Miriam Staudte

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist klar, Corona ist das allgegenwärtige Thema, das alle beschäftigt. Es gibt aber auch andere Themen, die die Menschen umtreiben. Deshalb haben wir heute das Thema „Faire Preise für die Landwirtschaft“ vorgeschlagen.
Seit Wochen erleben wir allerorten Bauernproteste vor den Verteilzentren des Lebensmitteleinzelhandels, vor den Schlachtereien und den Molkereien. Zum ersten Mal schlagen AbL, BDM und Land schafft Verbindung gemeinsam Alarm, um für bessere Preise zu streiten. Es ist auch richtig, dass heute Morgen eine kleine Delegation uns Abgeordnete vor dem Landtag begrüßt hat. Der Landesvorsitzende der AbL, Herr Ilchmann, und der Landesvorsitzende des BDM, Herr Habbena, waren hier. Und sie sind auch zu Recht hier; denn es ist eine Aufgabe der Politik, sich um diese Thematik zu kümmern.
Es geht letztendlich darum, dass wir die Rahmenbedingungen setzen. Wir können nicht einfach sagen, das sei ein Thema, dass die Branche irgendwie unter sich regeln müsse, und wir müssten da nur ein bisschen moderieren. Nein, in einer Situation, in der der Wettbewerb nicht mehr funktioniert, weil die eine Seite eine wirklich marktbeherrschende Stellung hat, muss die Politik eingreifen.
In den vergangenen Jahren hatten wir eine Entwicklung zu erheblicher Marktkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel. Im Prinzip gibt es nur noch die vier Großen Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe von Lidl und Kaufland, die 80 % des LEH beherrschen. Da ist es eben kein Wunder, dass man manchmal auch Zweifel hat, ob es nicht doch auch zu Preisabsprachen kommt. Je weniger Mitbewerber, umso leichter ist so etwas
natürlich möglich - gegenüber den Lieferantinnen und Lieferanten, aber natürlich auch gegenüber den Kunden. Zumindest ist es auffällig, dass die Vergleichswarenkörbe fast bis auf den Cent gleiche Preise aufweisen.
Es geht letztendlich aber nicht nur um den LEH, es geht auch um die weiterverarbeitenden Betriebe. Deswegen wird ja auch vor den Molkereien und den Schlachtbetrieben demonstriert. Auch in dem Bereich - gerade bei der Milch - haben wir eine Art von Monopolstruktur. Der Milchviehhalter hat ja häufig nur eine Molkerei, die vor Ort bei ihm noch den Schlenker fährt und die Milch abholt. Das ist eine Situation, in die schon sehr lange hätte eingegriffen werden müssen. Das sagt auch das Bundeskartellamt.
Die Ursachen für niedrige Erzeugerpreise sind aber noch deutlich vielfältiger. Wir alle wissen ja: Der Preis wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Wenn man ein Überangebot hat, dann sinkt natürlich auch der Preis. Das Thema Lebensmittelverschwendung ist eigentlich auch ein Indikator dafür, dass wir Überkapazitäten haben. Diese Überkapazitäten müssen geordnet abgebaut werden. Wir können nicht warten und sagen: Da werden schon ein paar aufgeben. - Es muss darum gehen, dass gemeinsam Produktionskapazitäten abgebaut werden, sei es nun bei der Milch oder auch im Schweinemarkt.
Wir haben die EU-Subventionen, die natürlich auch immer zu dieser Abwärtsspirale beitragen. Sie haben letztendlich dazu geführt, dass Herstellungspreis und Verkaufspreis derart entkoppelt werden konnten. Wir wollen die Direktzahlungen nicht von heute auf morgen stoppen, aber es muss einen Ausstiegsplan geben. Landwirtinnen und Landwirte wollen gewinnbringende Preise statt Staatshilfen.
Die Grünen sprechen immer wieder das Thema Weltmarktorientierung an, niedriges Preisniveau und die Exporteinbrüche, mit denen wir immer wieder konfrontiert sind. Das ist absehbar, das muss man kommen sehen, und deswegen müssen wir davon wegkommen.
Verderbliche Ware: Im ganzen Bereich der Landwirtschaft ist das natürlich auch immer eine Problematik. Es gibt kaum Lagerkapazitäten. Allein deswegen ist die Position der Erzeugerinnen und Erzeuger immer sehr viel schwieriger. In der
Landwirtschaft wird seit vielen Jahrzehnten auf Abrieb gearbeitet, sowohl körperlich als auch psychisch. Es wird dann einfach mehr gearbeitet, Familienmitglieder arbeiten umsonst mit. Die Investitionen - Reparatur des kaputten Dachs - lässt man noch einmal zehn Jahre liegen. Das alles muss aber ein Ende haben. Ich glaube, da müssen auch Sie von der CDU wirklich umdenken.
Es gibt jetzt jede Menge kurzfristiger Maßnahmen. Von der AbL sind Erzeugerfairpreisaufschläge gefordert worden. Die Tierwohl-Abgabe im nächsten Jahr muss wirklich kommen, und zwar für alle Tierarten. Und wir brauchen ein Verbot von Billigpreiswerbung und Rabattschlachten. Wir Grünen finden auch einen Mindestpreis für Fleisch sinnvoll. Es ist gut, dass Frau Klöckner unlautere Handelspraktiken verbieten will, also kurzfristige Stornierungen, den Rückversand nicht verkaufter Ware, verspätete Zahlungen, dieses berühmte Auslisten etc.
Sie bezieht sich immer nur auf die Situation „Lieferanten - Lebensmitteleinzelhandel“. Es muss aber vor allem auch um das verarbeitende Gewerbe gehen. Es darf nicht außen vor gelassen werden. Deswegen muss der Gesetzentwurf an dieser Stelle - auch bei den Kontrollen und Sanktionen - wirklich verschärft werden. Da zählen wir auf diese Landesregierung. Wir erwarten hierzu Antworten.
Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte doch noch mal darauf eingehen. Sie haben die Situation zutreffend beschrieben. Sie haben auch Bedauern darüber geäußert, dass es so ist, wie es ist. Aber wenn Sie sagen: „Wir haben uns getroffen, und es gab Ergebnisse“, die Ergebnisse jedoch sind, dass man sich noch einmal trifft und dann noch einmal spricht, dann ist das noch kein Ergebnis.
Ein Dialog ist richtig und wichtig. Aber es kann doch nicht nur darum gehen, zu warten, dass andere Vorschläge machen! Sie müssen doch auch selbst mit einer gewissen Haltung in diese Diskussionsrunden hineingehen.
Das, was im Moment auf alles dem Tisch liegt, ist doch recht konkret. Wenn Frau Klöckner einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der in weiten Teilen gut ist, aber auch noch Mängel hat, weil er sich quasi nur auf Salatköpfe und Obst, aber eben nicht auf die tierischen Produkte bezieht, dann ist es doch Ihre Rolle, zu sagen: Da müssen wir noch nachbessern und nachsteuern. - Denn es handelt sich um ein globales Problem in der Lebensmittelbranche, in der Landwirtschaft, das nicht nur Obst und Gemüse betrifft.
Ich kann Sie nur auffordern, selber konkreter Stellung zu beziehen und nicht nur zu sagen: Ja, wir werden Veränderungsprozesse einleiten.
Beim Thema Tierwohllabel möchte ich Sie ausdrücklich loben. Ich finde es richtig, dass Sie sich schon lange für ein verpflichtendes Tierwohllabel einsetzen. Es muss an strengere Kriterien geknüpft werden, und es muss auch für alle Tierarten gelten. Da warte ich auch noch auf ein bisschen Initiative von Ihnen.
Danke.
Vielen Dank. - Ich stelle meine beiden Fragen auch einfach zusammen, damit es schneller geht.
An Herrn Lies gerichtet, habe ich eine Frage bezüglich der Messstellen. Es ist ja schon sehr wichtig und interessant, dass das wirklich auf einer guten Datenbasis steht. Was für einen Zeitplan sehen Sie da vor, um zu überprüfen, ob man andere Messstellen noch mit reinnehmen kann oder womöglich neue Messstellen quasi abteufen muss?
