildert. Da ist der Staat aktuell sicherlich auch sehr gefordert.
Das sind neue Herausforderungen. Das andere aber sind doch die substanziellen Defizite, die offenbar geworden sind: in der Digitalisierung, im Gesundheitswesen, bei Schule und Hochschule. Was aber den Gebäudebestand in der Justiz und die Unterhaltungssituation der Polizeigebäude angeht, sind das doch keine Folgen von Corona! Das heißt, diese Investitionsdefizite und der Verfall des Vermögens des Landes sind die Folgen Ihrer Politik!
Acht Jahre lang tragen Sie in diesem Land Verantwortung. Sie hatten Steuereinnahmen in Milliardenhöhe und haben es nicht geschafft, in den Zeiten der sprudelnden Steuereinnahmen diese Probleme substanziell anzugehen, meine Damen und Herren.
Einen Moment, bitte, Herr Dr. Birkner! - Wir freuen uns hier alle sehr über eine lebendige Debatte, aber man sollte sich schon noch verstehen können. - Bitte, Herr Dr. Birkner, fahren Sie fort!
Vor diesem Hintergrund und im Prinzip auch vor dem Hintergrund Ihrer Haushaltspolitik, Herr Ministerpräsident, die Sie in den letzten Jahren an den Tag gelegt haben, weckt die Forderung nach Aufweichung der Schuldenbremse natürlich Misstrauen.
Warum sollte es Ihnen eigentlich gelingen, mit dem Geld der Steuerzahler besser umzugehen, wenn Sie noch mehr Schulden machen, als es Ihnen gelungen ist, als die Steuereinnahmen sprudelten? Schon dabei ist es Ihnen nicht gelungen, damit verantwortungsvoll umzugehen und dort zu investieren, wo es nötig ist. Damals haben Sie mal links und mal rechts, mal hier und mal da, irgendwelche Projekte gemacht, die am Ende mit Investitionen nichts zu tun hatten, um sich parteipolitisch ir
Das ist wirklich eine verantwortungslose Politik, meine Damen und Herren. Sie haben gezeigt, dass man wirklich gut beraten ist, Ihnen gegenüber bei diesen Forderungen misstrauisch zu sein, weil das am Ende nicht in einer seriösen Politik mündet.
Schließlich - Frau Präsidentin, ich komme auch zum Schluss - reagiert der Finanzminister genauso, wie der Ministerpräsident es sich wünscht,
indem er gleich sagt „Mit neuen Schulden wollen wir alles gar nicht machen“ und sich die gesamte Investitionsdebatte plötzlich nur noch um die Frage dreht: Gibt es eine Aufweichung der Schuldenbremse, ja oder nein? - Aber das sind doch gar nicht die zentralen Fragen! Die zentrale Frage ist: Warum gelingt es eigentlich nicht, die Investitionen mit dem vorhandenen öffentlichen Geld umzusetzen? Warum geht es denn mit dem Ausbau der digitalen Infrastruktur nicht weiter? Geld ist doch da! Warum gelingt es nicht, in der Schule die Investitionen umzusetzen? Geld ist da!
Deshalb sind es doch gar nicht in erster Linie diese Herausforderungen. Es ist die Unfähigkeit von Verwaltung und Politik,
(Widerspruch bei der SPD und bei der CDU - Wiard Siebels [SPD]: Die Ver- waltung beschimpfen? Unglaublich!)
das vorhandene Geld gezielt und schwerpunktmäßig einzusetzen. Am Ende wird man auch darüber reden müssen, wo Defizite sind und wie es gelingt, private Investitionen zu ermöglichen. Aber das scheint in Ihrer Welt überhaupt nicht stattzufinden.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Es folgt nun Herr Abgeordneter Thiele für die CDU-Fraktion. Bitte, Herr Kollege!