Es war vorgesehen, die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 23 - das ist die Fragestunde - zu beginnen. Zuvor wird es aber eine Unterrichtung geben; dazu komme ich gleich. Da wir Tagesordnungspunkt 24 bereits gestern Abend behandelt haben, werden wir anschließend heute nur noch die Tagesordnungspunkte 25 und 26 behandeln. - Die heutige Sitzung soll gegen 12.30 Uhr enden.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für heute haben sich entschuldigt: von der Fraktion der SPD Herr Dr. Christos Pantazis, von der Fraktion der CDU Frau Gudrun Pieper und Herr Clemens Lammerskitten, von der Fraktion der FDP Frau Sylvia Bruns und von der Fraktion der AfD Herr Harm Rykena.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich auf die gestrige Aussprache zu dem Antrag zur Aktuellen Stunde der AfD-Fraktion zurückkommen. Nachweislich des Protokolls hat der Abgeordnete Wichmann den Abgeordneten Dr. Birkner der Lüge bezichtigt. Diese Wortwahl wird in diesem Parlament mit einem Ordnungsruf geahndet.
Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung durch die Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zum Ausbruch der Schweinegrippe in Belgien
Frau Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast hat um das Wort zur Unterrichtung gebeten. Bitte, Frau Ministerin!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete dieses Landtages! Gestern Abend bin ich durch die Bundesministerin für Landwirtschaft, Frau Klöckner, darüber informiert worden, dass in einer südbelgischen Region bei Wildschweinen das Virus der Afrikanischen Schweinepest nachgewiesen wurde. Mittlerweile liegen auch einige Informationen zu dem Fall vor.
Die belgische Fachbehörde für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette Agence fédérale pour la sécurité de la chaîne alimentaire (AFSCA) hat demnach zwei Fälle von Afrikanischer Schweinepest (ASP) in Belgien bestätigt. Das Virus wurde in der Gemeinde Étalle in der südbelgischen Provinz Luxembourg - und damit lediglich 60 km von der deutschen Grenze entfernt - bei zwei tot aufgefundenen Wildschweinen entdeckt. Wir gehen davon aus, dass wir in Kürze nähere Informationen über die näheren Umstände und über mögliche Eintragswege von den belgischen Behörden und vom Bundesministerium erhalten werden.
Die ASP hat mit diesen Nachweisen in Belgien einen sehr großen, überraschenden und auch beunruhigenden Sprung nach Westen gemacht, der durch eine Wanderung infizierter Wildschweine über Hunderte von Kilometern aus Osteuropa sicher nicht erklärt werden kann. Wir gehen in diesem Fall also davon aus, dass unsere Lebensmitteltheorie stimmt, dass die Erreger also durch den Fehler eines Menschen - ein weggeworfenes Wurstbrot - eingetragen wurden, zumal sich der Fundort ziemlich dicht an der Autobahn befindet. Diese Theorie wird sich vielleicht bestätigen. Deswegen an dieser Stelle noch einmal: Wir vermuteten von Anfang an, dass irgendwann der Eintrag
Obwohl die angrenzenden Bundesländer - das Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen - vermutlich noch nicht im Bereich der tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen Restriktionsgebiete liegen, hat die Bundesministerin bereits angekündigt, gemeinsam mit den Veterinärbehörden der Nachbarländer Frankreich, Luxemburg und Belgien die länderübergreifende Zusammenarbeit bei der ASP-Bekämpfung zu intensivieren. Das begrüße ich natürlich sehr.
Wir haben es nun mit einer handfesten Bedrohung vor der Haustür zu tun. Den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest so dicht an der deutschen Grenze müssen wir sehr ernst nehmen; denn auch in anderen Regionen der Welt breitet sich das Virus vor allem in Wildschweinbeständen aus. Nachweise gibt es in den Wildschweinbeständen vieler Regionen in Osteuropa: Polen, das Baltikum, Moldawien, Rumänien und Tschechien, Weißrussland, die Russische Föderation, die Ukraine, Ungarn, Georgien, Armenien und Aserbeidschan. Vielfach wurden auch Hausschweinbestände mit ASP infiziert.
Auch in China breitet sich die ASP aus. Am 1. August 2018 wurde der erste Fall der ASP in China beim Internationalen Tierseuchenamt gemeldet. Seitdem kam es zu zumindest drei weiteren Ausbrüchen in unterschiedlichen chinesischen Provinzen.
