Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen uns auf dieser Anstrengung nicht ausruhen, und unsere Anstrengungen dürfen sich nicht ausschließlich auf die niedersächsischen Nordseegebiete beschränken. Deshalb begrüßen wir die von der Landesregierung angekündigte Fortsetzung des Runden Tisches gegen Meeresmüll; Herr Lies hat gerade dazu Stellung genommen. Ziel dieses Formates ist primär die Koordinierung nationaler Maßnahmen gegen Meeresmüll in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt. Die Stärke des Runden Tisches gegen Meeresmüll liegt in seiner Funktion als Netzwerk mit Verbindungen zu weiteren Interessenvertretungen. Diese Vernetzung von Expertenwissen und Kompetenzen im Rahmen des Runden Tisches soll u. a. zu Fortschritten in den Bereichen „Reduktion der Einträge von Kunststoffmüll“, „müllbezogene Maßnahmen zu Fischereigeräten“ sowie „Reduzierung des bereits im Meer vorhandenen Mülls“ führen.

Meine Damen und Herren, zusätzlich gilt es, die Bestrebungen der Europäischen Union, die Umweltbelastung durch Verpackungsabfälle aus Kunststoffen zu reduzieren, zu unterstützen und besonders auf eine konsequente Umsetzung in

den Mitgliedstaaten hinzuwirken. Nur so kann es gelingen, einen europaweit einheitlichen Rahmen zu setzen, der dem Verursacherprinzip gerecht wird. Dieses Verursacherprinzip greift auch das zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft tretende Verpackungsgesetz auf Bundesebene auf; auch dazu hat Herr Lies schon einiges gesagt. Hersteller, die gut recycelbare Verpackungen in den Umlauf bringen oder recyceltes Plastik verwenden, werden in Zukunft weniger Gebühren zahlen, Lizenzen für nicht recycelbare Verpackungen werden hingegen teurer. Nachhaltigkeit wird sich an diesem Punkt also auch wirtschaftlich auszahlen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Uwe Santjer [SPD]: Sehr gut!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir teilen die Auffassung der Landesregierung, dass besonders im Bereich des Mikroplastiks Handlungsbedarf besteht. Dieses gelangt u. a. durch das Waschen synthetischer Kleidungsstücke, Kosmetika - auch das ist von Frau Byl angesprochen worden - und durch den Abrieb von Autoreifen ins Abwasser und schließlich in unsere Meere. Bei den in Deutschland häufig konsumierten Nord- und Ostseefischarten Dorsch, Makrele und Flunder konnte bei Untersuchungen Mikroplastik gefunden werden. Am stärksten betroffen ist die Makrele. Hier wurde bei knapp 18 % der kontrollierten Tiere Mikroplastik nachgewiesen. Auch die Nordseegarnelen sind von der Belastung durch Mikroplastik betroffen, das überwiegend aus Kunststofffasern bestand. Solche Fasern befanden sich in 63 % aller untersuchten Garnelen.

Meine Damen und Herren, die Auswirkungen von Mikroplastik, aber auch des bisher wenig thematisierten Nanoplastiks auf die menschliche Gesundheit sind bisher wenig erforscht. Dies muss sich schnellstmöglich ändern. Ich möchte deshalb auch die Forderung nach festen Grenzwerten für Plastikmüll aufgreifen. Auch dafür gilt es allerdings - auch das hat Herr Lies bereits gesagt -, die nötige Grundlage zu schaffen. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist nämlich die Standardisierung und Harmonisierung von Analyseverfahren, um die Vergleichbarkeit von erhobenen Daten zur Grenzwertsetzung zu gewährleisten. Darauf aufbauend, können anschließend Grenzwerte erarbeitet und Reduktionsziele überwacht werden.

