Liebe Kolleginnen und Kollegen, die frühkindliche Bildung ist ein Ort, an dem die Kinder ihr Recht auf Schutz und Fürsorge einfordern können. Dafür braucht es sensible und aufmerksame Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Ich gehe sogar so weit, dass Kinder auch das Recht auf eine ausgeschlafene Lern- und Entwicklungsbegleiterin haben, eine, die nicht nach Feierabend einen Zweitjob braucht und nicht vor Sorge nicht in den Schlaf kommt, weil die befristeten Verträge ihr privates Umfeld belasten und damit die Aufmerksamkeit für die Kinder vernebelt.
Die Kolleginnen und Kollegen an der Basis sind Modell und Vorbild zugleich. Deshalb ist es richtig, dass wir seit Jahren mit ihnen im Gespräch sind. Auf den vielen Veranstaltungen - ich habe selber in den letzten sechs Jahren, ich meine, knapp über 100 Veranstaltungen besucht und mit ihnen gemeinsam gestaltet - hörte man immer die klare Botschaft: Wir brauchen als Erstes Entlastung für die Krippe.
Deshalb war es wichtig und richtig - wenn Frau Julia-Willie Hamburg, die ich im Übrigen sehr, sehr schätze, sagt, dass seit den 90er-Jahren nichts mehr passiert sei, muss ich dem einfach eine Absage erteilen, weil wir neben der Sprachförderung und neben der Beitragsfreiheit auch qualitativ 60 Millionen Euro für besondere Einrichtungen bereitstellen -, diesen Betreuungsschlüssel in der Krippe - das haben wir gemeinsam auf den Weg gebracht - so zu verändern, dass wir heute nicht mehr bei 15 Kindern und zwei Mitarbeitern sind, sondern bei 11 bis 15 Kindern und drei Mitarbeitern angekommen sind. Ich finde, das kann sich sehen lassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kita ist ein Ort der Lebensfreude und der Entwicklung. Fröhlich und offen lässt es sich besser lernen. Die ersten Lebensjahre sind das Fundament des Lebens. In
ihnen werden Anlagen und Vernetzungen innerhalb des Gehirns gelegt, die wir dringend brauchen, für heute, für morgen und weit darüber hinaus. Wir wissen auch, dass Kinder nicht isoliert betrachtet werden dürfen, deshalb werden Kitas auch immer mehr Orte für Familien. Es wurde richtig gesagt, dass die Anforderungen an die Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen sehr groß und vielfältig geworden sind. Sie nehmen viele Fortbildungen an und nehmen diese wahr und fühlen sich auch immer für die Belange und die Dinge, die die Kinder betreffen, verantwortlich.
Ich will von dieser Stelle allen Kolleginnen und Kollegen in den Kindertageseinrichtungen ein herzliches Dankeschön für ihren Einsatz und ihr Engagement, sich stets weiterzubilden und dabei nicht müde zu werden, aussprechen. Dass wir Ihnen viel abverlangen, gestehe ich gern zu, aber wir sind ihnen in Niedersachsen sehr dankbar für das, was sie jeden Tag für uns und für unsere Kinder leisten.
Auf die Fragen an die Mitarbeitenden werden neben der Verbesserung in der Krippe, neben der Sprachförderung und neben der Hilfe für Einrichtungen mit vielen Kindern mit Migrationshintergrund immer drei weitere Positionen zurückgespiegelt.
Das eine ist: „Befreit uns endlich von diesen Dokumentationspflichten, und gebt uns mehr Vorbereitungszeit! Wir schaffen das in der Gruppe nicht mehr so, wie wir es gerne hätten.“ Das Zweite ist: „Ich bin Leiterin bzw. Leiter einer Einrichtung, und ich kann meinen Job gar nicht mehr so machen, wie ich es gern täte, weil ich zu wenig Leitungsfreistellung habe.“ Und am häufigsten wird gesagt: „Gebt uns einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel, weil wir gern mehr Zeit für die Kinder hätten.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag von SPD und CDU sieht genau diese Punkte vor. Eigentlich ist klar und deutlich, was wir hier wollen. Zum einen haben wir es mithilfe des Gute-KiTaGesetzes geschafft, kein Kind vor der Tür zu lassen, zum anderen werden wir es schaffen, jedem Kind in Niedersachsen einen Platz zu geben, zum Dritten werden wir die Qualität in unseren Einrichtungen noch mehr steigern, und das schaffen wir mit den von mir eben skizzierten Maßnahmen.
