Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne die 94. Sitzung im 36. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen
Geburtstag hat heute unsere Kollegin Editha Westmann. Frau Westmann, ich darf Ihnen im Namen des ganzen Hauses unsere herzlichen Glückwünsche übermitteln: Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende Lebensjahr, Frau Westmann!
Zur Tagesordnung, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident Weil hat mitgeteilt, dass er eine Unterrichtung zum Thema Corona abgeben möchte. Dazu werde ich ihm gleich nach den Mitteilungen das Wort erteilen. Es folgen dann die Fortsetzung der Aktuellen Stunde und die Dringlichen Anfragen. Anschließend kommen wir zu den Abstimmungen im Rahmen der Haushaltsberatung. Nach der Mittagspause folgen die Eingaben und die noch anstehenden Anträge. Die heutige Sitzung soll gegen 18.26 Uhr enden.
Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Eilers mit. Bitte, Frau Eilers!
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für heute haben sich entschuldigt: von der Landesregierung der Innenminister, Herr Boris Pistorius, von der Fraktion der SPD Herr Axel Brammer, Frau Petra Emmerich-Kopatsch, Herr Stefan Klein, Frau Doris Schröder-Köpf, von der Fraktion der CDU Frau Laura Hopmann, Herr Heiner Schönecke, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Helge Limburg, Herr Dragos Pancescu. Folgende fraktionslose Mitglieder des Hauses haben sich ebenfalls entschuldigt: Herr Jochen Beekhuis, Frau Dana Guth ab 14 Uhr, Herr Stefan Henze, Herr Peer Lilienthal ab 14 Uhr und Herr Klaus Wichmann.
Ich erteile nun Herrn Ministerpräsidenten Weil das Wort zur Unterrichtung. Bitte, Herr Ministerpräsident! - Heute steht für Sie auch Wasser bereit, falls es länger dauern sollte.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte Sie über die Beratung des Kabinetts unterrichten, die vor etwa einer Stunde stattgefunden hat und bei der wir die angekündigte Überprüfung im Vorfeld von Entscheidungen über die Verlängerung unserer Verordnung vorgenommen haben. Die Ergebnisse unserer Beratung verdienen meines Erachtens eine gesonderte Unterrichtung hier im Plenum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es mit einer unverändert dynamischen Entwicklung der Pandemie bei uns in Niedersachsen zu tun, und zwar dynamisch durchaus in beide Richtungen.
Wir hatten Mitte November einen Höhepunkt der sogenannten zweiten Welle zu verzeichnen. Am 12. November hatten wir in Niedersachsen einen Inzidenzwert von etwas mehr als 112. Dann haben wir es nach einer Phase der Stagnation geschafft, einen erfreulichen Rückwärtstrend in Niedersachsen zu erreichen. Den vorläufigen Tiefpunkt hatten wir vor einer Woche, am 3. Dezember, mit etwas mehr als 81. Seitdem gibt es wieder eine Dynamik - jetzt allerdings in die ganz und gar falsche Richtung: Heute sind wir nach den Mitteilungen unseres Landesgesundheitsamts wieder bei 85,7.
Das heißt, während wir vor zwei Wochen mit - niedersächsisch limitierter - Begeisterung sagen konnten: „Wir sind auf dem richtigen Weg“, müssen wir jetzt feststellen: Die Vorzeichen haben sich in diesem Zeitraum geändert, und wir müssen sehr vorsichtig sein.
Dazu gehört auch der Blick auf die Bundessituation. Der Inzidenzwert liegt im Bundesdurchschnitt bei 150. Wie Sie wissen, wird dieser Durchschnitt in einzelnen Hotspots noch weit übertroffen.
Todesfälle mit als mehr als 40 Todesfällen an einem Tag. Das erinnert uns daran, dass es hier nicht um Zahlenspielerei geht, sondern dass es am Ende wirklich um konkrete Menschenleben geht, die zu schützen unsere Aufgabe in den letzten Monaten war, ist und in den nächsten Monaten bleiben wird. Das müssen wir uns selbst und auch allen anderen Menschen immer und überall in Erinnerung rufen! Es geht am Ende des Tages um nicht weniger als um den Schutz von Menschenleben, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Erstens leider die nüchterne, aber unabweisbare Feststellung: Die bisherigen Maßnahmen reichen derzeit nicht aus.
