Karsten Becker
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Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir dürfen Rassismus, Ausgrenzung und Rechtsextremismus natürlich niemals zulassen - an keiner Stelle! -, aber insbesondere nicht in so sensiblen Bereichen wie Bildung, Justiz oder Polizei.
Richtig ist aber auch, meine Damen und Herren, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der 19 verschiedenen Polizeien in der Bundesrepublik Deutschland nicht irgendwie vom Mond gefallen sind. Sie sind in unserer Gesellschaft sozialisiert worden, und sie bilden diese Sozialisierung natürlich auch in ihrer Organisation, in der Polizei, ab.
Meine Damen und Herren, Langzeituntersuchungen zu rechtsextremen und antidemokratischen Einstellungen in Deutschland wie die Leipziger Autoritarismus-Studie weisen nach, dass über 10 % der deutschen Bevölkerung über ein „ge
schlossenes rechtsextremes Weltbild“ verfügen. Weitere ca. 40 % gelten als empfänglich für „rechtsextreme Denkinhalte“.
Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass man auf dieser Grundlage eine Garantie für eine vollständige Abwesenheit rassistischer oder
rechtsextremer Haltungen in der niedersächsischen Polizei geben kann; auch wenn ich sicher bin, dass sich diese Zahlen in der Polizei so nicht widerspiegeln. Das zeigt übrigens auch der Anfang der Woche veröffentlichte Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz, wonach in dem über dreijährigen Erhebungszeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. März 2020 insgesamt 16 Verdachtsfälle bei über 25 000 Sicherheitskräften in unserem Land festgestellt worden sind. Wenn wir das Vorhandensein rechtsradikaler Werthaltungen in der niedersächsischen Landespolizei aber nicht vollständig ausschließen können, dann ist die bloße Betrachtung einzelner rechtsextremistischer Vorfälle nicht ausreichend und auch nur wenig geeignet für eine lösungsorientierte politische Bewertung.
Meine Damen und Herren, eine Bewertung, anhand derer man dann auch den Erfolg bzw. Misserfolg von Maßnahmen messen kann, muss sich vielmehr an dem Umgang der Organisation mit diesem Phänomenbereich ausrichten. Sie muss sich an der Frage ausrichten, ob sich die Polizei mit der Gefahr einer Ausprägung von Stereotypen im beruflichen Alltag auseinandersetzt und wie sie darauf in der Ablauforganisation reagiert. Und sie muss sich an der Frage ausrichten, ob sie im Hinblick auf ein Racial Profiling Risikokonstellationen in den polizeilichen Entscheidungsstrukturen untersucht und in der Aus- und Fortbildung thematisiert. Und sie muss sich an der Frage ausrichten, wie sie den gesellschaftlichen Pluralismus in der eigenen Organisation abbildet.
Und in diesen Punkten, meine Damen und Herren - das möchte ich ausdrücklich festhalten -, hat die niedersächsische Polizei nun in der Tat eine ganze Menge vorzuweisen. Ich meine, dass das auch unsere Anerkennung verdient. Anerkennung von außen erfährt die niedersächsische Polizei nämlich gegenwärtig bereits. Dr. Rafael Behr - ich vermute mal, den Innenpolitikern hier im Hause ist er bekannt -, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei Hamburg, hat in der vergangenen Woche im Rahmen einer Veranstaltung der Deutschen Hochschule der Polizei das Fortbildungskonzept der niedersächsischen Polizei „Polizeischutz für die Demokratie“ ausdrücklich als
beispielgebend für alle Polizeien in Deutschland gewürdigt. Ich finde, es ist nicht selbstverständlich, so herausgehoben zu werden. Dieses Fortbildungskonzept, meine Damen und Herren, ist bundesweit einzigartig. Es ist explizit darauf gerichtet, Polizistinnen und Polizisten davor zu schützen, von Rechtsextremisten vereinnahmt und instrumentalisiert zu werden. Frau Menge hat das Beispiel der Demokratiepaten gerade genannt. Es ist Bestandteil dieses Konzeptes und, wie ich denke, absolut beispielgebend. Ich will mich dem ausdrücklich anschließen.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen die bloße Aufzählung von Maßnahmen, die die niedersächsische Polizei in den vergangenen Jahren bereits zur Vermeidung von Diskriminierungen und zur Prävention von Alltagsstereotypen ergriffen hat, an dieser Stelle ersparen. Lassen Sie mich darum nur das Maßnahmenkonzept „Interkulturelle Kompetenz“ zur gezielten Vorbeugung von Vorurteilen und Rassismus herausgreifen. Im Rahmen dieses Konzepts, dessen Umsetzung bereits vor zehn Jahren begonnen hat, sind die Wissensvermittlung über unterschiedliche kulturelle Hintergründe in Aus- und Fortbildung intensiviert, die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestärkt und der Anteil der eingestellten Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst auf inzwischen fast 15 % pro Einstellungsjahrgang erhöht worden.
Meine Damen und Herren, dass sich mit dieser Entwicklung auch die Polizeiorganisation und die Werthaltung der in ihr arbeitenden Menschen verändert, liegt, so glaube ich, auf der Hand.
Meine Damen und Herren, all das, was die niedersächsische Polizei in den vergangenen Jahren zur Rechtsextremismusprävention auf die Beine gestellt hat, ist in der gegenwärtigen Debatte ein echtes und wohl auch ein einzigartiges Statement. Es ist in dieser von Pauschalvorwürfen eingetrübten Debatte, die wir gegenwärtig bundesweit führen, aber auch eine Botschaft von Menschen in der Polizeiorganisation, die uns an dieser Stelle zurufen: „So sind wir! Wir arbeiten an und in einer aufgeklärten Organisation, die die pluralistische Gesellschaftswirklichkeit in der Polizeiorganisation spiegelt, die die Freiheitsrechte schützt und die die Verschiedenheit von Menschen in Herkunft, Religion und Weltanschauung anerkennt und gewährleistet.“
Meine Damen und Herren, die Menschen in der Polizei haben das Recht, dass wir diesen Ruf ernst nehmen. Denn sie können mit großer Berechtigung für sich in Anspruch nehmen, das nicht nur als Phrase zu formulieren, sondern diesem Anspruch auch in der Wirklichkeit gerecht zu werden. Und damit, meine Damen und Herren, geht die niedersächsische Polizei nicht nur anderen Polizeiorganisationen, sondern - da bin ich sehr sicher - auch den meisten anderen Institutionen in unserer Gesellschaft voraus! Und dafür hat sie unser aller Anerkennung verdient.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Pistorius, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
Wir haben gerade einen ganzen Strauß von Maßnahmen und Vorschlägen gehört, die sich zwischen Prävention und repressiven Maßnahmen ausbreiten. Sie haben gerade erwähnt, dass sich die Polizei noch stärker bemühen müsste, rechtsextreme Strukturen zu erkennen. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang den Vorschlag, Messenger auf mobilen Geräten, die Polizistinnen und Polizisten mit sich führen, gezielt auszulesen, um dort solche Strukturen erkennen zu können?
Liebe Frau Hamburg, auch Ihnen ist sicherlich aufgefallen, dass Sie sehr viel Mühe und sehr viel Zeit aufwenden mussten, um diesen Spagat zu erklären.
Das kann man so sehen, wie Sie es hier gerade erklärt haben. Der naheliegende Eindruck ist natürlich ein völlig anderer. Der naheliegende Eindruck für den Betrachter dieses Sharepics - es zeigt den Text: auch bei der niedersächsischen Polizei? - ist, dass Sie Rechtsradikalismusstrukturen in der niedersächsischen Polizei unterstellen, die Sie genauer in den Blick nehmen müssen.
Da müssen wir, wie ich finde, genau aufpassen, wie wir an der Stelle kommunizieren. Ich habe mich bemüht, in meiner Rede hervorzuheben, was für Maßnahmen die Polizei bereits seit vielen Jahren erfolgreich durchführt. Jetzt sind wir an einer entscheidenden Stelle: In der Organisation gibt es Menschen, die sich diese Bilanz zu eigen machen, die auf diese Bilanz - gerade in dieser Debatte - stolz sind und die Wert darauf legen, dass das anerkannt wird. Es gibt einen Mechanismus in diesem Diskurs, den ich gerne verstärken möchte, nämlich den, dieses positive Handeln dadurch zu verstärken, dass man es anerkennt, dass man den Menschen sagt: Das ist richtig so, macht so weiter, ihr seid auf dem genau richtigen Weg!
