Uwe Schünemann
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nizza: drei Tote. Wien: vier Tote. Zuvor der Lehrermord in Frankreich. In Deutschland der Mord in Dresden. Neun Opfer des islamistischen Terrorismus. Unfassbar brutale Attentate.
Wir gedenken der Opfer und sind uns in diesem Hause sicherlich auch einig: Das waren Angriffe auf uns alle, auf unsere Werte, auf unsere Kultur, auf unsere freiheitliche demokratische Grundordnung!
Und darauf kann es nur eine Antwort geben, meine Damen und Herren: mit aller Härte, mit aller Kon
sequenz gegen diesen islamistischen Terrorismus vorzugehen.
Deshalb, meine Damen und Herren, war es richtig, dass wir der Polizei mehr Befugnisse gegeben haben. Wer will denn heute wirklich noch eine längere Präventivhaft infrage stellen?
Eine ganz wichtige Rolle im Kampf gegen den Islamismus kommt der Justiz zu. An der Spitze des Ministeriums steht eine ehemalige, erfahrene Vorsitzende Richterin des 6. Staatsschutzsenats, wo die Prozesse gegen al-Qaida geführt worden sind. Ich erinnere nur an das Stichwort „Düsseldorfer Zelle“. Der ehemalige Justizminister der SPD in Nordrhein-Westfalen hat Barbara Havliza einmal so charakterisiert: Sie ist das „Gesicht gegen den Terror“.
All diese Erfahrung hat Barbara Havliza seit ihrem Amtsantritt in konkrete Maßnahmen umgesetzt. Denn wer solche Prozesse geführt hat, der weiß, dass hohe Haftstrafen notwendig sind, der weiß, wie Radikalisierungsprozesse stattfinden, der
weiß, wie wichtig es ist, auch eine Resozialisierung vorzunehmen, der weiß aber auch, wo die Grenzen der Resozialisierung tatsächlich sind.
Ich will nur fünf Maßnahmen ansprechen:
Erstens. Resozialisierung: Hier haben Sie, Frau Havliza, die Prävention massiv ausgebaut und auch ein Konzept dahinter gestellt.
Zweitens. Das Wichtige ist, dass Sie gerade die Gefährdungsanalyse präzisiert haben. Denn es darf keiner frühzeitig aus der Haft entlassen werden, wenn von ihm noch eine Gefahr ausgeht, meine Damen und Herren.
Drittens. Sie haben den Informationsaustausch zwischen Sicherheitsbehörden und der Justiz verbessert. Das ist bei der Gefährdungsanalyse wichtig, aber wenn tatsächlich jemand aus der Haft entlassen wird, von dem noch eine Gefahr ausgeht, müssen die Maßnahmen sofort einsetzen.
Viertens: die Religionsausübung in den Haftanstalten. Sie haben den Vertrag mit DİTİB zu Recht gekündigt. Denn von Erdogan gesteuerte Imame haben in niedersächsischen Haftanstalten nichts zu suchen.
Stattdessen haben Sie das Forschungsprojekt „Professionalisierung muslimischer Gefängnisseelsorge“ aufgelegt, und in vier Haftanstalten wird Seelsorge nach neusten wissenschaftlichen Methoden angeboten.
Aber, meine Damen und Herren, Islamisten sind Glaubenskrieger. Sie pervertieren den Koran zur Legitimation von Gewalt. Insofern ist der politische Islam, der Salafismus, die Religion des Terrors. Wer das nicht anerkennt, hat den Kampf gegen den Terrorismus schon verloren, meine Damen und Herren.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir das Institut für die Imamausbildung in Osnabrück nicht nur gegründet haben, sondern dass es dort jetzt auch weitergeht. Und deshalb ist es von zentraler Bedeutung für uns, dass Imame in Haftanstalten einen aufgeklärten Islam predigen.
Fünftens: die konsequente Abschiebung aus den Haftanstalten. Hier müssen wir sicherlich auch die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Justizbehörden noch verbessern. Ich glaube, wir müssen die Kommunen entlasten. Um ihnen hier die Möglichkeit zu geben, schneller tätig zu werden, sollte das Innenministerium meiner Ansicht nach die Verantwortung übernehmen.
Die Gefahr durch den islamistischen Terrorismus ist unverändert. Deshalb muss der Gesetzgeber unsere Sicherheitsbehörden weiterhin stärken, sowohl in technischer, rechtlicher, aber auch in personeller Hinsicht. Und das Strafmaß muss angepasst werden - nicht nur wegen der Abschreckung, sondern auch, weil man mehr Zeit für die Resozialisierung braucht.
Wir brauchen in Niedersachen auch einen Staatsschutzsenat, der allen Sicherheitsstandards entspricht. Denn ein starker Staat muss auch seine Richter sowie auch seine Justizbediensteten schützen.
Frau Ministerin, gehen Sie Ihren konsequenten Weg im Kampf gegen den Islamismus weiter! Sie wissen die Regierungsfraktionen und insbesondere die CDU-Fraktion an Ihrer Seite.
Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die Polizei in Niedersachsen ist Verlass. Sie verrichtet einen ausgezeichneten Dienst. Sie schützt uns vor Verbrechen, vor Straftaten - und das vor dem Hintergrund immer schwieriger werdender Umstände.
Polizistinnen und Polizisten werden selber Opfer von Übergriffen, von Beleidigungen. Deshalb ist das Signal der Polizei an uns eindringlich, ihr optimale Rahmenbedingungen zu verschaffen.
Ich glaube, dass wir das in der Vergangenheit gerade in Niedersachsen durchaus getan haben. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben dies schon dargestellt.
Mit der Gründung der Polizeiakademie haben wir den theoretischen Teil intensiviert, aber gerade auch die praktische Ausbildung so ausgerichtet, dass man auf die schwierigen Situationen vorbereitet ist.
Herr Becker hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in Niedersachsen mit die Ersten waren, die die interkulturelle Kompetenz in die Polizei getragen haben. Aber die unglaublichen Vorfälle in der hessischen und in der nordrhein-westfälischen Polizei zeigen, dass wir uns nicht zurücklehnen und so tun dürfen, als wenn wir schon alles getan hätten.
Nun heißt es, man muss erst einmal eine wissenschaftliche Studie erstellen, um zu sehen, wie man darauf reagieren kann. Das ist irgendwie immer das Erste, was man in solchen Situationen hört. Hier betrifft es nun die Polizei. Aber es kam sogar schon der Vorschlag, dass man das Problem auch bezogen auf die Gesamtgesellschaft analysieren muss.
Das kann man sicherlich alles tun. Die Ergebnisse hätten wir dann in einem oder in anderthalb Jahren. Aber die Botschaft, die von den Vorgängen in Hessen und in Nordrhein-Westfalen ausgeht, ist doch, dass wir schon jetzt etwas tun müssen, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen, sondern wir müssen unsere Polizei jetzt unterstützen.
Ich finde es auch schwierig, dass sich die Diskussion auf die Polizei konzentriert. Die Feinde der Demokratie können nämlich auch in anderen Bereichen sitzen - in der Justiz, im Bildungsbereich usw. Ich finde, wir sollten alles daransetzen, dass wir möglichst im gesamten öffentlichen Dienst niemanden haben, der extremistisch handelt. Wir müssen einerseits präventiv arbeiten, aber andererseits auch kontrollieren und diejenigen identifizieren, die extremistisch handeln. Dazu müssen wir jetzt das Rüstzeug geben.
Meiner Ansicht nach müsste in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes die Regelabfrage beim Verfassungsschutz eingeführt und als Basis für eine Einzelfallbeurteilung herangezogen werden.
Meine Damen und Herren, wir brauchen aber auch eine Stelle, die neutral ist und die Hilfestellung gibt, wie man reagiert, wenn man extremistisches Handeln mitbekommt. Insofern, Herr Dr. Genthe, will ich Ihren Vorschlag gerne mit aufgreifen, dann aber nicht bezogen auf die Polizei, sondern auf die gesamte allgemeine Verwaltung. Sie haben zu Recht angesprochen, dass es ein völlig falsches Signal war, eine Beschwerdestelle allein für die Polizei einzurichten - und sie war ja auch nicht erfolgreich.
