Protokoll der Sitzung vom 25.10.2018

Die Positionierung der Messeinrichtung erfolgt daher nach den Vorgaben der Luftqualitätsrichtlinie, die durch die 39. BImSchV in deutsches Recht umgesetzt wurde. In der Anlage der 39. BImSchV sind die Kriterien für die Ortsbestimmung von Stickstoffdioxid-Probeentnahmestellen festgelegt.

Ich will einen Teil daraus nennen, weil das für die weitere Debatte sicherlich wichtig ist. Dort heißt es nämlich: Daten über Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist und Daten zu Werten in anderen Bereichen innerhalb von Gebieten und von Ballungsräumen, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ sind, sind die Grundlage für die Wahl des Ortes von Probenahmestellen. - Also werden sozusagen über die BImSchV die entsprechenden Vorgaben gemacht, die wir für die weitere Umsetzung brauchen.

Die Positionierung jeder Messstation wird dann ausführlich dokumentiert und auch entsprechend bewertet. Sie ist nicht beliebig variabel, um die Vergleichbarkeit der Messergebnisse über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Das ist logisch. Wenn sie ständig versetzt würde, ergäbe sich natürlich kein Effekt.

Das gesamte Lufthygienische Überwachungssystem unterliegt einer hohen Qualitätskontrolle und ist akkreditiert.

Das Bundesverkehrsministerium hat im Rahmen seiner Ressortverantwortung mit einem Validierungsprozess begonnen und den Deutschen Wetterdienst mit der Untersuchung ausgewählter Probeentnahmestellen in Nordrhein-Westfalen beauftragt; das passt zu dem entsprechenden VMKBeschluss.

Der Deutsche Wetterdienst hat in Abstimmung mit den zuständigen Behörden in ausgewählten Städten Nordrhein-Westfalens die Positionierung der Messstationen auf Übereinstimmung mit den Vorgaben der 39. BImSchV überprüft. Mittlerweile wurde die Überprüfung bei allen 49 Verkehrsmessstationen abgeschlossen. Sie erfüllen die rechtlichen Vorgaben. Das ist, glaube ich, ganz wichtig.

Ich begrüße daher ausdrücklich, dass die Überprüfungen in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen sind und dass wir, darauf aufbauend, genau so verfahren können, indem wir die Stationen auswerten und - im Übrigen ähnlich, wie es in NordrheinWestfalen gelaufen ist - von einem Externen prüfen lassen, ob die Bedingungen passen und eingehalten werden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, ganz entscheidend ist die sich aus der Regelung ergebende Frage, wo wir eigentlich was messen und wie signifikant das eigentlich für alle ist. Werfen Sie doch einmal einen Blick auf die Zahl der Messstationen in unserem Land! Bleiben wir bei wenigen Beispielen! Ich will mit der Göttinger Straße in Hannover nur ein Beispiel nennen. Wer sich die Situation dort ansieht, steht vor einem großen Gebäude. Wir messen in unmittelbarer Nähe vor dem großen Gebäude. Die Werte, die wir dort messen, sind signifikant für genau diesen Messbereich. Sie sind nicht für die ganze Straße signifikant. Sie sind, wie die Richtlinie vorschreibt, für einen Abschnitt von 100 m signifikant. Das entspricht ungefähr dem Abschnitt dieser Messstation an der Göttinger Straße.

(Jörg Bode [FDP]: Das stimmt gar nicht! Das steht da gar nicht drin! Mindestens 100 m und nicht maximal 100 m!)

- Das habe ich auch nicht gesagt.

(Jörg Bode [FDP]: Doch!)

- Nein. Ich habe gesagt. Das sind 100 m, und das schreibt die Richtlinie vor. Es können natürlich auch 110 m sein. Übrigens habe ich das Gebäude

nicht nachgemessen. Vielleicht ist es auch 105 m lang. Ich glaube, das hilft jetzt wenig weiter.