Man kann natürlich auch das Gegenteil tun: Man kann mit dem Finger auf sie zeigen und sagen: Ihr könnt machen, was ihr wollt! Wir nageln euch an die Wand! - Wenn Sie mir dieses Bild gestatten. Genau in diese Richtung weist dieses Sharepic. Deswegen finde ich es ausgesprochen unerfreulich.
Ich habe es nur nicht erwähnt, weil ich den Redebeitrag von Frau Menge sehr ausgewogen und sehr richtig fand. Aber jetzt ist es auf dem Tisch, und jetzt müssen Sie sich das von mir sagen lassen.
Danke.
Frau Hamburg, das ist eben der Punkt! An der Stelle ist es schwierig, mit einem solchen Sharepic zwei verschiedene Botschaften - einerseits hier in das Plenum hinein und andererseits in die Öffentlichkeit - zu verbinden. Darauf habe ich hingewiesen. Dieser Zwiespalt haftet dem Ganzen nach wie vor an.
Ich will auf einen Aspekt eingehen, nachdem Sie gesagt haben, ich hätte zu den Inhalten Ihres Antrags noch detaillierter Stellung nehmen können. Das hätte ich machen können. Das kann ich aber jetzt auch sehr pauschal jetzt an dieser Stelle machen.
Er ist ganz offensichtlich geschrieben worden, bevor Ihre Abordnung in dieser Woche die Polizeiakademie in Nienburg besucht hat. Ich glaube, andernfalls wäre der Antrag anders ausgefallen - nicht, weil der Inhalt nicht wünschenswert wäre, sondern weil das, was Sie aufgeschrieben haben, schon seit vielen Jahren gelebte Praxis in der niedersächsischen Polizei ist.
Ich will nicht sagen, dass er überflüssig ist. Er bietet uns - - -
- Darf ich weiterreden?
Er bietet uns nämlich die Möglichkeit, auf dieser Ebene abzubilden, dass die niedersächsische Polizei bereits seit Jahren dort ist, wo Sie sie mit Ihrem Antrag noch hinbringen wollen. Wir sind weit voraus. Sie werfen sich mit voller Wucht hinter den fahrenden Zug.
- Sie wollten von mir hören, was ich von den Punkten in Ihrem Antrag halte. Ich habe mir gerade erlaubt, Ihnen das in der Annahme Ihres Interesses darzulegen. Zumindest haben Sie das so formuliert.
Vielen Dank.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Man kann sich der Frage nach dem Umfang privaten Schusswaffenbesitzes von verschiedenen Seiten nähern. Unter Sicherheitsaspekten muss allerdings das Prinzip gelten, die Anzahl der Schusswaffen möglichst eng zu begrenzen. Nicht zuletzt die zu diesem Aspekt erstellten wissenschaftlichen Studien weisen eindeutig nach, dass die Anzahl der im Privatbesitz befindlichen Feuerwaffen mit der Häufigkeit tödlicher Schussverletzungen korreliert.
Nun praktizieren wir - das hat Herr Dr. Genthe eben ganz richtig ausgeführt - bereits ein im internationalen Vergleich sehr restriktives Waffenrecht. Ich will hier ausdrücklich feststellen, dass wir damit in der Vergangenheit auch vergleichsweise gut gefahren sind. Dennoch ist die bloße Zahl der in Deutschland existierenden Waffenerlaubnisse
erheblich.
Nach Angaben der Bundesregierung lag die Gesamtzahl der im Nationalen Waffenregister gespeicherten Erlaubnisse Ende des Jahres 2019 bei knapp 3,4 Millionen, und die Zahl registrierter meldepflichtiger Waffen oder Waffenteile in Privatbesitz betrug ungefähr 5,4 Millionen.
Auch die Entwicklung weist nach oben. So steigt die Zahl der Besitzer des Kleinen Waffenscheins seit Jahren an. Laut Bundesinnenministerium waren Ende 2018 knapp 611 000 Bürgerinnen und Bürger Inhaber kleiner Waffenscheine, und 2019 waren es bereits 665 000.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund besteht ein vernünftig begründetes Interesse, den Zugang zu Waffen weiterhin restriktiv zu handhaben.
Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund der zunehmenden rechtsterroristischen Bedrohung und der in diesem Bereich bestehenden hohen Waffenaffinität.
Mit dem kurz vor Weihnachten verabschiedeten Dritten Waffenrechtsänderungsgesetz hat der Bundestag nun das Waffenrecht verschärft und dabei auch eine ganze Reihe von Aspekten aus dem vorliegenden Entschließungsantrag umgesetzt. So ist insbesondere im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz vorgeschrieben worden einschließlich einer Nachberichtspflicht des Verfassungsschutzes gegenüber den Waffenbehörden, wenn nachträgliche Erkenntnisse über die Unzuverlässigkeit bekannt werden. Eine zentrale niedersächsische Forderung seit 2018 wurde hiermit erfreulicherweise umgesetzt.
Einen weiteren Aspekt will ich ansprechen, weil er uns besonders wichtig ist: Die Regelunzuverlässigkeit im Waffenrecht ist verschärft worden. Zukünftig ist von einer Regelunzuverlässigkeit auszugehen, wenn die betreffende Person Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung ist oder sie unterstützt.
Auf die weiteren Regelungen hat Herr Kollege Bock im Detail hingewiesen. Das muss ich jetzt nicht wiederholen. Aber zusammenfassend können wir feststellen, dass wir in dem Bundesratsverfahren zum Dritten Waffenrechtsänderungsgesetz eine ganze Reihe niedersächsischer Forderungen bezüglich eines zeitgemäßen Waffenrechts in Deutschland, die von dieser Landesregierung dort seit Jahren eingebracht worden sind, gegenüber dem Bund durchsetzen konnten und dass damit eine Reihe von Forderungen des vorliegenden Entschließungsantrags ebenfalls umgesetzt worden ist.
Meine Damen und Herren, unter normalen Umständen wäre es nicht sonderlich erfolgversprechend, zwei Monate nach einer Beschlussfassung des Deutschen Bundestages eine erneute Entschließung zu diesem Thema nach Berlin zu senden. Nach dem Massenmord von Hanau allerdings hat sich auch Bundesinnenminister Seehofer laut Presseberichten dahin gehend eingelassen, eine Verschärfung des Waffenrechts im Hinblick auf Sportschützen insbesondere hinsichtlich einer Beiziehung medizinischer Gutachten bei der Eignungsbeurteilung prüfen zu wollen.
Vor diesem Hintergrund meinen wir, dass es durchaus sinnvoll ist, den Antrag zur weiteren Beratung in den Ausschuss zurückzuüberweisen, um ein eventuelles Gesetzgebungsverfahren auch von hier zu begleiten und unsere Interessen einbringen zu können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist eben nicht nur Hanau. Es sind gleichermaßen die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds, dessen Mitglieder zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen, neun davon mit Migrationshintergrund, umgebracht haben. Es ist auch der rechtsradikale Anschlag von München, bei dem 2016 neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen wurden. Es ist ebenso das Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 2. Juni 2019. Es ist auch der versuchte Mord von Halle, als der rechtsradikale Täter am Jom-Kippur-Tag nur an der Massivität der Zugangstür zum Innenhof der Synagoge an seinen Mordabsichten gehindert worden ist. Ja, und es ist Hanau, wo am 19. Februar neun Menschen von einem rechtsradikalen Täter in zwei Shishabars ermordet wurden.
Alle diese Täter, meine Damen und Herren, haben vor dem Hintergrund einer rechtsextremistischen, rassistischen Ideologie gemordet, eines rechtsextremistischen Gedankenguts, das in den letzten Jahren immer stärker geworden ist - so stark, dass sich die Gewaltbereiten inzwischen offenbar verstanden fühlen und in der vermeintlichen Gewissheit einer breiten Zustimmung handeln.
