Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

In diesem Zusammenhang begrüßt die CDU ausdrücklich die Impulse der Münsteraner Erklärung vom 13. Februar. Sie schafft die optimale Grundlage dafür, dass wir grenzüberschreitende Verkehrsprojekte künftig noch besser koordinieren und in Berlin gemeinsam für eine zügige Umsetzung werben können.

(Beifall bei der CDU)

Die wichtige Ost-West-Trasse zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet wird jedoch nicht nur durch das Bahnprojekt Bielefeld–Hannover belastet. Die umfangreichen Sanierungsarbeiten im Hauptbahnhof Hannover werden in den kommenden Jahren ebenfalls zu gravierenden Belastungen für den Personen- und Güterverkehr quer durch Niedersachsen führen. Es ist daher sinnvoll, stärker als bislang verschiedene Verkehrsprojekte aufeinander abzustimmen. So können Umgehungsverkehre besser koordiniert und unnötige lange Streckensperrungen vermieden werden.

Es ist meine Hoffnung, dass im Zuge der Streckensperrung zwischen Hannover und Göttingen zwischen Juni und Dezember dieses Jahres übertragbare Erkenntnisse gesammelt werden können. Es ist meine Erwartung, dass die im vergangenen Jahr vom Landtag auf den Weg gebrachte verbesserte Verkehrskoordination und das Baustellenmanagement begleitend zur Entlastung beitragen können.

Im Zuge der Digitalisierung können unsere Bahnhöfe kundenfreundlicher und übersichtlicher werden. Dies gilt für Wagenstandanzeiger, die nicht nur den genauen Platz der Türen abbilden, sondern auch den aktuellen Auslastungsstand. Und dies gilt für ein besseres Anschlussmanagement, damit bei einer größeren Verspätung nicht erst umständlich nach neuen Verbindungen gesucht werden muss. Wer schon einmal auf der Langstrecke wild zwischen Zügen hin- und hergewechselt ist, um auf Schnellfahrstrecken wenige kostbare Minuten zu gewinnen, wird den Mehrwert schnell erkennen.

Jenseits des vorliegenden Antrags müssen wir beim Planen und Bauen schneller werden. Ich danke unserem Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann für seinen Einsatz auf Bundesebene,

(Dirk Toepffer [CDU]: Ach, der war das!)

damit die Planungsbeschleunigung bald nicht mehr Baustein von Sonntagsreden ist, sondern gefühlte Praxis überall in Niedersachsen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zuruf von Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE])

Eine stärkere Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene ist unser gemeinsames Ziel, Herr Kollege.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Dankesstunde!)

Dies gilt sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr. Damit dies gelingt, müssen Bahnverkehr und Infrastruktur verlässlicher werden. Im Ergebnis hätten wir nicht nur geringere Verkehrsemissionen gerade in städtischen Ballungszentren, sondern auch ausgeruhtere Arbeitnehmer.

Mein Vorschlag ist, dass wir im Verkehrsausschuss diesen Antrag intensiver beraten. Dabei werden wir auch auf Vorschläge eingehen. Ich hoffe, dass wir am Ende zu einer guten Lösung kommen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Heineking. - Ich darf noch einmal um Ruhe und darum bitten, den jeweiligen Redner nicht zu stören. Ansonsten ist jetzt für die Fraktion der AfD der Kollege Stefan Henze dran. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ich freue mich sehr, zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen mit dem nüchternen Titel „Bahnverkehr voranbringen, Bürgerbeteiligung gewährleisten, Lärmschutz stärken“ zu sprechen.

Er klingt harmlos, ist in Wahrheit aber durchaus brisant: Angst und Entsetzen der Regierenden vor erstens großen und aufgrund jahrzehntelanger Verschleppungstaktik nun dringend nötigen Infrastrukturprojekten und zweitens dem Protestpotenzial der betroffenen Mitbürger. Das wird immer deutlicher und wurde gerade von meinem Vorredner nicht bestritten, sondern sogar angesprochen.

Sie fordern damit überdies fast plattitüdenhaft, was in modernen, bürgernahen und in Infrastrukturfragen erfolgreichen Demokratien längst Standard ist: frühzeitige Bürgerinformationen und direkte Beteiligung. Wagen Sie z. B. einmal einen Blick in die Schweiz! Da funktioniert so etwas.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr Ansatz beweist Ihr leider frührepublikanisches Verständnis von Demokratie, wenn Sie - zugegebenermaßen richtigerweise - für die anstehenden Ausbau- und Sanierungsarbeiten der Bahnstrecke Bielefeld– Hannover und im Hauptbahnhof Hannover die Entwicklung eines Bürgerdialoges aller - noch einmal: aller - Beteiligten anregen.