Meine andere Frage betrifft die Vergleichbarkeit von Schleswig-Holstein und Niedersachsen: Frau Ministerin, Sie haben gerade dargestellt, dass es sehr schwer ist, die Grundwassersituation auf die Schnelle zu vergleichen. Vielleicht können Sie das
aber bezüglich der Tierbestände erläutern. Ich meine, in Niedersachsen hat ein Schwein, was die Landesfläche angeht, 280 m2, in Schleswig-Holstein ist es mehr als das Sechsfache. Vielleicht könnten Sie etwas zur landwirtschaftlichen Nutzfläche und der Verhältnismäßigkeit sagen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Minister Lies, bitte erklären Sie uns, wer in der letzten Wahlperiode Wirtschaftsminister war, und wer da mit aller Macht versucht hat, diese Gesetze zu verhindern.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die vielen Debatten der Vergangenheit haben es gezeigt: Die Landwirtschaft steht wirklich vor einem der wichtigsten Transformationsprozesse hin zu einem ressourcenschonenden Umgang und zu einer Wirtschaftsweise, die es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglicht, gut auszukommen. Deswegen demonstrieren sie zurzeit.
Doch leider, Frau Ministerin, spiegelt Ihr Haushalt das so nicht wider. Es bleibt bei einem „Weiter so!“ Er wird nicht genutzt, um eine Basis für ein tragfähiges Regierungshandeln zu schaffen. Ich glaube, das ist das Problem.
Sie selber verstehen sich immer als jemand, der Konflikte moderiert, aber eigentlich möchten Sie nicht so gerne handeln. Regierungshandeln heißt aber deswegen so, weil man ab und zu auch eine Entscheidung treffen und eben handeln muss.
Die Bauernproteste, über die wir morgen auch noch diskutieren werden, machen es ganz deutlich: Die Politik muss einen Rahmen geben, damit die Position der Landwirtinnen und Landwirte gegenüber dem Einzelhandel und den verarbeitenden Betrieben gestärkt wird.
Letztendlich kann ich aber gut nachvollziehen, warum Sie in diesem Haushalt keine Akzente setzen. Denn für die zig Arbeitskreise, die Sie in den letzten Monaten bzw. - das muss man schon fast sagen - Jahren gegründet haben, braucht man ja eigentlich auch gar nicht so viel Geld.
Nehmen wir das Beispiel Tierschutz: Es ist fast drei Jahre her, dass die verschiedensten Arbeits
kreise zur Nutztierhaltungsstrategie gegründet worden sind. Von einem Ergebnis haben wir bis heute nichts gehört. Es gibt den Lenkungsausschuss, die Arbeitsgruppe Schweine, die Arbeitsgruppe Rinder und kleine Wiederkäuer, die Arbeitsgruppe Geflügel, die wiederum vier Unterarbeitsgruppen hat, die Projektgruppe Tierschutzindikatoren, die Projektgruppe Schlachten und Töten, die Projektgruppe Tiertransporte und den Arbeitskreis Folgenabschätzung, der vermutlich all das, was die anderen Gruppen vorgeschlagen haben, wieder eindampft.
Wenn man z. B. einmal die Arbeitsgruppe Tiertransporte betrachtet, dann muss man sich doch wirklich wundern: Das ist so ein virulentes Thema. Ich glaube, es ist ungefähr vier Monate her, dass das Verwaltungsgericht in Oldenburg Ihren Erlass zum Stopp der Tiertransporte einkassiert hat. Man muss auch sagen: Der war wirklich handwerklich so schlecht gemacht - er hat nur zweieinhalb bzw. drei Zeilen umfasst -, dass es gar kein Wunder war, dass das Verwaltungsgericht ihn einkassiert hat.
Ich frage mich: Wie nutzen Sie eigentlich diese Arbeitsgruppe Tiertransporte? Da muss doch ein Austausch stattfinden; da muss man sich doch beraten und dann zu einem guten Fundament bzw. Beschluss kommen. Aber von all dem ist nichts zu sehen.
Man ist dann immer wieder erschüttert, gibt sich betroffen - und setzt die nächste Arbeitsgruppe ein.
Ein anderes Beispiel ist die Projektgruppe Schlachten und Töten. Irgendwas mit dem Thema Schlachten war doch da in den letzten Monaten! Ich glaube, es ging um die Schlachthöfe und die vielen infizierten Werkvertragsmitarbeiter. Da wurde auch gesagt: Wir führen ein Ampelsystem ein, brauchen aber erst mal eine Arbeitsgruppe. - Die hat auch getagt, und danach gab es bestimmte Empfehlungen. Die waren aber nicht so zu verstehen, dass der Betrieb geschlossen wird, wenn bestimmte Infektionszahlen erreicht werden. Das könnte man ja denken, wenn von einer Ampel geredet wird - die kann ja auch mal auf Rot stehen. - Nein, es waren wieder nur Empfehlungen - alles nur Placebo.
Auch zum Thema Nottötung - Sie erinnern sich an die Studie von Frau Große Beilage zu den kranken, langsam verendenden Schweinen - hat die Arbeitsgruppe der Landjugend schon vor einem Jahr einen guten Vorschlag gemacht und gesagt: Bitte finanziert die Elektrozangen, damit wir als Landwirte bzw. Tierhalter ordentlich betäuben können. - So ein Haushalt wäre wirklich mal eine gute Gelegenheit, um Mittel für ein Programm dafür bereitzustellen. Aber wieder ist nichts passiert.
Wenn Sie Ideen verfolgen, Frau Ministerin, dann führen sie häufig in eine Sackgasse. Zum Thema Klimakrise, Dürre usw. haben Sie eine staatlich subventionierte Dürreversicherung für Landwirte gefordert, obwohl Frau Klöckner das vorher schon längst abgelehnt hatte. Das ist wirklich so ein Endof-the-Pipe-Ansatz: Erst muss das Problem seinen Lauf nehmen, und zum Schluss will man etwas reparieren und viel Geld hinterherwerfen. Wenn dann aber auf der anderen Seite der Bauernverband Nordostniedersachsen - das ist eine von Trockenheit betroffene Region - ankommt und sagt: „Wir haben hier was Tolles ausgearbeitet; wir wollen dezentrale Speicherbecken zur Beregnung usw. installieren; bitte fördert das!“, dann gibt es von Ihrem Staatssekretär Theuvsen in Ihrem Namen eine Absage - das wäre zu teuer. Aber für Dürreversicherungen wäre, meinen Sie, theoretisch Geld da.
Das ist kein vorausschauendes Arbeiten und führt uns alle nicht weiter.
Beim Thema Staatssekretär muss ich noch etwas anderes ansprechen - da gab es auch irgendwas Haushaltsrelevantes in diesem Jahr. Sie haben Ihren bisherigen Staatssekretär entlassen - das an sich will ich nicht kritisieren; ich denke, das war die richtige Entscheidung. Aber dass Sie mit dieser sich schon lange abzeichnenden Entscheidung gewartet haben, bis er seine zwei Jahre auf dem Posten voll hatte, um dann sein Ruhegehalt nach B 9 und nicht nach B 6 zu bekommen, ist wirklich unverantwortlich den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gegenüber.
Wenn man das einmal hochrechnet, ist man ganz schnell im sechsstelligen Bereich - nur mit Blick auf diesen Unterschied zwischen B 6 und B 9.
- Genau; denn hier geht es wirklich um Geld. Aber es kommt noch dicker, Herr Nacke: Jetzt steht nämlich eine viel größere Herausforderung vor der Tür. Der Landesrechnungshof mit Frau von Klaeden an der Spitze hat einen dicken Prüfbericht zur Landwirtschaftskammer vorgelegt. Er liegt jetzt im Agrarministerium. Darin steht, dass es zu einer Misswirtschaft im Umgang mit öffentlichen Geldern gekommen ist.