Meine Damen und Herren, wenn die Pegida und ihre Ableger gegen die von ihr behauptete „Islamisierung“ und die Einwanderungs- und Asylpolitik Deutschlands hetzen, vom „Volkstod“ schwafeln, weil migrantische Familien angeblich mehr Kinder als deutsche bekämen, und wenn in deutschen Parlamenten von AfD-Vertretern von „Umvolkung“ fabuliert und gefordert wird, das deutsche Volk müsse sich gegen seine Regierung wehren, dann fühlen sich Gewalttäter ganz offensichtlich ermuntert und legitimiert, sich mit Gewalt zu wehren - bis hin zur Nutzung von Schusswaffen.
Meine Damen und Herren, das ist die Situation. Und jetzt ist es an uns als Demokraten, die richtigen Lehren daraus zu ziehen. Ich bin überzeugt, dass die alten Reflexe, die Forderungen nach restriktiveren Gesetzen, nach mehr Personal, nach einer höheren Polizeipräsenz schnell an die Grenzen ihrer Wirksamkeit stoßen. Denn genügt das wirklich? Treffen wir damit den Kern des Problems, und wollen wir uns dauerhaft mit den daraus er
wachsenden Konsequenzen arrangieren? Wollen wir dauerhaft Streifenwagen vor jeder Moschee postieren und Sicherheitszonen schaffen, die für sich genommen ja auch nichts anderes symbolisieren als eine ausgrenzende Hilflosigkeit?
Meine Damen und Herren, wenn menschenfeindliche Einstellungen unser friedliches Zusammenleben bedrohen, dann dürfen wir nicht in der Bekämpfung der Symptome steckenbleiben. Wir müssen die Ursachen bekämpfen. Wir müssen die Demokratieresilienz stärken. Dazu ist zuallererst Haltung gefragt,
die demokratische Haltung einer starken Zivilgesellschaft, in der sich jede und jeder Einzelne in die Pflicht nimmt. Das fängt bei der Weigerung an, schlechte Witze zu akzeptieren, und hört bei wahrnehmbarem Widerspruch gegenüber Alltagsrassismus nicht auf.
Meine Damen und Herren, diese Haltung muss erworben werden, von jeder Generation aufs Neue. Darum brauchen wir vor allem eine kontinuierliche und verlässliche Präventionsarbeit zur Stärkung unserer Demokratie und unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Dafür haben wir mit unserer Landeszentrale für politische Bildung, wie ich meine, eine gute Basis. Aber wir müssen auch die nachweislich wirksamen und praxisbewährten Projekte aus der bloßen Projektförderung herausholen und verstetigen. Bei dieser langfristigen Absicherung kann uns der Bund mit einem Demokratiefördergesetz sicherlich wir
kungsvoll unterstützen.
Meine Damen und Herren, Horst-Joachim Rahn wird das Zitat zugeschrieben:
„Bei der Bekämpfung des Rassismus hoffen wir auf die Kraft der Menschlichkeit.“
Ich finde, das ist auch ein Grund für Zuversicht. Denn zeitgeschichtlich hat sich die Menschlichkeit immer durchgesetzt. Das wird auch diesmal wieder so sein. Ich hoffe allerdings, dass wir nicht zu lange darauf warten müssen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Eigentlich bin ich der Meinung, dass propagandistische Skandalisierungsbemühungen der AfD keine vertiefte Befassung hier im Plenum verdienen, allein um zu verhindern, dass der Kollege Ahrends hier auftreten und behaupten kann, er werde in irgendeiner Form politisch wirksam.
Aber die Polizeibeamtinnen und die Polizeibeamten verdienen es natürlich, dass man sich mit den sie betreffenden Bedrohungsszenarien befasst. Sie sind die Garanten unserer individuellen Freiheit und unserer Sicherheit.
Es ist übrigens keine Selbstverständlichkeit, dass wir die Sorge für unsere individuelle Sicherheit dem Staat und damit der Polizei übertragen haben. Dahinter steht ein hohes Maß an Vertrauen: das Vertrauen in das Handeln und in das Wertegerüst der Polizei als Institution und in jede einzelne Mitarbeiterin und in jeden einzelnen Mitarbeiter. Dieses Vertrauen ist auch nötig; denn wir haben das archaische Faustrecht nur überwinden können, indem wir an die Stelle des Rechts des Stärkeren das Gewaltmonopol des Staates und das Versprechen des Staates gesetzt haben, die Rechtspositionen der Bürgerinnen und Bürger zu schützen - eben in letzter Konsequenz auch unter Inanspruchnahme dieses Gewaltmonopols. Das gefällt natürlich nicht allen, vor allem nicht den Stärkeren und den Gewalttätigen und den Rücksichtslosen.
Meine Damen und Herren, jede Drohung mit Gewalt gegen die Träger dieses Gewaltmonopols ist nicht weniger als ein Angriff auf das staatliche Gewaltmonopol selbst und damit auf das zivilisatorische Selbstverständnis dieser Gesellschaft.
Darum ist es völlig selbstverständlich, dass diese Koalition und die von ihr getragene Landesregierung allen Kräften, die darauf zielen, das Recht in die eigene Hand zu nehmen, keinen Fingerbreit Spielraum zugestehen wird.
Ebenso selbstverständlich ist, dass wir uns schützend vor jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen, die unser aller Sicherheit nach diesen Prinzipien verteidigen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der AfD, die Antworten der Landesregierung auf all Ihre parlamentarischen Anfragen lesen würden, wüssten Sie, dass die niedersächsische Polizei bei der Bekämpfung der Clankriminalität bereits seit Langem einen Schwerpunkt gebildet hat - Niedersachsen war eines der ersten Bundesländer überhaupt - und eine konsequente Nulltoleranzstrategie praktiziert.
Meine Damen und Herren von der AfD, Sie haben die Überschrift Ihres Antrages zur Aktuellen Stunde - „Polizisten bedroht! Was unternimmt die Landesregierung?“ - recht allgemein gewählt. Da will ich das Thema ein wenig auffächern.
Meine Damen und Herren, Bedrohungen von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nehmen zu. Täter sind bedauerlicherweise nicht immer Angehörige krimineller Clans. Das Mittel persönlicher Bedrohung scheint überall da, wo die Polizei als störend empfunden wird, zunehmend populär zu werden. Die Akteure machen auch vor höchsten Repräsentanten unserer Polizei nicht halt.
Wenn die AfD den Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Oldenburg, Herrn Johann Kühme, persönlich angreift, ihn als „Scharfmacher“ diskreditiert und den Innenminister auffordert, „disziplinarische Maßnahmen“ zu ergreifen, weil Herr Kühme sich - völlig zu Recht! - öffentlich gegen Hass und Hetze in Form sprachlicher Entgleisungen der beiden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion gestellt hat, dann hat die angedrohte Konsequenz zwar eine andere Qualität;
das zugrunde liegende Prinzip, meine Damen und Herren, ist aber völlig identisch: Polizeibeschäftigte werden diskreditiert und bedroht, wenn es den Zielen der eigenen Organisation nützlich erscheint.
Darum haben die Polizeipräsidenten und die Leiter der Einrichtungen der Polizei völlig zu Recht festgestellt, dass die gegen Herrn Polizeipräsident
Kühme formulierten Vorwürfe „nur den Zweck verfolgen“ können, „politischen Druck auf Führungskräfte der Polizei“ auszuüben, „um sie an ihrer berechtigten Widerspruchspflicht zu hindern“.
Meine Damen und Herren von der AfD, die von Ihnen vorgetragene Sorge über Drohungen gegenüber Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ist unecht. Sie entspringt taktischen Überlegungen.
Überdenken Sie Ihr Verhalten! Nur so können Sie glaubhaft werden. Ich glaube allerdings nicht, dass Sie den Willen und die Kraft dazu haben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die geringste Zahl registrierter Straftaten in den vergangenen zehn Jahren! Die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner auf den niedrigsten Wert seit über zehn Jahren gesunken! Aufklärungsquote auf den höchsten Stand seit 2010 gestiegen! Das sind die Kerndaten zu der Sicherheitslage in Niedersachsen, meine Damen und Herren. Das ist die Bilanz einer erfolgreich arbeitenden Landespolizei.