Wir brauchen ein Hinweisgebersystem, in dem anonyme Hinweise an eine neutrale Stelle möglich sind. Im Bereich der Korruption gibt es so etwas von der Business Keeper AG; in deren System kann man mit Hinweisgeber sogar anonym kom
munizieren. Das wäre die richtige Weiterentwicklung der Beschwerdestelle. Ich glaube, dass wir dazu auch kommen werden.
Meine Damen und Herren, wir müssen die Regelungen für die Tarifbeschäftigten und das Beamtengesetz ändern, damit wir dann, wenn wir erkennen, dass es, wie in Hessen und in NordrheinWestfalen, solche nachhaltigen extremistischen Botschaften gibt, die Möglichkeit haben, die betreffenden Personen sofort aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Das ist im Interesse derjenigen, die auf der Basis unserer Demokratie für uns und für unsere Bürgerinnen und Bürger arbeiten.
Aber es müssen natürlich auch polizeispezifische Maßnahmen umgesetzt werden. Wir müssen noch mehr als bisher gerade die Führungskräfte auf der mittleren Führungsebene sensibilisieren, damit sie wissen, wie sie damit umgehen müssen. Ich glaube, da ist noch einiges zu tun.
Außerdem wäre es sinnvoll, die Angehörigen des Sozialwissenschaftlichen Dienstes, der aus meiner Sicht noch zu theoretisch arbeitet, als Mediatoren einzusetzen. Sie sind ja auch Konfliktmanager und könnten mehr auf die Ebene der Polizeibasis gehen. Die regionalen Beratungsstellen sind ja vorhanden. Aber noch einmal: Man muss auch Hilfestellung geben. Ein Mediationsverfahren muss sofort und vor Ort in Gang gesetzt werden, damit man nicht z. B. aus Frust in eine Lage gerät, in der man eigentlich gar nicht sein will.
Es wäre sicherlich auch sinnvoll, im Bereich der Polizei und dort gerade in der Personalverwaltung mehr Juristen einzustellen; denn Vollzugsbedienstete sind nicht immer in der Lage, das alles umzusetzen.
Für mich ist es auch wichtig, dass wir kontrollieren. Eine solche Kontrollpflicht ergibt sich übrigens schon aus dem Datenschutzgesetz. In Hessen wurden personenbezogene Daten widerrechtlich erhoben. Das zeigt, dass wir die Kontrollpflicht, die wir beschlossen haben, auch leben und umsetzen müssen.
Wir müssen kontrollieren, ob es bei der Polizei, aber auch in anderen Bereichen extremistische Botschaften gibt. Wenn wir erkennen, dass es sie gibt, dann dürfen wir nicht erst disziplinarisch vorgehen, sondern dann müssen wir die Betreffenden
gleich aus dem Dienst entfernen. Wir müssen den Mut haben, anlassunabhängig zu kontrollieren. Es wäre fahrlässig, darauf zu verzichten.
Ich komme zum Schluss.
Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier eine breite Mehrheit dafür bekommen, um im Bereich des öffentlichen Dienstes insgesamt mehr zu sensibilisieren.
Ich will meine Botschaft in einem Satz zusammenfassen: Wir müssen mehr präventiv arbeiten, wir müssen diejenigen, die extremistisch sind, identifizieren, und wir müssen den Mut haben, sie auch aus dem öffentlichen Dienst zu entlassen. Diese Maßnahmen sind jetzt notwendig. Dafür müssen wir nicht erst auf wissenschaftliche Studien warten.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Kollegin Menge, ich würde Ihnen empfehlen, meine Rede nachzulesen. Darin habe ich zehn Punkte aufgezeigt. Mir geht es nicht nur darum, etwas disziplinarisch umzusetzen, sondern ich habe sehr konkret erläutert, wie Strukturen aufgebrochen werden können und wie den Polizistinnen und Polizisten in ihrem Alltag geholfen werden kann, z. B. durch Mediation in den regionalen Beratungsstellen. Außerdem habe ich Ihnen etwas dazu gesagt, wie der Sozialwissenschaftliche Dienst breiter eingesetzt werden könnte.
Alle diese Maßnahmen sind sehr sinnvoll. Ich kenne die Polizei seit mittlerweile 20 Jahren sehr genau und habe sehr viele Gespräche geführt. Ich halte es für absolut richtig, eine verwaltungsinterne Meldestelle zu errichten, in der etwas anonym dargelegt werden kann, aber auch die Möglichkeit zu haben, anschließend z. B. durch eine Vertrauensstelle für den gesamten öffentlichen Dienst zu sensibilisieren.
Ich kann diese zehn Punkte in meinen eineinhalb Minuten gerne noch einmal darstellen.
Es gibt kein Erkenntnisdefizit. Da bin ich völlig anderer Auffassung als Sie. Die Polizistinnen und Polizisten brauchen konkrete Unterstützung. Wir
haben gute Rahmenbedingungen, aber wir müssen im sozialen Bereich und können genauso auch in Bezug auf die disziplinarische Ordnung noch besser werden. Das ist die richtige Antwort.
Ich möchte nicht erst ein Jahr warten, bis ich irgendeine Studie habe, sondern ich kann jetzt reagieren - denn die Probleme in Hessen und Nordrhein-Westfalen sind jetzt aufgetaucht.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich nochmals zu Wort gemeldet, weil ich von der Antwort des Innenministers auf die Nachfrage des Kollegen Becker überrascht war. Ich darf darauf hinweisen, dass es einen § 35 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes gibt.
Bei der Einführung von NIMes gab es eine Debatte zu diesem Thema: Durch die Ende-zu-EndeVerschlüsselung ist es eigentlich möglich, dass man den Datenverkehr kontrolliert. Es ist jetzt ein Novum, dass ich die Datenschutzbeauftragte in diesem Parlament zitiere:
„Sollte der freiwilligen anlassunabhängigen Kontrolle weiterhin in allen Fällen Folge geleistet werden, könnte eine effektive Kontrolle trotz Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gewährleistet werden. Im Übrigen müssten - für den Fall der Verweigerung - dienstrechtliche Konsequenzen für den einzelnen Beschäftigten gezogen werden.“
Meine Damen und Herren, genau darum geht es. Es ist eine Kontrollpflicht, dass so etwas wie in Hessen nicht stattfindet. Ich habe es so verstanden, Herr Innenminister, dass man NIMes auch
eingeführt hat, damit man z. B. dienstliche Anweisungen nicht über private Telefone, über
WhatsApp oder anderes umsetzt. Das ist jetzt darüber möglich, aber ich muss auch kontrollieren, ob die Daten tatsächlich rechtmäßig erhoben und weitergegeben werden. Wenn ich dort kontrolliere, ist es durchaus sinnvoll und richtig, auch darauf zu achten, dass da keine rechtsextremistischen Botschaften sind.
Deshalb: Wir brauchen kein neues Recht, sondern wir müssen das Datenschutzrecht anwenden. Dass man das hier in Niedersachsen nicht machen wollte, kann ich mir kaum vorstellen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer sich die Bilder vom Lager Moria auf Lesbos anschaut, der ist geschockt, der ist
bewegt. Die völlig normale Reaktion ist: Hier müssen wir sofort helfen, und hier müssen wir als Bundesrepublik Deutschland voranschreiten!
Allerdings ist die Situation eine etwas komplizierte; denn zuständig ist die griechische Regierung. Ich zitiere sinngemäß den griechischen Innenminister, der gesagt hat: Wir wollen nicht den Effekt, dass es vielleicht sogar Schule macht, dass Lager angezündet werden, und deshalb werden wir dieses Lager nicht sofort räumen und nicht die Verteilung aufnehmen.
