sachsen wird sich zum klima- und gesundheitsfreundlichen Verkehrsland entwickeln. Dieses Festhalten an der Nachhaltigkeit auch im Verkehrswesen durch die eingeleitete Mobilitätswende ist ein wichtiger Beitrag zur vielbesprochenen Energiewende.
Wir halten an dieser Mobilitätswende fest, meine Damen und Herren. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Wenn ich jemandem zuhöre, dann Ihnen, Frau Tippelt!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Tippelt. - Der angesprochene Herr Schulz-Hendel hat sich aber schon vor geraumer Zeit zu einer Kurzintervention gemeldet und ist jetzt dran. 90 Sekunden, bitte!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Tippelt, ich wäre ja froh, wenn Sie das Mobilitätskonzept tatsächlich umsetzen würden. Aber ich weiß gar nicht, ob Sie schon einmal hineingeschaut haben. Es enthält eine ganze Reihe von Vorschlägen für Modellprojekte. Ich nenne einmal ein paar Beispiele: Anschaffung von Lastenfahrrädern für kleinere und mittlere Betriebe, Anschaffung von Fahrrädern für Beschäftigte in Betrieben.
Wenn das vorgeschlagene Modellprojekte sind, geht es darum, diese vonseiten des Landes zu fördern. Aber ich kann in dem Haushaltsplan keine Mittel für die Umsetzung des Fahrradmobilitätskonzeptes entdecken.
Zweiter Punkt. Ihre Schönrechnerei mit den Radschnellwegen wird mir langsam zu bunt. Natürlich sind die 12,35 Millionen Euro noch nicht ausgegeben, und natürlich sind die Mittel auch übertragbar. Aber das ist doch gar nicht das Problem. In der Antwort sind doch schon drei Projekte genannt, die
9,8 Millionen Euro kosten, und ein viertes - Braunschweig–Wolfsburg - ist bekannt. Das wissen Sie, Herr Minister, und das haben auch Ihre Mitarbeiter schon erklärt. Und acht weitere Projekte sollten Ihnen, wenn Sie Fahrradpolitik ernst nehmen, auch bekannt sein. Ich kann sie Ihnen gerne alle aufzählen. Ich habe hierzu hier Unterlagen liegen. Ich habe mich schlau gemacht - im Gegensatz zu Ihnen.
Wenn Sie diese Mittel nicht einstellen, dann bringen Sie die Kommunen in erhebliche Planungsschwierigkeiten.
Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel. - Frau Tippelt will nicht antworten. - Dann geht es weiter mit der CDU. Kollegin Abgeordnete Gerda Hövel hat das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen jetzt eine Frage stellen. Fällt Ihnen spontan etwas zu dem Namen Karl Drais ein?
Ohne den gebürtigen Karlsruher würden wir heute nicht diese Anfrage diskutieren. Drais erfand vor ziemlich genau 201 Jahren das erste Fahrrad. Mit durchschnittlich 13 km/h war es schneller als die Postkutsche, und das war eine Sensation. Dass heute, rund 200 Jahre später, fast 90 % der Privathaushalte in Niedersachsen ein Fahrrad besitzen, hätte sich Drais wohl nicht träumen lassen. Im Zeitalter von E-Bike und Co. sind Fahrräder ein adäquates Verkehrsmittel, um Mobilitätsprobleme in unserem Land zu mildern. Deshalb will auch die CDU-Fraktion dazu beitragen, das Fahrradfahren attraktiver zu machen.
Dass das nötig ist, das zeigt auch der Modal Split aus dem vergangenen Jahr. 15 % der Wege legen die Niedersachsen mittlerweile mit dem Fahrrad
zurück. Vor fünf Jahren waren es noch 13 %. Diese moderate Steigerung müssen wir begrüßen. Dennoch: 65 % der Wege werden als Fahrer oder als Mitfahrer mit dem Auto zurückgelegt. Für viele Menschen im ländlichen Raum kann Mobilität fast nur mit einem Auto sichergestellt werden. Gleichwohl haben gut ausgebaute Radwege gerade im ländlichen Raum eine große Bedeutung als sicherer Schulweg und als Weg zum Arbeitsplatz. Klar ist: Mobilität muss in Zukunft klimaschonender sein. Das Fahrrad kann seinen Beitrag dazu leisten.