Meine Damen und Herren, das Land Niedersachsen fördert bereits jetzt eine Vielzahl von Projekten im Bereich der Meeres- und Küstenforschung und baut diese gezielt aus. Mit der Ausschreibung

„Küsten- und Meeresforschung in Niedersachsen“ werden seit 2016 sechs große Forschungsverbünde mit insgesamt 8 Millionen Euro gefördert, die einrichtungsübergreifend und interdisziplinär unterschiedlichste Aspekte der Meeres- und Küstenforschung adressieren. Zudem hat sich das Land mit rund 7 Millionen Euro am Tiefseeforschungsschiff „Sonne“ beteiligt, das 2014 in Dienst gestellt wurde. Trotzdem gibt es Bereiche, in denen bestehende Forschungslücken dringend geschlossen werden müssen. Einer dieser Bereiche betrifft die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Bodenfauna; das möchte ich nur kurz einwerfen.

Meine Damen und Herren, abschließend bleibt Folgendes festzuhalten: Wir wollen der stetigen Zunahme des Plastikmülls ein Ende setzen, für eine Trendwende im Umgang mit Plastikmüll sorgen und damit gegen die negativen Folgen für unsere Ökosysteme vorgehen. Dazu müssen bestehende Maßnahmen wie die Initiative „Fishing for Litter“ zur Reduzierung von Plastikmüll und dessen negativen Folgen weiterhin konsequent verfolgt werden.

Meine Damen und Herren, wir müssen nach dem Verursacherprinzip vorgehen. Wir gehen davon aus, dass die Anreizsysteme für die Industrie - wie im Verpackungsgesetz geregelt - zu einer signifikanten Reduzierung des Plastikmülls führen werden. Ob die Einrichtung eines Meeresmüllfonds ein zusätzliches, sinnvolles Instrument auf Borkum oder anderswo sein kann, Frau Byl, sollten wir im Umweltausschuss diskutieren.

Schlussendlich gilt es aber besonders, Verbraucherinnen und Verbraucher für die ökologischen Folgen von Plastik und insbesondere Mikroplastik zu sensibilisieren und ein gesamtgesellschaftliches Umdenken zu erreichen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Pott. - Jetzt rufe ich für die Fraktion der FDP Herrn Horst Kortlang auf. Herr Kollege, bitte sehr!

Herr Präsident! Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen meine Herren! Der Titel der Großen Anfrage verheißt ein neues Zeitalter: das Nichtplastikzeitalter. In der langen

Frageliste - es sind immerhin 162 Fragen; das ist also gut ausgearbeitet - findet sich aber keine, die konkret nach diesem Nichtplastikzeitalter fragt. Gut, es gibt Fragen, die in einzelnen Bereichen eine deutliche Minderung oder auch eine Nichtplastikalternative thematisieren und fordern, aber an dieser Stelle geht man eigentlich nicht weiter als die Vorschläge, die die EU schon erarbeitet hat. Dennoch bedanke ich mich außerordentlich dafür, dass diese Fragen gestellt worden sind.

Ich möchte nun nicht auf die einzelnen Daten, die meine Vorredner schon dargestellt haben, eingehen. Zwar komme ich aus einer Grünlandregion, trotzdem möchte ich mich hier nicht als Wiederkäuer betätigen, der das langatmig ausführt.

(Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

- Ja, dadurch sparen wir Zeit.

Wir werden später noch den Antrag der Regierungsfraktionen „Wegwerfprodukte aus Plastik reduzieren - Land und Meer schützen“ behandeln, der vermutlich schon eine Folge Ihrer Anfrage mit ihren 162 Einzelfragen darstellt. Das ist ja schon ein Punkt für Sie; sie hat also schon etwas gebracht.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Unter den 162 Fragen gibt es keine, die sich damit befasst, warum es so viele Plastikprodukte gibt und warum so viele davon als Produkt zur nur einmaligen Verwendung hergestellt sind. Das wurde schon von meinem Vorredner angesprochen. Dies wären weitere Fragen gewesen, auf die Antworten hätten eingefordert werden sollen. Auch sie hätten Lösungsansätze gebracht.

Jetzt wird offensichtlich an den Symptomen herumgedoktert; das werden wir alle tun. Um zu einer Lösung zu kommen, müsste man eigentlich anders vorgehen.