Ich glaube, da kommen wir mit einem sechsstelligen Betrag nicht aus - da geht es vermutlich um Millionenbeträge. Die Landwirtschaftskammer bekommt ja über 57 Millionen Euro und soll, wenn es nach Ihnen geht, im Haushaltsjahr 2021 noch einen Zuschlag über 4 Millionen Euro bekommen. Wie wollen Sie damit eigentlich umgehen? Werden Sie sich als Ministerin selber darum kümmern? Oder werden noch mehr Leute mit CDU-Parteibuch eingestellt, um dieses Problem für Sie zu lösen? - Ich glaube, Sie müssen reagieren, Sie müssen sich einmischen, und es muss eine Lösung her, die den Steuerzahlenden auch wirklich zu vermitteln ist.
Aber ich habe Zweifel, dass das gelingt. Zum Beispiel zu Ihrem Lieblingsprojekt, dem ZEHN - Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen -, hat der Landesrechnungshof auch schon gesagt, dass es eigentlich nicht in Ordnung ist, dass Beratungshonorare in sechsstelliger Höhe gezahlt worden sind. Er sagt - ich zitiere -: „im Ergebnis kein erkennbarer Mehrwert für das Land“. - Dem können wir uns nur anschließen.
Es gibt kein strategisches Gesamtkonzept - das sagt der Landesrechnungshof auch - für die Bereiche Verbraucherschutz, Verbraucherbildung und Ernährungsberatung. Und wenn wir einmal auf die Verbraucherzentrale schauen - Herr Pancescu ist heute leider nicht da; aber ich erläutere das gerne für ihn -: Gerade in Corona-Zeiten sind die Beratungsnotwendigkeiten bei der Verbraucherzentrale noch mal größer geworden. Was sollen die Leute machen, wenn sie Reisegutscheine, Veranstaltungsgutscheine bekommen, wenn ihr Fitnessstu
dio zumacht und sie wissen wollen, ob sie irgendwelche Rechte haben? Der Beratungsbedarf ist enorm gestiegen, aber mehr Geld gibt es nicht.
Wir haben einen Haushaltsänderungsantrag, den ich leider nicht mehr in Gänze erläutern kann, mit vielen, vielen Posten vorgelegt, bei denen wir Handlungsbedarf sehen. Diese Änderungen werden wir auch im nächsten Jahr wieder einbringen.
Noch einen Satz zum Thema Ökolandbau und „Niedersächsischer Weg“. In diesem Zusammenhang ist viel versprochen worden. 1 Million Euro standen mal im Raum. Dieser Betrag findet sich in diesem Haushalt so nicht wieder. Wenn Sie es ernst meinen mit dem „Niedersächsischen Weg“, dann müssen Sie diese Mittel bereitstellen.
Auch was die klimaschonende Landwirtschaft angeht, warten wir auf Lösungen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Wie müssen sich die 8 Millionen Niedersächsinnen und Niedersachsen die ausgeweitete, niedrigschwellige Teststrategie rund um Weihnachten vorstellen, was die Dauer bis zu einem Testergebnis angeht, was aber auch die Anzahl der zusätzlichen Tests angeht?
Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Man kann wirklich sagen: Landwirtschaft und Naturschutz haben sich in den letzten Monaten aufeinander zubewegt. Es ist schön, dass alle den Erfolg für sich reklamieren; schon das Sprichwort sagt: Der Erfolg hat viele Väter und Mütter.
Ich möchte etwas aufgreifen, was Herr DammannTamke angesprochen hat, nämlich den Dialog vor Ort. Es wurde in den Arbeitsgruppen im Ministerium zwischen Naturschutz und Landwirtschaft sehr viel sachlicher Austausch gepflegt und sehr viel Vertrauen aufgebaut. Ich würde mir wünschen, dass die Aktionsbündnisse für die Umsetzung des Volksbegehrens, die es vor Ort gegeben hat, weiterentwickelt werden zu Aktionsbündnissen, die dazu beitragen, dass der „Niedersächsische Weg“ umgesetzt wird.
Wir brauchen diese Zusammenarbeit, und wir müssen gemeinsam dieses Vertrauen aufbauen. Denn das alles ist kein Selbstzweck. Es gibt weltweit ein massenhaftes Artensterben, planetare Grenzen sind erreicht, und wir haben dieses Insekten- und Artensterben auch in Niedersachsen.
Ich möchte bitte noch einen Aspekt aus der Anhörung aufgreifen. Dort wurde gesagt, es dürfe nicht nur eine Vereinbarung zwischen Landwirtschaftsministerium und Umweltministerium sein. Alle Ministerien müssten sich verantwortlich fühlen, diesen „Niedersächsischen Weg“ umzusetzen.
Das Kultusministerium muss sich fragen, was es dafür tun kann, dass der Ökolandbau gefördert wird - Stichworte „Mensen“, „Kantinen“ etc. Das MWK kann überlegen, ob vielleicht eine Professur für den Ökolandbau notwendig ist. Mit Blick auf das MW sind die Themen Versiegelung, Straßenbau etc. schon angesprochen worden. Alle können sich in Zukunft profilieren, indem sie dazu beitragen, dass dieser „Niedersächsische Weg“ wirklich umgesetzt wird.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Das ist tatsächlich eine dramatische Situation sowohl für die Tierhalterinnen und Tierhalter als auch für die betroffenen Arbeiterinnen und Arbeiter in den Schlachthöfen.
Es ist eben ja dieses Bild gezeichnet worden: Wir stehen in Niedersachsen relativ gut da. Wir haben verhältnismäßig gut reagiert. - Das teilen wir im Grundsatz auch. Aber wir müssen auch feststellen: Bei den Schlachthöfen versagt diese Landesregierung leider auf ganzer Linie.
Es kann nicht sein, dass wir uns quasi daran gewöhnen, dass mit erschreckender Regelmäßigkeit immer wieder diese großen Ausbrüche in den Schlachthöfen bekannt werden. Das sind ja auch nicht 5 oder 6, sondern immer gleich 100 oder jetzt über 60 Infektionen an den einzelnen Standorten. Da frage ich mich natürlich: Dieses Konzept des Testens scheint ja nicht zu funktionieren. Wenn angeblich täglich getestet wird, müsste man das doch nach und nach mitkriegen. Die 113 Personen haben sich doch nicht alle an einem Tag infiziert. Da haben wir wirklich viele Fragen.
Es kann doch nicht sein, dass jetzt quasi gesagt wird: Na ja, wir kriegen im Bund dieses Verbot der Werkverträge usw. Ab dem 1. Januar 2021 wird der Hubertus Heil das schon irgendwie regeln. - Wir brauchen jetzt Maßnahmen hier in Niedersachsen! Es kann nicht sein, dass wir für diese Menschen z. B. immer noch keine Unterbringungen in Einzelzimmern haben.
Ich finde es auch unerträglich, dass von einigen Landräten verbreiten wird: Na ja, die haben sich irgendwo in der Raucherecke angesteckt. - Nach dem Motto: Die sind irgendwie selber schuld, die halten sich selbst nicht an Vorgaben. - Das sind Menschen, die wirklich unter den schlimmsten Bedingungen arbeiten. Wer in einem Schlachthof
war, hat das gesehen. Sie kommen aus Ländern größter Armut, sie sind hinsichtlich ihrer Arbeitnehmerrechte quasi rechtlos, und sie sind den Subunternehmern immer noch schutzlos ausgeliefert. Ich kann nicht erkennen, dass hier wirklich agiert wird. Das hat dann diese schlimmen Auswirkungen, wie Sie sie gerade eben geschildert haben, Frau Ministerin.