Das ist die Situation, wie sie der griechische Innenminister beschrieben hat. Der Bundesinnenminister hat daraufhin sofort reagiert. Die Kinder, die nicht begleitet waren, sind dann auf das griechische Festland überführt worden. Der Bundesinnenminister hat sofort gesagt, dass wir versuchen, in europäischer Einheit diese Kinder aufzunehmen. Das ist bereits eingeleitet und wird jetzt auch umgesetzt.
Dann hat der Bundesinnenminister weiter verhandelt. Etwas anderes ist mit der griechischen Regierung gar nicht möglich gewesen. Es sind ja nicht nur unbegleitete Kinder in Not, sondern auch Familien mit Kindern. Hierfür hat man jetzt eine Lösung gefunden, die heute verkündet worden ist: 408 Familien, die bereits einen verfestigten Status haben, werden aufgenommen. - Somit ist mit der griechischen Regierung eine einvernehmliche Lösung gefunden worden. Das war wichtig.
Meine Damen und Herren, ich glaube, das Entscheidende ist, dass wir in diesem Bereich endlich eine europäische Lösung hinbekommen. Deshalb ist es absolut zu begrüßen, dass auf Initiative der Bundeskanzlerin Frau Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin eine Initiative gestartet worden ist, Aufnahmelager nach europäischen Standards zu bauen, um dort Flüchtlinge aufzunehmen und dort das erste Asylverfahren durchzuführen, um danach eine Verteilung auf die europäischen Länder vorzunehmen und diejenigen, die nicht anerkannt werden, wieder in ihre Länder zurückzuführen.
Das ist die Initiative, die jetzt unter der EURatspräsidentschaft Deutschlands umgesetzt werden muss. Insofern ist es notwendig, nicht nur Signale auszusenden und humanitäre Hilfe zu leisten, was absolut richtig und notwendig ist, sondern endlich auch eine politische Lösung, auf die
wir seit fünf, seit sechs, seit sieben oder sogar seit zehn Jahren warten, umzusetzen.
Da wird die Bundeskanzlerin in den nächsten Monaten gemeinsam mit Ursula von der Leyen ganz besonders gefordert sein. Auch die Bundesländer sollten ein Signal setzen, dass sie in diese Richtung gehen, und keine falschen Signale aussenden. Humanitäre Hilfe muss auf jeden Fall sofort vor Ort geleistet werden.
Der Bundesinnenminister hat hier hervorragende Arbeit geleistet. Er ist nicht sofort an die Presse gegangen, sondern er hat verhandelt.
Er hat das geleistet, was humanitär überhaupt möglich gewesen ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Täglich werden Kinder Opfer von sexueller Gewalt. Im Zuge neuester Erkenntnisse aus Nordrhein-Westfalen mussten wir feststellen, dass Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren - in einem Fall sogar im Alter von drei Monaten, ein Baby - misshandelt worden sind. Unvorstellbar, abscheulich und wirklich menschenverachtend! Oftmals wird dieser Kindesmissbrauch gefilmt und tausendfach im Internet oder Darknet verbreitet.
Die Kinder sind nicht nur körperlich, sondern auch seelisch für ihr ganzes Leben gezeichnet. Deshalb ist es an uns - an jedem einzelnen von uns -, alles, aber auch wirklich alles daranzusetzen, Kinder zu schützen, die Täter dingfest zu machen und dafür zu sorgen, dass die Täter solche abscheulichen Straftaten nie wieder begehen können.
Was ist zu tun? - Wir haben gerade gestern gehört, dass in dem Komplex Bergisch-Gladbach Spuren zu 30 000 Tätern ermittelt worden sind. In den
Chats feuert man sich unverhohlen an und gibt sich Hinweise, wie man Kinder missbrauchen kann. Offenbar fühlen sich diese Täter sicher. Oder sie gehen davon aus, dass sie, wenn sie erkannt werden, mit nur drei oder sechs Monaten bestraft werden und eine Bewährungsstrafe bekommen. Damit muss endgültig Schluss sein!
Deshalb müssen wir die Mindeststrafe auf ein Jahr erhöhen, die Höchststrafe bei Verbreitung von Kinderpornografie auf zehn Jahre erhöhen, und die Strafe bei Besitz von Kinderpornografie muss von drei auf fünf Jahre erhöht werden. Ich bin der Justizministerin Havliza sehr dankbar, dass sie das immer wieder gefordert hat. Ich bin seit zehn Jahren dabei und befasse mich damit. Diese Forderungen sind immer wieder erhoben worden. Aber sie sind immer wieder am Bundesjustizministerium gescheitert. Vor wenigen Tagen gab es wieder die gleiche Reaktion.
Aber ich muss ganz offen sagen: Die jetzt amtierende Bundesjustizministerin hat sich selbst damit befasst und sich korrigiert. Sie trägt das jetzt mit. Diese Korrektur ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Ich bin froh, dass wir diese Änderung jetzt hoffentlich so schnell wie möglich in Gesetzesform gießen können.
Meine Damen und Herren, noch nicht überzeugt ist die Bundesjustizministerin von der Abschaffung der Verjährung. Vielleicht liegt das daran, dass diese Verjährung sehr spät einsetzt und die Verfolgung deshalb nicht in irgendeiner Art und Weise gehindert wird. Aber ich glaube, im Gesamtzusammenhang ist klar, dass es kaum jemandem zu erklären ist, dass ein derart schweres Verbrechen verjährt. Insofern ist es sinnvoll, dass auch dies im Gesamtkontext geprüft wird.
Was brauchen wir noch? - Wir brauchen eine Onlinedurchsuchung bei der Verbreitung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch. Wir müssen die Internetprovider verpflichten, dass sie Verdachtsfälle an eine staatliche Stelle melden. Wir müssen die heutigen technischen Möglichkeiten nutzen. Sogenannte Honeypots müssen eingesetzt werden. Es geht darum, die Täter in Netzwerke zu locken, damit sie enttarnt werden und anschließend auch bestraft werden können.
Meine Damen und Herren, im Jahr 2017 waren es 8 400 Fälle, in denen nicht ermittelt werden konnten, weil IP-Adressen und Portnummern nicht mehr
gespeichert waren. Die Vorratsdatenspeicherung allgemeiner Art ist auf europäischer Ebene geblockt. Aber lassen wir uns doch nicht davon blockieren! Es ist doch ein Unding, wenn wir jetzt diese Vorratsdatenspeicherung nicht voranbringen. Lassen Sie uns dieses auf Kinderpornografie und die Speicherung von IP-Adressen und Portnummern konzentrieren! Wenn wir eine solche Vorratsdatenspeicherung light jetzt einführen, sind wir auf der rechtlich sicheren Seite, glaube ich. Zum Schutz der Kinder ist es meiner Ansicht nach notwendig, dass wir auch in diesem Fall jetzt so reagieren.
Meine Damen und Herren, wir müssen auch im Bereich der Prävention mehr tun. Deshalb sage ich: Wenn im Führungszeugnis „sexuelle Gewalt“ nach zehn Jahren gestrichen wird, ist das meiner Ansicht nach nicht zu erklären. Denn wenn dann solche Täter vielleicht im Kindergarten oder in der Schule tätig werden, ist das unverantwortlich. Deshalb muss diese Streichungsregelung aus meiner Sicht auch gestrichen werden.
Meine Damen und Herren, ich habe vor zehn Jahren das Bündnis White IT gegründet und habe Julia von Weiler kennengelernt - eine empathische Frau, die hier auch mit sehr viel Sachverstand tätig ist. Sie hat uns immer wieder dargestellt: Wir müssen gerade diejenigen, die mit Kindern arbeiten, sensibilisieren. Wir müssen hier mehr Fortbildung machen. Wir müssen natürlich auch erreichen, dass die Aufsicht so ausgestattet ist, dass sie qualifiziert ist und auch ausreichend Zeit hat, solche Fälle dann auch zu erkennen.
