Wir beginnen die heutige Sitzung mit den Dringlichen Anfragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP. Danach setzen wir die Beratungen ab Tagesordnungspunkt 25 in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 14 Uhr enden.
Vielen Dank. - Bevor wir zu den Dringlichen Anfragen kommen, gibt es eine Meldung zur Geschäftsordnung von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Herr Kollege Limburg!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen - ich bin sicher, das haben Sie alle wahrgenommen - haben mehrere Zeitungen, u. a. die Süddeutsche Zeitung, über die Situation unserer Landesbank, der NORD/LB, berichtet. In der Süddeutschen Zeitung heißt es dazu:
„Mehrmals mangelhaft. In vertraulichen Berichten stellen interne Prüfer der NORD/LB und ihren Managern ein verheerendes Zeugnis aus.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in Niedersachsen z. B. rund um den VW-Abgas-Betrugsskandal erlebt, was solche internen Berichte hervorrufen können und welche Folgen dies für das Land, für die Landespolitik und für unsere Arbeit haben kann. Aus unserer Sicht kann ein solcher Bericht nicht unkommentiert - nicht unwidersprochen - im Raum stehen bleiben.
Wir fordern deshalb den Herrn Finanzminister auf, hier im Plenum darüber zu unterrichten, soweit dies in öffentlicher Sitzung geschehen kann. Und wir regen an, dass es im Anschluss an das Plenum eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses gibt, in der dann auch über vertrauliche Dinge unterrichtet werden kann.
Wir meinen, dass die Lage unserer Landesbank, die ja immer wieder Gegenstand politischer Debatten und auch Gegenstand politischer Entscheidungen hier im Land war, nicht irgendwann später in den kommenden Wochen diskutiert werden kann, sondern dass wir darüber jetzt und hier in aller Öffentlichkeit diskutieren müssen. So hat es z. B. die CDU-Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode, als sie noch in der Opposition war, immer wieder eingefordert.
Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat sich Herr Kollege Nacke gemeldet. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Limburg, die Berichterstattung ist natürlich auch von uns wahrgenommen worden. Der Finanzminister hat auch bereits signalisiert, dass er selbstverständlich gerne bereit ist, heute den Niedersächsischen Landtag über die aktuellen Vorgänge zu unterrichten, soweit das in öffentlicher Sitzung zulässig ist. Sie haben es zu Recht angesprochen: Gerade die Vorgänge in der NORD/LB sind sehr häufig relevant als auslösenden Momente für andere Entwicklungen. Ich nenne als Stichwort nur die Ad-hoc-Meldung. Natürlich muss vom Finanzminister beachtet werden, dass die notwendige Vertraulichkeit möglicherweise nur in einer Sitzung des Haushaltsausschusses hergestellt werden kann.
Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich einen technischen Hinweis geben muss, der für uns von besonderer Bedeutung ist. Die Fraktion der CDU und - soweit ich informiert bin - auch die Fraktion der SPD haben im Anschluss an die heutige Plenarsitzung zu einer Fraktionssitzung eingeladen, weil das Haushaltsbegleitgesetz bei uns auf der Tagesordnung steht. Es ist unumgänglich, dass auch die Haushaltspolitiker an diesen Sitzungen
teilnehmen. Einer Sitzung des Haushaltsausschusses unmittelbar im Anschluss an die Plenarsitzung können wir nicht zustimmen, weil wir Fraktionsberatungen durchzuführen haben.
Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Ich sehe noch eine Wortmeldung des Kollegen Limburg. Bitte kommen Sie nach vorne! Ich glaube, das ist einfacher für uns alle. Und ein bisschen Bewegung tut ja auch gut.
Ihre Sorge um meine Gesundheit, Frau Präsidentin, ist geradezu rührend. Aber ich frage Sie: Wo waren Sie in den vergangenen zehn Jahren, seit ich in diesen Landtag gekommen bin und hier kontinuierlich die Arbeitsbedingungen in gesundheitlicher Hinsicht ertragen musste.
Zur NORD/LB. Herr Kollege Nacke, nur ein kurzer Hinweis! Das respektieren wir natürlich. Mein Vorschlag ist, dass wir jetzt die Unterrichtung im Plenum durchführen, soweit es in öffentlicher Sitzung möglich ist. Die Sprecherinnen und die Sprecher der Fraktionen sowie der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Herr Wenzel, verständigen sich dann am Rande, wo und wie gegebenenfalls vertrauliche Unterrichtungen stattfinden können.
Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. Ich glaube, das ist ein sehr praktikabler Vorschlag. - Ich sehe, dass sich Herr Finanzminister Hilbers zu Wort gemeldet hat. Bitte, Herr Minister! - Ich darf alle um Aufmerksamkeit bitten.
te Morgen hier über die aktuelle Berichterstattung in den Medien bezüglich der Veröffentlichung interner Unterlagen der NORD/LB zu berichten. Das gibt mir die Gelegenheit, einiges in das rechte Licht zu rücken und vielleicht auch Fehlinterpretationen auszuräumen.
Der Tenor der Berichterstattung lautete ungefähr wie folgt: Die interne Revision der Bank hat schon seit vielen Jahren gravierende Mängel bei verschiedenen Prozessen und Themen aufgedeckt und darauf hingewiesen. Diese wurden aber weder durch die Bank noch durch die Aufsicht mit der notwendigen Sorgfalt beachtet und abgestellt.
Meine Damen und Herren, dieser Eindruck - wenn er entstanden sein sollte - ist unzutreffend. Die Berichterstattung und die jetzt stattfindende öffentliche Auseinandersetzung basieren auf internen Dokumenten der Bank. Ich möchte betonen: Revisionsberichte sind nicht deshalb intern, weil man mit irgendwelchen Feststellungen hinter dem Berg halten möchte. Aufgabe der Revision ist es vielmehr, mögliche Schwachstellen und potenzielle Risiken im Unternehmen zu benennen und auf ihre Behebung hinzuwirken, bevor Schadensfälle oder nachteilige Ereignisse oder aber Bemängelungen in Prüfberichten externer Prüfer oder der Aufsicht auftauchen können.
Fehlermeldungen der internen Revision in einem Unternehmen sind nicht unüblich. Schwachstellen und Risiken gibt es zu jeder Zeit in jedem Unternehmen und in jeder Organisation, insbesondere wenn neue Prozesse aufgelegt werden. Und wenn neue Regulierungen vorgenommen werden, ist das sicherlich vermehrt der Fall. Die Frage ist nur: Wie und mit welchen Mitteln begegnet man diesen Feststellungen? Darum geht es, denke ich, im Kern.
Adressat interner Revisionsberichte - in jedem Unternehmen, so auch in der NORD/LB - ist der Vorstand, der in der Gesamtverantwortung für den Umgang mit diesen Feststellungen verantwortlich ist. Um Feststellungen und Prüfergebnisse in Revisionsberichten richtig einordnen und bewerten zu können, bedarf es nun mal interner Kenntnisse über Zusammenhänge, Verfahrensweisen und Abläufe sowie auch über die Verfahrensweisen der Innenrevision.
Insofern macht es einen wichtigen Unterschied, ob man Innenrevisionsprozesse als gesamten Prozess betrachtet oder ob man nur einzelne Aspekte von Bearbeitungsfehlern einiger Prozessteile betrachtet. Daher ist es wichtig, dass man eine ganz
heitliche Betrachtung bei Prozessen an den Tag legt. Das ist aber bei diesen Teilberichten, die an die Öffentlichkeit gelangt sind, gerade nicht der Fall, weil sie - zumindest manche von ihnen - aus vorhandenen Prozessen herausgerissen werden. Daher ist es schwierig und mit der Gefahr von Fehlinterpretationen verbunden, meine Damen und Herren, öffentlich aus diesen Fragestellungen, die der Öffentlichkeit nicht vollständig vorliegen und ihr in der für ein Verständnis notwendigen Vollständigkeit auch nicht zugeführt werden können, entsprechende Rückschlüsse zu ziehen.
Herr Minister Hilbers, ich darf Sie kurz unterbrechen. Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wenzel zu?
(Heiterkeit - Wiard Siebels [SPD]: Ich dachte, mit dem Mund! - Jens Nacke [CDU]: Wie kann man mit der Hand fragen? - Zustimmung)
Ich hatte eben darauf hingewiesen, dass es schwierig ist, einzelne Prozesse in Teilen zu betrachten, ohne zu Fehlinterpretationen zu kommen. So ist z. B. konkret zu den internen Revisionsberichten berücksichtigen, dass der Vorstand der NORD/LB die Innenrevision seit Jahren anhält, besonders intensiv, besonders eng, besonders umfassend und streng zu prüfen, um die internen Prozesse in allen Bereichen der Bank zu optimieren und sicher zu gestalten.