Noch ein Punkt: Ich kann nicht verstehen, dass jetzt weiter geschlachtet werden darf, auch wenn es nur ein paar Tage sind, dass bis Freitag und dann noch bis Sonntag zerlegt werden darf, obwohl es so viele Fälle gibt. Stellen Sie sich mal vor: Hier im Landtag würde festgestellt werden, dass 20 Leute infiziert sind. Würde da irgendjemand sagen: Tagen Sie bitte noch zu Ende? - Das kann nicht sein! Wir müssen diese Menschen schützen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Nur ganz kurz: Ich habe doch dargestellt, dass man Einfluss hätte nehmen können, wenn man am Anfang reagiert hätte. Es sind vielleicht sieben Monate, zehn nicht unbedingt. Aber diese Landesregierung hat eben nichts gemacht. Wir haben tausendmal gesagt: Es muss strenger kontrolliert werden, bei den Unterkünften muss etwas passieren, und, und, und. - Nichts ist passiert!
Jetzt schieben Sie das uns in die Schuhe und sagen, wir müssten in Zukunft weggucken.
Wir sind sehenden Auges in eine schwierige Situation gekommen!
Das Gleiche gilt für die ASP. Vor drei Jahren habe ich hier gesagt: Wir müssen von der Exportorientierung wegkommen, weil irgendwann der Tag kommen wird, an dem uns diese Schweine nicht mehr abgenommen werden. Sie haben Prävention in Bezug auf Wildschweine betrieben. Aber das Schadensausmaß hat Sie nie interessiert, und jetzt kommt die Rechnung.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über das Thema Tiertransporte diskutieren wir hier in diesem Landtag schon sehr lange. Im Dezember 2017 gab es eine sehr erschreckende Reportage. Sie zeigte Kühe, die an einem Bein hängend verladen worden sind. Wir haben das zum Anlass genommen, eine Anfrage an die Landesregierung zu stellen, welchen Handlungsbedarf sie sieht. Die Antwort war nicht gerade zufriedenstellend.
Wir haben seitdem immer wieder mit Anfragen nachgehakt: zu den Hitzesommern, in denen die Tiertransporte auch ungehindert weiterliefen, zu den Abfertigungsstaus wegen Corona - da gab es drei Monate lang keine Reaktion.
Wir haben Unterrichtungen beantragt und im April letzten Jahres einen Antrag mit dem Titel „Lange Tiertransporte verbieten - Sofortigen TransportStopp durchsetzen“ eingebracht. Ich freue mich wirklich sehr, Herr Domeier, dass es der SPD nun gelungen ist - vermutlich gegen den Widerstand der CDU -, hier einen Antrag zu diesem Thema einzubringen.
Insofern mein persönlicher Respekt, auch gegenüber Ihrem Engagement, Herr Domeier! Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Abgeordnete in ihrer Freizeit diese Routen bereisen. Ich gebe auch meinem Vorredner recht: Es kann eigentlich nicht sein, dass Tierschutzorganisationen diese Aufgabe übernehmen müssen, aber die Realität ist, dass die Kontrollbehörden es nicht tun.
Insofern ist es gut, dass dieser Antrag jetzt eingebracht wurde. Ich muss aber sagen, dass die Unterrichtungen durch das Ministerium über diesen langen Zeitraum immer wieder gezeigt haben, dass das Ministerium selber ein Bremsklotz bei dieser Debatte ist. Immer wieder wurde gesagt: Nein, das geht nicht. - Dafür wurden dann Argumente angeführt.
Wenn man sich einmal mit den Leuten vor Ort unterhält, die sich in dem Bereich sehr gut auskennen, dann hört man: Einzelne Veterinärämter setzen sich immer gegenüber dem Ministerium durch. - Im Prinzip kann man sagen: In Niedersachsen wedelt der Schwanz mit dem Hund, was Tiertransporte angeht.
In unserer ersten Anfrage zu den entsetzlichen Bildern hat das Agrarministerium uns geantwortet, es sei auszuschließen, dass niedersächsische Tiere von diesen Bedingungen betroffen seien; der Handel mit Schlacht- und Mastvieh in diese Region spiele in Niedersachsen keine Rolle. - Was beides nicht stimmt! 22 000 bis 26 000 Rinder werden jährlich aus Niedersachsen in Staaten außerhalb der EU exportiert - ein ganz beträchtlicher Teil davon auch nach Nordafrika.
Es wird ja immer gesagt: Das sind fast alles Zuchttiere. - Aber die Landesregierung selbst antwortet:
„Für eine Überprüfung, ob diese Tiere im Zielland tatsächlich als Zucht- und Nutztiere gehalten und nicht als Schlachttiere genutzt werden, gibt es keine rechtliche Befugnis.“
Das macht sehr deutlich: Das Dilemma in diesem ganzen Bereich ist, dass es sich immer nur um Vermutungen handelt. Die Kreisveterinäre können nicht sagen: Das ist eine zertifizierte Route, und diese Versorgungsstation - da rufe ich meinen Kollegen in X oder Y an - gibt es wirklich, und die arbeitet auch. - Nein, es werden immer nur sogenannte Plausibilitätsprüfungen durchgeführt. Also: Könnte es sein, dass das tatsächlich so passt? - Diesen Umstand müssen wir ändern.
Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss und hoffe, dass sie nicht allzu lange dauert, sondern wir schnell etwas beschließen. Ich hoffe, dass das Ministerium dann auch gewillt ist, diesen Antrag wirklich umzusetzen. Denn man könnte ihn auch aussitzen. Wir haben jedenfalls bei den Unterrichtungen nicht gerade den Eindruck gehabt, dass in diesem Bereich stringent agiert wird.
Ich möchte abschließend noch etwas zu dem angesprochenen Erlass sagen. Natürlich haben sich alle zuerst gefreut, dass das Ministerium einen Erlass auf den Weg gebracht hat, der Nutztiertransporte in Drittstaaten untersagt. Aber nach vier Wochen hat ein Gericht diesen Erlass einkassiert. Das ist auch überhaupt kein Wunder; denn der Erlass besteht nur aus acht Zeilen - ich habe nicht mehr genug Zeit, um alle vorzulesen. Aber zu denken, dass bei einem Erlass, der solche Auswirkungen hat, der den Export und einen Umsatz von 40 Millionen Euro jährlich betrifft, acht Zeilen ausreichen, die dann auch noch für unbegrenzte Zeit gelten sollen, ist wirklich naiv.
Insofern erwarten wir, dass bei diesem Erlass nachgearbeitet und konkretisiert wird. An diesem Handeln wird sich zeigen, ob die Landesregierung bereit ist, die Bedingungen bei Tiertransporten zu verbessern.
Vielen Dank. - Ich habe die Frage, was Sie denken, was die Bürgerinnen und Bürger, die Verbände, die Wirtschaftsvertreter usw., die an dem Dialogforum Schiene beteiligt waren, dazu sagen würden, wenn ihre Beteiligung quasi umsonst gewesen wäre. Aber ich formuliere die Frage vielleicht lieber um: Was sagt eigentlich Enak Ferlemann dazu, diese Ergebnisse zu ignorieren? Wenn Sie mit ihm im Gespräch sind, haben Sie vielleicht auch darüber gesprochen.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Umweltminister Lies hat gerade schon sehr viel Richtiges zum anstehenden Suchprozess gesagt; ich möchte das nicht wiederholen. Gestatten Sie mir vielmehr, noch etwas ausführlicher auf die Vergangenheit einzugehen.
Es geht mir dabei ausdrücklich nicht um politische Schuldzuweisung, sondern es geht um das, was eben schon angesprochen worden ist: dass wir die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen dürfen.
Aber nicht nur das: Ich glaube, wir müssen uns auch noch einmal vergewissern, damit wir diesem schlimmen Ammenmärchen aus Bayern, Gorleben sei aus politischen Gründen aus dem Verfahren ausgeschieden, entschieden entgegentreten können.
Der vergangene Montag war wirklich ein historischer Tag. Mit einem Paukenschlag wurde das Gorleben-Kapitel beendet, das die niedersächsische Landespolitik über Jahrzehnte geprägt hat. Erst jetzt kann man zu Recht von einer ergebnisoffenen Suche sprechen.
Die BGE hat ihren Zwischenbericht vorgelegt. Darin ist auch ein sehr gutes Kapitel zum Thema „Positive Fehlerkultur“ enthalten, dessen Lektüre ich jedem nur ans Herz legen kann. Es geht darin um offene Kommunikation und darum, die Folgen von Fehlern möglichst frühzeitig einzuschätzen und zu begrenzen.