Um den Bürgern allerdings eine freie Wahl der Verkehrsmittel zu ermöglichen, müssen wir die Grundlagen dafür schaffen - quasi eine Chancengleichheit der Verkehrsmittel untereinander. Für den Fahrradverkehr heißt das, genügend Radwege ausreichender Qualität bereitzustellen. Dort besteht Nachholbedarf. Das zeigt die Antwort der Landesregierung auf diese Anfrage; denn in Niedersachsen sind 62 % der Bundesstraßen und 56 % der Landstraßen mit Radwegen versorgt. Von letzteren sind 19 % sogar als fahrradunfreundlich eingestuft. Das steht natürlich ihrem eigentlichen Zweck diametral entgegen.
Doch es tut sich etwas. Für das laufende Jahr kann eine deutliche Verbesserung ausgemacht werden. Die Zahl der im Bau befindlichen Radwege können wir voraussichtlich fast verdoppeln, die Anzahl der sanierten Radwege mehr als verdreifachen. Das ist beileibe kein Grund zum Ausruhen, aber ein ermutigendes Zeichen.
Auch beim Blick in den Haushaltsplan 2019 sehen wir, dass die Landesmittel für die Sanierung von Radwegen verdoppelt werden sollen. Statt 5 sind dann 10 Millionen Euro eingeplant.
Hier noch ein kleiner Hinweis in Richtung grüner Oppositionsbänke. In der vergangenen Legislaturperiode wurden diese Haushaltsmittel von Ihnen nicht ein einziges Mal erhöht - weder für den Bau noch für die Sanierung. Es muss das Ziel sein, die geplanten Mehraufwendungen in den kommenden Haushaltsentwürfen zu verstetigen. Beim Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz werden 150 Millionen Euro pro Jahr und damit 26,5 Millionen Euro mehr als bislang zur Verfügung stehen. Damit steigt der Finanzanteil für den kommunalen Radwegebau automatisch weiter.
Dass weitere Investitionen in die Infrastruktur für Fahrräder nötig und von den Bürgern auch gewollt sind, das kann ich bei meiner Arbeit in meinem Wahlkreis beobachten. Vor einigen Monaten habe ich an einer Veranstaltung mit mehr als 600 Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern teilgenommen. Organisiert wurde dieses Event von zwei Bürgerinitiativen, die tatkräftig und auch mit der Einwerbung von finanziellen Mitteln ihren eigenen Beitrag leisten, um ihren Radweg an einer Landesstraße zu ermöglichen. Ein solcher Einsatz ist beeindruckend.
Es ist bürgerschaftliches Engagement, nicht nur zu fordern, sondern aktiv zum Gelingen beizutragen. Uns Politikern würde es gut zu Gesicht stehen, wenn wir Rahmenbedingungen schaffen würden, um solchen Projekten richtig Rückenwind zu geben.
Wer sich tatkräftig für Bürgerradwege einsetzt, muss Unterstützung erfahren - nicht nur in Form dankender Worte. Deshalb werde ich mich in dieser Legislaturperiode dafür einsetzen und dafür werben, dass wir für Bürgerradwege einen besonderen Titel im Haushalt schaffen. Unsere NRWNachbarn praktizieren das seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Wir sehen dieses Engagement auch im Licht begrenzter Planungsmittel, was sich bei den erhöhten DILAU-Mitteln ablesen lässt. Wer bei Planungen hilft, verdient Unterstützung.
