Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Frau Bruns. - Es folgt für die CDUKollegin Petra Joumaah. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Skabies, umgangssprachlich - wir haben es jetzt ja schon häufig gehört - auch Krätze genannt, ist eine infektiöse Hautkrankheit. Man muss ihr ganz sicher mit aller Entschiedenheit begegnen. Genau das wird in Niedersachsen auch getan.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Die Erkrankung ist für die betroffenen Patienten sehr unangenehm. Sie leiden unter starkem Juckreiz und müssen sich ständig kratzen, was auf der Haut natürlich Kratzspuren hinterlässt, die man übrigens auch noch sieht, wenn der Patient gar nicht mehr krank ist. Häufig kommt noch eine Pustelbildung dazu.

Ausgelöst - wir haben es eben gehört - wird Skabies durch die sogenannte Krätzmilbe, einen kleinen Parasiten, der nur durch längeren, engeren Hautkontakt übertragen werden kann. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis sechs Wochen.

Die Behandlung verlangt den Betroffenen wirklich viel Geduld ab. Zum einen werden sie medikamentös behandelt. Zum anderen müssen aber - und das ist für die Betroffenen wirklich unangenehm - Bekleidung, Bettwäsche und Handtücher mindestens einmal täglich, manchmal sogar zweimal täglich gewechselt werden. Das ist mit einem großen Zeitaufwand verbunden und verlangt den Betroffenen im allgemeinen Tagesablauf einiges ab - zumal es sich bei Skabies um eine infektiöse Erkrankung handelt, sodass enge Kontaktpersonen eventuell mitbehandelt werden müssen und auch die ganzen Maßnahmen durchführen müssen, von denen ich eben gesprochen habe.

Meine Damen und Herren, Skabies lässt sich nicht - darauf bin ich schon kurz eingegangen - durch einen kurzen Körperkontakt wie z. B. ein einfaches Händeschütteln oder auch eine kurze Umarmung übertragen. Um Skabies zu übertragen, bedarf es eines mindestens 5- bis 15-minütigen Hautkontakts mit einem Betroffenen. Daher ist es übrigens auch nicht verwunderlich, dass insbesondere Familien mit Kleinkindern von Skabies betroffen sind; denn bei ihnen findet ja glücklicherweise noch viel intensiver Hautkontakt statt.

Skabies kann also, wie bereits aufgezeigt, nicht sonderlich leicht übertragen werden und ist in den allermeisten Fällen keine schwere Erkrankung. Ich betone noch einmal, dass sie sehr unangenehm ist und zeitraubende Maßnahmen erfordert. Sie ist aber wirklich nicht bedrohlich. Deshalb ist die Einführung einer Meldepflicht für Skabies aus meiner Sicht absolut nicht notwendig.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zudem tritt das Land Niedersachsen dieser Erkrankung bereits jetzt mit sehr adäquaten Mitteln entgegen, um die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Menschen, die an Skabies erkrankt sind oder unter diesem Verdacht stehen, dürfen in Einrichtungen, in denen sich Säuglinge, Kinder und Jugendliche aufhalten, keine Tätigkeiten in den Bereichen Lehre, Erziehung, Pflege und Aufsicht ausführen. Dazu gilt bereits § 34 des Infektionsschutzgesetzes. Gleiches gilt für die in den Einrichtungen betreuten Säuglinge, Kinder und Jugendlichen. Es gilt, dass die Betroffenen den jeweiligen Einrichtungen fernbleiben müssen, bis ein ärztliches Attest bestätigt, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht.

Tritt Skabies in einer Gemeinschaftseinrichtung für Kinder auf - Frau Bruns hat es schon erwähnt -, ist die Leitung dieser Einrichtung verpflichtet, das örtliche Gesundheitsamt zu informieren, das dann alle nötigen Maßnahmen einleitet. Beispielsweise werden die Eltern und die Erkrankten natürlich in Kenntnis gesetzt und aufgeklärt. Das gleiche Verfahren gilt seit 2017 auch für Justizvollzugsanstalten, Obdachlosenheime, Pflegeheime und weitere Gemeinschaftsunterkünfte. Durch dieses Verfahren werden Betroffene über die Erkrankung aufgeklärt, und der Rest der Bevölkerung wird vor der Erkrankung Skabies geschützt.

Mit den kommunalen Gesundheitsämtern arbeitet das Niedersächsische Landesgesundheitsamt beim Thema Skabies Hand in Hand zusammen. Bei Bedarf können die Gesundheitsämter in Niedersachsen natürlich jederzeit die Hilfe des NLGA in Anspruch nehmen, welches beraten und beim Ausbruchsmanagement unterstützen kann und wird. Bereits im vergangenen Jahr hat es einen sehr engen Austausch zwischen dem NLGA, den niedersächsischen Gesundheitsämtern, verschiedenen Ärzteverbänden und Vertretern von Krankenkassen gegeben.

