Protokoll der Sitzung vom 14.05.2019

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende noch ein paar Sätze über unseren Antrag verlieren, mit dem wir die Möglichkeiten einer intel

ligenten, videobasierten Situations- bzw. Gegenstandserkennung erproben wollen.

Wir haben bei den Beratungen zum Gefahrenabwehrrecht anschaulich erlebt, dass das Rollenverständnis von Oppositions- und Regierungsfraktionen eine unvoreingenommene Sachdebatte manchmal auch erschweren kann.

(Belit Onay [GRÜNE]: Der war gut!)

Mit dem vorliegenden Antrag zur Erprobung einer videobasierten Szenarienerkennung wollen wir einen anderen Weg beschreiten und bereits im Vorfeld konkreter gesetzgeberischer Festlegungen eine gesellschaftliche Debatte über die Potenziale und Risiken dieser Technik anstoßen, die eben nicht nur Sicherheitspotenziale in sich bergen kann - - -

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist eine ganz neue Methode! Vorher denken, und dann handeln!)

- Bitte? - Wir wollen uns vorher gemeinsam darüber austauschen und Sachverstand beiziehen, bevor man sich festlegt, in welche Richtung es denn gehen soll.

(Christian Grascha [FDP]: Das sollte eigentlich nichts Besonderes sein!)

Insofern kann ich Sie nur einladen, sich darauf einzulassen, zu versuchen, mal aus Ihrer Rolle auszubrechen und konstruktiv an der Sacharbeit mitzuwirken.

(Zustimmung bei der SPD)

Darum soll am Anfang eine Anhörung im Ausschuss stehen, in der Datenschutz- und Sicherheitsexperten ihre Einschätzung zu dieser neuen Möglichkeit darlegen. Dann besteht abseits von Vermutungen und technischen Glaubensbekenntnissen eine realistische Faktenbasis, auf deren Grundlage über die Möglichkeiten des Einsatzes dieser Technik entschieden werden kann.

Meine Damen und Herren, zusammengefasst sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten der festen Überzeugung, dass das Gesetz die beiden zentralen Bedürfnisse der Menschen nach Freiheit und Sicherheit ausgewogen erfüllt. Eine effektive und moderne, an den Grundrechten unserer Verfassung ausgerichtete Gefahrenabwehr gehört zu unserem sozialdemokratischen Grundverständnis. Das Gesetz ergänzt hierbei die Politik unseres Innenministers Boris Pistorius, der seit 2013 die niedersächsische Polizei strategisch und

personell insbesondere bei der Terrorismusbekämpfung hervorragend aufstellt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. - Meine Damen und Herren, wenn ich nach dem Eingang der Wortmeldungen vorgehe, wäre jetzt der Kollege Schünemann an der Reihe. Wenn wir das Reißverschlussprinzip walten lassen wollen, um die Debatte zu beleben, wäre der Kollege Onay an der Reihe. - Herr Schünemann, Sie sind dran. Bitte!

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Auch er belebt die Debatte!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute wird Niedersachsen noch sicherer.

(Beifall bei der CDU)

Endlich erhält die Polizei die Befugnisse, die sie benötigt, um die Bevölkerung besser vor Terroranschlägen zu schützen. Die Polizei erhält endlich Vorfeldbefugnisse, um auch schwerste Straftaten im Umfeld von Clankriminalität zu verhindern. Die Große Koalition ist handlungsfähig. Das ist gut für unser Land und für die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Leider ist der Salafismus in Niedersachsen immer noch heimisch. Die Zahl der Salafisten in Niedersachsen stieg von 300 auf mittlerweile fast 1 850 im letzten Jahr an. Diese Extremisten und Terroristen bedienen sich der modernen Kommunikationsmöglichkeiten. Sie verschlüsseln ihre Botschaften.

Meine Damen und Herren, die Experten des Landeskriminalamtes sagen uns vor diesem Hintergrund: Wenn wir ihnen nicht die Möglichkeiten der Onlinedurchsuchung und der Quellen-TKÜ geben, dann sind sie taub und blind im Kampf gegen Terrorismus! - Meine Damen und Herren, es wäre unverantwortlich, wenn wir ihnen, der Polizei, nicht diese Befugnisse gäben. Die Grünen haben das in der letzten Legislaturperiode viereinhalb Jahre lang verhindert. Das ist aus meiner Sicht unverantwortlich.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Wider- spruch von Helge Limburg [GRÜNE])

Wir können jetzt die Gefährder besser im Blick behalten; denn - der Kollege Becker hat darauf hingewiesen - Aufenthaltsgebote, Meldeauflagen, Kontaktverbote und die elektronische Fußfessel zur Kontrolle stehen jetzt zur Verfügung. Meine Damen und Herren von den Grünen, wenn man dagegen verstößt, dann ist das eben keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat. Das müsste doch eine Selbstverständlichkeit sein und müsste doch tatsächlich auch Ihnen einleuchten!