Meine Damen und Herren, es ist kein selbstverständliches Privileg, in Deutschland und in Niedersachsen, in einem der sichersten Länder auf diesem Planeten, leben zu dürfen.
Gerade darum ist es neben dem Wunsch nach Stärkung der Funktionsfähigkeit der Polizei auch ein Gebot der Fürsorge, sowohl die Personalstärke im Polizeidienst als auch die technische Ausstattung und die sozialen Rahmenbedingungen für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten kontinuierlich zu verbessern. Der Kollege Watermann hat darauf hingewiesen: Wir machen das von Haushalt zu Haushalt in den entscheidenden Funktionsstellen kontinuierlich und kommen damit zu diesen Ergebnissen. Die Kerndaten habe ich Ihnen gerade vorgetragen.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, bauen die Fraktionen von SPD und CDU mit der von ihnen getragenen Landesregierung ihren politischen Schwerpunkt Innere Sicherheit auch mit diesem Haushalt weiter aus. Die Koalitionsfraktionen haben vereinbart, in der Legislaturperiode mindestens 1 500 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte einzustellen. Die ersten Umsetzungsmaßnahmen sind mit den 700 zusätzlichen Einstellungen in den Jahren 2018 und 2019 bereits erfolgt. Ich erwähne das, weil es aufgrund des ausgefallenen Abiturjahrgangs 2020 deutlich weniger qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber geben wird als gewohnt. Von daher wäre es keine besonders gute Idee, ausgerechnet in diesem Jahr einen Schwerpunkt beim Personalaufbau zu setzen.
Entscheidend, meine Damen und Herren, ist aber, dass wir auch in diesem Haushalt die Stellenstruktur im Haushalt wieder deutlich verbessern werden. So haben wir auch im aktuellen Haushalt 250 Stellenhebungen verankert, um den immer noch bestehenden Beförderungsstau in das erste Beförderungsamt weiter aufzulösen. Meine Damen und Herren, damit verbessern wir die Stellenstruktur nachhaltig, geben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine bessere Karriereperspektive und erhöhen die Attraktivität des Polizeiberufs im Wettbewerb mit anderen qualifizierten Arbeitgebern.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus wandeln wir 230 Stellen für Anwärterinnen und Anwärter in Kommissarsstellen um, sodass sich die Zahl der Polizeivollzugsbeamten in Niedersachsen auf über 18 000 erhöht. Ich hebe das deswegen so ausdrücklich hervor, weil das ein historischer Höchststand ist, meine Damen und Herren, eine Zahl, die in Niedersachsen bisher noch nicht erreicht worden ist.
Darüber hinaus haben wir die in der technischen Liste vorgesehenen Haushaltsmittel von 7 Millionen Euro mit weiteren 2,5 Millionen Euro aus der politischen Liste aufgestockt. Wir investieren 2,1 Millionen Euro in ballistische Schutzhelme, und wir verbessern die Situation bei den Polizeiliegenschaften mit dem Einsatz von 24 Millionen Euro für die Polizeiinspektion Cuxhaven für einen Neubau und mit dem Einsatz von 9 Millionen Euro für den Ersatz des Bunkers des Kampfmittelbeseitigungsdienstes in Munster.
Meine Damen und Herren, die Sicherheit der Menschen in Niedersachsen ist bei dieser Koalition und der von ihr getragenen Landesregierung in den allerbesten Händen. Wir haben nicht nur eine leistungsfähige Polizei. Wir haben auch die besten Kriminalitätskennzahlen, die dieses Land jemals gesehen hat. Eine schöne Entwicklung!
Ich bedanke mich ganz herzlich für die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr, wünsche Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein sicheres 2020.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Am 14. Mai dieses Jahres haben wir in diesem Haus ein Gefahrenabwehrgesetz verabschiedet, das den Belangen einer freiheitlichen Gesellschaft ebenso Rechnung trägt wie den Anforderungen einer deutlich veränderten Sicherheitslage.
Bereits während der damaligen Ausschussberatungen war klar, dass auch die Ermächtigungsnormen zum Einsatz automatisierter Kennzeichenlesegeräte angepasst werden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit zwei, allerdings erst im Februar 2019 veröffentlichten Entscheidungen Teile der polizeilichen Regelungen in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen für nicht mit der Verfassung übereinstimmend erklärt. Wie andere Landesgefahrenabwehrgesetze weist auch die niedersächsische Regelung Parallelen zu den bayerischen, hessischen und baden-württem
bergischen Regelungen auf. Es besteht also An
passungsbedarf, dem wir mit der heutigen Novelle Rechnung tragen.
Darüber hinaus haben wir auch die grundsätzlichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit von verdachts- und ereignisunabhängigen polizeilichen Kontrollen berücksichtigt.
Meine Damen und Herren, gerade in einem europäischen Transitland im Herzen Europas sind diese Kontrollen insbesondere nach dem Fortfall der intereuropäischen Grenzkontrollen eine wichtige taktische Maßnahme, um der grenzüberschreitenden Kriminalität, wie Menschenhandel, Kraftfahrzeugdiebstahl, Einbruchskriminalität und internationaler Terrorismus, wirksame Schranken entgegenzustellen.
Meine Damen und Herren, im Kern geht es also darum, die Kontrollbefugnisse verfassungskonform auszugestalten, ohne die kriminalpräventiven Aspekte substanziell zu schwächen. Dazu werden wir die Örtlichkeiten, an denen diese Kontrollen durchgeführt werden dürfen, an einen konkreten Grenzbezug binden, etwa durch Festschreibung einer räumlichen Tiefe von 30 km zur Landesgrenze oder durch eine Beschränkung auf Bundesfernstraßen.
Darüber hinaus wird sowohl für die Durchführung ereignis- und verdachtsunabhängiger Kontrollen als auch den Ansatz des automatisierten Kennzeichenlesegerätes eine Dokumentationspflicht eingeführt, in der Art bzw. Zweck, Ort, Umfang und die Dauer der Maßnahmen sowie die wesentlichen Gründe für die Installierung dieser Maßnahmen einschließlich der zugrunde liegenden Lageerkenntnisse schriftlich aufzuführen sind. Das, meine Damen und Herren, stärkt auch die Transparenz und Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen im Land.
Meine Damen und Herren, wir meinen, dass die Einschränkung polizeilicher Kontrollmöglichkeiten gerechtfertigt ist, da naturgemäß verdachtsunabhängige Kontrollen in der Mehrzahl Menschen betreffen, die durch ihr Verhalten keinen Anlass für diese Kontrollen gegeben haben. Insofern ist es auch durchaus angemessen, diese Kontrollen sowohl räumlich als auch auf jene Fälle zu beschränken, in denen konkrete Lageerkenntnisse bestehen.
Meine Damen und Herren, ein letzter Aspekt: Im Hinblick auf die Gegenstimmen der Oppositionsparteien im Ausschuss greife ich einen Gesichtspunkt auf, den wir im Ausschuss uneinheitlich ab
gewogen haben, nämlich die Frage der konkreten räumlichen Beschränkung der ereignis- und verdachtsunabhängigen Kontrollen auf Bundesfernstraßen, also auf Autobahnen und Bundesstraßen.
Meine Damen und Herren, eine Beschränkung der Kontrollen auf Autobahnen reicht nach unserer Überzeugung ausdrücklich nicht aus. Zum einen ließen sich autobahngebundene Kontrollen über gut ausgebaute Bundesstraßen zu leicht umgehen. Zum anderen sind in etlichen von grenzüberschreitender Kriminalität betroffenen Gebieten in unserem Bundesland überhaupt keine Autobahnen vorhanden. Es wäre ja schlechterdings nicht akzeptabel, wenn die Wirksamkeit polizeilicher Kriminalprävention in einem überwiegend ländlich geprägten Bundesland wie Niedersachsen vom Vorhandensein einer herausgehoben leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur abhängig wäre. Entscheidend muss vielmehr sein, ob tatsächlich grenzüberschreitender Verkehr stattfindet.
