Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 22. Sitzung im 9. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 18. Wahlperiode.

Tagesordnungspunkt 12: Mitteilungen der Präsidentin

Ich darf schon jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Zur Tagesordnung. Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 13; das ist die Fortsetzung der Aktuellen Stunde. Anschließend behandeln wir, wie gestern vereinbart, zunächst Tagesordnungspunkt 24, die Fragestunde. Danach wird Tagesordnungspunkt 14 c, die Dringliche Anfrage der Fraktion der AfD, aufgerufen. Die weiteren Tagesordnungspunkte sollen dann in der Reihenfolge der Tagesordnung abgearbeitet werden. Die heutige Sitzung soll gegen 19.50 Uhr enden.

Der Landesverband für Theaterpädagogik Niedersachsen feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen und möchte uns aus diesem Anlass am Rande des heutigen Plenartages seine Arbeit vorstellen. Zwischen 13.30 und 16 Uhr improvisieren Kinder- und Jugendtheatergruppen in der Portikushalle kurze Szenen und laden uns ein, uns mit den resultierenden Standbildern fotografieren zu lassen. Die Veranstalter freuen sich über Ihr Interesse.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr Frau Schriftführerin Eilers mit. Bitte sehr!

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Umweltminister Olaf Lies, von der Fraktion der SPD Herr Stefan Politze und Frau Dr. Thela Wernstedt sowie von der Fraktion der CDU Herr Christian Calderone nach der Mittagspause.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Dann wird es schon eng mit der Mehrheit! - Hei- terkeit bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Offenbar beflügelt das jetzt Ihre Fantasie.

(Heiterkeit)

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, erhält Herr Kollege Grascha von der FDP-Fraktion, der sich zur Geschäftsordnung gemeldet hat, das Wort. Bitte, Herr Kollege!

(Unruhe)

- Ich darf um Ruhe bitten!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Morgen in der Emder Zeitung und in der Ostfriesen-Zeitung die traurige Mitteilung gelesen, dass die Nordseewerke in Emden erneut Insolvenz angemeldet haben. Da die Mitarbeiter gestern darüber informiert wurden und weil in das Konstrukt, das seinerzeit in der Diskussion gewählt und vom damaligen Wirtschaftsminister Olaf Lies im Wesentlichen mit beeinflusst wurde, auch die Meyer-Werft involviert ist, bitten wir um eine Unterrichtung des Landtages und fordern die Landesregierung hierzu auf, zumal im Kontext mit der gestrigen Debatte um ENERCON zumindest der regionale Zusammenhang besteht.

83 Mitarbeiter sind betroffen, deren Familien sind betroffen. Das sollte Anlass für uns sein, von der Landesregierung darüber informiert zu werden, wie sich die Situation darstellt, welche Schritte man nun beabsichtigt, inwieweit auch Folgen bei der Meyer-Werft entstehen könnten und wie sich hier das finanzielle Engagement des Landes auswirkt. Dies sind gegebenenfalls Bürgschaftsfragen. Falls diese Informationen nicht in öffentlicher Sitzung gegeben werden können, schlagen wir vor, den Haushaltsausschuss zu einer vertraulichen Sitzung einzuberufen, sodass dort die Informationen weitergegeben werden können.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Grascha. Das war die Bitte um Unterrichtung. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat sich nun Herr Kollege Nacke, CDU-Fraktion, gemeldet. Bitte, Herr Kollege!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Grascha, wir können das Anliegen der FDP-Fraktion nachvollziehen. Wir halten es für sinnvoll und vernünftig, dass dieses Haus sehr frühzeitig über die Entwicklung bei den Nordseewerken unterrichtet wird. Damit das Ministerium eine gewisse Vorbereitungszeit hat, schlagen wir vor, diesen Tagesordnungspunkt heute nach der Mittagspause - ich schlage vor, im Anschluss an die Bearbeitung der Eingaben - auf die Tagesordnung zu nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung liegen nicht vor. Herr Nacke hat signalisiert, dass dem Wunsch der FDP entsprochen werden kann.

Wir steigen jetzt in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 13: Aktuelle Stunde

Wir fahren heute mit den Anträgen der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP fort.

Ich eröffne die Besprechung zu

a) Verbraucherschutzbericht - Sichere Lebensmittel sind Markenzeichen Niedersachsens - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 18/1442

Ich eröffne die Besprechung. Wer möchte den Antrag einbringen? - Bitte, Frau Kollegin!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An lauschigen Sommerabenden, wie wir sie in diesem Sommer zuhauf hatten, genießt der eine oder andere vermutlich gerne mal ein kühles Bier - so habe ich es mir sagen lassen. Dass man dieses auch guten Gewissens genießen kann, verdanken wir u. a. unseren Lebensmittelkontrolleuren. Sie wissen, dass für die Herstellung des beliebten „kühlen Blonden“

bereits seit langer Tradition das deutsche Reinheitsgebot gilt. Demnach sollte Bier ausschließlich aus Gerste, Hopfen und Wasser - später auch aus Hefe - hergestellt werden. Zwar gab es im Laufe der Jahre kleine Ergänzungen für die Bierherstellung, aber noch heute dürfen keine weiteren Zusatzstoffe verwendet werden, wenn das Bier die Angabe enthält: nach deutschem Reinheitsgebot gebrautes Bier.