Deswegen möchte ich auch noch einmal auf die Gorleben-Fehler zurückkommen, die gemacht wurden - allen voran natürlich der Einstieg in die Atomkraftnutzung. Sie alle kennen den Ausspruch: „Man fliegt los, aber hat keine Landebahn.“
Konkret wurde es dann bei der Endlagersuche im Fall des AKW Brokdorf. Dort wurde, nachdem Atomkraftgegner geklagt hatten, plötzlich gerichtlich festgestellt: Das geht so nicht. Es gibt keinen Entsorgungsvorsorgenachweis. - Es wurde ein Baustopp verhängt. Das führte dazu, dass sofort und mit Hochdruck nach einem Endlager gesucht werden musste, weil dieses Schicksal natürlich auch anderen Atomkraftwerken drohte.
Es wurde also mit Hochdruck gesucht - mit zu viel Druck, wie die Akten, die ab 2019 von Greenpeace eingesehen worden sind, belegt haben. Man hat die Akten - hier in der Staatskanzlei beginnend - durchgearbeitet und festgestellt, dass Gorleben im ersten Auswahlverfahren des Bundes schon in der ersten Runde herausgefallen war - also im Prinzip genauso wie heute. Man hätte sich die ganze Geschichte eigentlich sparen können.
Dieses sogenannte KEWA-Verfahren des Bundes landete dann 1976 bei drei Standorten, allesamt in Niedersachsen. Dort wohnten einflussreiche Politiker der CDU-Fraktion: z. B. die Gebrüder Remmers und der spätere Innenminister Rudolf Seiters. Ernst Albrecht war als Ministerpräsident, der eine Minderheitenregierung anführte, auf jede Stimme im Landtag angewiesen. Auch an anderen Standorten - nicht nur im Emsland - entstand sehr viel Druck, z. B. in Nienburg und Celle.
Und so wurde eben beschlossen, ein niedersächsisches Auswahlverfahren durchzuführen: Wenn schon Niedersachsen, dann sollen die Niedersachsen lieber selbst entscheiden. - Das war, wie sich gezeigt hat, ein Fehler.
Im für Industrieansiedlungen zuständigen Wirtschaftsministerium wurde damals handschriftlich in eine Tabelle eingefügt: „nun: LK Lüchow-D.“ Einige Tage später wurden diese Tabellen professionalisiert: Mit Schreibmaschine getippt, tauchte nun der Standort Gorleben in Lüchow-Dannenberg auf. Bereits Anfang 1977 galt Gorleben sogar als Gewinner dieses Verfahrens.
Auf die Standortbenennung - Sie alle kennen das berühmte Foto - folgte die obertägige Erkundung. Sie endete aufgrund der vorgefundenen geologischen Mängel 1983 mit der Empfehlung: „Erkundung anderer Lagerstätten“. Spätestens hier hätte Schluss sein müssen. Doch nichts passierte. Es wurde weiterhin politischer Druck ausgeübt; das Fazit des Gutachtens wurde geändert, und die untertägige Erkundung begann. Dann wurden die Kriterien den negativen Erkundungsbefunden angepasst. Noch 2010 sagte das Niedersächsische Umweltministerium aber: Das war ein wissenschaftliches Auswahlverfahren.
Endlich kam dann im Bund der sogenannte Gorleben-Untersuchungsausschuss, und später kamen die Initiativen zum Standortauswahlgesetz. Am Montag nun wurde wirklich bestätigt, dass Gorleben eine ungünstige Geologie aufweist. Eine wahnsinnige Erleichterung für alle Aktiven vor Ort
und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer bundesweit!
An dieser Stelle möchte ich all jenen meinen tiefen Dank aussprechen, die jahrzehntelang ein enormes Durchhaltevermögen an den Tag gelegt haben. Ich glaube, es gibt in der bundesdeutschen Geschichte kein anderes Verfahren, bei dem man einen so langen Atem haben musste.
Ich möchte stellvertretend Wolfgang Ehmke und Martin Donat von der Bürgerinitiative LüchowDannenberg danken, die das jahrzehntelang vorangetrieben haben.
und es mit seiner regionalen Abgeordneten nicht immer leicht hatte.
Doch was passiert, wenn eine Fehlentscheidung wie die eben dargestellte gegen die Bürgerinnen und Bürger durchgedrückt werden soll? Zu welchen Mitteln ist der Staat bereit zu greifen? Welche Eigendynamik entwickelt sich?
Robert Jungk warnte schon zu Beginn der Atomkraftnutzung vor einem Atomstaat. Er hatte recht. Das Offensichtlichste, was auch die Jüngeren unter uns kennen, waren die 13 Castortransporte, mit denen 113 Castoren schon mal nach Gorleben gefahren wurden, obwohl es ja nur ein „Erkundungsbergwerk“ war.
Wir als grüne Landtagsfraktion waren in unterschiedlicher Zusammensetzung immer wieder vor Ort und haben die Polizeieinsätze kritisch beobachtet. Einige von uns haben dort den Staat von einer bislang ungekannten Seite kennengelernt. Ich möchte an Ralf Briese erinnern, unseren damaligen innenpolitischen Sprecher, der inzwischen
leider verstorben ist. Er ging mit einer gesunden Grundskepsis dorthin; er wollte gucken, ob das alles so stimmt mit diesen Erfahrungsberichten. Auch er musste, obwohl unbeteiligt, die Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes am eigenen Leib erfahren. Er bekam Pfefferspray ab und einen sehr heftigen Tritt gegen das Knie - für ihn als Sportler sehr schwierig.
Noch einige andere Beispiele aus meinem persönlichen Umfeld: Ich hatte eine Mitbewohnerin, die nach einer Sitzblockade so mit Schlagstöcken malträtiert wurde, dass sie noch zwei Wochen später im Schwimmbad angesprochen worden ist, ob sie nicht eine Beratungsstelle gegen häusliche Gewalt aufsuchen möchte - so groß waren die blauen Flecken.
Mit erschreckender Regelmäßigkeit zählten die Bürgerinitiativen bei jedem Castortransport über 100 Verletzte - und da ging es nicht nur um blaue Flecken, da waren auch Schädelbrüche dabei.
Der schlimmste Vorfall, den ich persönlich beobachtet habe, war 2009 auf dem zweiten Gorleben-Treck nach Berlin - in Morsleben wurde demonstriert -, als ein junger Bursche von der sachsen-anhaltinischen Polizei eine Pistole zog und sie aus nächster Nähe auf den Kopf eines Landwirts aus Lüchow-Dannenberg richtete, der dort friedlich demonstriert hatte. Sie können sich vorstellen, dass uns allen in dieser Situation der Atem stockte. Ich vermute, dass dieser Landwirt danach nicht mehr so häufig zu Protestveranstaltungen gegangen ist.
Das Land Niedersachsen als Genehmigungsbehörde, aber auch zuständig für die Einsatzleitung bei allen Transporten, kann letztendlich froh sein, dass wir kein amerikanisches Rechtssystem haben, das enorme finanzielle Schadensersatzleistungen für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger ermöglicht. Dann könnten wir gleich den nächsten Nachtragshaushalt beschließen.
Nach der Laufzeitverlängerung für AKW haben sich auch sehr viele Polizistinnen und Polizisten zunehmend kritisch geäußert und gesagt: Wir müssen den Kopf für politische Fehlentscheidungen hinhalten. - Und sie hatten recht damit.
An der Stelle kann man sich auch einmal fragen, was am Montag wohl in den Beamtinnen und Beamten vorgegangen ist, als sie amtlich bestätigt bekommen haben, dass sie bei den Castorttransporten quasi auf der falschen Seite gestanden haben.
Man muss an dieser Stelle also nicht nur den Umgang des Staates mit den protestierenden Bürgerinnen und Bürgern kritisieren, sondern auch den Umgang mit den eigenen Polizeibeamten.