Die Botschaft ist dabei - darauf will ich hinaus; vielleicht hören Sie bis zum Ende zu; dann können wir die Diskussion im Rahmen der Fragen noch führen -, dass Sie immer hinterfragen müssen, was wir dort eigentlich messen und welche endgültige Aussage wir daraus ableiten können. Und da hat sich etwas verändert. Früher, als diese Messungen eingeführt wurden, hatte man das Ziel, die Luftqualität deutlich zu steigern. Dann konnte man die Verbesserung beobachten. Heute entwickelt sich aus dieser Frage die Entscheidung, ob es Fahrverbote gibt. Damals, als man vor zehn Jahren die Messstationen aufgestellt hat, war das gar nicht der Ansatz. Das ist ganz entscheidend dabei. Das heißt: Mit dem ermittelten Wert können wir klare Aussagen dazu machen, ob sich die Situation verbessert. Bauchschmerzen haben wir alle, glaube ich, bei der Frage, ob die dort gemessenen Werte eine signifikante Grundlage dafür sind, zu entscheiden, ob es Fahrverbote gibt.

Das hängt, wie ich vorhin schon gesagt habe, von der Messart und der Lage der Station ab. Ich will ein Beispiel nennen. Als Ingenieur fragt man sich natürlich: Wie genau messen wir da eigentlich? Der Wert, den wir dort messen, liegt im Bereich von plus/minus 15 %. Das heißt, der Wert könnte auch 15 % niedriger sein. Er könnte auch höher sein. Eigentlich würde man also sagen: Er muss in diesem Messbereich liegen, und er muss nicht einen festen Wert haben.

Das zeigt, wie schwierig das Ganze ist und warum es absolut richtig ist, zu klären - das ist die richtige Frage, finde ich -, ob es verhältnismäßig ist, aus den absoluten Werten, die wir dort messen, abzuleiten, dass es Fahrverbote geben muss. Das ist, finde ich, der ganz entscheidende Weg.

Darauf will ich kurz eingehen, weil es gestern in Berlin auch die entsprechende Kabinettsentscheidung gegeben hat, die für unser weiteres Vorgehen ganz entscheidend ist. Deswegen würde ich gern einige dieser Punkte nennen, weil Bundesverkehrsministerium und Bundesumweltministerium dort eine gemeinsame Kabinettsvorlage gemacht haben, die - vielleicht kann ich das für uns sagen - genau der Haltung entspricht, die wir in Niedersachsen gemeinsam haben.

Neben vielen Punkten, die ich nur anreißen möchte, ist dort z. B. auch die Vorschrift genannt worden, über Nachrüstungen zur Emissionsreduzierung für Diesel-Pkw der Schadstoffklassen 4 und 5

zu kommen, damit sie den Grenzwert von 270 mg/km einhalten. Das ist vor allem für diejenigen interessant, die tatsächlich Fahrverbote aussprechen würden. Dann würden entsprechende Euro-4- und Euro-5-Fahrzeuge nämlich auch ausgenommen.

Außerdem findet sich dort die Regelung, dass Nachrüstsysteme eine allgemeine Betriebserlaubnis erhalten. Ich will nur daran erinnern, dass ich schon vor anderthalb Jahren gesagt habe: Wenn wir das Ganze vereinfachen wollen, brauchen wir eine allgemeine Betriebserlaubnis, wie wir sie früher auch beim Katalysator hatten. Dann könnte man sehr leicht Nachrüstungen vornehmen, weil nicht für jedes einzelne Fahrzeug eine Einzelabnahme erforderlich wäre. So weit ist die Bundesregierung jetzt glücklicherweise auch. Wir wären sicherlich einen Schritt weiter, wenn das schon vor anderthalb Jahren passiert wäre.

(Zustimmung bei der SPD)

Das Gleiche gilt für die Änderung der Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung, um die Voraussetzungen für den Nachweis dieser Fahrzeuge zu schaffen. Darauf will ich gar nicht näher eingehen.

Ganz entscheidend für uns ist der Punkt, der aus dem Bundesumweltministerium geregelt worden ist. Diesen Punkt will ich schon etwas präziser formulieren, weil das für uns wichtig ist. Noch einmal: Das eine sind die Werte, die wir messen. Das andere ist die Frage, ob es verhältnismäßig ist, diesen einen absoluten Wert für die Entscheidung über Fahrverbote heranzuziehen. An dieser Stelle müssen wir aufpassen, dass wir nicht auf der falschen Seite kämpfen. Sie kämpfen dafür, den Sensor etwas höher zu hängen. Ich werbe dafür, zu sagen: Lasst uns einmal interpretieren, welche Bedeutung dieser Wert, den wir messen, in der Frage der Verhältnismäßigkeit hat! - Im Ziel sind wir also vielleicht einig, aber im Vorgehen etwas unterschiedlich unterwegs.