Daher ist die Sorge, dass die Fraktionen von SPD und CDU dies ablehnen, wie sie gerade eben meine Vorrednerin geäußert hat, unberechtigt. Wir
machen heute den Weg frei. Wir bringen etwas auf den Weg. Wir bringen frühkindliche Bildung auch qualitativ voran. Ich finde, darauf können wir alle stolz sein.
Vielen Dank, Herr Kollege Santjer. - Nächster Redner ist für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Harm Rykena. Bitte sehr, Herr Rykena!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend über fünf Anträge aus dem Bereich der Kitas. Der Vorlauf war schon bemerkenswert. Der erste dieser Anträge wurde vor deutlich mehr als einem Jahr hier eingebracht, und auch die weiteren Anträge befanden sich sehr lange im Beratungsprozess. Dabei hielt sich jedoch die Beratung im Ausschuss in Grenzen. Wie kann das sein? Ein Großteil der Beratungen fand offensichtlich in einem Parallelausschuss statt, in dem sich die vier Parteien der GaGroKo trafen und versuchten, ein gemeinsames Vorgehen zu orchestrieren - offensichtlich ohne Erfolg. Die Verärgerung darüber war in der vorletzten Sitzung des Kultusausschusses deutlich zu spüren.
Nun gut, es geht also um Kitas. Neudeutsch heißt dieser Bereich nun „frühkindliche Bildung“. Dies soll allerdings verschleiern, dass es allenfalls zum Teil um Bildung geht. Tatsächlich muss man bei Kindern von null bis drei Jahren eher von Betreuung und teilweise sogar von Pflege sprechen. Oder würden Sie Windelnwechseln als Bildung bezeichnen? Zum anderen geht es im Bereich der Kitas nicht unerheblich um Erziehung. Dies ist zunächst nicht schlimm, es verwundert aber, dass niemand deutlich darüber spricht. So bleibt ein schaler Beigeschmack.
Beim Ausbau der Kindertageseinrichtungen, der Kitas, geht es vordergründig immer um menschenfreundliche Ansätze, um Hilfe für berufstätige Mütter, um Frauen und Familien, denen die Selbstverwirklichung - damit ist in der Regel nur die berufliche gemeint - ermöglicht werden müsse. Im zweiten Schritt kommt nun Bildung hinzu. Kinder sollen lernen, insbesondere die Sprache. Beides hört sich
Ein wenig versalzen muss ich Ihnen die scheinbar wohlschmeckende Suppe aber dann doch. Wenn man sich meine Ausführungen zur Erziehung genauer anhört und einmal über sie nachdenkt, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass es neben diesem wohlmeinenden Ansinnen noch um etwas anderes geht, nämlich um die Hoheit über die Kinderbetten. Eltern sollen gar keine Bindung mehr zu ihren Kindern aufbauen.
Eltern sollen ihre Kinder möglichst früh und möglichst lange in staatliche Obhut geben. Dort können sie dann geformt werden. Aber nach wessen Vorstellungen eigentlich?
Im Grundgesetz heißt es in Artikel 6 Abs. 2: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. - In der heutigen Gesellschaft ist dies aber kaum noch möglich, setzt es doch voraus, dass man sich sein Leben mit den Kindern einrichten kann, dass man die Wahlfreiheit hat, ob man sein Kleinkind weggeben möchte oder ob man ihm in den ersten Jahren lieber die Sicherheit einer engen Bezugsperson bieten möchte. Um diese Wahlfreiheit kümmert sich keiner der hier zu beratenden Anträge. Das halten wir für einen großen Mangel.