Aber es ging noch weiter: Unabhängig von den Castortransporten wurden kritische Bürgerinnen und Bürger sowie Journalisten vor Ort vom Verfassungsschutz beobachtet. Erst vor zwei Wochen gab es einen Bericht über einen inzwischen mit Preisen ausgezeichneten Journalisten, der aufgrund dieser Beobachtungen niemals eine Festanstellung bei der Zeitung bekommen hat - 40 Jahre lang nicht. Oder: Die hoch qualifizierte, inzwischen pensionierte Lehrerin, fragt sich heute immer noch, ob sie eigentlich deswegen nie Schulleiterin geworden ist, weil sie sich immer sehr im GorlebenWiderstand engagiert hat.
Lebensgeschichten wurden durch diesen Großkonflikt verändert. Spitzel wurden in Wohngemeinschaften eingeschleust. Menschen wurde mit drakonischen Strafen für Verwandte gedroht, damit sie diese Spitzeldienste machen. Methoden, die viele von uns nur in der DDR vermuten würden! Mehrere Verfahren wegen angeblicher Bildung einer terroristischen Vereinigung wurden angestrengt, regelrechte Fallen gestellt, um vermeintliche Beweise zu haben. Man kann sagen: Ein ganzer Landkreis wurde kriminalisiert. Das sind die unweigerlichen Folgen, wenn eine politische Fehlentscheidung von solcher Tragweite durchgedrückt werden soll.
Fehler ziehen Fehler nach sich. Und deswegen brauchen wir in diesem neuen Suchverfahren nicht nur unser Bekenntnis, dass es diesmal anders zugehen muss; wir brauchen auch - wie angesprochen - Nachbesserungen im Verfahren und eine Novelle des Geologiedatengesetzes. Denn nur absolute Transparenz kann Manipulationen verhindern, und das brauchen wir.
Nein.
Wir alle müssen uns in unseren Parteien und Fraktionen dafür einsetzen, dass es keine politische Einflussnahme mehr geben darf. Die Wissenschaft muss gehört werden; der Bundestag, der die Vorschläge der Wissenschaft per Gesetz bestätigen muss, muss frei sein von Einflussnahme und Ränkespielen. Ich hoffe dabei sehr auf uns alle, gerade in Niedersachsen mit unseren Erfahrungen. Mit dem Antrag, den wir ins Verfahren gebracht haben, haben wir wirklich gut vorgelegt.
Wenn man den Zeitraum betrachtet, für den der Müll sicher eingelagert werden soll - eine Million Jahre! -, dann muss man doch feststellen, dass lokale Aspekte eigentlich gar keine Rolle mehr spielen. Wenn der Zeitplan zur Einlagerung der Castoren eingehalten wird, dann bin ich 75. Wenn, dann geht es um unsere Kinder und Kindeskinder. Es geht um über 25 000 Generationen - wenn man diese eine Million Jahre betrachtet. Da können wir doch nicht lokal denken. Wir wissen doch nicht, wo unsere Kinder einmal leben werden. Vielleicht werden die Kinder und Kindeskinder von Herrn Söder sogar einmal in Niedersachsen leben. Die Geschichte ist ja manchmal sehr ironisch.
Das bedeutet, wir alle müssen das größte Interesse daran haben, dass der bestmögliche Standort gefunden wird - egal wo.
Noch ein Satz zum Abschluss zu dem anderen großen Thema, der Klimakrise. Hier können wir uns keine weiteren 40 Jahre leisten. Diese Fehler lassen sich nicht mit drei Jahren Aktenstudium und einer Bundespressekonferenz heilen. Auch hier müssen wir an einem Strang ziehen und vom Reden ins Handeln kommen.
Danke schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen einen Satz seitens der CDU sehr oft gehört. Das war der Satz: Fleisch muss teurer werden! - Er wurde immer wieder erwähnt, wenn es um die Debatte hinsichtlich der Werkverträge, der Fleischindustrie und des Systemwechsels ging.
Selbst die Kanzlerin antwortete in einer Fragestunde im Bundestag meiner Fraktion dahin gehend, dass sie zentrale Schlachthöfe, kleine Handwerksbetriebe schützen möchte. Wir waren eigentlich ganz positiv überrascht. Aber gleichzeitig haben wir jetzt durch eine Unterrichtung im Agrarausschuss erfahren, dass die Bundesregierung es zu einem ihrer obersten Ziele erklärt hat, dieses Mercosur-Abkommen während ihrer Ratspräsidentschaft voranzutreiben.
Das entlarvt das, was hier bisher in Richtung „kleinere Strukturen stärken“ usw. geäußert wurde, wirklich als Lippenbekenntnisse.
Wir waren sehr erstaunt über das, was wir im Agrarausschuss im Rahmen der Unterrichtung erfahren haben. Es ging nicht nur um diese Ratspräsidentschaft und dass Deutschland das nun vorantreiben möchte, sondern es ging eben auch um eine Absplittung dieses Handelsteils.
Das wäre tatsächlich fatal; denn alles, was Sie gerade gesagt haben, Frau Logemann, bezog sich quasi auf ein Gesamtabkommen. Ich kann nur hoffen, dass die SPD da wirklich hart bleibt.
Es soll also so sein, dass das ganze Strittige eben in einem Handelsteil abgearbeitet wird. Dann gibt es noch einen politischen Teil zu Klima, Umwelt, Menschenrechte usw. und einen Dialogteil, bei dem ich mir jedoch derzeit nicht vorstellen kann, was er enthalten soll.
Aber Sinn und Zweck dieser ganzen Veranstaltung, dieses Aufsplittens, ist eben, dass die Mit
gliedstaaten nicht mehr um Zustimmung ersucht werden müssen. Das wäre undemokratisch, das würde das Vertrauen in die europäische Politik erschüttern. Dann ist es auch kein Wunder - das muss ich in Richtung CDU und SPD sagen -, wenn die AfD ein solches Thema aufgreift und versucht, die gesamte EU schlechtzumachen. An der Stelle muss man aber feststellen: Treiber ist die deutsche Bundesregierung, getragen von SPD und CDU. Die sind diejenigen, die diese total irrsinnigen Entscheidungen vorantreiben wollen. Frankreich, Österreich, Irland, Polen haben sich kritisch geäußert. Deswegen müssen wir hier wirklich sehr aufmerksam sein.
Um es an dem Fleischbeispiel zu erläutern. Es wird ja gesagt, Fleisch solle teurer werden usw. Beim Rindfleisch ist es so, dass die Produktion innerhalb der EU im Moment durch hohe Importzölle der EU geschützt ist. Es gibt auch einen hohen Selbstversorgungsgrad von über 100 %. Das bedeutet, dass jedes Kilo Rindfleisch, das wir nach Europa importieren, zu einem Preisverfall führen wird.
Im Gegenteil müsste man eigentlich das Angebot reduzieren, wenn wir höhere und stabilere Preise haben wollen. Danish Crown z. B. geht davon aus, dass bis zu 6 % des Rindfleisches aus den Mercosur-Staaten kommen könnte. Das bedeutet, der Preis wird ins Unwirtschaftliche fallen. Das passt einfach alles nicht zusammen: Auf der einen Seite plädiert die CDU immer dafür, dass wir höhere Standards beim Tierschutz, bei den Arbeitsbedingungen, beim Umwelt- und Klimaschutz brauchen, aber gleichzeitig sollen die Tore für völlig unkontrollierte Importe geöffnet werden.
Die Fleischproduktion in Südamerika hängt direkt mit der Abholzung des Regenwaldes zusammen.
Es ist Frevel an der Biodiversität. Es ist Frevel in Bezug auf die Klimakatastrophe und auch was die Menschen angeht. Alleine in Brasilien sind im Jahr 2017 70 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und Indigene ermordet worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es unter Bolsonaro weniger geworden sind. Mit solchen Ländern sollen hier Abkommen geschlossen werden? - Das ist wirklich völlig unwürdig.