(Beifall bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Belehren Sie uns nicht über Straftaten! Das geht ein bisschen weit! Ehrlich!)

Der Polizeipräsident aus Göttingen hat in der Anhörung im Ausschuss eindrucksvoll geschildert, wie notwendig es ist, die Präventivhaft weiter auszudehnen. Nur durch Zufall ist es gelungen, zwei Gefährder auszuweisen, weil ihre Botschaften nicht verschlüsselt waren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Aber wir haben bei der Anhörung natürlich auch z. B. den Verfassungsrechtlern zugehört. Sie haben uns gesagt, dass es schon ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts hierzu gibt. Bis zu 14 Tage ist auf jeden Fall Präventivhaft ohne erneuten Richtervorbehalt möglich. Deshalb haben wir diese Regelung eingebracht. Wir haben festgelegt: am ersten Tag spätestens nach 14 Tagen, dann nach 28 Tagen. Und das, meine Damen und Herren, ist genau der richtige Punkt.

(Zurufe von den GRÜNEN: Sie woll- ten 18 Monate, Herr Schünemann!)

Die Präventivhaft wird auch in Niedersachsen entsprechend ausgeweitet.

Meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor: Brandenburg hat dies vor wenigen Tagen gemacht! Wenn wir in Niedersachsen das nicht machen würden, dann würden wir der Polizei nicht die Möglichkeit geben, die Gefährder auszuweisen. Genau das wollen wir aber!

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Ich bin sehr, sehr froh, dass die Polizei auch im Bereich der organisierten Kriminalität mehr Vorfeldbefugnisse bekommt. Worum geht es? - Es geht bei der organisierten Kriminalität darum, dass Schwerstkriminelle bandenmäßig Straftaten begehen, um Geld zu scheffeln. Sie scheuen z. B. auch

nicht davor, dafür auch Kinder zu missbrauchen und Kinderpornografie insofern mit zu fördern. Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass wir alles daransetzen, dass wir diese Straftaten verhindern! Dass wir jetzt u. a. die Telefonüberwachung im Vorfeld einführen, ist doch notwendig! Meine Damen und Herren, ich will mir gar nicht vorstellen, dass wir das nicht hätten. Stellen Sie sich nur vor: Dann würde ein solcher Kindesmissbrauch vielleicht nicht verhindert. Das ist mit meinem Gewissen nicht zu vereinbaren. Deshalb bin ich froh, dass die Große Koalition genau diese Möglichkeit schafft.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Belit Onay [GRÜNE]: Unterste Schublade!)

Meine Damen und Herren, es ist doch - - -

(Zuruf von Anja Piel [GRÜNE])

- Frau Piel, ich will Ihnen nur eines sagen: Interessant ist, was Sie eigentlich alles streichen wollten: Ordnungsbegriff, Schleierfahndung,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

vor allen Dingen wollten Sie auch Kontaktstellen streichen. Mit diesem Mittel ist es der Polizei gerade in den letzten Jahren gelungen, die Zahl der Einbruchsdiebstähle zurückzufahren. Das ist ein Mittel, das Sie streichen wollten. Ich bin froh, dass wir diese Befugnisse weiterhin im Polizeigesetz haben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Ordnungsrecht als Mittel gegen Einbrüche!)

Meine Damen und Herren, Sie wollten die Polizei sogar unter Generalverdacht stellen, indem Sie die Polizisten kennzeichnen.

(Widerspruch von Meta Janssen-Kucz [GRÜNE])

Nein, wir wollen, dass die Übergriffe gegenüber der Polizei verhindert werden. Deshalb führen wir die Bodycam-Regelung mit Pre-Recording ein, damit auch das Entstehen einer Straftat aufgezeichnet werden kann, damit diese Straftäter auch verurteilt werden. Auch das ist die Botschaft, die wir mit diesem Polizeigesetz aussenden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben vor einem Jahr einen ordentlichen Gesetzentwurf in die Beratung eingebracht. Nach diesem Jahr stellen wir hier ein außerordentlich gutes Polizeigesetz zur

Abstimmung. Deshalb möchte ich mich auch beim Gesetzgebungs- und Beratungsdienst und beim Innenministerium ganz herzlich bedanken, weil wichtige Hinweise gekommen sind. Wir haben sie auch umgesetzt.

(Lachen bei den GRÜNEN - Belit Onay [GRÜNE]: Nein!)

Ich möchte mich auch bei meiner Fraktion und bei den Mitgliedern des Arbeitskreises Innen - an der Spitze Sebastian Lechner - bedanken; denn mit seinen inhaltlichen Vorschlägen ist dieses Polizeigesetz erheblich verbessert worden. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Karsten Becker [SPD])

Ich möchte mich aber auch beim Koalitionspartner bedanken. Herr Watermann, Herr Becker, ich glaube, dass wir gerade in den letzten Monaten sachlich zueinander gefunden haben. Wir haben ganz wichtige Bereiche neu formuliert. Wir konnten uns auch auf Sie verlassen, wenn wir etwas vereinbart haben. Das ist wichtig.