Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Namens des Präsidiums darf ich Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne die 91. Sitzung im 35. Tagungsabschnitt des Landtages der 18. Wahlperiode.
Die Einladung für diesen Tagungsabschnitt sowie die Tagesordnung einschließlich des Nachtrages liegen Ihnen vor. Darf ich das Einverständnis des Hauses mit den vorgesehenen Redezeiten feststellen? - Das ist der Fall, vielen Dank. Die heutige Sitzung soll demnach gegen 14.34 Uhr enden.
Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Eilers mit. Bitte, Frau Kollegin!
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für heute liegen folgende Entschuldigungen vor: von der Landesregierung Innenminister Herr Boris Pistorius, von der Fraktion der SPD Herr Matthias Arends, Herr Marcus Bosse, Frau Immacolata Glosemeyer, Herr Frank Henning, Herr Stefan Politze, Frau Doris Schröder-Köpf und Herr Uwe Schwarz, von der Fraktion der CDU Herr Thomas Ehbrecht, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Helge Limburg und Herr Detlev SchulzHendel sowie das fraktionslose Mitglied des Hauses Jochen Beekhuis.
Tagesordnungspunkt 2: Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 25.11.2020 - Bekämpfung der SARSCov2-Pandemie in Niedersachsen - Regierungserklärung des Ministerpräsidenten - Drs. 18/8009
Zunächst erteile ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, für die angekündigte Regierungserklärung das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Einen herzlichen guten Morgen von mir! Das ist nun die dritte Sondersitzung des Niedersächsischen Landtages innerhalb eines Jahres. Sie hören die achte Regierungserklärung von mir. Und alles kreist wie immer um ein einziges Thema: Corona.
Seit einem dreiviertel Jahr ist dieses Virus bei uns in Niedersachsen aktiv. Es dominiert unverändert das gesellschaftliche, das wirtschaftliche und auch das politische Leben in unserem Land. In der Hoffnung, dass dies nun die letzte Regierungserklärung in diesem Jahr sein möge, möchte ich auf drei Fragen eingehen.
Vor etwa einem Monat habe ich Ihnen die Beschlüsse zu den weiteren Einschränkungen im Kampf gegen das Virus erläutert, den sogenannten Lockdown Light.
Wir haben damit zwei Ziele verfolgt: Zum einen ging es darum, den steilen, besorgniserregenden Anstieg der Infektionen bei uns im Land und in ganz Deutschland zu stoppen. Dieses Ziel ist mit einer großen gemeinsamen Anstrengung erreicht worden. Seit etwa vier Wochen sind die Infektionszahlen zunächst stabil geblieben und dann rückläufig gewesen. Diesen Erfolg sollten wir nicht kleinreden, und ich danke allen Bürgerinnen und Bürgern, die auf die eine oder andere Weise dazu beigetragen haben, sehr herzlich dafür!
Wenn ich ein wenig ins Detail gehen darf: Heute Morgen betrug die Inzidenz in Niedersachsen 85,9. Der Inzidenzwert ist damit um 17,1 geringer als vor einer Woche um die gleiche Zeit. Oder anders ausgedrückt: ein Rückgang um 16,6 %. Im Ländervergleich ist Niedersachsen dabei unverändert
in der Spitzengruppe. Wir verzeichnen deutlich weniger Infektionen als die meisten anderen Länder. Je nachdem, welche Quelle Sie zurate ziehen, stehen wir im Ranking der Bundesländer der niedrigsten Infektionszahlen auf den Plätzen drei oder vier. Das ist für uns ein Ansporn, mit unseren Anstrengungen nicht nachzulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich füge hinzu: Ich will mir gar nicht ausmalen, welche Begriffe die verehrten Kolleginnen und Kollegen der Opposition finden würden, hätten Sie das Pech, in einem anderen Landtag zu Worte zu kommen. Ich glaube, wir stehen gut miteinander da.
Wir haben inzwischen allerdings auch mehr als 1 100 Todesfälle in Niedersachsen zu verzeichnen, und wir arbeiten daran, diese Zahl so gut wie irgend möglich zu begrenzen.
Sie erinnern sich vielleicht, dass Sozialministerin Dr. Carola Reimann im letzten Plenum eine Prognose dargestellt hat, wie sich die damalige Dynamik der Infektionen auf das Gesundheitswesen auswirken könnte. Das waren erschreckende Zahlen. Weihnachten, so die Kollegin damals, würde eine dramatische Überbelegung der niedersächsischen Krankenhäuser drohen. Heute können wir erleichtert feststellen: Diese Sorge besteht zumindest derzeit nicht mehr.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit allen Beteiligten in den Krankenhäusern herzlich für ihre aufopferungsvolle Arbeit danken; denn dorthin gelangen im Moment immer noch mehr COVID-Patienten.