Meine Damen und Herren, nach unserer festen Überzeugung reichen die installierten Ermächtigungsschranken im Gesetz vollkommen aus, um willkürliche Kontrollen zu verhindern. Unter den Voraussetzungen, dass es sich um erhebliche Kriminalität mit Grenzbezug handeln muss, dass entsprechend konkrete Lageerkenntnisse vorliegen müssen und dass diese Voraussetzungen schriftlich zu dokumentieren sind, ist sichergestellt, dass keine willkürlichen Kontrollen stattfinden können.
Meine Damen und Herren, diese Gesetzesnovelle ist ein gelungener Kompromiss, den wir mit voller Überzeugung Ihrer Zustimmung empfehlen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage im Hinblick auf Ihre Bemerkung zur angeblichen Verfassungswidrigkeit zulassen.
Stimmen Sie mir zu, dass das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich erklärt hat, dass die Übergangsfristen für die Neuregelung der anlasslosen Kontrollen bis zum Ende des Jahres 2019 durchgeführt werden müssen, und halten Sie diesen Vorwurf dann trotzdem aufrecht?
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sie haben es gehört: Die AfD beklagt mit ihrem Antrag stagnierende Abschiebezahlen und möchte die Effektivität von Abschiebemaßnahmen erhöhen, indem Versorgungsflüge der Bundeswehr zum Transport vollziehbar ausreisepflichtiger Personen genutzt werden.
Meine Damen und Herren, dieses Ansinnen ist hoch problematisch, und das aus mehreren Gründen.
Zunächst einmal können die vorgeblichen Ziele mit den vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt nicht erreicht werden. Der Mehrzahl der nicht vollziehbaren Abschiebungen liegen nämlich ganz andere Ursachen zugrunde als nicht verfügbare oder verweigerte Flugmöglichkeiten in Linien- oder Chartermaschinen. Wesentliche Hemmnisse sind vielmehr die mangelnde Reisefähigkeit der Passagiere, fehlende Passersatzpapiere oder entgegenstehende gerichtliche Entscheidungen.
Meine Damen und Herren, um diese vorgeblichen Ziele geht es der AfD aber auch überhaupt nicht. Darum möchte ich das hier auch sehr kurz machen. Angesichts der weitgehenden Substanzfreiheit und der moralischen Fragwürdigkeit der eigentlichen Intention des Antrags halte ich es für kaum gerechtfertigt, die Zeit der Kolleginnen und Kollegen im Plenum über Gebühr zu beanspruchen.
Meine Damen und Herren, die AfD schlägt mit diesem Antrag unter dem Deckmäntelchen eines scheinbaren Pragmatismus eine Schneise in die in unserem Grundgesetz verfasste Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Polizei und Bundeswehr für die innere und äußere Sicherheit. Um das klar zu formulieren: Der von der AfD vorgeschlagene Einsatz
von Streitkräften der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Abschiebung ausreisepflichtiger Personen ist von unserer Verfassung ausdrücklich nicht gedeckt.
Ob Sie, meine Damen und Herren von der AfD, damit größere politische Vorhaben des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren vorbereiten möchten, weiß ich nicht. Ich sehe aber, dass Sie hier ganz gezielt ein Bild zu zeichnen versuchen, in dem Militärkräfte der Bundeswehr im Kontext von gegen Migranten gerichteten Vollzugshandlungen gezeigt werden sollen,
und dass Sie damit den von Ihnen dauerhaft propagierten Anschein einer prinzipiellen Gefährlichkeit von Menschen anderer Hautfarbe, Kultur oder Religion weiter verfestigen möchten. Dessen bin ich mir sehr, sehr sicher.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.
Als Landesparlament sind wir zwar nicht für die Verteidigungspolitik zuständig, aber als Demokraten sollten wir hier trotzdem sehr deutlichen machen, dass wir unsere Bundeswehr für solch einen Politpopulismus nicht missbrauchen lassen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Ahrends, dass Sie die Zwischenfrage gestatten.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, ich hätte im Innenausschuss ausgeführt, dass solche Fälle einer Kontamination von Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamtinnen in Niedersachsen nicht vorkommen könnten. Können Sie mir dieses Zitat nachweisen? Ich erinnere mich nämlich nicht daran.
Es geht mir nicht um die allgemeinen Ausführungen. Es geht mir konkret um den Vorhalt, ich hätte gesagt, solche Sachverhalte kämen in Niedersachsen nicht vor. Das ist der Punkt.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind in ihrem täglichen Dienst den verschiedensten Gefahren ausgesetzt. Ihr beruflicher Alltag ist vom Umgang mit Waffen ebenso bestimmt wie vom Umgang mit Gefahrgut, Explosivstoffen oder eben auch mit Drogen der verschiedenen Gefährdungsstufen.
In der Konsequenz bedeutet dieser Umgang natürlich nicht weniger als eine mehr oder weniger konkrete Gefährdung der persönlichen Gesundheit unserer Beamtinnen und Beamten. Dementsprechend ausgeprägt sind auch die Arbeitgeberpflichten zur Ausgestaltung des Arbeitsschutzes für die niedersächsischen Polizeibeamtinnen und -beamten. Diesen Arbeitgeber- und Fürsorgepflichten - auf diese Feststellung lege ich Wert - kommen die Polizeibehörden in Niedersachsen mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein und einer hohen Wirksamkeit nach.
Meine Damen und Herren, wenn man diese Verantwortung ernst nimmt, dann kann der erste Schritt zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit im Umgang mit Fentanyl jedenfalls nicht in die unreflektierte Ausgabe von Nasensprays münden. Der erste Schritt eines verantwortungsvollen Arbeitgebers ist eine konkrete und in diesem Fall polizeispezifische Gefährdungsbeurteilung.
Meine Damen und Herren, das ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung. Eine differenzierte Gefahrenbeurteilung ist vor allen Dingen eine wesentliche Voraussetzung für die mittel- und langfristige Akzeptanz von Arbeitsschutz- oder Eigensicherungsmaßnahmen.
Der aktuellen Gefahrenbeurteilung für Niedersachsen können wir zunächst einmal entnehmen, dass es im europäischen Raum erste Sicherstellungen von Fentanyl bzw. Fentanylderivaten gibt. Für Niedersachsen sind allerdings bisher keine Fälle bekannt. „Bisher nicht bekannt“ - damit gehe ich auf das mir fälschlicherweise zugeschriebene Zitat ein - bedeutet nicht, dass das für die Zukunft weiterhin gilt. Das kann sich selbstverständlich ändern. Aber zu einer Gefahrenprognose gehört zunächst einmal, dass man beschreibt, was ist, und dass man dann daraus Rückschlüsse zieht, was werden kann und wie man sich darauf vorbereitet.
Zweitens. Wir kommen zu der konkreten Prävention, zu dem, was Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in einem solchen Fall tun können, tun müssen. Es ist im Fall eines unbeabsichtigten Kontakts mit Fentanyl im Rahmen von polizeilichen Einsätzen von einer Aufnahme über die Haut auszugehen - und nicht über die Schleimhäute. Wegen der langsamen Absorption des Stoffes durch die Haut verbleibt dann eine ausreichende Zeit für eine wirksame Dekontamination durch Abwaschen oder durch mechanisches Abtragen, also Abbürsten.
Meine Damen und Herren, auch wenn es in Niedersachsen bis heute noch nicht zu einer Sicherstellung von Fentanyl oder Fentanylderivaten gekommen ist, sind die niedersächsischen Polizeibehörden vor dem Hintergrund einer möglichen stärkeren Verbreitung über mögliche potenzielle Gefährdungsaspekte bereits informiert und auf einen risikoreduzierenden Umgang mit diesen Stoffen hingewiesen worden. Die Polizeibehörden haben ihren Einsatzkräften bereits konkrete Präventionshinweise für die denkbaren polizeispezifischen Einsatzlagen an die Hand gegeben. Es ist ausdrücklich nicht so, dass hier die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landespolizei vor einem Phänomen stünden, über das sie nicht bereits informiert seien.