Aber sie hat erst vor wenigen Tagen gesagt: Wir haben alle Erkenntnisse. Sie liegen auf dem Tisch. Deshalb sind wir jetzt gefordert, auch zu handeln.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns uns nicht vor Abscheu abwenden! Die richtige Reaktion ist, sich den Kindern zuzuwenden und sie davor zu schützen, dass sie so ein Martyrium erleben müssen. Lassen wir uns gemeinsam davon treiben! Lassen Sie uns gemeinsam Gesetze verändern, aber auch ausreichend Personal zur Verfügung stellen!
Ich sage Ihnen: 600 000 Euro für zusätzliche Staatsanwälte sind meiner Ansicht nach sinnvoll; denn ohne Personal wird es nicht möglich sein. Deshalb sind wir als Haushaltsgesetzgeber auch in dieser Frage gefordert. Lassen Sie uns darüber nicht nur nachdenken, sondern endlich auch handeln!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kommunen leisten Großartiges bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Sie sind der Garant dafür, dass die Bevölkerung bestmöglich geschützt wird, und dafür gilt ihnen unser aller Dank.
Meine Damen und Herren, wenn wir - nach der Pandemie - das gesellschaftliche Leben wieder aktivieren wollen und wenn wir die wirtschaftliche Entwicklung verbessern wollen, dann sind auch wieder die Kommunen genau die Richtigen, um dieses mit einzuleiten - sie sind der Schlüssel. Deshalb müssen wir sie aktiv unterstützen. Zum jetzigen Zeitpunkt geht es um zwei wichtige Faktoren: erstens um die Sicherstellung von Liquidität und zweitens um den Abbau von Bürokratie.
Wir können froh sein, dass wir die Kommunen in den vergangenen 10, 15 Jahren gestärkt haben. Das 1,8 Milliarden-Euro-Entschuldungsprogramm war das Richtige. Denn jetzt sind sie in der Krise stark, um hier auch tätig zu werden. Aber es gibt noch immer Kommunen, die in einer prekären finanziellen Situation sind. Und hier müssen wir direkt ansetzen. Wie können wir das tun?
Erstens müssen natürlich die Corona-induzierten Finanzschäden in der Bilanz ausgewiesen werden. Es gibt Möglichkeiten für die Kommunalaufsicht, um hier mehr Spielraum zu haben. Auf der anderen Seite müssen aber diejenigen, die jetzt wirklich in Liquiditätsschwierigkeiten sind, sofort unterstützt werden. Da sind die Bedarfszuweisungen sicher
lich der richtige Weg, und wir müssen sehen, ob wir hier entsprechend aufstocken müssen.
Zweitens. Die NBank hat auch ein Liquiditätskreditprogramm für die Kommunen, aber es ist sehr eng gestrickt. Das müssten wir ausweiten und bei Zins und Tilgung Kommunen in einer prekären Situation weiter unterstützen.
Ein dritter Punkt, der ganz wichtig in der aktuellen Diskussion ist, ist die Kinderbetreuung. Hier leisten die Kommunen durchaus Herausragendes. Die Notbetreuung ist nicht ganz einfach vor Ort sicherzustellen. Sie kommen aber natürlich auch in Einnahmeschwierigkeiten. Wenn man Krippen geschlossen hat, kann man den Eltern nicht die Gebühren in Rechnung stellen. Insofern bin ich sehr froh, dass die Landesregierung sehr bald mit den kommunalen Spitzenverbänden ins Gespräch
kommt, um eine Mitfinanzierung seitens des Landes zu diskutieren.
Die Einnahmesituation wird bei den Kommunen sehr schwierig werden, und zwar sehr schnell. Die Gewerbesteuereinnahmen werden nämlich wegbrechen. Es ist zwar richtig, dass die Gewerbesteuerumlage den Kommunen in diesem Jahr schon hilft - den Effekt der deutschen Einheit gibt es jetzt nicht mehr so -; das ist eine Entlastung von etwa 300 Millionen Euro. Aber es wäre, glaube ich, sinnvoll - das würde unbürokratisch helfen, wenn die Gewerbesteuer wegbricht -, dass in einem Akt der Solidarität Bund und Land gemeinsam darüber nachdenken, ob man nicht auf die Gewerbesteuerumlage teilweise verzichten kann. Damit könnte man sofort etwas helfen, und die Liquidität wäre bei allen Kommunen entsprechend besser.
Aber was benötigen wir insgesamt? - Ich glaube nicht an das, Frau Menge, was Sie gerade dargestellt haben. Die Kommunen sind aktiv dabei, die Infektionen im Griff zu halten und die Bevölkerung zu schützen. Ich höre im Moment weder aus den Rathäusern noch aus den Kreistagen, dass über neue Investitionsprogramme zum jetzigen Zeitpunkt gesprochen wird. Jetzt geht es darum, die notwendigen Investitionen unbürokratisch auf den Weg zu bringen. Insofern ist es richtig, die Vergaberegeln zu lockern, wie es der Wirtschaftsminister gemacht hat. Deshalb sollten wir in diesem Zusammenhang auch darüber nachdenken, Förderprogramme, die bisher zweckgebunden sind, zu lockern. Das geht sehr schnell.
Ich will in diesem Zusammenhang direkt ein gutes Beispiel nennen: Digitalpakt - 30 000 Euro für jede Schule. Da nimmt man ein standardisiertes Medi
enkonzept und würde das Geld den Kommunen jetzt auszahlen. Man kann anschließend noch konzeptionell nacharbeiten. Das würde sofort helfen.
Das wäre meiner Ansicht nach etwas, womit wir in dieser Situation den Kommunen helfen sollten. Darüber sollten wir nicht nur reden, sondern wir sollten sehen, dass wir gemeinschaftlich hier im Parlament zu einem Konsens kommen.
Meine Damen und Herrn, es ist überhaupt keine Frage, dass wir auch in der Zukunft über Konjunkturpakete reden müssen. Aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt! Denn - das ist bei der Regierungserklärung und bei der Aussprache deutlich geworden - wir müssen prüfen: Wo ist die Not am größten? Wo müssen wir tatsächlich über Konjunkturprogramme etwas zielgenau erreichen? Auch das gehört zur offenen Diskussion dazu: In welcher Höhe können wir uns eine Verschuldung überhaupt leisten? Deshalb müssen wir Prioritäten setzen.
Eingangs habe ich gesagt - daran darf ich erinnern -, dass bei der Aktivierung des gesellschaftlichen Lebens, aber auch bei der Aktivierung der wirtschaftlichen Entwicklung die Kommunen eine entscheidende Rolle spielen. Deshalb wird es auch bei Konjunkturprogrammen darauf ankommen, gemeinsam mit den Kommunen etwas hierzu umzusetzen. Sie haben ja recht, Frau Menge: Wahrscheinlich können wir aus dieser jetzigen Krise gestärkt hervorgehen, weil wir neue Konzepte haben, gerade im Bereich der Digitalisierung und natürlich auch, was den sozialen Zusammenhalt angeht. Das lassen Sie uns im Herbst vernünftig diskutieren, wenn wir die jetzige heiße Phase der Corona-Krise bewältigt haben.
Jetzt ist es, glaube ich, richtig, sofort gerade etwas für diejenigen Kommunen zu tun, die in absoluter finanzieller Not sind. Daran lassen Sie uns konzeptionell arbeiten! Dann kommen wir, glaube ich, gerade für die Kommunen auf den richtigen Weg.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts des unfassbaren rechtsterroristischen Anschlags von Hanau sollten wir als gewählte Abgeordnete zwei Versprechen abgeben: Niemals dürfen wir die Opfer vergessen, und niemals dürfen wir aufhören, mit aller Härte gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus zu kämpfen.
Meine Damen und Herren, was ist zu tun? Was müssen wir tun?
Erstens. Wir brauchen einen Aufstand der Anständigen und Demokraten. Gemeinsam müssen wir für unsere Grundwerte kämpfen - mit Taten, mit Worten, am Arbeitsplatz, auf der Straße, in der Schule, auch am Stammtisch. Wir müssen, meine Damen und Herren, die Spaltung unserer Gesellschaft überwinden! Zusammenhalt und Rückgrat - das ist das Gebot der Stunde.