Die Bank legt größten Wert darauf, dass die interne Revision als Kontrollinstanz Schwachstellen aufdeckt, um eben intern - im Unternehmen selbst! - einen Prozess zu haben, der dafür sorgt, dass die Prozesse rechtssicher und optimal ablaufen. Kritische Befunde, meine Damen und Herren, wie sie jetzt in den Medien bekannt geworden sind, sind systemimmanent und quasi die logische Konsequenz eines sehr stringenten, häufig aktiven und strikten Prüfungswesens, wie es eingefordert worden ist. Damit geht eine zunehmende Anzahl kriti
scher Befunde einher. Natürlich freut sich niemand über negative Berichterstattung und negative Revisionsfeststellungen. Aber es kommt darauf an, dass diese Punkte vernünftig abgearbeitet werden.
Es kommt darauf an, wer in welcher Form Kenntnis von den Prüfberichten in der Innenrevision nimmt und was mit den Feststellungen passiert. Deswegen möchte ich diesen Prozess näher erläutern.
Wie eben dargelegt, sind der Vorstand eines Unternehmens - so auch der Vorstand der NORD/LB - sowie die verantwortlichen geprüften Organisationen die Adressaten für die internen Prüfberichte der Innenrevision. Dem Finanzministerium liegen einzelne Prüfbericht der internen Revision der NORD/LB nicht vor. Es ist gesetzlich auch nicht vorgesehen, dass diese der Aufsicht, dem Ministerium oder dem Aufsichtsrat vorgelegt werden. Es handelt sich dabei um klare Regelungen für einen abgelaufenen Vorgang. Keiner der Träger erhält die Berichte.
Die wesentlichen Prüfergebnisse der Innenrevision sowie zeitliche und quantitative Beseitigungsempfehlungen in den Feststellungen werden im sogenannten Prüfungsausschuss - das ist ein Ausschuss des Aufsichtsrats -, dem jemand aus der Sparkassenorganisation vorsitzt, regelmäßig behandelt.
Zusammenfassend wird dann den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Bank ein Bericht über die Tätigkeit des Prüfungsausschusses gegeben. Dieser wird vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat gehalten. Der Aufsichtsrat erhält gemäß den Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken (MaRisk) einen zusammengefassten Bericht über wesentliche und relevante Feststellungen der Innenrevision.
Selbstverständlich nehmen wir diese Prüfberichte und die Feststellungen der Innenrevision sehr ernst. Das gilt selbstredend für sämtliche Berichte und nicht nur für die öffentlich genannten. An diesem Verfahren gibt es keinen Zweifel. Im Übrigen ist bei keinem Prüfbericht oder Jahresabschluss entsprechend etwas bemängelt worden. Alle Jahresabschlüsse sind mit einem uneingeschränkten Testat versehen worden. Die von der Innenrevision veröffentlichten Feststellungen und Vorgaben für die Abarbeitung der Feststellungen geben keinen Anlass, das operative Geschäft - weder der Innenrevision noch des Vorstands - infrage zu stellen.
Auch ist mir nicht bekannt, dass die Finanzaufsicht Zugriff auf diese Berichte hat oder aufgrund der Feststellungen der internen Revision besondere Anforderungen an die Bank gestellt hat.
Die rechtlichen Vorgaben und die geübte Praxis stellen einen wirksamen Kontrollmechanismus innerhalb der Bank für die Finanzaufsicht dar. An den Ergebnissen sehen wir, dass die Innenrevision der Bank ihre Aufgabe erfüllt, indem sie deutliche Risiken benennt. Der Vorstand und die verantwortlichen Bereichsleiter werden zum Handeln aufgefordert.
Gleichwohl, meine Damen und Herren, habe ich vor dem Hintergrund der Berichterstattungen den Vorstandsvorsitzenden der NORD/LB gebeten, einen umfangreichen Bericht zur Sachaufklärung zu erstellen und diesen den zuständigen Gremien, insbesondere dem Aufsichtsrat, zeitnah vorzulegen. Ich bin gerne bereit, ihn in einer nicht öffentlichen Ausschusssitzung zusammen mit dem Vorstand der NORD/LB, der Adressat dieser Berichte ist, Rede und Antwort zu stehen, wobei wir auch über Details sprechen können, die veröffentlicht worden sind, aber nicht für eine öffentliche Sitzung bestimmt sind.