Wenn die Bundesregierung diese Trickserei mitmacht, wenn Niedersachsen als das Agrarland Nummer eins, das es immer sein möchte, hier
keine klare Position bezieht - - Ich wünsche ich mir von Ihnen, Frau Ministerin Otte-Kinast, dass Sie hier etwas zu der Thematik sagen. Das erwarten die Bäuerinnen und Bauern in Niedersachsen; denn das Thema beschäftigt sie wirklich sehr.
Es würde auch bedeuten, dass wir aus Corona nichts gelernt hätten. Wir sagen doch alle, dass wir kurze Transportwege benötigen, keine Abhängigkeiten haben möchten und uns stärken müssen. Wenn Sie etwas Sinnvolles zum Welthandel beschließen wollen, dann beschließen Sie im Bundestag und im Bundesrat ein Lieferkettengesetz - das wäre sinnvoll -, aber keine freie Fahrt zu wirklich schlimmen, schlimmen Konditionen
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich verlese unsere Anfrage:
Steht die Landesregierung hinter dem Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie?
„Der Kampf gegen den systematischen Missbrauch von Werkverträgen ist noch lange nicht zu Ende. … Die Behauptung aus Teilen der Branche, dass es aus wirtschaftlichen Gründen ohne Werkverträge nicht gehe, ist widerlegt. … Wir wissen, dass der Anteil von Werkvertragsbeschäftigten in einigen Schlachtbetrieben noch immer bei 80 % liegt. Wenn sich das nicht bald ändert, ist das für mich der Beweis, dass die vor einem Jahr beschlossene freiwillige Selbstverpflichtung der Branche nicht reicht. Dann sehe ich die Bundesregierung in der Pflicht, die gesetzlichen Regeln weiter zu verschärfen.“
Diese Sätze vom 22. September 2016 stammen vom damaligen niedersächsischen Wirtschafts- und heutigen Umweltminister Olaf Lies.
Fast vier Jahre später, am 12. Juni 2020, äußerte sich der amtierende Wirtschaftsminister Bernd Althusmann nach einem kurzfristig anberaumten „Fleischgipfel“ mit den Worten:
„Es wäre wegen der größeren Sachnähe der Sozialpartner natürlich besser, wenn Verbesserungen ohne ein Eingreifen des Gesetzgebers - vor allem bei den Werkverträgen - … erreicht werden könnten.“
Und weiter:
„bei einem generellen Verbot von Werkverträgen für nur eine Branche bin ich aber aus verfassungsrechtlichen Gründen weiterhin skeptisch.“
Knapp 20 Minuten später erklärte Sozialministerin Carola Reimann in einer Pressemitteilung, dass im Rahmen des Runden Tisches offensichtlich „bei der Frage nach einem Verbot von Werkverträgen … keine Einigkeit hergestellt werden“ konnte. Und weiter:
„Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass ein Verbot dieser Beschäftigungsverhältnisse in der Branche notwendig ist, um die systematischen Probleme in diesem Bereich zu beseitigen.“
Kurz darauf meldete sich auch die amtierende Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Otte-Kinast zu Wort und plädierte für „eine Anpassung der Praxis der Werkverträge“.
Offenkundig existieren unterschiedliche Meinungen zum Kabinettsbeschluss der Bundesregierung zum angekündigten Verbot von Werkverträgen in der Schlachtindustrie.
Ebenso hat die Landesregierung ein Wohnraumschutzgesetz in den Landtag eingebracht, welches - anders als der seit zwei Jahren im Landtag liegende Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen - explizit nicht für Arbeitnehmerunterkünfte und Sammelunterkünfte von Werkvertragsarbeiterinnen und -arbeitern und Saisonarbeitskräften gelten soll.
Umweltminister Olaf Lies hat nun an die Regierungsfraktionen im Landtag appelliert, wie im Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen vorgesehen, die neuen Regelungen mit Mindeststandards beim Wohnen auch für Werkvertragsarbeiterunterkünfte gelten zu lassen. Der Regierungspartner CDU hat sich im Ausschuss dazu skeptisch geäußert.
Wir fragen daher:
1. Wie steht die Landesregierung zu dem Bundeskabinettsbeschluss vom 20. Mai 2020, wonach ab dem 1. Januar 2021 ein Verbot von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung in der Fleischwirtschaft gelten soll?
2. Wird Ministerpräsident Stephan Weil im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz auch seinen Arbeitsminister und seine Agrarministerin zu einem Verbot
von Werkverträgen in der Schlachtindustrie bewegen?
3. Unterstützt die Landesregierung die Forderung von Umweltminister Lies nach einer Nachbesserung des Wohnraumschutzgesetzes, der zufolge auch Arbeitnehmerunterkünfte von Werkvertragsarbeitern ausnahmslos unter das Wohnraumschutzgesetz fallen sollen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Althusmann, Sie haben gerade eben noch einmal dargestellt, dass das Bundeskabinett das Verbot von Werkverträgen in der Schlachtindustrie fordert. Die Landesregierung spricht sich für ein grundsätzliches Verbot aus. „Grundsätzlich“ hört sich immer gut an. In der Politik und in der Juristerei weiß man aber: „Grundsätzlich“ bedeutet, dass es Ausnahmen gibt.
Was sind die Ausnahmen, die diese Landesregierung beim Verbot von Werkverträgen vorsieht?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Da drängt sich natürlich eine ganze Reihe von Fragen auf. Ich kann leider nur noch eine stellen. Deswegen stelle ich die zurück, wonach interessant wäre, ob Sie sich - - -
Eine Ausweitung auf andere Branchen - - -
Gut. - Ich stelle daher die Frage nach den Landeskompetenzen. Sie haben angekündigt, Kontrollen sozusagen zu verschärfen. Sie haben ferner angekündigt, dass es eine Unterbringung in Einzelzimmern - - -
- Es ist eine Nachfrage! Deswegen muss ich sie erläutern.
Wann können wir mit Erlassen zu verschärften Kontrollen bezüglich einer verpflichtenden Unterbringung in Einzelzimmern rechnen, da Sie das hier ankündigen?
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wie bewerten wir das, was gerade gesagt worden ist? - Letztendlich müssen wir feststellen, sehr geehrter Herr
Dr. Althusmann, dass Sie ein Komplettversagen bei dem CDU-Konzept der Selbstverpflichtung eingeräumt haben.
Immerhin. Das ist richtig so, und das ist notwendig. Das ist aus unserer Sicht überfällig.
Wir begrüßen, dass Sie eine Unterstützung des Bundesbeschlusses zugesagt haben, stellen aber fest, dass Sie hier trotzdem eine lange Liste an Bedenken vorgetragen haben. Wir nehmen Sie in dieser Thematik weiterhin nicht als Treiber, sondern als Bremser und als Bedenkenträger wahr.
- Wir werden sehen, ob das falsch ist oder nicht.
Wir werden diese Landesregierung nicht an den Worten messen - es sind in den letzten Jahren zu dieser Thematik so viele Absichtserklärungen abgegeben worden -, sondern an den Taten.
- Sehr geehrter Herr Hillmer, es gab unter RotGrün eine Bundesratsinitiative zu dieser Thematik. Rot-Grün in Niedersachsen hat vom Bund ein Verbot der Werkverträge in dieser Branche gefordert.
Die Bundesregierung - im Bund regieren wir Grüne ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr - hat das verhindert und auf das Konzept der Selbstverpflichtung gesetzt.
- Vielen Dank für den Zwischenruf, Herr Hilmer! Sie zeigen noch einmal, dass Sie das Prinzip nicht verstanden haben.
Ich kritisiere das auch deshalb so scharf, weil wir feststellen müssen, dass sich an der Realität der Schlachthofmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in Niedersachsen in Wirklichkeit nichts geändert hat. Ja, es gibt Temperaturchecks am Werktor; das war es aber auch. Sie arbeiten weiterhin Seite an Seite unter dem Zeitdruck der Akkordarbeit am Fließband. Sie wohnen weiterhin in Mehrbettzimmern. Sie sitzen weiterhin nebeneinander in den Transportern von der Unterkunft zum Werksgelände. Wenn sie infiziert sind, kommen sie in Quarantäne - allerdings Infizierte und Gesunde zusammen.