Zusätzlich wird auf der Website des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes über die Erkrankung Skabies ausführlich informiert. Des Weiteren liegt bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - das ist die für die Bevölkerung zuständige Behörde - ein Erregersteckbrief für Skabies vor. Außerdem gibt es für das Personal in Pflegeeinrichtungen einen sehr ausführlichen Ratgeber des Robert Koch-Instituts.

Meine Damen und Herren, anhand dieser Aufzählung können Sie feststellen, dass es bereits sehr seriöse Informationsquellen zum Thema Skabies gibt.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Niedersachsen ist im Kampf gegen Skabies gut aufgestellt. Die Zusammenarbeit aller Ämter funktioniert. Falls es irgendwo noch einen Verbesserungsbedarf geben sollte, können wir darüber ja im Ausschuss beraten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Joumaah. - Schlussendlich folgt für die Fraktion der SPD Frau Dr. Thela Wernstedt. Frau Abgeordnete, bitte sehr! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt ist schon so viel über diesen unangenehmen Zeitgenossen erzählt worden, dass ich die Gelegenheit ergreifen möchte, ihn einmal persönlich vorzustellen.

(Die Rednerin zeigt ein Bild)

Dies ist Sarcoptes scabiei variatio hominis. - Unangenehm!

Über Verbreitungswege, Symptome bei Befall, Bekämpfung, Aufklärung und Meldepflichten haben wir jetzt schon von allen Kolleginnen und Kollegen alles gehört, was es zu wissen gibt.

Ich möchte noch ein paar Dinge aus epidemiologischer Sicht ergänzen, auch um die Zeitungsberichte, die der Kollege Bothe gelesen hat, in den richtigen Zusammenhang zu rücken.

In Niedersachsen beobachten wir in der Tat eine Zunahme der Zahl der Fälle. Im vorletzten Niedersächsischen Ärzteblatt vom Januar 2019 schreibt eine Mitarbeiterin des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes, dass im ersten Quartal 2010 etwas weniger als 3 300 Fälle mit Diagnosestellung registriert worden sind. Im ersten Quartal 2018, also genau acht Jahre später, war eine Versiebenfachung der Zahl der Fälle auf ungefähr 24 000 zu beobachten. Anhand der bisher zur Verfügung stehenden Daten kann man keine Aussagen zu hauptsächlich betroffenen Personenkreisen und zur regionalen Verteilung machen. Aber das Robert Koch-Institut arbeitet derzeit an einer differenzierten Auswertung der bundesweit vorhandenen Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Die niedersächsischen Daten aus Krankenhäusern, die von 1994 bis 2010 einen stetigen Rückgang und seitdem wieder einen Anstieg zeigen, kann man nicht ohne einen Abgleich mit längeren internationalen Trends interpretieren. Frau Janssen-Kucz hat schon darauf hingewiesen, dass die internationale Fachliteratur Zyklen betreffend die Skabies-Häufigkeit diskutiert, die zwischen 15 und 30 Jahren liegen. Außerdem kann man in der Fachliteratur nachlesen, dass wir es mit sehr starken, kleinräumigen und regionalen Unterschieden zu tun haben. Das wird auch durch die nieder

sächsischen Gesundheitsämter mit einer starken regionalen Variabilität bestätigt. Bisher sehen die damit befassten Gesundheitsämter keine Notwendigkeit, noch mehr Aufwand mit der Sammlung statistischer Daten zu betreiben.

Die Krankheit ist gut bekannt. Frau Joumaah hat das ausführlich ausgeführt. Es gibt umfangreiches, in vielen Sprachen erhältliches Informationsmaterial und eine einfache und rasche Behandlungsmöglichkeit. Für Schulen, Kindergärten, Pflegeheime, Flüchtlingsunterkünfte und sonstige sogenannte Massenunterkünfte gibt es umfangreiche Handlungsanweisungen. Auch davon haben wir schon gehört.

Aus unserer Sicht ist die geforderte landes- und bundesweite Meldepflicht nicht erforderlich. Die geforderten Handreichungen und Informationsmaterialien gibt es längst. Unsere Institutionen und Gesundheitsämter sind gut aufgestellt, um Sarcoptes schnell den Garaus machen zu können und ihn an der Weiterverbreitung zu hindern.

Und zum Schluss: Eine Ansteckung in diesem Hohen Hause ist übrigens sehr unwahrscheinlich, da wir alle zwar während des Plenums lange Stunden miteinander verbringen, aber der Abstand zwischen den Stühlen und zu den vorderen und hinteren Nachbarn erfreulicherweise groß genug ist, sodass Sarcoptes ihn nicht überbrücken kann. Also: Keine Angst!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Wernstedt, auch für den abschließenden Hinweis. Sie sehen, die Bauherren haben an alles gedacht!