Alle Anstrengungen richten sich allein auf den Ausbau der Kindertagesstätten, doch dieser Ausbau funktioniert nicht. Es fehlen Kapazitäten. Es fehlt an Geld, es fehlt an Einrichtungen, und vor allem fehlt es an Erzieherinnen.
Es sind einfach nicht genügend ausgebildete Fachkräfte auf dem Markt. So bleibt es, wie eben die Kollegen auch schon gesagt haben, bei einem schlechten Erzieher-Kind-Schlüssel. Dieser ist nach den Maßstäben der von der Forschung ermittelten Vorgaben unzureichend, und an ein so intensives Verhältnis, wie es zu Hause zwischen dem Kind und einem Elternteil gegeben wäre, kommt er schon gar nicht heran und wird er auch zukünftig nicht herankommen.
Einige Anträge beschäftigen sich immerhin damit, diesen Mangel abzuschwächen, doch sie gehen in die falsche Richtung. Sie wollen die Ausbildung weiter verschulen, sie wollen damit die Kosten
Auf unsere Anfrage, welche Kosten denn ein KitaPlatz für den Steuerzahler verursacht, konnte die Landesregierung immerhin die ungefähren Kosten für einen Krippenplatz ermitteln. Diese liegen in Niedersachsen derzeit bei etwa 1 000 Euro monatlich. Auf das Jahr gerechnet, macht das mindestens 12 000 Euro pro Krippenplatz. Vergleichen wir diese Kosten einmal mit unserem Vorschlag eines Landeserziehungsgeldes von, sagen wir, 500 Euro je Kind, dann wäre unser Vorschlag nicht nur ein familienfreundliches, sondern sogar ein sehr preiswertes Modell.
Vergleichen wir dann die Kosten für einen Krippenplatz mit den 6 300 Euro jährliche Ausgaben für ein Kind an einer Grundschule, dann kostet uns der Krippenwahn schon jetzt - bereits jetzt! - ungefähr doppelt so viel wie die Grundschulbildung. Das muss man sich klarmachen.
Dabei gäbe es für eine Linderung der Situation an den Kindertagesstätten einen Lösungsansatz, was die Zahl der Erzieherinnen angeht, der Ihnen, liebe Kollegen von der GaGroKo, von den kommunalen Spitzenverbänden bereits präsentiert wurde. Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt weltweit als vorbildlich und bringt seit vielen Jahrzehnten hervorragende Fachkräfte hervor, um die uns die ganze Welt beneidet. Eine gute Lösung hieße also: duale Berufsausbildung auch für Erzieherinnen. - Die kommunalen Spitzenverbände schlagen dieses Modell vor. Es wäre praxisnäher und damit sogar qualitativ höher einzuschätzen als die bisherige, viel zu lange rein schulische Ausbildung. Es sorgte beim aktuellen Fachkräfteengpass für Abhilfe, und es wäre für das Land kostengünstig, da die Kommunen in diesem Fall sogar die Ausbildungsvergütung übernehmen würden.
Die Vorschläge lagen auf dem Tisch. Niemand von Ihnen hat sie ernsthaft in Erwägung gezogen. Lieber schreiten Sie weiter in Ihrem Akademisierungswahn fort. Das gilt insbesondere für die Grünen.
So können wir nur eine riesengroße Baustelle konstatieren, bei der es viel zu viele Verlierer gibt: die Kitas, die bei weiterhin unzureichendem Personalstand immer neue Aufgaben zu leisten haben, den Landeshaushalt, der mit zig Millionen weiterer laufender Ausgaben im Jahr belastet wird, die
Kommunen, deren Aufgaben noch weiter bis über die erträglichen Grenzen erhöht werden, die Eltern, die eben keine Wahlmöglichkeit bekommen, ob sie ihre Kinder in den ersten Jahren zu Hause selbst erziehen wollen oder ob sie sie weggeben müssen, damit sie arbeiten gehen können, und nicht zuletzt die Kinder, die in diesem Durcheinander großwerden müssen.