Wir nehmen in den Medien wahr, dass zumindest in Nordrhein-Westfalen - es wird hier womöglich nicht anders gewesen sein - die Versorgungslage dieser Menschen in Quarantäne nicht gesichert ist. Dort leben nicht nur die Arbeiterinnen und Arbeiter, sondern zum Teil auch die Familien und Kinder. Das ist so vollkommen inakzeptabel!
Der Lohn fällt aus. Die Wuchermiete läuft weiter. Herr Althusmann, Sie haben zu Recht auf die Problematiken hingewiesen. Sie haben die Zustände auf die Frage zu der Arbeit der Beratungsstellen korrekt beschrieben. Wo aber sind Ihre Erlasse und Sofortmaßnahmen? - Da kommt doch gar nichts!
Sie haben gesagt, die Kommunen sollen verstärkt kontrollieren. Im letzten Plenum haben wir gehört, dass nur telefonische Kontrollen stattgefunden haben und nur ein Landkreis vor Ort war. Wo sind die Erlasse, damit sich diese Praxis ändert?
Ich habe jetzt nur noch 45 Sekunden Redezeit.
Die zwei Minuten kommen noch hinzu; das ist sehr schön. Das gibt mir Gelegenheit, den Ablauf darzustellen.
Es gab den Beschluss des Bundeskabinetts am 20. Mai dieses Jahres. Danach hat sich die mediale Aufmerksamkeit erledigt. Alle dachten, damit sei das Thema abgearbeitet. Mitte Juni haben sich Herr Althusmann, Frau Otte-Kinast, Herr Dammann-Tamke und auch Ex-Staatssekretär Ripke - jetzt Geflügel-Lobbyist - quasi wieder aus der Deckung gewagt und sich skeptisch bis ablehnend geäußert.
Ich bin froh, dass Sie hier jetzt eine deutlichere Positionierung vorgenommen haben. Letztlich haben wir aber immer noch die Sorge, dass die jetzige Offensive wieder versanden könnte.
Worauf wir warten, ist eine klare Positionierung des Ministerpräsidenten zu dieser Problematik. Sie haben ja die Richtlinienkompetenz, Herr Ministerpräsident Weil. Das wissen Sie ganz genau. Bei vielen Themen setzen Sie sie ein. Bei diesem Thema kam sehr schleppend und sehr zögerlich
eine Positionierung. Auch in Ihrer Regierungserklärung - das ist uns in diesem Plenum sehr wohl aufgefallen - haben Sie nicht gesagt, wie es in diesem wichtigen Punkt weitergehen wird. Deswegen haben wir weiterhin die Sorge, dass die Landesregierung nicht zu 100 % zu diesem Beschluss des Bundeskabinetts steht.
Ebenfalls Sorge macht uns die folgende Nachricht - vielleicht haben Sie sie heute auch schon gehört -: Herr Gabriel hat von März bis Mai dieses Jahres einen Beratervertrag bei Tönnies gehabt - angeblich wegen der Schweinepest; zufälligerweise genau in der Corona-Zeit.
Wir wünschen uns, dass endlich viel strengere Vorgaben in Bezug auf Parteispenden - ich gucke mal in Richtung CDU - und Karenzregelungen umgesetzt werden.
Es ist ein Unding, dass sich Sigmar Gabriel hier zum Büttel der Schlachtindustrie gemacht hat! Ich verstehe nicht, warum einige Politiker immer noch nicht den Hals vollkriegen können. Wir brauchen hier endlich Entscheidungen!
Ganz herzlichen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja schon heute Morgen wirklich intensiv über die Thematik
„Werkverträge in der Fleisch- und Schlachtindustrie“ diskutiert. Von allen Seiten ist eigentlich gesagt worden: So geht es nicht! Wir brauchen einen Systemwechsel! - Auch vonseiten der Landesregierung wurde dargestellt, dass sie den Beschluss des Bundeskabinetts unterstützen will.
Wir wollen dahin gehend auf Nummer sicher gehen und haben dem Landtag heute einen Antrag vorgelegt. Er ist sehr kurz. Deswegen werde ich die dreieinhalb Zeilen verlesen:
„Der Landtag unterstützt den am 20. Mai 2020 in der 97. Sitzung des Bundeskabinetts gefassten Beschluss ‚Eckpunkte eines Arbeitsschutzprogramms für die Fleischwirtschaft‘ und fordert die Landesregierung auf, diesen Beschluss uneingeschränkt mitzutragen und zustimmungspflichtigen Punkten im Bundesrat zuzustimmen.“
Das ist eine wirklich klare Aussage. Wir haben heute Morgen in den Debatten zu vielen Punkten Aussagen gehört. Wir wollen nun, dass sie mit einem Beschluss des Landtags hinterlegt werden. Wir hatten die verschiedenen Redner der Fraktionen, die sich positiv zu den Planungen geäußert haben.
Insofern, glaube ich, spricht nichts dagegen, über diesen Antrag hier heute sofort abzustimmen.
Ich möchte kurz erläutern, welche Themen in diesem Eckpunktepapier angeschnitten werden. Dabei geht es nicht um die Zustimmung zu fertigen Gesetzentwürfen, die vorgelegt werden, sondern es sind Absichtserklärungen, die z. B. häufigere Kontrollen betreffen, eine Kontrollquote fordern und Mindeststandards bei der Unterbringung vorsehen. Sie besagen, dass die Arbeiter in dem Bereich Schlachten und Verarbeiten immer Betriebsangehörige sein müssen, also das sogenannte Werkvertragsverbot gilt.
Es geht auch darum, dass Arbeitgeber über den Wohn- und den Einsatzort informiert werden sollen. In NRW hatte man ja die Situation, dass in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit dem Werkschutz Mitarbeiter des Landkreises auf das Betriebsgelände gelangen mussten, um dort aus den Büros die Personalakten sicherzustellen und so einen Überblick zu bekommen: Wo wohnen die Leute eigentlich? Wer muss unter Quarantäne? Wer muss informiert werden?
Das soll erleichtert werden. Nordrhein-Westfalen hat diesbezüglich auch schon einen seit heute geltenden Erlass verabschiedet.
- Ja, Niedersachsen leider nicht.
Das wäre durchaus etwas, wo die Landesregierung sofort handeln könnte. In Nordrhein-Westfalen ist auch vorgesehen, dass jetzt alle Schlachthofmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zweimal wöchentlich getestet werden müssen.
Auch das wäre ebenfalls ein sehr wichtiger Punkt.
Außerdem geht es in dem Eckpunktepapier um die bessere oder sichere weitere Finanzierung der Beratungsstellen. Heute Morgen ist schon dargestellt worden, wie wichtig die Arbeit der Beratungsstellen in diesem Bereich ist. Sie sind häufig die Einzigen, die muttersprachlichen Kontakt halten und Aufklärungsarbeit über Rechte vornehmen können. Dazu wäre ein Signal des Landtags auch sehr wichtig, denke ich.
Es geht um die digitale Arbeitszeiterfassung. Auch das ist von Herrn Minister Althusmann angesprochen worden.
Es geht auch um eine Verdopplung möglicher Bußgelder.
Es geht darum, dass z. B. Schlupflöcher gestopft werden, wenn es um die Unfallversicherung geht. Sogenannte Praktikantinnen und Praktikanten müssen selbstverständlich auch Versicherungsschutz genießen.
Es geht darum, dass die Botschaften anderer Länder - z. B. von Rumänien; die haben sich ja schon beschwert - schneller informiert werden, wenn hier Infektionsfälle auftreten und sie dann auch mit solchen Infektionsherden rechnen müssen.
Insgesamt geht es darum, dass wir bei der Kontrolle mehr Synergien brauchen.
Es gibt nichts, was man an diesen Punkten aussetzen könnte. Das sind Absichtserklärungen. Es wäre wirklich ein wichtiges Zeichen, wenn dieser Landtag dem Antrag zustimmt