Ohne nun zu sehr in die Kunst des Bierbrauens einsteigen zu wollen: Es ist so, dass seit einiger Zeit vermehrt kleinere Brauereien mit sehr unterschiedlichen Rezepturen eine große Variation an Bieren produzieren, die sogenannten Craft-Biere. Diese Craft-Biere erhalten ihre unterschiedlichen Geschmäcker durch verschiedentliche Zugaben bzw. durch die Art der Herstellung. Auch CraftBiere wurden vom LAVES, dem Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, untersucht. Auch hier wurden Abweichungen von den Etikettierungen festgestellt, Abweichungen hinsichtlich der Stammwürze und des Alkoholgehaltes sowie bei den Bittereinheiten. Regelrecht kriminell wird es, wenn beispielsweise vorsätzlich Fremdwasser eingeleitet wird, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erreichen. In solchen Fällen werden dann auch schon mal Strafverfahren eingeleitet, so wie es auch passiert ist.

Meine Damen und Herren, wir alle sind Verbraucher. Konsumenten, die tagtäglich Waren oder Dienstleistungen zumeist zu einer eigenen privaten Bedürfnisbefriedigung käuflich erwerben. Natürlich wollen wir alle als Verbraucher ein Recht auf qualitativ hochwertige Ware beanspruchen. Und natürlich wollen wir umfassend über Risiken aufgeklärt und vor Täuschungen und insbesondere vor Lebensmittelbetrug geschützt werden. Dies ist es doch, was wir als Verbraucher schätzen. Wir wollen wissen, was wir kaufen, wir wollen eine Verlässlichkeit bei unseren Produkten, und wir wollen natürlich auch wissen, bei wem wir etwas kaufen. Und da komme ich zum Stichwort „Internethandel“.

Von Digitalisierung haben wir in diesen Tagen schon viel gehört. Hierdurch gewinnt der Internethandel natürlich immer mehr an Bedeutung. Aus diesem Grund wurde ein Kontrollkonzept erarbeitet, um weitere Recherchen zur Überwachung des Internethandels durchzuführen. Ziel ist es natürlich, den Internethandel genauso sicher wie den konventionellen Handel zu gestalten.

In dem am vergangenen Freitag vorgestellten Verbraucherschutzbericht 2017 geht es nicht nur um Lebensmittel im eigentlichen Sinne. Es geht hier auch um Maßnahmen der Wertschätzung von Lebensmitteln oder auch darum, der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Ich sagte es an dieser Stelle schon einmal: 80 kg Lebensmittel pro Kopf und Jahr gelangen in den Abfall. Diese Zahl soll künftig deutlich verringert werden. Und mit der Einrichtung des ZEHN, des Zentrums für Ernährung und Hauswirtschaft in Niedersachsen, ist hierfür bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung getan.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Auch um Erkenntnisse aus den Bereichen Tierschutz, Tiergesundheit und Tierarzneimittel geht es. Denn nur gesunde Nutztiere sind ein Baustein zur Erzeugung von sicheren Lebensmitteln mit hoher Qualität. Geflügelpest und Afrikanische Schweinepest sind sicher der Gipfel der drohenden Szenarien in diesem Themenfeld, die es zu verhindern gelte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind in Niedersachsen auf gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen. Benötigt werden Chemiker und Lebensmittelkontrolleure. Zukunftsfähig dürften aber auch geeignete Berufe der IT-Branche sein, um auch bei neuen Herausforderungen wie der Überwachung und Kontrolle des Internethandels effektiv agieren zu können.

Der Verbraucherschutzbericht 2017 macht es deutlich: Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind und bleiben zentrale Themen für Niedersachsen. Mit unserer Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast, die die Sicht sowohl der Lebensmittelerzeuger als auch der -verbraucher sehr gut kennt, haben wir eine kompetente und engagierte Politikerin an der Spitze dieses für Niedersachsen so wichtigen Ministeriums, damit sichere Lebensmittel ein Markenzeichen in Niedersachsen bleiben.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Koch. - Nun hat das Wort für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Glosemeyer. Bitte!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Verbraucherschutz bekommt mit fortschreitender Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger durch die Medien immer breitere Aufmerksamkeit. Fälle wie Afrikanische Schweinepest oder Fipronil in Eiern aus dem Ausland sorgten für viel Aufsehen. Die Bürgerinnen und Bürger wissen oftmals gar nicht, was unser Verbraucherschutz neben der Bekämpfung der größeren Vorkommnisse alles leistet. Die enge Verzahnung zwischen dem Landwirtschaftsministerium, dem Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie den kommunalen Veterinärbehörden ermöglicht eine Vielzahl von engmaschigen Kontrollen in allen Bereichen der Wertschöpfungskette.