Herr Tonne, Sie bringen nicht die frühkindliche Bildung voran. Das Einzige, was Ihre Regierung bildet, ist eine Bildungsruinenlandschaft.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rykena. - Für die SPD-Fraktion hat sich jetzt Kollege Christoph Bratmann gemeldet. Herr Bratmann, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wenn sich Menschen unter völliger Ignoranz von breit gefächerten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Fakten, die seit Jahren vorliegen, ein Weltbild prägen. Das beschränkt sich in diesem Hause aber Gott sei Dank auf die von mir aus rechts außen sitzende Fraktion, wie Herr Rykena gerade sehr deutlich gemacht hat. Denn natürlich sind Kitas, sind auch bereits Krippen Bildungseinrichtungen. Das würde jeder Hirnforscher bestätigen, und das ist in der Literatur ganz breit gefächert nachzulesen. Diese Erkenntnis hat der Rest dieses Hauses, so denke ich, mittlerweile durchaus verinnerlicht.
Das kann man auch daran erkennen - klar! -, dass die Fachkräfte, die Erzieherinnen und Erzieher, die Sozialassistentinnen und Sozialassistenten, sich bereits einiges an Debatten anhören mussten. Wir hatten vor Jahren im Zusammenhang mit der Erkenntnis, dass die Kitas nun einmal Bildungseinrichtungen sind - was auch durch den Bildungs- und Orientierungsplan belegt wird -, die Akademisierungsdebatte geführt. Damals hieß es beispielsweise auch in Fernsehtalkshows: Auf die Arbeit in einer Kita muss man durch ein Studium vorbereitet werden.
rufsausbildung umgestellt werden kann, was zunächst einmal attraktiv klingt: eine kürzere Ausbildungszeit mit Vergütung. Aber es zeigt sich, dass das schwierig ist. Das ist nicht einfach so umzusetzen. Denn wir haben mittlerweile eine qualitativ sehr gute Ausbildung an unseren berufsbildenden Schulen, die im Deutschen Qualifikationsrahmen auf das Niveau 6 eingestuft ist. Das macht das Umstellen auf eine rein duale Ausbildung schwierig. Das Stichwort lautet deshalb eher „Dualisierung“, meine sehr verehrten Damen und Herren. Alle Bundesländer, die die Umstellung auf eine duale Ausbildung anstreben, sind im Übrigen bisher nicht über den Status von Modellvorhaben hinausgekommen.
Wir brauchen aber mehr Fachkräfte, und wir brauchen eine attraktive Ausbildung. Dazu gehört natürlich auch eine Vergütung; denn wer sich in eine vierjährige Ausbildung begibt und keinen Cent Entlohnung erhält, für den ist das natürlich nicht attraktiv. Deswegen ist das eines der ganz wichtigen Ziele, die wir in den regierungstragenden Fraktionen anstreben.
Wir brauchen auch nicht die eine Antwort, die die Kollegin Julia Hamburg eingefordert hat. Wir brauchen vielmehr mehrere Antworten auf unterschiedlichen Ebenen. Die gibt u. a. der NiedersachsenPlan, der bereits im letzten Jahr auf den Weg gebracht wurde, mit ganz wichtigen Schritten, z. B. mit der Ausweitung der Ausbildungskapazitäten, mit der Ermöglichung der Teilzeitausbildung - das bringt den Aspekt des Zuverdiensts mit sich -, mit der Erleichterung des Quereinstiegs, mit der Schulgeldfreiheit und natürlich mit der Vergütung, die in Erarbeitung ist. Denn eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann ich Ihnen sagen: Die Fachkräfte in der Kita waren oft genug Gegenstand wohlklingender Sonntagsreden. Jetzt braucht es Taten, und die werden wir liefern.