Zweitens. Wir müssen - das zeigt uns die Erfahrung - bereits kleine Anstiege sehr ernst nehmen. Tun wir das nicht, kann aus kleinen Anstiegen sehr schnell die ganz bedrohliche Situation großer Anstiege werden. „Wehret den Anfängen“, lautet gewissermaßen die Überschrift.
Drittens. Wir mögen im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt und manchen anderen Ländern derzeit immer noch sehr überschaubare Werte aufweisen, aber das ist doch kein Grund zur Zufriedenheit. Wir dürfen uns mit diesem Infektionsniveau nicht abfinden! Es birgt ein wesentlich zu großes Risiko für unser Land. Deswegen müssen wir jetzt etwas tun, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Festtage sind in dieser Hinsicht gleichzeitig Chance und Risiko - Risiko deswegen, weil sich unsere normale Art und Weise, Weihnachten und den Jahreswechsel zu feiern, gerade durch Begegnungen und Kontakte mit Menschen auszeichnet, mit denen wir besonders gern zusammen sind: mit unseren Familien, mit unseren Freunden. Wir feiern dann gerne. Es fließt auch Alkohol. Das ist die ideale Grundlage für das Virus.
Aber wir haben auch eine Chance in den nächsten Wochen. Die Festtage sowie die Tage davor und danach sind typischerweise auch eine Phase allgemeiner Entschleunigung in unserer Gesellschaft. Entschleunigung und Reduzierung von Kontakten wiederum sind das Gebot der Stunde. Deswegen wollen wir als Landesregierung dem Rat vieler Stimmen - u. a. aus der Wissenschaft - folgen und
die Voraussetzung für sehr stille, ruhige Festtage und einen ganz besonders stillen, ruhigen Jahreswechsel schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns die Chance der vor uns liegenden Wochen nutzen, und meiden wir die Risiken! Dann kommen wir auch gut uns das nächste Jahr hinein. Das ist die Position der Landesregierung.
Wir nehmen dabei den Zeitraum 19. Dezember bis 10. Januar in den Blick, der mit den Weihnachtsferien an den niedersächsischen Schulen identisch ist. Nach dem allgemeinen Verständnis haben die Schulferien immer auch eine gewisse Signalwirkung für die gesamte Gesellschaft.
Es geht im Kern um drei große Bereiche, die jetzt und in den nächsten Tagen eine wesentliche Rolle spielen werden. Der erste Bereich: die Kontakte. Der zweite Bereich: die Schulen. Und der dritte Bereich: der Handel.
Lassen Sie mich zunächst sagen, wie wir uns die weitere Entwicklung im Bereich der persönlichen Kontakte vorstellen.
Ich muss hier nicht wiederholen - das ist vielfach in diesem Jahr geschehen -, warum das eigentliche Fundament des Infektionsschutzes ist, dass wir die Zahl der Kontakte reduzieren. Es bleibt bei dem Grundsatz: öffentlich und privat, drinnen und draußen - maximal fünf Personen aus zwei Haushalten. Das ist nicht viel. Wenn wir alle das miteinander durchhalten, ist sehr viel gewonnen.
Neu ist, dass dieser Grundsatz auch zwischen den Tagen gelten soll. Da war bis jetzt eine Lockerung vorgesehen. Diese Lockerung wollen wir zurücknehmen. Das betrifft den Zeitraum vom 27. bis zum 31. Dezember 2020.
Neu ist auch, dass diese Regelung von fünf Personen aus zwei Haushalten - ich muss hinzufügen: zuzüglich der jeweiligen Kinder unter 14 Jahren - auch an Silvester und über den Jahreswechsel gelten soll.
Das ist ein Einschnitt, und wir sind uns dessen bewusst. Aber wir wissen, gerade der Jahreswechsel birgt für das Infektionsgeschehen ein ganz besonderes Risiko. Das dürfen wir in diesem Jahr nicht eingehen! Das ist mein herzlicher Appell an alle Bürgerinnen und Bürger!