Doch auch auf konzeptioneller Ebene machen wir deutliche Fortschritte. Der Entwurf des Fahrradmobilitätskonzeptes liegt der Landesregierung seit Mitte des Jahres vor. Jetzt geht es in die Umsetzung. Ziel muss es sein, auf der einen Seite die einfache Verknüpfung von verschiedenen Verkehrsmitteln mit dem Fahrrad sicherzustellen - natürlich auch mit Ladestationen für E-Bikes an diesen Punkten.
Auf der anderen Seite müssen wir die technologische Entwicklung im Auge haben. Denn mittlerweile ist es auch möglich, mit dem Fahrrad längere Pendelstrecken bequem zu bewältigen. Dass es für solche Strecken in Niedersachsen schon ein erstes Beispiel gibt, ist ein gutes Zeichen. Dass wir weiterhin finanzielle Mittel haben, um dieses Thema fortzusetzen, ist ausgesprochen wichtig.
Zusätzlich zur Verbesserung der Sicherheit für Radfahrer müssen wir neue Ideen und Innovationen rund um den Radverkehr unterstützen. So
sind z. B. mit dem Neubau von Radwegen wegen der Versiegelung von Flächen auch immer entsprechende Kosten für notwendige Ausgleichsmaßnahmen verbunden. Wir sollten es einfach einmal initiieren, auf einigen Strecken geeignete alternative Beläge einzusetzen, die wasserdurchlässig sind und keine Ausgleichsmaßnahmen erfordern sowie die später anstehende Radwegesanierung voraussichtlich noch vereinfachen würden. Das würde zur Sicherheit beitragen - auch vor dem Hintergrund zunehmender Geschwindigkeit der E-Bike-Fahrer, was sicher noch einmal ein gesondertes Thema ist.
Meine Damen und Herren, ich bin der GrünenFraktion dankbar für diese Anfrage. Allerdings interpretiere ich die Antwort der Landesregierung anders als Sie. Dass Sie hier ein Versagen der Radverkehrspolitik der aktuellen Regierung sehen, ist wohl auch Ihrer Oppositionsrolle geschuldet. Der geneigte Leser mag feststellen: Viele der Datensätze beschreiben die Radverkehrspolitik Niedersachsens bis in das Jahr 2017, dem Ende Ihrer Regierungsbeteiligung nach fünf Jahren.
Die Antwort der Landesregierung, die Sie nun in den Händen halten, ist deshalb nicht das schlechte Zeugnis, das Sie der amtierenden Regierung ausstellen möchten. Vielmehr beleuchtet diese Anfrage das Erbe, das Sie uns hinterließen. Denn bei allen Forderungen nach noch viel größeren Fördertöpfen darf man nicht vergessen: Sie hatten bis vor einem Jahr die Chance, all dies umzusetzen.
Dass in der Radverkehrspolitik noch Luft nach oben ist, bestreite ich nicht. Doch wichtige Schritte sind bereits getan.
Wenn wir es in Zukunft auch noch schaffen, die Kraft und das Engagement der Bürger für ihre Radwege vor Ort zu unterstützen, dann haben wir einen weiteren wichtigen, richtigen Schritt in Richtung eines fahrradfreundlichen Niedersachsens getan.
Ich sehe die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage deshalb als Arbeitsauftrag. Daher ermuntere ich die Kolleginnen und Kollegen der
Grünen: Stellen Sie diese Anfrage in vier Jahren noch einmal! Dann können Sie sehen, wie kraftvolles Regieren gelingt. Denn für die Radfahrerinnen und Radfahrer tritt die niedersächsische Regierung ordentlich in die Pedale. Dann sind in ganz Niedersachsen in einigen Jahren sicher nicht nur Gottlieb Daimler und Carl Benz ein Begriff, sondern auch Karl Drais.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Kurz vor Ultimo hat Herr Schulz-Hendel noch eine Kurzintervention platziert und hat jetzt 90 Sekunden zur Begründung.