Meine Damen und Herren, es gibt jedoch auch einen kleinen Hoffnungsschimmer. In Tschechien konnte ein regionales Ausbruchsgeschehen durch intensive Bekämpfungsmaßnahmen so weit eingedämmt werden, dass dort seit April dieses Jahres keine neuen Fälle verzeichnet werden mussten. Die in Tschechien angewendeten Maßnahmen wie die Absperrung eines von der zuständigen Behörde bestimmten Gebiets z. B durch Umzäunung, die Beschränkung des Personen- oder Fahrzeugverkehrs für diese bestimmten Gebiete, die Beschränkung und das Verbot der Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen oder die Anordnung einer vermehrten Fallwildsuche, um die Infektionsmöglichkeiten gesunder Wildschweine zu minimieren, werden wir dann auch in Deutschland beim Auftreten von ASP bei Wildschweinen ergreifen können, sobald die von den Bundesländern angeregte Änderung des Tiergesundheitsgesetzes und des Bundesjagdgesetzes in Kraft tritt.
Das Landwirtschaftsministerium hat sich gemeinsam mit der Jägerschaft, den Landwirten, den Veterinärbehörden unseres Landes, den übrigen Bundesländern und dem Bundesministerium intensiv auf die Ankunft des ASP-Virus in Niedersachsen vorbereitet. Hier dürfen wir in unseren gemeinsamen Anstrengungen auch nicht nachlassen! Jetzt gilt es umso mehr, jeden Fund eines toten Wildschweins unverzüglich den zuständigen Veterinärämtern mitzuteilen, damit wir eine Chance haben, ein mögliches Geschehen einzudämmen, die Biosicherheitsmaßnahmen in schweinehaltenden Betrieben konsequent zu beachten und bei der Anwendung der besonderen Biosicherheitsmaßnahmen auf Autobahnraststätten und Parkplätzen nicht nachzulassen, um die Ansteckung von Wildschweinen zu vermeiden.
Ich bin dem Wirtschaftsministerium im Übrigen außerordentlich dankbar, dass man von dort alle erforderlichen Schritte bei den Autobahn- und Straßenmeistereien der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr ergriffen hat. Im Rahmen des Betriebsdienstes werden die Parkplätze im Zuständigkeitsbereich der NLStBV engmaschig kontrolliert und wird entsorgter Müll gegebenenfalls sofort aufgenommen und entfernt. Die vorhandenen Abfallbehälter sind verschließbar und kippsicher aufgestellt. Ich finde das richtig und wichtig. Ich sage es noch einmal: Den Fehler wird irgendwann der Mensch machen.
Sobald uns weitere Informationen aus Belgien vorliegen, werden wir gemeinsam mit den kommunalen Veterinärbehörden prüfen, welche zusätzlichen präventiven Maßnahmen möglicherweise ergriffen werden können. Wir hatten heute Morgen eine Besprechung in meinem Ministerium gemeinsam mit einem Abteilungsleiter aus dem Wirtschaftsministerium. Wir sind also eng in Absprachen, wir werden jede neue Nachricht in unseren Häusern verarbeiten, und wir werden auch sofort handeln können.
Ich bin dankbar, dass wir in der vorletzten Woche in Niedersachsen eine ASP-Übung durchgeführt haben. Das zeigt uns, dass wir vorbereitet sind. Seit meinem Amtsantritt im November ist dies wirklich die größte Sorge, die ich in diesem Amt habe. Ich kann Ihnen versichern: Wir alle sind gemeinsam vorbereitet. - Ich danke diesem Parlament noch einmal dafür, dass im Rahmen des Nachtragshaushaltes vieles an Prävention auf den Weg gebracht wurde. Das ist richtig, und das ist wichtig, wie wir heute erkennen können.
Ich möchte abschließend betonen: Bei der Afrikanischen Schweinepest handelt es sich um eine Tierkrankheit, die die Gesundheit unserer Wild- und Hausschweine bedroht, aber für den Menschen ungefährlich ist.
Frau Staudte, von Ihnen wird eine Aussprache gewünscht. Das ist nach § 78 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung auch möglich. Die Ministerin hat für ihre Unterrichtung 7:30 Minuten beansprucht. Das bedeutet, diese Zeit erhalten auch die Regierungsfraktionen, und die Oppositionsfraktionen erhalten jeweils 5 Minuten.
Ich erteile nunmehr das Wort der Frau Kollegin Staudte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Frau Kollegin!
Wir konnten gestern Abend den Medien schon entnehmen, dass dieser Fall in Belgien aufgetreten ist. Ich denke, er macht vor allem eines deutlich: Die momentane Konzentration auf die Ausbreitung und Übertragung über Wildschweine war eigentlich der falsche Denkansatz. - Sie haben in einem schriftlichen Statement geschrieben: Alles wird schon gemacht.
Das, was wir bisher wahrgenommen und auch kritisiert haben, ist, dass es eine einseitige Fokussierung auf das Jagdgesetz und auf die Ausbreitung über Wildschweine gibt und dass eben nicht die Hygienemaßnahmen und die Verbreitungswege über den Menschen - wie Sie sie gerade angesprochen haben - im Vordergrund stehen.