Zweitens. Wir müssen unseren wehrhaften Rechtsstaat stärken. Wenn wir es tatsächlich schaffen wollen, Hass und Hetze im Internet zu bekämpfen, dann müssen wir allerdings auch bereit sein, IP-Adressen länger zu speichern und Port-Nummern zu speichern. Das gehört auch zur Wahrheit. Denn wenn wir das im weltweit offenen Internet nicht machen, werden wir diese Täter nicht entlar
ven können. Deshalb müssen wir hier auch gesetzgeberisch tätig werden.
Drittens. Wir brauchen Spezialisten und den Einsatz moderner Technik. Im Bereich der Sicherheitsbehörden sind wir zum einen auf IT-Experten angewiesen. Diese werden wir aber nur bekommen, wenn wir sie besser bezahlen. Eine spezialisierte IT-Laufbahn mit annähernd marktgerechten Gehaltsstrukturen ist überfällig, und deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir sie einführen.
Zum anderen brauchen wir den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um die Fülle von Informationen im Internet filtern, sichern und auswerten zu können. Sonst wird uns das nicht gelingen. Deshalb müssen wir die Nutzung von Big Data intensivieren und in diesem Bereich investieren.
Viertens. Wir müssen das GIAZ zu einem Terrorabwehrzentrum weiterentwickeln. Eine lückenlose Überwachung ist eine Sache von Diktaturen; sie hat in der Demokratie nichts zu suchen. Aber wenn wir Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden haben, dann müssen wir sie bündeln und zusammenfassen. Deshalb muss das Terrorabwehrzentrum des Bundes auch für Niedersachsen Benchmark sein.
Meine Damen und Herren, Onlinedurchsuchung und Quellen-TKÜ sind keine neuen Befugnisse - das sind die Antworten auf moderne Kommunikationsmöglichkeiten. Der Verfassungsschutz darf nicht taub und blind werden!
Fünftens. Wir müssen verhindern, dass Extremisten und psychisch Kranke in den Besitz von Waffen gelangen. Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz ist, Gott sei Dank, gesetzlich geregelt. Aber es bleibt die Frage offen, wie wir es erreichen können, dass die Waffenbehörden an Informationen über psychisch Kranke gelangen. Wenn ich sehe, dass die Namen von an Mumps Erkrankten an die Gesundheitsbehörden übermittelt werden müssen, muss doch die Frage erlaubt sein, ob nicht auch klar definierte psychische Erkrankungen an das Landesgesundheitsamt gemeldet werden sollten, um der Waffenbehörde die Möglichkeit zu geben, dort anzufragen. Darüber müssen wir sprechen.
Sechstens. Wir müssen die Prävention ausweiten. Unter der Federführung der Justizministerin sind schon viele wichtige Präventionsmaßnahmen eingeleitet worden. Aber wir sehen uns einer neuen Herausforderung gegenüber: Die Radikalisierung findet über das Internet statt. Deshalb müssen wir eine Online-Deradikalisierungsstrategie entwickeln. Dafür brauchen wir Psychologen, weitere Wissenschaftler und natürlich Fachpersonal auch aus den Sicherheitsbehörden. Ich schlage eine Präventionsoffensive vor - dafür sollten wir 1 Million Euro zur Verfügung stellen -, um genau in diesem Punkt nicht nur zu forschen, sondern auch so schnell wie möglich etwas auf den Weg zu bringen. Wir müssen auch im Internet Interventionsmaßnahmen zur Verfügung stellen, weil wir ansonsten dieser Radikalisierung nicht Herr werden können.
Meine Damen und Herren, die Anschläge haben gezeigt, dass wir in diese Deradikalisierungsarbeit auch andere Gruppen einbeziehen müssen, z. B. Psychologen. Das ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Punkt. Wir müssen die Fallkonferenzen, die es im Bereich des islamistischen Extremismus gibt, auch in diesem Bereich einführen und umsetzen.
Meine Damen und Herren, ganz zum Schluss: Es ist richtig, dass der Bundesinnenminister wie auch alle Länderinnenminister - auch Innenminister Pistorius - den Schutz von muslimischen Einrichtungen und von Mitbürgerinnen und Mitbürgern muslimischen Glaubens verstärkt haben. Aber die Botschaft muss doch lauten, dass wir den Dialog mit unseren muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, mit den muslimischen Nachbarn verstärken. Die Botschaft muss eindeutig sein: Fremdenhass und Gewalt gegen Menschen muslimischen Glaubens haben in unserem Staat keinen Platz, meine Damen und Herren!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Limburg, Ihre Große Anfrage ist richtig und dringend notwendig. Es gibt viele Gründe dafür. Ich will drei Gründe besonders darstellen.
Erstens. Auch nach der Verurteilung von Beate Zschäpe und der parlamentarischen Aufarbeitung bleibt noch vieles ungeklärt. Wir sollten die Lehren aus den RAF-Prozessen ziehen. Ich kann mich noch sehr gut an die persönliche Begegnung mit Michael Buback erinnern. Es schmerzt ihn besonders, dass er bis heute nicht weiß, wer seinen Vater ermordet hat.
Meine Damen und Herren, kein Zweifel: Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt waren Täter; es bleiben aber große Zweifel, ob sie allein gehandelt haben. Das ist unerträglich für die Opfer und ihre Angehörigen.
Meine Damen und Herren, der zweite Grund ist: Es gab große Versäumnisse bei den jahrelangen Ermittlungen. Trotz vorhandener Hinweise von Zeugen auf rechtsextremistische, fremdenfeindliche Motive wurde in diese Richtung nie ernsthaft ermittelt. Das war, wie wir heute wissen, ein großer Fehler. Auch dies ist bis heute ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen der Opfer. Eine aufrichtige Entschuldigung reicht nicht aus. Wichtig ist, dass alle 47 Empfehlungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Bundestages 1 : 1 umgesetzt werden.
Auch die Innenminister haben im Jahr 2012 klare Beschlüsse gefasst. Ferner hat sich die IMK im Jahr 2017 auf Mindestanforderungen an die Verfassungsschutzgesetze geeinigt. Auch das muss in Niedersachsen 1 : 1 umgesetzt werden.
Drittens. Nie wieder Rechtsterrorismus in Deutschland - das war unser Versprechen. Wir müssen feststellen: Wir haben dieses Versprechen nicht halten können. Die Ermordung des Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der Anschlag auf die Synagoge in Halle haben uns das schmerzlich vor Augen geführt. Deshalb bleibt die Frage: Wel
che zusätzlichen Maßnahmen müssen wir ergreifen?
Meine Damen und Herren, in der Antwort der Landesregierung heißt es, es gebe keine über Mutmaßungen hinausgehenden Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden, dass ein bisher nicht entdecktes Netzwerk hinter dem NSU in Niedersachsen existiere. Holger Gerlach - darauf ist hingewiesen worden - ist zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Seine Rolle ist bei den Gerichtsverfahren untersucht worden. Er hatte der Mordbande die Waffe und falsche Papiere besorgt. Immer wieder - das ist auch hier dargestellt worden - wird spekuliert, ob seine Beteiligung stärker gewesen ist, ob es Mittäter in seinem Umfeld gegeben hat. Sollte es dazu Erkenntnisse geben - darauf hat der Innenminister hingewiesen -, muss das in vertraulicher Sitzung behandelt werden. Das werden wir weiter verfolgen. Reine Vermutungen, reine Spekulationen helfen allerdings nicht. Damit sollte man sehr vorsichtig sein.
Richtig ist aber auch: Zahlreiche DNA-Spuren von verschiedenen Tatorten konnten bis heute nicht bestimmten Personen zugeordnet werden.
Deshalb dürfen die laufenden Ermittlungen beim Generalbundesanwalt nicht eingestellt werden.
Armin Schuster hat gesagt, Cold Cases müssen wir immer wieder - vermutlich jetzt auch hier in Niedersachsen - behandeln.