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass Verkehrsbeschränkungen zulässig sind. Daraus abgeleitet ist jetzt die Entscheidung: Das Bundesumweltministerium wird durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ermöglichen: Beschränkungen oder Verbote für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor sollen wegen Überschreitung des Emissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur in Gebieten in Betracht kommen, in denen der Wert von 50 µg Stickoxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist.

Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6 werden dann von Verkehrsbeschränkungen ausgenommen. - Da geht es noch ein bisschen im Detail weiter.

Das heißt - das wollte ich mit den Eingangsworten, bevor ich gleich auf Ihre Fragen eingehe, zum Ausdruck bringen -: Die Debatte über die Messpunkte können wir lange führen. Wir haben Messwerte. In Niedersachsen haben wir aber eine Tendenz, die zeigt, dass es deutlich besser wird und dass wir an keiner Stelle Gefahr laufen, die 50 µg zu überschreiten. Ich habe gesagt, dass wir uns die Werte sehr genau anschauen müssen. Sie sind alleine von der Messtoleranz her mit Fehlern von plus/minus 15 % behaftet. Außerdem gilt das, was Sie zu Recht anmahnen: Hänge ich den Sensor 1 m höher, habe ich plötzlich einen ganz anderen Wert.

Deswegen appelliere ich sehr dafür, die Verhältnismäßigkeit als Maßstab der Entscheidung zu nehmen und nicht einen absoluten Wert, obwohl damals bei der Aufstellung der Messsysteme gar nicht das Ziel war, anhand dieses Wertes zu entscheiden, ob man irgendwann einmal Fahrverbote aussprechen muss. Vielmehr hatte die Aufstellung der Sensoren das Ziel, die Luftqualität zu verbessern. Im Übrigen ist das in den letzten Jahren auch gelungen. Das können wir nachweisen. Beides muss man unterscheiden. Deswegen ist die Verhältnismäßigkeit wichtig. Daher müssen wir auch darauf abzielen.

Ich komme zur Beantwortung Ihrer Fragen.

Zu Frage 1: Vom Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim ist bisher eine interne Überprüfung der Dokumentation der Ortswahl gemäß der 39. BImSchV durchgeführt worden. Die Abstände und Messhöhen für verkehrsnahe Probeentnahmestellen wurden in diesem Jahr ebenfalls überprüft. Als Ergebnis dieser internen Überprüfung wurden keine Fehler bei der Aufstellung der Messstationen festgestellt. Auf Deutsch: Sie befinden sich alle in dem zulässigen Rahmen, in dem wir messen dürfen. Das war, glaube ich, aber auch die Erwartung.

Ein entsprechender Sonderbericht des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim liegt im Entwurf vor. Es soll aber in jedem Fall noch eine weitere Überprüfung durch externe Stellen erfolgen, wie ich vorhin schon gesagt habe. Das würde dann in dem System ablaufen, wie es schon von den NordrheinWestfalen genutzt worden ist. Jetzt muss man dazusagen: Das musste man abwarten - der Bericht der Nordrhein-Westfalen liegt seit einer Wo

che vor -, damit wir sehen, ob dieses Vorgehen Sinn macht und übertragbar ist.

Zu unterstreichen ist, dass man natürlich prüfen kann, ob es alternative Standorte gibt, die die BImSchV zulässt. Es ist, glaube ich, schwer zu begründen, heute eine Messstation zu versetzen.

Als zweiten Punkt muss man definieren, ob wir innerhalb des Messbereichs sind. Das sind wir. Wir messen also an der richtigen Stelle. Wir übernehmen auch die Regelung der BImSchV, die lautet, dass man an dem Punkt messen muss, an dem die stärkste Immission vorliegt. Es wäre auch merkwürdig, wenn eine Immissionsschutzverordnung vorschreiben würde, an dem Punkt mit der geringsten Immission zu messen. Das wäre wirklich keine Erwartungshaltung.

Insofern ist alles das, was wir gemacht haben, fachlich richtig, glaube ich. Die Frage ist nur - noch einmal -, was ich mit den Werten, die ich dort messe, dann mache, also wie ich sie interpretiere und wie ich sie nutze.

Zu Frage 2: Alle 16 verkehrsnahen Luftqualitätsmessstellen messen Stickstoffdioxid mit ihrem Messeinlass in einem Abstand, der geringer als 9,50 m vom Fahrbahnrand ist und unterhalb einer Einlasshöhe von 3,50 m zur Geländeoberkante bzw. Fahrbahnoberfläche. Das ist aber auch die Vorgabe, die in der BImSchV vorgesehen ist.