Eines will ich hier deutlich sagen: Alarmismus ist das Schlechteste, was man in einer solchen Situation tun kann, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit vernünftigen praktikablen Hinweisen auf solche Szenarien vorbereitet werden müssen.
Ich lasse die gerne zu, wenn Sie die Uhr anhalten.
Ich beziehe mich mit meinen Äußerungen auf die Erkenntnisse und auf die Verfahrensvorschläge, die von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung auch an die Bundesländer weitergeleitet wurden und die an unsere Landesbehörden und somit an die Polizeibeamtinnen und -beamten in Form von Merkblättern übermittelt wurden. Die Drogenbeauftragte hält diese Art und Weise der Dekontamination für ausreichend.
Sie empfehlen, ein Nasenspray einzusetzen. Sie haben im Ausschuss gesagt - jetzt möchte ich Sie einmal zitieren -, das sei kinderleicht. Nun bin ich nicht der Meinung, dass man das Kindern überantworten sollte, aber es ist insoweit richtig, als die Anwendung angelernten Laien möglich ist. Das setzt aber in jedem Fall voraus, dass die Vorerkrankungen der Person, der dieses Nasenspray injiziert werden soll, bekannt sind und dass die Gesamtmedikation dieser Person ebenfalls bekannt ist, weil die Wechselwirkungen überhaupt nicht abgeschätzt werden können.
Die Darstellung, das sei kinderleicht und ohne jedes medizinische Risiko, ist eindeutig eine Beurteilung, die in Ihren Fraktionsstuben geboren sein mag, aber einer medizinischen Überprüfung schlechterdings nicht standhält. Ich empfehle, sich mit diesen Sachverhalten auseinanderzusetzen, bevor Sie solche Dinge in Entschließungsanträge schreiben.
Nun habe ich Ihre Frage nicht verstanden. Ich weiß nicht, in welchem Kontext Sie hier das Tragen von Waffen erwähnen.
Es ist natürlich bei einer möglicherweise kontraproduktiven Medikation einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters aus dem Polizeidienst gesundheitlich kritisch, wenn man einen Wirkstoff einsetzt, der in eine negative Wechselwirkung mit anderen Medikamenten, die die Person möglicherweise nimmt, kommt. Damit setzen Sie sich in Ihrem Antrag nicht auseinander, und das halte ich für sehr fahrlässig.
Bitte schön, Herr Kollege!
Ich würde Ihnen empfehlen, den gleichen Forschungsehrgeiz schon an den Tag zu legen, wenn Sie Ihre Anträge schreiben.
Für mich ist das ein deutlicher Beleg dafür, dass es Ihnen um Aktionismus geht, um Panikmache und die Ableitung des Eindrucks, Sie würden sich um den Aspekt der inneren Sicherheit in besonderem Maße bemühen.
Im Ergebnis können wir feststellen, dass das Gegenteil der Fall ist. Ich kann mich nur wiederholen. Sie haben, ausweislich der Formulierungen in Ihrem Antrag und der Debatte im Ausschuss, in keiner Weise dargelegt, ob und inwieweit ein Risiko aus Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
bestehen könnte. Das ist völlig unterbelichtet geblieben. Sie haben, und ich kann Sie wirklich zitieren, weil ich das nachgelesen habe, gesagt: Die Anwendung ist kinderleicht.
Das impliziert für mich: Es gibt keine möglichen störenden Wechselwirkungen. Das ist definitiv falsch. Damit müssen Sie sich auseinandersetzen, bevor Sie zu solchen leichtfertigen Verfahrensvorschlägen kommen.
Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von der AfD, haben die niedersächsischen Polizeibehörden aber Verfahrensweisen ergriffen, die der gegenwärtigen Gefährdungslage angemessen sind und diesen absurden Alarmismus, den Sie an den Tag legen, vermeiden.
Kurz gesagt, meine Damen und Herren: Für die Polizei besteht gegenwärtig kein Bedarf für Naloxon, gegenwärtig nicht.
Was Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der AfD, noch so etwas wie einen Sinn hätte geben können, wäre eine konsequente Weiterverfolgung des Ansatzes gewesen, mit einem Einsatz von Naloxon als Notfallmedikament das Leben von Drogenopfern zu retten.
Zu diesem Transfer scheinen Sie aber gar nicht in der Lage oder willens zu sein; denn das hätte ja auch Mitgefühl für drogenabhängige Menschen erforderlich gemacht, zumindest nach meiner Bewertung.
Ich will darum ausdrücklich darauf hinweisen: Die SPD begrüßt die Modellprojekte im Saarland und in Bayern, wo der Einsatz von Naloxon erprobt wird, um die Zahl von Drogentoten weiter zu reduzieren. Auch wenn in den USA Polizisten als Erstretter - und damit in einem anderen Kontext, als Sie es hier dargestellt haben - mit Naloxon ausgestattet werden, so sehen wir in Deutschland vor dem Hintergrund unseres Rettungssystems vorrangig die Notärzte in der Pflicht. Wir werden aber die Modellprojekte, die ich eben angeführt habe, aufmerksam verfolgen.
Meine Damen und Herren von der AfD, mir erscheinen Ihre Bemühungen, sich hier im Bereich der inneren Sicherheit politisch zu profilieren, im hohen Maße bemüht. Im Ergebnis stelle zumindest
ich fest: Sie bleiben im Versuch stecken. Sie bleiben hier im Klein-Klein administrativer Ausrüstungsfragen hängen und springen damit nicht nur in das kleinste denkbare Karo, sondern kommen auch noch zu falschen Schlüssen und untauglichen Verfahrensvorschlägen. Auch hier, meine Damen und Herren von der AfD, richten Sie allenfalls Schaden an.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Nach einer äußerst umfassenden Debatte beschließen wir heute ein novelliertes Gefahrenabwehrgesetz, das insbesondere der veränderten Verfahrensweise unserer Sicherheitsbehörden und den neuen Phänomenologien im Bereich des internationalen Terrorismus und der schweren Kriminalität Rechnung trägt.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz schaffen wir Normenklarheit, indem wir etablierte gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen, die bisher auf die Generalklausel gestützt waren, nunmehr spezialgesetzlich regeln, wie beispielsweise die Gefährderansprache, die Bestimmungen zur Wegweisung oder zum Aufenthaltsverbot bei häuslicher Gewalt.
Wir unterwerfen die Regelungen zur offenen Videoüberwachung klaren Anforderungen, indem wir Videoaufzeichnung und -übertragung an Kriminalitätsschwerpunkte und gefährdete Orte binden. Wir setzen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum BKA-Gesetz um. Und wir vollziehen mit diesem Gesetz vor allem eine Anpassung an die veränderten Formen der Kriminalität und des internationalen Terrorismus.
Das, meine Damen und Herren, war auch dringend erforderlich; denn die Ermächtigungsnormen des alten Gesetzes, des alten NSOG, bezogen sich auf Kriminalitätsphänomene der Jahre vor 2005 und damit auf eine Zeit, in der das Smartphone als Kommunikationsmedium noch gar nicht existiert
hat. Heute, im Jahr 2019, müssen wir neue Antworten finden - neue Antworten auf die Möglichkeiten, die die digitalen Kommunikationsformen kriminellen Tätern bieten, und auf die Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus.
Meine Damen und Herren von der FDP und von den Grünen, Ihre im Ausschuss vorgetragene Kritik, die vorhandenen gesetzlichen Tatbestände reichten aus, mag sich ja schön anhören. Allein sie trifft nicht zu.
Wir haben es gegenwärtig in Niedersachsen mit 70 islamistisch motivierten Gefährdern zu tun. Das sind Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden. Das sind insbesondere Straftaten im Sinne des § 100 a des Strafgesetzbuches.
Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden waren allein im vergangenen Jahr mit 46 Straftaten aus dem Bereich des islamistisch geprägten Terrorismus bzw. Extremismus und mit einer Vielzahl umfangreicher Gefahrenermittlungsvorgänge konfrontiert - ein Phänomen, das bei Inkrafttreten des aktuellen Gesetzes noch so gut wie keine Rolle gespielt hat.