Ein weiterer Punkt Ihres Antrages stimmt mich nachdenklich. Wer ist der zu beteiligende Betroffene? Darüber sollten wir uns mal klar werden.

In diesem Zusammenhang führen Sie den aus Ihrer Sicht offenbar sehr gelungenen Bürgerdialog des Alpha-E-Projektes als Kronzeugen für gelungenes Handeln an. Auch Ihnen müssen aber die aktuellen Proteste der politisch Verantwortlichen von Lehrte, Burgdorf und Sehnde im Zusammenhang mit Alpha-E bekannt sein. Man beschwert sich zu Recht, dass der Dialogprozess „Alpha-E“ gerade nicht umfassend bzw. weiträumig genug war.

Auch die Bürger dieser Kommunen sind aber Teil der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von § 25 Abs. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz. Selbstverständlich muss man stets über die Grenzen eines Projektgebietes hinausschauen und die Randgebiete - hier eben die Zu- und Ablaufgebiete Lehrte, Sehnde und Burgdorf - mit in die Beteiligungen einbeziehen. Irgendwo muss man natürlich auch Grenzen setzen. Aber doch auf keinen Fall bei den unmittelbar vom Projekt betroffenen Anrainern der Zu- und Ablaufstrecken! - Meine Damen und Herren, bei uns in Aligse gehen die Schranken bald gar nicht mehr hoch!

Ist das also wirklich so vorbildlich, wie Sie Ihren Antrag 18/2901 formulieren, verehrte Kolleginnen und Kollegen? - Nein. Sorgen Sie dafür, dass bei Alpha-E entsprechend nachgebessert wird, und beziehen Sie bei den neuen Projekten Hannover-Bielefeld wirklich alle Betroffenen in den Dialogprozess ein! So sähe unter derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen sorgfältige Bürgerbeteiligung aus.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Herr Henze. - Schließlich Bündnis 90/Die Grünen: Kollege Detlev Schulz-Hendel! Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer eine Reise antritt, der sollte zumindest grob wissen, in welche Richtung es geht und welche Ziele erreicht werden sollen. Aber genau diese notwendige Zielorientierung geht aus Ihrem Antrag nicht hervor.

Ihr Antrag ist voller Widersprüche.

(Karsten Heineking [CDU]: Oh!)

Widerspruch Nummer eins: Soll es denn nun in einen offenen Dialog gehen, oder hat die GroKo schon eine Entscheidung getroffen?

Hier wackeln SPD und CDU - insbesondere die CDU - mal in die eine und dann wieder in die andere Richtung. Im Antrag heißt es, dass ein Dialogforum eingerichtet werden soll und dass Bürgerinnen und Bürger aktiv auf der Suche nach Lösungen frühzeitig einzubinden sind. Das klingt gut: Transparenz, wer will das nicht? Das passt nur leider nicht zu dem, was Sie in Ihrem Koalitionsvertrag beschrieben haben. Dort haben Sie sich nämlich bereits festgelegt, und zwar auf den Ausbau der Strecke. Wer sich festlegt, der kann aber nicht gleichzeitig ergebnisoffen über verschiedene Trassenvarianten diskutieren. Hier, lieber Kollege, besteht im Ausschuss dringender Klärungsbedarf.

Widerspruch Nummer zwei: Wer will in der SPD und in der CDU eigentlich was?

Während die GroKo hier in Niedersachsen den Ausbau der bestehenden Trasse favorisiert, verkündet CDU-Kollege Ferlemann aus dem Bundesverkehrsministerium, dass es einen Neubau geben soll und dafür eine neue Trasse gefunden werden muss. Das wird natürlich nicht ohne Auswirkungen auf Natur, Landschaft, Tourismus, Landwirtschaft und auf die Bürgerinnen und Bürger bleiben. Was davon aber stimmt denn nun? Und: Welche Position vertritt eigentlich das Land Niedersachsen? Und vor allem: Mit welchem Einfluss auf die Planungen im Bundesverkehrsministerium? - Ich glaube, hier haben Sie Ihren Minister Althusmann ein bisschen zu dolle gelobt. Wir wissen ja aus vielen anderen Themenbereichen wie beispielsweise dem der Digitalisierung, dass man den Verkehrsminister Althusmann in Berlin nicht sonderlich ernst nimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Hill- mer [CDU]: Was?)

Widerspruch Nummer drei: Was sind die verkehrspolitischen Ziele, die sich in dem Antrag verstecken?