Für Niedersachsen bleibt jedenfalls festzuhalten: Die Sicherheitsbehörden haben sich aktiv an allen Untersuchungsausschüssen beteiligt und zu jeder Zeit mit Sorgfalt und Akribie die Aufklärung bezüglich des NSU betrieben. Diese Regierung geht entschlossen und mit aller Konsequenz gegen den Rechtsextremismus in Niedersachsen vor. Wir haben rechtliche Schlussfolgerungen gezogen, Personalverstärkungen vorgenommen und die präventive Arbeit intensiviert. Einige strukturelle Probleme hatten wir nicht. Ich darf daran erinnern, dass wir im Jahr 2008 die Ersten waren, die das GIAZ, das Gemeinsame Informations- und Analysezentrum, eingerichtet haben - übrigens für alle Phänomenbereiche.
Im Detail: zusätzlich 70 Personen seit Regierungsbeginn beim polizeilichen Staatsschutz, 6 zusätzliche Stellen für den Rechtsextremismus im Verfas
sungsschutz, 10 zusätzliche Stellen für die Präventionsarbeit des Verfassungsschutzes, 4 Stellen im MJ, zusätzlich 250 000 Euro für die Extremismusprävention. Ich könnte diese Aufzählung fortsetzen.
Meine Damen und Herren, bei der Aufklärungsarbeit sind sich alle demokratischen Parteien einig. Über mehr Personal und moderne technische Ausstattung dürfte ebenfalls Konsens bestehen. Das ist bei diesem für unsere Demokratie so existenziell wichtigen Thema richtig. Dennoch muss es auch erlaubt sein, über die Schlussfolgerungen leidenschaftlich zu ringen.
Insoweit wende ich mich noch einmal ganz persönlich an Bündnis 90/Die Grünen. Ich glaube, Sie sollten Ihr Verhältnis zum Verfassungsschutz wirklich überdenken. Ich darf Sie daran erinnern: Im Jahr 2012 haben Sie auf Ihrem Parteitag die Abschaffung des Verfassungsschutzes beschlossen, und Sie haben sich hier nicht wirklich davon distanziert. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Vor dem Hintergrund der Arbeit des Verfassungsschutzes und vor dem Hintergrund der Bedrohungslage wäre es sinnvoll, dass sich das gesamte Haus hinter den Verfassungsschutz stellt, und es wäre ein gutes Signal, wenn Sie sich heute auch in dieser Form äußern würden. Ich würde mich freuen, wenn das auch Frau Piel tun würde. Ich kann mich an ihre Worte in diesem Zusammenhang aus dem Jahr 2012 erinnern.
Meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, auch wenn Sie von 2013 bis 2017 die Abschaffung nicht durchsetzen konnten, haben Sie allerdings durch die Gesetzesnovelle, die eindeutig Ihre Handschrift trägt, dem Verfassungsschutz durchaus Fesseln angelegt. Dass Sie mir das nicht glauben, kann ich mir durchaus vorstellen. Aber Sie setzen ja sehr auf Datenschutzbeauftragte. Ich darf einmal den Datenschutzbeauftragten aus Hessen wörtlich zitieren:
„Wir haben nicht die Kastration des Verfassungsschutzes betrieben wie das Land Niedersachsen, sondern wir haben dem Verfassungsschutz die entsprechenden Instrumente geliefert.“
„Kastration des Verfassungsschutzes“ - aus dem Mund eines Datenschützers und renommierten
Professors des Verwaltungsrechts. Das ist aus meiner Sicht wirklich starker Tobak.
Der Bund und auch zahlreiche Länder haben im Lichte der Erkenntnisse über den NSU ihre Verfassungsschutzgesetze reformiert, aber eben in eine andere Richtung: mehr Befugnisse, Quellen-TKÜ und natürlich auch Online-Durchsuchung. Beide Instrumente müssen nach und nach in die Verfassungsschutzgesetze von Bund und Ländern eingeführt werden. Dies ist übrigens die Empfehlung der IMK in Leipzig vom Dezember 2017.
Die Bedrohungslage hat sich seitdem nicht geändert, sagen Sie. Das ist falsch. Sie hat sich verschärft! Wir müssen zunehmend mit Einzeltätern rechnen, die sich über das Internet radikalisieren. Neue Kommunikationstechnik darf die Sicherheitsbehörden eben nicht taub und blind werden lassen.
Deshalb setzt sich die CDU-Fraktion dafür ein, dass der IMK-Beschluss aus dem Jahr 2017 auch wirklich 1 : 1 umgesetzt wird. Die Verfassungsschutzgesetze, gerade auch das Niedersachsens, müssen entsprechend angepasst werden.
Meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, als Alternative - ich sage ganz bewusst: als Alternative - wird immer wieder gefordert, zivilgesellschaftliche Akteure sollten Rechtsextremisten beobachten und ihr Verhalten dokumentieren. Da kann ich nur fragen: Ist das wirklich Ihr Ernst? Ist das Ihr Verständnis von Freiheits- und Grundrechten, die jeder Mensch in einer Demokratie hat?
Dem Verfassungsschutz wurden Befugnisse genommen. Speicherfristen wurden drastisch reduziert. Wenn es keine Zuspeicherung gibt, fallen Daten nach drei Jahren, bei Jugendlichen sogar nach sechs Monaten weg. Was bedeutet das? - Extremisten, die für mehrere Jahre untertauchen, fallen dadurch zwangsläufig durchs Raster.
Und jetzt beklagen Sie, dass Netzwerke nicht für einen langen Zeitraum lückenlos erkannt werden können. Ihre Antwort ist: Verfassungsschutz reduzieren, aber ein zivilgesellschaftliches Dokumentationszentrum. - Das kann nicht die Antwort sein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Bekämpfung von Terrorismus, der Schutz vor Rechtsextremismus und Extremismus insgesamt
gehören in die Hände von staatlichen Sicherheitsbehörden und nicht in die Hände der Zivilgesellschaft.
Zivilgesellschaft muss zuarbeiten. Das ist richtig. Aber wir können doch nicht dem Datenschutz und gerade den Sicherheitsbehörden auf der einen Seite Daumenschrauben anlegen, und auf der anderen Seite müssen wir uns um den Datenschutz und die Speicherfristen überhaupt nicht kümmern. Das ist doch nicht sinnvoll! Nein, der Verfassungsschutz muss diese Aufgabe haben! Deshalb müssen wir den Verfassungsschutz stärken.
Meine Damen und Herren, ein Letztes - das ist mir wichtig -: Vergessen wir niemals die Opfer des Rechtsterrorismus! Ihnen und ihren Angehörigen sind wir es schuldig, dass wir wirklich alles daransetzen, die Taten vollständig aufzuklären. Wir müssen ihnen konkrete Hilfe anbieten. Daher ist es gut und richtig, dass wir seit dem letzten Jahr einen Opferschutzbeauftragten im Justizministerium haben.
Wehret den Anfängen! Zu den Anfängen zählen auch Hetze und Hass gegen Andersdenkende und Minderheiten im Internet. Hier müssen wir wirklich alles daransetzen, die Täter aus der Anonymität herauszuholen und mit aller Härte des Gesetzes zu verfolgen; denn Hass und Hetze im Netz bilden den Nährboden für Gewalt und Extremismus. Genau das müssen wir mit den staatlichen Sicherheitsbehörden verhindern.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist Anlass für diese Aktuelle Stunde?
Erstens die aktuelle Bedrohung von Polizisten und Repräsentanten des Staates durch kriminelle Clanmitglieder. Sie machen noch nicht einmal Halt vor Familien bzw. Kindern. Das ist unfassbar. Deshalb muss unsere Antwort eindeutig sein: Null Toleranz, konsequentes Vorgehen und Lücken im Strafrecht schließen, damit diese unerträglichen Machenschaften in Zukunft härter bestraft werden können.
Zweitens. Die Intensität der Kriminalität nimmt zu. Es geht nicht nur um Zollvergehen in Shisha-Bars - auch diese müssen konsequent verfolgt werden; die Politik der Tausend Nadelstiche ist richtig -, nein, wir haben es mit alldem zu tun, was wir aus der organisierten Kriminalität kennen: Raub, Menschenhandel, Schutzgelderpressung bis hin zu schwerer Körperverletzung.