Warum, meine Damen und Herren, werden in so vielen Bereichen Kunststoffe eingesetzt? - Die Frage lässt sich leicht beantworten: Sie sind sehr verschleißfest, leicht, äußerst kostengünstig, schnelltrocknend, beständig gegen viele Chemikalien und haben angeblich einen kleineren CO2Fußabdruck. Dies sind einige Eigenschaften, die ich Ihnen für viele Anwendungsfelder darstellen könnte. Auf der Grundlage dieser Maßstäbe wurden auch Naturprodukte verdrängt.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Frau Byl, Sie haben die Fangnetze und Taue schon angesprochen. Früher wurden sie aus Hanf hergestellt, und Kork diente als Schwimmer. Derart hergestellte Produkte waren aber zu teuer, und die aus Plastik produzierten Gegenstände sind eingeführt worden; das haben wir alle geduldet.

Gleiches Gebiet: Ich komme aus einer ländlichen Region, und die meisten hier im Plenarsaal können sich bestimmt noch daran erinnern, wie es gewesen ist, als man mit ein paar Behältnissen zum Kaufmann gegangen ist. Dort konnte man damit die Milch holen, darin konnte man sich die Fleischwaren verpacken lassen. Das waren Kaufmannsläden. Aber es musste auch für die Lebensmittelsicherheit gesorgt werden, und so wurden solche Abgabeformen eingestellt. In der Entwicklung wurde alles größer. All diese Sachen haben dazu beigetragen, dass die Kunststoffprodukte in den Alltag einfließen und ihre heutige Verbreitung erlangen konnten.

Aber denken wir auch an die Bekleidungsindustrie: alles Kunststoff! Ich trage Schuhe mit Ledersohle. Andere tragen auch Kunststoffschuhe, aber man könnte sie auch aus Leder herstellen.

Uns stehen also viele Ansätze zur Verfügung, durch deren Nutzung wir uns an der Vermeidung von Kunststoffen beteiligen können.

(Beifall bei der FDP)

Sie sehen anhand meiner Ausführungen, dass wir bei Ihnen sind. Ich habe das nur anhand einiger Beispiele erläutert. Wir sind auf einem guten Weg und werden konstruktiv mitarbeiten,

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

wobei wir diese 162 Fragen als Leitfaden nehmen, damit wir noch viel bewerkstelligen.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kortlang. - Jetzt folgt die AfD. Herr Kollege Wirtz, bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hierzu „liegt keine ausreichende Datengrundlage vor.“ - Das ist nicht von mir, das

ist auch nicht die Überschrift, aber das ist ein Satz, den wir in den Antworten sehr oft lesen mussten, leider viel zu oft. Bei allem Frageeifer, den die Grünen mit über 160 Fragen an den Tag gelegt haben, und bei allem äußerst lobenswerten Antworteifer der Landesregierung bleiben leider viele Fragen offen - zu viele, um sich hierbei eindeutig festlegen zu können, außer darauf, dass wir sehr viel mehr Informationen brauchen und dass die Lage unklar ist.

Die Grünen haben in einem Beispiel erwähnt, dass die Funde an der Nordseeküste offensichtlich von der französischen Atlantikküste stammen. Dort waren sie offensichtlich ins Wasser geraten. Sie wurden dann durch den Ärmelkanal an unsere Küsten gespült. Es handelt sich also nicht um ein regional oder länderweise lösbares Problem, sondern es handelt sich um ein globales Problem.

Neben- und Binnengewässer stellen, was Wasserflächen angeht, praktisch unser Hoheitsgebiet dar. Das ist der Bereich, in dem wir als Gesetzgeber viel ausrichten können. Aber eine globale Lösung ist dringend notwendig.