chen Ergänzung. Natürlich sind wir uns des Umstands bewusst, dass Weihnachten das Fest der Familie ist, und deswegen wollen wir auch Familientreffen möglich machen. In dieser Hinsicht schlagen wir vor, zwischen dem 24. und dem 26. Dezember - Heiligabend, erster und zweiter Weihnachtstag - zehn Angehörige - Verwandte plus jeweilige Partner, aber insgesamt nur zehn, wieder zuzüglich der Kinder unter 14 Jahren - als Maßstab für Familientreffen zu nehmen. Das ist mehr, als wir an allen anderen Tagen vorsehen, aber es ist natürlich weniger, als es unseren normalen Gewohnheiten entspricht. Auch da sind gar keine Umschweife möglich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regeln, die wir für die Weihnachtstage und insbesondere für den Jahreswechsel vorsehen, bedeuten eine spürbare Veränderung in unser aller Biorhythmus. Das Entscheidende ist und bleibt: Wir müssen unsere Regeln machen, und sie geben unserer Gesellschaft auch eine Orientierung, aber mitmachen müssen alle Bürgerinnen und Bürger selbst, und zwar aus eigener Einsicht! Und dafür werbe ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich. Weihnachten und Silvester werden in diesem Jahr eben anders sein müssen als alle Weihnachten und alle Silvester, die jedenfalls ich vorher in meinem Leben kennengelernt habe. Aber im Vergleich zu einem Virus, das auch bei uns in Niedersachsen außer Kontrolle gerät, scheint mir das der geringere Preis zu sein. Diesen Preis ist es wert! Und ich bitte noch einmal herzlich alle Bürgerinnen und Bürger mitzumachen.
Unsere Bitte richtet sich auch an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, in der nächsten Zeit soweit als irgend möglich die Möglichkeiten zum Homeoffice zu nutzen, um auch dadurch dazu beizutragen, die Kontakte zu reduzieren.
Ein Detail am Rande: Wir wollen ein Verbot des Verkaufs von Alkohol zum Direktverzehr vorsehen, und zwar ziemlich schnell. Was damit angesprochen ist, wissen Sie alle: Das, was es an mobilen Angeboten des Außerhausverkaufs insbesondere von Glühwein gegeben hat, führt eben auch wieder zu einer Ballung von Menschengruppen, die in diesen Zeiten nun einmal nicht gut ist - in allen anderen Jahren ja, aber eben nicht in diesem Jahr.
Zweiter Bereich: die Schule. Ich muss die Vorbemerkung machen, dass wir nach wie vor keine Anhaltspunkte dafür haben, dass die Schule ir
gendein besonderer Infektionstreiber wäre. Das deckt sich auch mit zunehmend mehr Studienergebnissen, die aus den unterschiedlichen Bundesländern berichtet werden.
Wenn wir aber die Gesamtstrategie verfolgen, die Kontakte insgesamt zu reduzieren, können wir natürlich auch diesen wichtigen Bereich nicht außen vor lassen. Wir in Niedersachsen haben insoweit Glück, als der Zeitraum unserer Weihnachtsferien exakt der ist, der auch für die Gesamtstrategie, von der ich spreche, in Rede steht: vom 19. Dezember 2020 bis zum 10. Januar 2021. Wir haben die Weihnachtsferien in Niedersachsen bereits ja bekanntlich vorgezogen.
Bislang gehörte es auch zum Regelwerk, dass Eltern an den beiden letzten Schultagen - am 17. und 18. Dezember - ihre Kinder vom Unterricht in Vorbereitung beispielsweise auf Festtagsbesuche - also für eine vorsorgliche Quarantäne - befreien können.
Daran anknüpfend, wollen wir für die nächste Woche - also die letzte Schulwoche - generell die Praxis für Befreiungen vom Unterricht wesentlich erweitern. Im Kern heißt das: Eltern sollen selbst darüber entscheiden, ob ihre Kinder zum Unterricht in die Schule gehen oder nicht. Entsprechende Befreiungsmöglichkeiten bestehen. Das Kultusministerium erwartet, dass unsere Schulen auf dieser Grundlage deutlich leerer werden. Aus meiner Sicht bietet das den großen Vorteil, dass die Familien das dann tatsächlich auch selbst entscheiden können. Ich füge hinzu: Es wird für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die zu Hause bleiben, Angebote zum Distanzlernen geben.
Unser Ziel ist es, die Schulen schon in der nächsten Woche wesentlich leerer zu machen. Und ich glaube, wir können das im Einvernehmen mit den Eltern auf diese Art und Weise im jeweiligen Fall am besten hinbekommen.
Dritter Bereich: Handel. Dazu haben wir heute noch keine abschließenden Entscheidungen für Niedersachsen getroffen. Das wird in den nächsten Tagen eine ganz wichtige Diskussion werden, insbesondere auch zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern.
Egal, welche Entscheidungen wir treffen, treffen andere Nachbadländer andere Entscheidungen, dann lösen wir nicht unbeträchtliche Kundenströme aus - mal in die eine, mal in die andere Richtung. Es gibt vielleicht keinen anderen Bereich, in