Die Tatbegehung wird generalstabsmäßig vorbereitet und abgeschottet sowie bestens organisiert von Clans durchgeführt - meistens mit türkischem oder arabischem Hintergrund. Zugegeben: Wir haben viel zu lange weggeschaut, auch aus falsch verstandener Toleranz. Deshalb sind Parallelgesellschaften entstanden, in denen vermeintlich eigenes Recht gilt. Damit muss endgültig Schluss sein.
Der Staat bestimmt das Recht, und das Gewaltmonopol liegt beim Staat - ausschließlich beim Staat! Wir wollen eine weltoffene Gesellschaft, aber wer eine weltoffene Gesellschaft will, der darf nicht wegschauen bei denjenigen, die diese Weltoffenheit für ihre kriminellen Geschäftsmodelle ausnutzen. Die Botschaft muss sein, dass wir uns das nicht gefallen lassen.
Endlich, meine Damen und Herren, wird bundesweit systematisch gegen Clankriminalität vorgegangen. Ich darf schon sagen: Die Treiber sind Nordrhein-Westfalen, aber auch Niedersachsen. Ich will aber auch die Aktivitäten in Berlin durchaus anerkennen.
Wir haben in Niedersachsen im März letzten Jahres die Landesrahmenkonzeption Clankriminalität zwischen Innenministerium und Justizministerium vereinbart. Staatsanwaltschaften und Polizei arbeiten hier eng zusammen.
Aber das muss auch mit Leben erfüllt werden, und dafür ist Personal notwendig - nicht nur bei der Polizei, sondern auch bei der Justiz. Frau Justizministerin, Ihr Konzept, Schwerpunktstaatsanwaltschaften nur für Clankriminalität einzurichten, hat uns überzeugt. Deshalb werden wir morgen Mittag 18 zusätzliche Stellen dafür einrichten - 9 für zusätzliche Staatsanwälte. Das ist die richtige Antwort auf die aktuelle Situation.
Meine Damen und Herren, wir unterstützen die Initiative der Justizministerin, das Strafrecht anzupassen, ausdrücklich. Wer Repräsentanten unseres Staates Gewalt androht, der muss härter bestraft werden - mit mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren Haft. Ich bin sicher, die Große Koalition auf Bundesebene wird das beschließen. Auch das ist eine richtige Antwort auf die Herausforderungen mit Blick auf die Clankriminalität.
Geprüft werden sollte aber auch, ob das geltende Strafrecht mit Blick auf die unfassbaren StalkingAttacken gegenüber Polizisten ausreicht. Ich glaube, hier besteht Handlungsbedarf.
Clankriminalität kann aber nur dann erfolgreich bekämpft werden, wenn wir das Geschäftsmodell zerstören. Das heißt, das Vermögen, das unrechtmäßig erworben worden ist, muss abgeschöpft werden. Dafür werden wir morgen mit dem Haus
halt ebenfalls sieben zusätzliche Stellen beschließen. 2017 ist das Recht angepasst worden. Ob das ausreicht, muss auch evaluiert werden.
Meine Damen und Herren, wer in unser Land kommt, dem muss von Anfang an klar sein: Hier gilt nicht das Recht der Familie, sondern das Recht des Staates. Wer sich nicht daran hält, muss dieses Land wieder verlassen, meine Damen und Herren!
Aus aktuellem Anlass sage ich Ihnen: Das muss auch heißen „abgeschoben bleibt abgeschoben“. Wir müssen Konsequenzen aus dem Fall Ibrahim Miri ziehen. Der Staat darf sich doch nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Deshalb bin ich dem Bundesinnenminister wirklich dankbar für seine Initiative auf der Innenministerkonferenz, auf der er gesagt hat: Verstöße gegen Einreiseverbote müssen im Aufenthaltsrecht zukünftig ein eigenständiger Haftgrund sein. - Auch das ist eine richtige Botschaft.
Meine Damen und Herren, das Fazit: kein Generalverdacht gegen ausländische Familienstrukturen. Wer sich wieder auf den rechtsstaatlichen Weg begeben will, dem müssen wir Angebote machen. Aber bei kriminellen Clanfamilien muss gelten: null Toleranz und 100 % Rechtsstaat. - Das muss heute Morgen unsere Botschaft sein.
Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Innere Sicherheit ist Lebensqualität. Angst vor Kriminalität ist ein Verlust an Freiheit. Deshalb ist es so elementar, dass wir die Bürgerinnen und Bürger vor Verbrechen schützen. Die Bevölkerung erwartet das zu Recht von uns.
Herr Genthe, mit der Politik der Großen Koalition und mit dem Haushalt 2020 liefern wir, und wir rechtfertigen genau diese Erwartungen, und zwar eindrucksvoll.
Was ist notwendig, um die Bürgerinnen und Bürger vor Verbrechen zu schützen?
Erstens. Ein modernes Polizeigesetz, das die vielfältigen Kriminalitätsphänomene beinhaltet, aber auch den weiteren technischen Fortschritt. Die Große Koalition hat im Sommer dieses Jahres geliefert. Das Polizeigesetz ist verabschiedet worden, und wir haben am Montag die letzten verfassungsrechtlichen Bedenken beseitigt.
Sie können sicher sein, meine Damen und Herren, bei weiterem technischen Fortschritt werden wir unverzüglich liefern.
Zweitens. Wir brauchen ausreichend Personal für die Kriminalitätsbekämpfung. In den ersten beiden Jahren: rund 1 000 zusätzliche Stellen bei der Polizei, 30 Stellen im Bereich des Verfassungsschutzes. Insofern sind wir da voll im Plan, Herr Genthe und auch Herr Meyer. Ich glaube, auch das ist eindrucksvoll.
Drittens. Wir brauchen angesichts neuer Kriminalitätsphänomene und des Erstarkens des Extremismus eine vernünftige Sachausstattung und mehr Personal. Deshalb hat auch hier die Große Koalition mit dem Haushalt 2020 geliefert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber innezuhalten oder sich zurückzulehnen, ist im Bereich der inneren Sicherheit unmöglich. Die Ereignisse in diesem Jahr haben uns dies wieder sehr schmerzhaft vor Augen geführt. Die Ermordung des Regierungspräsidenten Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle, die zwei ermordeten unbescholtenen Bürger machen uns fassungslos.
Meine Damen und Herren, nach dem NSU-Terror haben wir uns in Deutschland geschworen, dass das niemals wieder passieren darf. Aber Ende 2019 müssen wir feststellen: Wir haben dringenden Handlungsbedarf.
Im Ziel sind wir uns völlig einig: null Toleranz für Rechtsextremisten, null Toleranz für Antisemitismus, null Toleranz für Ausländerhetze, null Toleranz für Ausländerhass.
Aber wir müssen sehen: Was können wir in unserer Gesellschaft gesellschaftspolitisch und sicherheitspolitisch tun?
Es ist angesprochen worden: Wir haben die Präventionsprogramme weiter ausgebaut. Das war richtig. Aber wir müssen auch die Vorfeldaufklärung verbessern. Warum? - Wir müssen rechtzeitig erkennen, wenn Anschläge geplant werden, und wir müssen radikalisierte Einzeltäter frühzeitig enttarnen. Dafür braucht die Polizei, braucht aber auch der Verfassungsschutz zusätzliche Befugnisse und Eingriffsmöglichkeiten.
Beim Polizeigesetz haben wir geliefert, und im Jahr 2020 werden wir auch im Bereich des Verfassungsschutzes zusätzliche Befugnisse liefern. Das ist wichtig, damit wir dies frühzeitig erkennen und
die Bürgerinnen und Bürger vor solchen Anschlägen schützen können.