Meine Damen und Herren, während die klassischen Erscheinungsformen des Terrorismus dadurch gekennzeichnet sind, dass bereits zur Vorbereitung der eigentlichen Anschläge strafbewehrte Vorbereitungshandlungen oder vollendete Straftaten begangen werden - wie z. B. der illegale Erwerb von Waffen oder die Bildung einer terroristischen Vereinigung -, ist das Fehlen eben dieser strafbewehrten Vorbereitungshandlungen ein häufiges Merkmal des islamistisch motivierten Terrorismus, was eine Inanspruchnahme der Bestimmungen der Strafprozessordnung erschwert. Gleichzeitig bieten die Digitalisierung und die umfassenden Verschlüsselungstechnologien den Tätern neue Handlungsmöglichkeiten.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger auch unter den Bedingungen dieser neuen Herausforderungen sicher in unserem Land leben können!
Dazu müssen wir unsere Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, Personen, bei denen die konkrete Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie eine terroristische Straftat begehen werden, effektiv zu überwachen und an ihren Aktivitäten zu hindern.
Auch unter diesem Leitgedanken haben wir das Gefahrenabwehrrecht zum Schutz der Menschen in Niedersachsen angepasst. Wir haben die bereits praktizierten Maßnahmen - wie Meldeauflagen, Aufenthalts- und Kontaktverbote - aus der alten Generalklausel herausgelöst und, dem Bestimmtheitsgebot folgend, in neue Normen, in neue Paragrafen gefasst. Damit schaffen wir Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sowohl aufseiten der Bürgerinnen und Bürger als auch aufseiten der Sicherheitsbehörden.
Meine Damen und Herren, einer der umstrittensten Punkte der Gefahrenabwehrrechtsnovelle dürfte wohl die Dauer des Präventivgewahrsams für terroristische Gefährder gewesen sein. Für die SPDFraktion kann ich feststellen, dass wir mit der Reduzierung der im Entwurf ursprünglich vorgesehenen maximal 74 Tage durchaus zufrieden sind. Das Gesetz sieht nunmehr eine maximale Gewahrsamsdauer von zunächst 14 Tagen vor, die bei Fortbestehen einer konkreten Gefahr um weitere 14 Tage und final noch einmal um 7 Tage verlängert werden kann - natürlich jeweils unter dem Vorbehalt einer richterlichen Anordnung.
Auch wenn viele Kritiker diese Maßnahme grundsätzlich ablehnen, wissen wir aus der polizeilichen Praxis, dass die derzeit möglichen 10 Tage zu kurz sind, um terroristische Anschlagspläne zu ermitteln, einen eventuellen Anschlag zu verhindern und rechtliche Maßnahmen gegen einen mutmaßlichen Terroristen einzuleiten. Die rechtliche Ausweitung der Ingewahrsamnahme ist angesichts der verheerenden Folgen, die terroristische Straftaten für die innere und äußere Sicherheit des Staates sowie für Leib und Leben der Menschen haben können, geboten und, meine Damen und Herren, Ausdruck eines handlungsfähigen Staates, den die Bürgerinnen und Bürger von uns auch erwarten.
Um der verstärkten Verlagerung krimineller Aktivitäten in das Internet auch präventiv begegnen zu können, haben wir entsprechende Ermächtigungsgrundlagen wie für die Quellen-TKÜ und die Onlinedurchsuchung, die der Bundesgesetzgeber im Übrigen bereits in die Strafprozessordnung eingeführt hat, auch in das novellierte Gefahrenabwehrrecht aufgenommen.
Meine Damen und Herren, an diesen Beispielen zur Terrorismusprävention wird bereits deutlich, dass es sich um ein lageangepasstes, rechtlich abgestuftes Instrumentarium handelt, mit dem die Sicherheitsbehörden einzelfallbezogen agieren können.
Ein weiteres Beispiel für das differenzierte Vorgehen bei der Gesetzgebung stellt die Stärkung von Kontrollbefugnissen dar. Wir weiten den Schutz für Berufsgeheimnisträger aus. Wir stärken die Kontrollbefugnisse der Landesbeauftragten für den Datenschutz. Wir konkretisieren die Protokollierungspflichten bei verdeckten Maßnahmen. Und wir führen eine ganze Reihe zusätzlicher, neuer Richtervorbehalte ein. Die längerfristige Observation steht zukünftig ebenso unter Richtervorbehalt wie der Einsatz von Vertrauenspersonen. Das gilt gleichermaßen für die Onlinedurchsuchung, die ebenfalls eine ausdrückliche richterliche Anordnung voraussetzt, oder auch für die Verlängerung von Meldeauflagen und die elektronische Aufenthaltsüberwachung sowie für die Rasterfahndung.
Meine Damen und Herren, insbesondere Richtervorbehalte stärken die Gewaltenteilung in unserem Land und sind Ausdruck eines freiheitlichen und den Grundrechten der Menschen verpflichteten Gesetzes - eines Gesetzes, welches sich auch in Zukunft dem gesellschaftlichen Wandel und den veränderten Sicherheitsanforderungen anpassen wird.
Ja, gerne.
Ich kann die Antwort kurz machen: so viele, wie erforderlich sind.
Das werden wir in der Praxis sehen. Auf jeden Fall hat die Justizministerin dieser Landesregierung die Beurteilung hinsichtlich der Anzahl neuer Richterstellen nicht zum Maßstab für die Anzahl von Richtervorbehalten in diesem Gesetz gemacht - so wie es bei der Vorgängerregierung der Fall war.
- Wer fragt, kriegt eine Antwort.
- Das ist sicherlich ein Aspekt. Aber der darf in einem modernen Rechtsstaat, der den Schutz der Bürgerrechte ernst nimmt, bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Richtervorbehalten nicht im Vordergrund stehen - jedenfalls nicht nach unserer Beurteilung.
Wir schaffen insgesamt ein Gesetz, das auch in Zukunft dem gesellschaftlichen Wandel und den veränderten Sicherheitsanforderungen anzupassen ist. Wenn man so will: Nach der Novelle ist vor der Novellierung.
Noch in diesem Jahr werden wir weitere datenschutzrechtliche Änderungen vornehmen, insbesondere vor dem Hintergrund der Bestimmungen der JI-Richtlinie, der Datenschutzgrundverordnung und des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu Kennzeichenlesegeräten.
Um den Kritiken schon jetzt vorzugreifen: Die heutige Novelle schafft nicht weniger, sondern mehr Rechtsklarheit.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende noch ein paar Sätze über unseren Antrag verlieren, mit dem wir die Möglichkeiten einer intel
ligenten, videobasierten Situations- bzw. Gegenstandserkennung erproben wollen.
Wir haben bei den Beratungen zum Gefahrenabwehrrecht anschaulich erlebt, dass das Rollenverständnis von Oppositions- und Regierungsfraktionen eine unvoreingenommene Sachdebatte manchmal auch erschweren kann.
Mit dem vorliegenden Antrag zur Erprobung einer videobasierten Szenarienerkennung wollen wir einen anderen Weg beschreiten und bereits im Vorfeld konkreter gesetzgeberischer Festlegungen eine gesellschaftliche Debatte über die Potenziale und Risiken dieser Technik anstoßen, die eben nicht nur Sicherheitspotenziale in sich bergen kann - - -
- Bitte? - Wir wollen uns vorher gemeinsam darüber austauschen und Sachverstand beiziehen, bevor man sich festlegt, in welche Richtung es denn gehen soll.
Insofern kann ich Sie nur einladen, sich darauf einzulassen, zu versuchen, mal aus Ihrer Rolle auszubrechen und konstruktiv an der Sacharbeit mitzuwirken.
Darum soll am Anfang eine Anhörung im Ausschuss stehen, in der Datenschutz- und Sicherheitsexperten ihre Einschätzung zu dieser neuen Möglichkeit darlegen. Dann besteht abseits von Vermutungen und technischen Glaubensbekenntnissen eine realistische Faktenbasis, auf deren Grundlage über die Möglichkeiten des Einsatzes dieser Technik entschieden werden kann.