Zu Frage 3: Hinsichtlich der Darstellung der Gesamtergebnisse verweise ich auf die Homepage des MU und die dort befindlichen Daten des Lufthygienischen Überwachungssystems Niedersachsen. Die heutige Beurteilung erfolgt auf Basis des Monatsberichts September 2018, also fast aktuell. Den entsprechenden Auszug und die Gesamtdarstellung geben wir natürlich auch zu Protokoll.

Die jetzige Bewertung beziehe ich nur auf die belasteten Straßenabschnitte in Hannover, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück; denn das ist ja Teil der Diskussion, die wir im Kern haben. Die Werte an den verkehrsnahen Probeentnahmestellen haben sich wie folgt entwickelt: Zunächst einmal ist die klare Tendenz, dass die Werte deutlich zurückgehen. Ich beziehe mich hier auf den gleitenden Zwölf-Monats-Mittelwert. Zwar könnte ich auch immer noch den gewichteten Mittelwert nennen. Aber für irgendetwas muss man sich entscheiden. Ich nehme jetzt diesen Wert.

Das bedeutet:

Hannover, Göttinger Straße: 2017 sind es 44 µg gewesen. Jetzt sind wir bei 42 µg.

Hannover, Bornumer Straße: 2017 sind wir bei 43 µg gewesen. Wir liegen jetzt bei 42,6 µg, also gerundet immer noch bei 43 µg.

Hannover, Friedrich-Ebert-Straße: von 48 µg in 2017 gesunken auf 46 µg.

Hannover, Marienstraße: von 48 µg in 2017 gesunken auf 44 µg.

Hannover, Vahrenwalder Straße: 2017 wurden 41 µg gemessen. Jetzt ist der Wert auf 37 µg gesunken.

Hildesheim, Schuhstraße: 2017 wurden 42 µg gemessen. Jetzt sind es 39 µg.

Oldenburg, Heiligengeistwall - da kommen wir sicherlich noch zur Lage der Messstation -: 2017 waren wir bei 49 µg. Dort ist es ungefähr gleichbleibend. Wir liegen jetzt bei 48 µg, also etwas unter dem Wert, den wir 2017 hatten.

Osnabrück, Schlosswall: 2017 waren es 44 µg. 2018 ist der Wert auf 42 µg gesunken.

Osnabrück, Neuer Graben: 46 µg in 2017. Der Zwölf-Monats-Mittelwert zeigt in diesem Moment wieder die gleiche Größenordnung, also 46 µg.

Im Kern sehen wir also, dass wir an den allermeisten Stellen ein intensives Absenken haben. Das ist erst einmal ein gutes Signal. Es hat sicherlich viel mit der Flottenveränderung zu tun. Es hat aber auch viel mit Maßnahmen zu tun, die in den Städten eingeleitet worden sind.

Lassen Sie mich abschließend in der Vorbemerkung sagen: Darüber, ob das, was wir machen, am Ende immer klug ist, können wir gern an anderer Stelle noch einmal streiten. Denn es passiert Folgendes: Wir erreichen geringere Stickstoffdioxidwerte, weil die vorigen Dieselfahrzeuge in starkem Maße aus dem Markt genommen worden sind und durch Benziner ersetzt werden. Dann muss man aber auch die Frage beantworten: Was bedeutet das eigentlich für den Klimaschutz? Was bedeuten die CO2-Emissionen? Denn die Folge dessen ist, dass die CO2-Emissionen der Fahrzeuge höher sind, als sie bei den Dieselfahrzeugen gewesen wären.

Mein Appell ist: Lassen Sie uns diese Diskussion endlich so führen, dass man nicht mit dem Diesel eine Technologie verteufelt, die dazu beitragen

kann, beides zu erreichen! Das zeigen die neuen Technologien auch. Lassen Sie uns vielmehr dafür sorgen, dass eine vernünftige, versachlichte Diskussion geführt wird! Ich glaube, dass die Debatte hier dazu beitragen kann. Ein Beitrag dazu wäre aber sicherlich auch, dass sich die Automobilhersteller auch zu den Dieselfahrzeugen bekennen, die schon auf der Straße sind, und nicht nur zu denen, die sie morgen verkaufen können.