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir schließen die Beratung.

Die Ausschussüberweisung soll wie folgt lauten: Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung soll sich mit dem Antrag weiter befassen. Wenn Sie so befinden wollen, bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das war einstimmig.

Wir gehen über zum

Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Bahnverkehr voranbringen, Bürgerbeteiligung gewährleisten, Lärmschutz stärken - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/2901

Einbringen möchte den Antrag aus dem Regierungslager Herr Kollege Heineking von der CDU. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen braucht moderne Schienenwege für die Pendler, für die Hafenhinterlandverkehre, für den Personen- und natürlich auch den Güterverkehr über die wichtigen Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen. Bereits heute stößt das verfügbare Netz an seine Belastungsgrenzen. Nadelöhre, überlastete Knoten und in die Jahre gekommene Gleise stehen für verpasste Investitionen in den vergangenen Jahrzehnten. Sie stehen gleichzeitig für Planungs- und Bauverfahren, deren Länge das erträgliche Maß weit überschritten hat.

Aktuellen Prognosen zufolge wird der Bahnverkehr sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr in den kommenden Jahren weiter spürbar zunehmen. Der Bundesverkehrswegeplan identifiziert zahlreiche Schienenprojekte, die in den kommenden Jahren für eine Entlastung der Verkehrswege sorgen und Kapazitätsengpässe überwinden sollen. Der Wirtschaftsausschuss beschäftigt sich gegenwärtig mit dem Handlungsbedarf im Tarifgebiet des HVV in der Nähe von Hamburg, in Harburg. Die mündliche Anhörung am 15. Februar machte deutlich, dass für die Verkehrsknoten Hamburg-Harburg und Hamburg-Hauptbahnhof naheliegende Lösungen nicht verfügbar sind. Westliche oder östliche Umgehungen sind nur an vereinzelten Stellen vorskizziert worden. Wann für sie eine Prüfung im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans überhaupt erst einmal anlaufen kann, ist völlig unabsehbar. Nur eines ist sicher: Es wird teuer.

Teuer werden auch Infrastrukturprojekte auf der Schiene, die sich bereits in einer fortgeschrittenen Planungsphase befinden. Neben den unvermeidbaren Kostensteigerungen, die geradezu selbstverständlich Großprojekte begleiten, wirkt sich die

starke Baukonjunktur belastend auf die Vorhaben aus. Angesichts voller Auftragsbücher ist der Markt insbesondere im Tiefbau nahezu vollständig leergefegt. Architekten und Ingenieurbüros berichten ebenso von einer hohen Auslastung.

Auf der einen Seite ist dies erfreulich. Nach dem von den Grünen verordneten Tiefschlag hat die Bauwirtschaft die Impulse der neuen Landesregierung sicherlich mit Dankbarkeit zur Kenntnis genommen. Die zusätzlichen Mittel für das GVFG, für den Landesstraßenbauplafond und für die DILAUAnsätze waren überfällig. Wir müssen jedoch darauf achten, dass die Bautätigkeiten nicht durch Überhitzung zum Erliegen kommen.

Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass Großprojekte im Schienenverkehr komplexer geworden sind. Die Anforderungen an den Lärmschutz steigen. Gleiches gilt für Qualität und Quantität der Öffentlichkeitsbeteiligungen. Die Anwohner wollen frühzeitig in die Planungen eingebunden werden. Sie wollen Mitsprache bei der Entwicklung von Trassenalternativen. Sie wollen belastbare Informationen zu Kosten, Lärmschutz, Umweltverträglichkeit und Auswirkungen auf die regionale und überregionale Verkehrsinfrastruktur. Es ist die Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Verwaltung, diesen Anforderungen gebührend Rechnung zu tragen.

Mit dem Dialogforum Schiene Nord wurde in der vergangenen Legislaturperiode ein Modell entwickelt, das Schule machen kann und Schule machen sollte. Die konstruktiven Beratungen des Forums, die im Ergebnis zur Alpha-E-Trasse geführt haben, verdienen es, nachgeahmt zu werden. Entlang der geplanten Trasse Bielefeld–Hannover ist bereits heute große Unruhe festzustellen. Es ist unsere Überzeugung, dass ein länderübergreifendes Dialogforum dazu beitragen kann, Konfliktlinien früh zu identifizieren und langwierige Kämpfe zu vermeiden. Unser Ziel ist es daher, in enger Abstimmung mit dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen einen Fahrplan für ein Dialogverfahren zu entwickeln.

In diesem Zusammenhang begrüßt die CDU ausdrücklich die Impulse der Münsteraner Erklärung vom 13. Februar. Sie schafft die optimale Grundlage dafür, dass wir grenzüberschreitende Verkehrsprojekte künftig noch besser koordinieren und in Berlin gemeinsam für eine zügige Umsetzung werben können.