Die Unklarheiten und die Ungewissheiten sind sehr umfassend. Wir wissen nicht genau, wie groß das Problem ist, in welchem Ausmaß sich Plastikmüll in den Meeren und an den Küsten befindet. Wir haben von Stichproben gehört, mit denen Stückzahlen und Gewicht ermittelt worden sind. Wir wissen nicht genau, was Mikroplastik in den Organismen und in der Nahrungskette anrichtet. Wir haben also noch viel vor uns, was geklärt werden muss. Wir müssen diese Ungewissheiten aus der Welt schaffen.

(Vizepräsidentin Meta Janssen- Kucz übernimmt den Vorsitz)

Es gibt bisher keine Grenzwerte für den Mikroplastikgehalt in Wasser, Trinkwasser, Abwasser, Oberflächengewässern und Meeren. Das muss sich ändern! Dazu sind die Fragen und die Antworten im Rahmen dieser Großen Anfrage sicherlich hilfreich. Das ist ein Weg, den wir einschlagen müssen.

Wir müssen aber auch sehen, dass nicht alles - sehr vieles, aber nicht alles - kategorisch durch Verbote geregelt werden kann. Müllvermeidung ist eindeutig wichtiger als Müllreduzierung und Müllbeseitigung. Wir müssen vermeiden, dass Plastikmüll überhaupt erst entsteht. Wir dürfen, wie es vorhin im Beispiel angeführt wurde, unnötige Verpackungen gar nicht erst zulassen. Wir müssen

verhindern, dass diese Verpackungen verwendet werden. Wenn z. B. das Buch, das sich um das Sommerfest 2018 dreht, extra in Plastik eingeschweißt wird, dann sollte man sicherlich über die Vermeidung dieses Mülls nachdenken. Gleiches gilt für die Trinkwasserspender - sie sind hier schon erwähnt worden -, an denen wir uns in den Redepausen immer wieder erfrischen. Dort türmen sich schon zum Mittag sagenhaft viele Becher im Plastikmüll, und zwar unwiederbringlich; denn das sind Einwegbecher. Sicherlich könnte man hier im Landtag auf ökologisch etwas sinnvollere Lösungen umsteigen. Vielleicht sollte man aber auch das niedersächsische Sommerfest in Berlin - ich habe es erlebt - abschaffen; das war nicht so der Gewinn. An der Stelle könnte man sicherlich noch viel mehr Geld sparen.

(Beifall bei der AfD)

Mikroplastik hat in Kosmetika nichts zu suchen.

Wir sprechen hier jetzt über eine Anfrage, nicht aber über einen Antrag. Entsprechende Anträge gab es schon, und zwar von den Grünen auf der Bundesebene und sogar auch hier im Land von der CDU im Jahr 2015. Man sollte sich dann natürlich auch fragen, warum aus den Anträgen und den vielen Thematisierungen, die Sie hier schon vorher erlebt haben - wir ja noch nicht -, nichts geworden ist.

Auf dieser Ebene sind Ihnen Verbote offensichtlich nicht möglich gewesen. Sie hätten da wirklich tiefer gehen müssen, um diese Anträge letztendlich zum Erfolg zu führen. Man muss in diesem Zusammenhang tadeln, dass hier Verfahren ewig dauern, dass Themen sehr lange besprochen werden. Das ist eine Arbeitsweise, an die wir als neue Fraktion im Landtag uns erst noch gewöhnen müssen. Besonders schnell geht es offensichtlich nicht voran.

Eines sollten wir allerdings vermeiden - das klang eben bei den Ausführungen des Ministers an -: Wir sollten nicht alles auf die Verbraucher abwälzen. Sicherlich ist es richtig: Zum Teil kann man nicht anders, als Verpackungsmüll mit einzukaufen; Müll in der Form kann man dann nicht verhindern. Die meisten Verbraucher - zumindest hier in Deutschland - sind aber schon so sinnorientiert, sage ich mal, dass sie Müll nicht einfach in die Landschaft entsorgen. Wir sind da sehr fleißig: Müll wird eingesammelt, ordnungsgemäß entsorgt, recycelt.

Ein Hauptproblem, das wir in unserer Landschaft aber auch sehen, ist, dass es einige nie lernen werden. Einige nutzen die ausreichend bereitste