Nach den guten Erfahrungen mit der Strecke München–Berlin will die Bundesregierung nun auch die Strecke von Berlin bis nach Köln oder auch Düsseldorf beschleunigen, damit künftig mehr Reisende vom Flieger auf die Bahn umsteigen. Wenn die Fahrzeit unter vier Stunden liegen soll, dann ord

nen sich der Aus- und Neubau dem Kriterium Geschwindigkeit unter. Wenn es aber darum gehen soll, dass mehr Güter über die Schiene transportiert oder aber Personen- und Güterverkehr entflochten werden sollen, dann müssen andere Maßnahmen diskutiert und ergriffen werden. Auch zu dieser Frage, meine Damen und Herren, lässt sich in Ihrem Antrag nichts finden.

Als Grüne stehen wir zuallererst für eine Stärkung des ökologischen Verkehrsträgers Schiene - gar keine Frage. Wer die Verkehrswende ernsthaft will und wer ernsthaft für den Klimaschutz eintritt, der verlagert den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und der macht das Bahnfahren attraktiv. Damit möglichst viele sich dieser Verkehrspolitik anschließen können, brauchen wir die Einbindung aller Interessen.

Wir müssen für Transparenz und für einen Austausch auf Augenhöhe sorgen. Gleichzeitig kann ein Dialogforum allein aber nicht Selbstzweck sein. Das Forum entlässt das Land Niedersachsen und die Politik nicht aus der Verantwortung, ein politisches Ziel festzulegen, an dem sich der Austausch und der Dialogprozess ausrichten müssen.

Mit diesem Antrag wollen Sie auf blauen Dunst hin mit wem auch immer und mit welchen Zielen auch immer Gespräche führen, ohne in den eigenen Reihen geklärt zu haben, wofür Sie eigentlich stehen und wie Sie das Ganze schlussendlich umsetzen wollen.

Herr Verkehrsminister Althusmann, so leid es mir für Sie tut - aber die Erfahrung hat gezeigt, dass man Sie in dieser Bundesregierung nicht ernst nimmt. Das lässt leider nicht auf gute Lösungen in diesem Fall hoffen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Hill- mer [CDU]: Am lustigsten finde ich, dass Sie ernsthaft glauben, das beur- teilen zu können! - Gegenruf von Det- lev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Doch, das kann ich! Was ist denn mit 5G?)

Danke schön, Herr Kollege. - Es folgt die FDP. Herr Abgeordneter Jörg Bode, bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Eine frühe Bürgerbeteiligung und die Einbindung aller Betroffenen, um bei großen Infra

strukturvorhaben möglichst schnell zu Ergebnissen im Konsens zu kommen, sind ein richtiger und ein wichtiger Schritt. Dieser Schritt muss aber direkt am Anfang gegangen und nicht mitten im Prozess oder gar erst am Ende aufgesetzt werden; denn das sorgt bei allen Beteiligten nur für Enttäuschung.

Genau das zeigt sich jetzt bei der Neubaustrecke der Bahn. Ich darf die Situation einmal schildern: Der Bundesverkehrswegeplan ist gerade in einem großen Beteiligungsverfahren besprochen, beschlossen und festgelegt worden. Darin wurde das abgewogene Ergebnis der Bundestagsabgeordneten zu Papier gebracht.

Aber jetzt kommt die SPD-Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann ins Spiel. Frau Lühmann, die ich sehr schätze - sie kommt aus meinem Landkreis und ist normalerweise sehr vernünftig -, hat als zuständige Fachexpertin der SPD für den Bereich Verkehr der Aufnahme dieser Maßnahme als Neubautrasse in den Bundesverkehrswegeplan zugestimmt. In einem anderen Zusammenhang hat sie die Neubautrasse sogar gelobt, weil nämlich durch die achtminütige Zeiteinsparung das neue System des Deutschland-Taktes realisiert und umgesetzt werden kann. Nach einem Besuch in Schaumburg findet sich in den Schaumburger Nachrichten vom 22. November 2018 dann aber ein Interview mit ihr, in dem sie sagt: „Ich werde alles tun, damit diese Neubaustrecke nicht kommt.“

Ich kann verstehen, dass die Bürger im Schaumburger Land und an der gesamten Strecke die Welt nicht mehr verstehen und nicht mehr wissen, wem sie überhaupt noch Glauben schenken sollen.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Das ist der Gedächtnisverlust auf der lan- gen Bahnfahrt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, man muss für seine Entscheidung werben, man muss für seine Überzeugung eintreten und darf sich nicht sofort in die Büsche schlagen und sich wegducken.

(Beifall bei der FDP)