Aber wir dürfen niemals den Fehler machen, dass wir die Bekämpfung des Rechtsextremismus zulasten der anderen Extremismusphänomene stärken. Wer glaubt, dass der islamistische Extremismus rückläufig ist, der irrt. Wer glaubt, dass die Anschläge von Linksextremisten auf Ausländerbehörden Einzelfälle sind, der irrt. Deshalb müssen wir aus der Geschichte wirklich eines lernen: Wehret den Anfängen!
Die beste Prävention, die wir liefern können, sind zusätzliche Investitionen in den verbandlichen Sport. Dazu hat die Kollegin schon sehr Eindrucksvolles gesagt. 3,65 Millionen Euro zusätzlich sind ein gutes Signal. Der Evaluationsbericht des Innenministeriums hat gezeigt: Hier müssen wir noch mehr tun. - Aber gemeinsam können wir sehr stolz auf das im Jahr 2012 verabschiedete Sportfördergesetz sein. Die Autonomie des Sports ist hier eindrucksvoll bestätigt worden.
Der Landessportbund gibt die öffentlichen Gelder sehr zielgenau an die Basis, an die Vereine und an die Verbände.
Meine Damen und Herren, wenn wir ein neues Vereinssportstättenförderprogramm einrichten,
dann wäre es sehr sinnvoll, wenn wir die Abwicklung dem Landessportbund übertragen würden. Das wäre weniger Bürokratie, weniger Verwaltung, und das wäre das richtige Signal.
Meine Damen und Herren, zusammengefasst im Bereich des Sports: Gesundheitsprävention, soziale Bindung und natürlich auch Extremismusprävention, dafür steht der Sport. Deshalb gilt mein ganz besonderer Dank all denjenigen, die sich hier ehrenamtlich engagieren. Das ist vorbildlich.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Besitz von Waffen von Rechtsextremisten, Islamisten, Reichsbürgern, Linksextremisten und natürlich Terroristen, schlicht Personen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung kämpfen, muss konsequent unterbunden werden. Waffen und Munition gehören nicht in die Hände von Extremisten; Herr Limburg, da sind wir uns absolut einig.
Was ist zu tun? - Erstens. Das aktuelle Waffenrecht gibt den kommunalen Waffenbehörden weitreichende Befugnisse, um Extremisten die waffenrechtliche Erlaubnis zu entziehen oder sie erst gar nicht zu erteilen. Wir dürfen auch nicht vergessen: Das Waffenrecht geht sogar so weit, dass der Um
gang mit erlaubnisfreien Waffen präventiv verboten werden kann, wenn eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit vorliegt. Das muss aber auch umgesetzt werden.
Die Kontrollen sind übrigens in den letzten Jahren verbessert worden.
Ein Fazit ist also: Das geltende Recht muss konsequent angewandt werden. Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Botschaft.
Meine Damen und Herren, ist zweitens darüber hinaus noch etwas zu tun? - Eindeutig ja. Ich bin wirklich froh, dass es mittlerweile auch im Bundestag eine Zustimmung zur Regelanfrage beim Verfassungsschutz gibt. Es war in der Tat Niedersachsen, das eine Initiative ergriffen hat, um das zu erreichen. Bereits im März 2012 hat es einen entsprechenden Beschluss des Bundesrates gegeben. Nach der Bundestagswahl im November ist erneut eine entsprechende Initiative ergriffen worden. Jetzt, sieben Jahre später, stimmt der Bundestag tatsächlich zu. Da muss man sich fragen, ob immer erst etwas Schlimmes passieren muss, bevor gehandelt wird.
Ich habe die damaligen Einwände von Lobbyverbänden noch im Ohr. Deshalb sage ich an der Stelle eindeutig: Durch eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz wird niemand unter Generalverdacht gestellt. Es ist doch das ureigene Interesse von Jägern und auch Schützen, dass Extremisten enttarnt und entwaffnet werden. Das ist doch der Punkt!
Jäger und Schützen dürfen nicht in Misskredit geraten; denn sie müssen ihre wichtige Aufgabe auch für unsere Gesellschaft uneingeschränkt fortführen können. Dazu ist eine Regelanfrage durchaus sinnvoll; sie behindert nicht, und niemand wird unter Generalverdacht gestellt.
Was ist zusätzlich zu tun? - Eindeutig ist: Wer Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Organisation ist, darf keine waffenrechtliche Erlaubnis erlangen. Deshalb ist die Annahme der Unzuverlässigkeit in
diesem Fall gesetzlich zu regeln. Das soll am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Meine Damen und Herren, es ist auch richtig, zu erreichen, dass die Nachverfolgung von Waffen und Waffenteilen verbessert wird. Große Munitionen gehören meiner Ansicht nach verboten.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Auf die Kommunen, die kommunalen Waffenbehörden kommt eine ganz wichtige Aufgabe zu. Ich kann nur sagen: Sie arbeiten in diesem Bereich sehr verantwortungsvoll. Aber eines ist auch klar: Dafür ist ausreichend qualifiziertes Personal notwendig. Dabei dürfen wir als Land nicht sagen: Die sind verantwortlich! - Wir müssen vielmehr die Kommunen bei dieser Aufgabe unterstützen. Deshalb ist es richtig, dass das Landesamt für Verfassungsschutz in diesem Zusammenhang eigene Erkenntnisse einbringt und sie niedrigschwellig an die kommunalen Waffenbehörden weiterreicht. Das ist ganz entscheidend. Das wird gemacht, und das ist auch richtig.
Herr Limburg, Sie sehen: Beim Waffenrecht sind wir uns einig. Aber dass Sie hier darstellen, dass wir ansonsten keinen weiteren Handlungsbedarf haben, kann ich nicht ganz verstehen.
Gerade was die rechtliche Befugnis angeht, kann ich Ihnen nur sagen: Sie weisen zu Recht auf die Problematik von Hassbotschaften und Einschüchterungen, gerade aus dem rechtsextremen Bereich, hin. Aber deshalb ist es doch ganz entscheidend, dass wir an die Hintermänner, an diejenigen, die diese Botschaften verbreiten, herankommen.
Deshalb brauchen wir sowohl im Bereich der Polizei - dort haben wir es eingeführt - als auch im Bereich des Verfassungsschutzes weitreichende Kompetenzen, um an diese Hintermänner heranzukommen, damit solche Hassbotschaften nicht ungesühnt bleiben. Ich glaube, das ist auch im allgemeinen Interesse.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns in diesem Hause einig. Übergriffe auf Rettungskräfte im Einsatz sind unerträglich, und sie müssen bestraft werden. Insbesondere müssen die Täter dingfest gemacht und dann auch vor Gericht verurteilt werden. Ich begrüße ausdrücklich die Initiative und die klare Ansage der Justizministerin, die gesagt hat: Einstellungen von Verfahren dürfen in diesen Fällen nicht stattfinden. Das ist genau das richtige Signal.
Von allen Rednern ist dargestellt worden, wie schwierig die Situation vor Gericht sein kann, wenn der Täter anwaltlich vertreten wird, das Opfer als Zeuge auftritt und plötzlich in eine schwierige Situation gebracht wird. Dort ist juristischer Beistand absolut notwendig.
Nun haben die CDU und die SPD auf Bundesebene auf Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Feuerwehrverbandes die Initiative ergriffen und für einen Rechtsschutzfonds 500 000 Euro für das Jahr 2019 im Haushalt gefordert. Dieser Antrag fordert nun die Bundesregierung auf, so schnell wie möglich unbürokratische Lösungen auf den Weg zu bringen. Ich gebe zu, wir haben jetzt schon September 2019, und unbürokratischer als das, was das Bundesamt für Zivil- und Katastrophenschutz bisher vorgelegt hat, kann es nicht sein.
Denn bisher ist nämlich gar nichts vorgelegt worden.
Das ist etwas, was meiner Ansicht nach so nicht geht. Ich habe gestern den Bericht zu diesem Punkt auf Bundesebene bekommen. Darin wird im Kern festgehalten, dass die Bereiche, für die der Bund zuständig ist, insbesondere THW und andere Organisationen, von diesen Übergriffen zum größten Teil nicht betroffen sein sollen.