Wir haben immer angemahnt, dass wir eine sehr viel bessere Ausstattung der Parkplätze an den Kreis-, Landes- und Bundesstraßen brauchen. Das ist vielleicht angeschoben, aber bei Weitem noch nicht umgesetzt worden. Ich glaube, hier muss ganz dringend nachgebessert werden. Denn es ist ja richtig, was Sie sagen: Es ist unlogisch, dass in diesem Fall die Ausbreitung über Wildschweine
Insofern kann ich wirklich nur ganz stark appellieren: Setzen Sie die Schwerpunkte auf verstärkte Hygienemaßnahmen! Die Gefahr der Verbreitung über Futtermitteltransporteure, über Viehtransporte - Transporte von einem schweinehaltenden Betrieb zum anderen - ist wesentlich größer als die Gefahr der Ausbreitung durch Wildschweine.
Ein Aspekt muss auch in den Vordergrund gerückt werden: Wir haben dieses hohe wirtschaftliche Risiko, weil der Export einbrechen könnte.
Der Schweinemarkt ist exportorientiert: nach China. Wenn nun ein Fall in Deutschland auftreten würde, könnte es natürlich sein, dass China sagt: Wir importieren nichts mehr. - Wir haben immer dafür appelliert, dass wir uns auf den Binnenmarkt konzentrieren. Der wird auch mit der Schweinepest nicht einbrechen. Insofern: Versuchen Sie, das Risiko auch dadurch zu minimieren, dass Sie nicht weiter auf Export und auf große Mastbestände setzen!
- Ich darf um Ihre Aufmerksamkeit bitten! Herr Limburg, Herr Thiele, Sie haben auch hier vorne die Möglichkeit, Ihre Argumente vorzutragen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin, ich danke Ihnen sehr herzlich dafür, dass Sie uns hier aus eigenem Entschluss umfassend über diesen Fall unterrichtet haben. Es ist jetzt das passiert, was eigentlich nie hätte passieren dürfen und wovor wir alle Angst hatten. Die ASP, die sich uns von Osten her immer weiter angenähert hat - zuletzt aus Rumänien -, hat jetzt einen Riesensprung gemacht, quasi über uns hinweg bis nach Belgien.
Frau Staudte, es ist natürlich anzunehmen, dass dies durch Menschen verursacht worden ist. Es ist von allen Experten - und auch in diesem Hause - immer betont worden, dass die Gefahr bei größeren Distanzen darin liegt, dass Touristen, LkwFahrer und andere durch das Wegwerfen von Abfällen, von Brotresten diese Erreger übertragen könnten.
Es handelt sich aber, Frau Staudte, um ein mindestens zweifaktorielles Risiko. Das eine Risiko habe ich eben beschrieben. Das andere Risiko ist: Wenn der Erreger denn da ist - und vielleicht haben Sie zur Kenntnis genommen: zwei befallene tote Wildschweine -, dann ist die Frage: Wie kann ich das eindämmen? - Dabei ist ein hoher, dichter Wildschweinebestand, wie wir ihn in Deutschland leider haben, viel dichter als einige Jahrzehnte zuvor, natürlich ein erhöhter Risikofaktor.
Es ist einfach unfassbar für mich, dass Sie in dieser Situation, in der diese Gefahr vor unserer Haustür steht, immer noch sagen, man dürfte die Wildschweine in ihrem völlig überbordenen Bestand nicht reduzieren. Jetzt noch zu behaupten, man müsse sich nur auf die menschlichen Übertragungswege konzentrieren und in diesem Bereich nichts tun, spottet wirklich jeder Beschreibung. Sie haben das Problem entweder nicht verstanden, oder Sie sind in Ihren Ideologien verfangen.
Und dann Ihr Lieblingsthema, das Sie bei jeder Debatte hervorholen - Exporte schlechtmachen -: Wir sollten nur für uns selber produzieren. - Das ist nun wirklich lächerlich. Natürlich ist es doch auch für die Menschen hier vor Ort nicht gerade ein Anreiz, Schweinefleisch zu konsumieren - das wissen wir doch alle -, wenn eine solche Krankheit im Raum steht - auch wenn wir jeden Tag betonen müssen, dass es für Menschen nicht gefährlich ist; gar keine Frage. Hier aber Ihre alten Ideologien weiter zu vertreten, spottet wirklich jeder Beschreibung.
Frau Ministerin, ich kann wirklich nur an Sie appellieren, jetzt alle risikomindernden Faktoren möglichst in Abstimmung voranzutreiben. Leider ist das, was wir hier beantragt haben, nämlich durch Jagd dieses Risiko in den Wildschweinebeständen stärker zu reduzieren, nicht entsprechend wahrgenommen worden. Wir haben nach wie vor diese hohen Bestände und dadurch sehr hohe Risiken. Ich hoffe, dass hier mit der gleichen Konsequenz