Meine Damen und Herren, zusammengefasst sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten der festen Überzeugung, dass das Gesetz die beiden zentralen Bedürfnisse der Menschen nach Freiheit und Sicherheit ausgewogen erfüllt. Eine effektive und moderne, an den Grundrechten unserer Verfassung ausgerichtete Gefahrenabwehr gehört zu unserem sozialdemokratischen Grundverständnis. Das Gesetz ergänzt hierbei die Politik unseres Innenministers Boris Pistorius, der seit 2013 die niedersächsische Polizei strategisch und
personell insbesondere bei der Terrorismusbekämpfung hervorragend aufstellt.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe großes Verständnis für jede kritische Debatte über die Erweiterung der Eingriffsbefugnisse im niedersächsischen Gefahrenabwehrrecht. Es wäre ja auch ungewöhnlich, wenn die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit zum Teil umfassender Veränderungen, die wir dort vornehmen, nicht hinterfragt würden.
Aber die Behauptung, hier werde ein Polizeistaat etabliert, wie das die Fraktion der Grünen mit dem Banner ausgedrückt hat,
hinter dem sie sich bei der Demo am vergangenen Samstag versammelt hat, Herr Onay, empfinde ich als bodenlos. „Freiheit statt Polizeistaat“ stand darauf.
Meine Damen und Herren, als Polizeistaat wird ein Staat bezeichnet, dessen Organe nicht rechtlich gebunden handeln und in dem die Gewaltenteilung
entweder gar nicht existiert oder zumindest nicht funktioniert. Polizeistaaten sind in der Regel totalitäre Staaten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie allen Ernstes das als Attribut benennen wollen, mit dem Sie dieses Land und die gesetzgebende Mehrheit in diesem Hause kennzeichnen möchten.
Auch der kritischste Sachverhalt taugt noch als schlechtes Beispiel. In diesem Fall ist es ein Beispiel für die Art und Weise, wie der Diskurs zum Gefahrenabwehrrecht in Teilen geführt wird. Ein weiteres Beispiel ist die Überschrift, mit der Sie diese Aktuelle Stunde bezeichnet haben, meine Damen und Herren von den Grünen: „15 000 Menschen sagen Nein zum neuen Polizeigesetz“.
Auch das ist wohl mehr Kampagne als Argument. Tatsächlich hat es sich nämlich nicht um 15 000, sondern um 8 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehandelt - gezählt und nicht geschätzt.
Auch das zeigt, Herr Onay, wie unterschiedlich der Blick auf den gleichen Sachverhalt ausfallen kann.
Bedauerlicherweise finden wir für diese argumentative Qualität eine Reihe von Beispielen, die eher an eine Kampagne als an einen sachbezogenen Diskurs erinnern.
So ist die Darstellung, dass die Anwendung des Elektroimpulsgerätes, des sogenannten Tasers, durch Polizeibeamte erleichtert werden soll, schlicht falsch. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Elektroimpulsgeräte werden im Gesetzentwurf nämlich erstmals und eindeutig als Waffen definiert - übrigens eine Einordnung, die im Gegensatz zu jener in vielen anderen Bundesländern steht. Mit dieser Einordnung als Waffe wird eine Anwendung von Tasern durch Verwaltungsvollzugsbeamtinnen und Verwaltungsvollzugsbeamte von vornherein ausgeschlossen. Für den Bereich der Polizei bleibt die bisherige Erlassregelung natürlich in Kraft, dass Taser ausschließlich den Spezialeinsatzkommandos vorbehalten bleiben. Daran wird sich nichts ändern.
Die Realität ist also eine Einengung der Anwendungsmöglichkeiten. Behauptet wird vielfach das Gegenteil. Insofern ist die Darstellung, die Polizei werde Taser zukünftig auch gegen Fußballfans einsetzen, schlichtweg falsch und allenfalls zur Mobilisierung von Ultragruppen geeignet, die befürchten, demnächst werde die Polizei in ihren Blocks mit diesen Geräten auftauchen.
Ja, die gestatte ich.
Es ist nur eine Frage der Gesetzessystematik, dass das als Waffe eingeordnet wird. Es ist vollkommen klar, dass Waffen ausschließlich Polizeivollzugsbeamte einsetzen dürfen und nicht Verwaltungsvollzugsbeamte. Das war die Zielsetzung der Definition.
Im Gesetz zu unterscheiden, welche Organisationseinheiten der Polizei diese Waffe einsetzen sollen oder nicht, wäre von der Gesetzessystematik her - ich glaube, das können Sie als Jurist sehr gut nachvollziehen - viel zu kleinteilig. Das gehört in eine interne Erlassregelung.
Von daher entspricht das in vollem Umfang den bisherigen Gepflogenheiten solcher Regelungen und der bisherigen Systematik in unseren Landesgesetzen, in denen so etwas geregelt wird. Ich glaube, das wissen Sie auch.
Meine Damen und Herren, eine angemessene Wahrnehmung der politischen Verantwortung für die Sicherheit der Menschen in unserem Land setzt zunächst einmal eine Bewertung der aktuellen Bedrohungslage und die Beschreibung der daraus resultierenden Handlungserfordernisse voraus. Die will ich Ihnen auch nicht vorenthalten, meine Damen und Herren.
Entgegen vielfacher Behauptungen handelt es sich bei dem Terrorismuspaket des NPOG gerade nicht um ein unreflektiertes Mehr vom selben, sondern um ein abgestuftes Rechtsinstrumentarium, das es der Polizei überhaupt erst ermöglicht, auf die neue Phänomenologie des islamistisch motivierten Terrorismus zu reagieren.
Während die klassischen Erscheinungsformen des Terrorismus dadurch gekennzeichnet sind, dass bereits im Vorfeld der eigentlichen Anschläge vorbereitende, strafbewehrte Versuchshandlungen bzw. Vorbereitungshandlungen verwirklicht werden, ist gerade das Fehlen dieser strafbewehrten Handlungen ein häufiges Merkmal des islamistisch motivierten Terrorismus. In der Praxis können Polizei und Staatsanwaltschaft damit auf die Eingriffsbefugnisse des Strafrechts, wie insbesondere die Untersuchungshaft, vielfach nicht zugreifen. Auf diesen Umstand reagieren wir mit dem Terrorismuspaket des NPOG und geben unseren Sicherheitsbehörden ein abgestuftes Instrumentarium aus Meldeauflagen, Aufenthaltsverboten, Kontaktverboten, der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und, ja, in letzter Konsequenz, als Ultima Ratio, auch einen verlängerten Präventivgewahrsam an die Hand.
Zum weiteren Verfahren, meine Damen und Herren: Wir haben nicht ohne Grund eine so breite Anhörung im Innenausschuss angelegt. Wir haben dort, wie erwartet, sehr konstruktive Hinweise erhalten. Die werden wir jetzt in den weiteren Gesetzesberatungen bewerten und angemessen berücksichtigen. Das ist eine Fortentwicklung des Entwurfs, so wie es in den Beratungen in diesem Haus üblich ist.
Für einen Rückzug dieses Gesetzentwurfs, Herr Onay, gibt es überhaupt keinen Grund.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im August-Plenum hatten wir ja bereits einen Austausch zu dem Phänomen der Clan-Kriminalität in Niedersachsen. Bereits dort hat der Innenminister überzeugend deutlich gemacht, dass sich die Polizeien des Bundes und der Länder schon seit geraumer Zeit mit dem Phänomen der Clans befassen und dass die Bekämpfung von Clan-Kriminalität bereits seit Jahren einen Schwerpunkt in der Kriminalitätsbekämpfung der niedersächsischen Polizei bildet. Insofern, Herr Dr. Genthe, kann von liegen lassen oder aussitzen überhaupt keine Rede sein. Das Gegenteil ist richtig.
Im Rahmen dieser Schwerpunktsetzung hat die niedersächsische Polizei eine einheitliche strategische Linie für das Land entwickelt, also für die Polizeibehörden in Niedersachsen, die in der schon erwähnten Landesrahmenkonzeption ClanKriminalität vom 1. März dieses Jahres festgelegt worden ist. Dort werden einheitliche Standards verbindlich vorgegeben, insbesondere im Hinblick auf eine Nulltoleranzstrategie der Sicherheitsbehörden und eine dementsprechend niedrige Einschreitschwelle.