Das LAVES untersuchte im Jahr 2017 mehr als 2 Millionen Produkte; das sind 200 000 mehr als im Jahr davor. Die Prüfer auf kommunaler Ebene haben im vergangenen Jahr bei der Hälfte ihrer 62 000 Kontrollen - das muss man sich einmal vorstellen: in 40 300 Betrieben im Land - Verstöße festgestellt. Von 28 000 Proben wurden 4 557 beanstandet, 568 Bußgelder wurden verhängt, und 69 Strafverfahren wurden eingeleitet sowie öffentliche Verwarnungen ausgesprochen.

Neben der Untersuchung von Bedarfsgegenständen, Spielzeug und Kosmetikprodukten stehen insbesondere die Kontrolle von Lebensmitteln, deren Herstellung, Verarbeitung und Kennzeichnung im Mittelpunkt. Die Kontrollen orientieren sich fortschreitend an den aktuellen Gegebenheiten und auch an den Problemen, die der Fortschritt so mit sich bringt.

Der Onlinehandel beispielsweise - das sagte die Kollegin schon - ist eine große Herausforderung für den Verbraucherschutz. Wir können Produkte aus der ganzen Welt bestellen, die leider nicht immer unseren Qualitätsstandards genügen.

Neben diesen Herausforderungen bietet das Internet aber auch viele Chancen. Beispielsweise unterstützt das Land ein Projekt der Verbraucherzentrale, das den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit gibt, sich online zu informieren. Ebenso wurde die Themenpalette um Ernährungsweisen und Trends erweitert. Die vegane Ernährung erfreut sich zunehmend größerer Beliebtheit. Produkte wie veganer Käse gibt es nicht nur im Bioladen, sondern auch in jedem gut sortierten Supermarkt. Das ist auch gut so.

Nur: Wie ist es mit der Bezeichnung „Käse“? Der Europäische Gerichtshof hat beschlossen, dass durch die Namensgebung eine Täuschung des Verbrauchers vorliegt. Das Land Niedersachsen prüft, ob die Gesetze eingehalten werden. An dieser Stelle möchte ich gerne darauf hinweisen: Es gibt ein Internetportal der Bundesregierung, das „Lebensmittelklarheit“ heißt. Diejenigen Verbraucherinnen und Verbraucher, die unsicher sind, können sich auf diesem Portal informieren. Ich finde, das ist eine sehr gute Möglichkeit, um sich sicher zu fühlen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine weitere Herausforderung sind die technisch immer besser werdenden Möglichkeiten, Behörden und Verbraucher zu täuschen. Wie wir dem Verbraucherschutzbericht entnehmen können, wird beispielsweise der Thunfisch mit aufwändigen Mitteln rot gefärbt, um frischer zu wirken. Das Schnitzel in der Kantine besteht durchaus manchmal aus zusammengeflickten Fleischstücken.

Mit der Vielzahl von Kontrollen leistet das Land Niedersachsen einen großen Beitrag, um diesen Schwindel aufzudecken, um Täuschungen vorzubeugen und um hygienische Mängel anzuzeigen und zu ahnden. Obwohl die Zahl der Verunreinigungen einigermaßen stabil ist, ist die Gesundheitsgefahr Gott sei Dank gesunken. Die Zahl der gefährlichen Verunreinigungen nahm ab. Fielen 2014 noch 19 % der Beanstandungen in die Kategorie „gefährlich“, waren es 2017 nur noch 12 %.

Auch an dieser Stelle ein kleiner Werbeblock: Auch hierzu gibt es ein Internetportal, nämlich lebensmittelwarnung.de. Auch dieses hier zu nennen, ist wegen ihrer Bedeutung für die Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig.

(Glocke der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Verbraucher muss sich darauf verlassen können, ein einwandfreies Produkt zu kaufen. Dafür setzen wir uns ein. Mit technisch aufwendigen Analyseverfahren leistet das Land Niedersachsen einen wichtigen Beitrag zur Lebensmittelsicherheit in Niedersachsen.

Ein weiteres trauriges Thema ist die Verschwendung von Lebensmitteln. Auch darauf ist meine Kollegin eingegangen, sodass ich dazu nicht weiter ausführen werde. Nur so viel: Bis 2030 soll die Menge um die Hälfte reduziert werden. Dafür setzt sich unsere Landwirtschaftsministerin ein, und es wird einen Maßnahmenkatalog dazu geben.