Diesen Dank möchte und muss ich aber auch mit einer deutlichen Kritik an zwei Berliner Entscheidungen verbinden.
Die neuen Erstattungsregelungen für Corona-bedingte Ausfälle in den Krankenhäusern sind unzureichend und mit einem extremen bürokratischen Aufwand verbunden. Darin sind sich alle 16 Länder einig. Sie gefährden am Ende viele Krankenhäuser in ihrem Kern. Das darf nicht das letzte Wort gewesen sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Und ich füge ein Weiteres hinzu: Die letzten Monate haben auch bewiesen, wie sehr wir starke und leistungsfähige Krankenkassen brauchen. Das Vermögen dieser Kassen, wie z. B. der AOK Nie
dersachsen, soll ihnen nun gewissermaßen im Handstreich entzogen werden, um allgemeine Corona-Kosten zu decken. Die Folge müssen zwangsläufig Beitragserhöhungen sein, und zwar nicht als eine Belastung für alle, sondern einseitig für die gesetzlich Versicherten. Das ist falsch, und das muss verhindert werden, verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Was die Akteure im Gesundheitswesen jetzt brauchen, ist eine Unterstützung der gesamten Solidargemeinschaft und sind keine weiteren Probleme.
Das zweite Ziel unserer Oktoberbeschlüsse war ein klarer Rückgang bei den Infektionszahlen. Um nicht darum herumzureden: Dieses Ziel haben wir trotz der beschriebenen Fortschritte noch nicht hinreichend erzielt. Das gilt bundesweit, und das gilt auch bei uns in Niedersachsen. Sie erinnern sich: Heute liegt der Inzidenzwert bei etwa 86. Aber die Entfernung zu dem Mindestziel 50 ist offensichtlich.
Wir haben deswegen unverändert dringenden Handlungsbedarf. Solange wir uns auf einem derart hohen Infektionsniveau bewegen, droht jederzeit eine neue Eskalation mit allen damit verbundenen Folgen.
Wir dürfen uns niemals an solche Infektionszahlen gewöhnen. Wir dürfen sie nicht akzeptieren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist die Grundlage unserer Politik in Niedersachsen!
Nein, wir werden deswegen im Dezember leider nicht wie erhofft Einschränkungen wieder zurücknehmen können. Wir müssen sie - im Gegenteil - noch einmal ausweiten. Diese Schlussfolgerung zieht niemand von uns gerne, aber sie ist dringend geboten. Die Zahlen sprechen eine ganz klare Sprache. Das war auch die gemeinsame, von niemandem bezweifelte Überzeugung der Bundesregierung und aller 16 Länder in unserer Konferenz am vergangenen Mittwoch. Wir müssen die direkten Kontakte der Menschen in unserem Land noch einmal reduzieren, wir dürfen die Begegnungsmöglichkeiten nicht ausweiten - darum muss es in den nächsten Wochen noch einmal gehen.
Das ist eine schlechte Nachricht für alle diejenigen, die ihre Aktivitäten seit Anfang November einstel
len oder noch einmal drastisch einschränken mussten, und es ist besonders bitter für diejenigen, deren wirtschaftliche Existenzgrundlage von unseren Entscheidungen hart getroffen ist. Wir sind uns dieser Härten bewusst. Wir nehmen Berichte über die sozialen und finanziellen Auswirkungen unserer Entscheidungen nicht auf die leichte Schulter. Dennoch bleibt es richtig: Bevor die Infektionszahlen nicht wieder deutlich gesunken sind, wären Lockerungen nicht vertretbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss klar sein.
Umgekehrt heißt das auch, dass die Betroffenen nicht alleingelassen werden dürfen. Seit letztem Mittwoch kann die sogenannte Novemberhilfe beantragt werden. Abschlagszahlungen sorgen dafür, dass nun zügig Geld fließt.
Letzten Freitag hat Bundesfinanzminister Scholz mitgeteilt, dass die EU-Kommission grünes Licht für die sogenannten Dezemberhilfen gegeben hat, die bis zum 20. Dezember dieses Jahres gelten.
Darüber hinaus wird die bisherige Überbrückungshilfe bis Ende Juni des nächsten Jahres noch einmal deutlich erweitert.
Aus Sicht unseres Landes kann ich sagen: Der Bundesregierung gebührt ein herzlicher Dank für alle diese Maßnahmen, die auch im internationalen Vergleich bemerkenswert und keineswegs selbstverständlich sind. Ein herzliches Dankeschön an Berlin, meine Damen und Herren!
Es ist ein Privileg, aus dem nicht berührten Wasserglas der Präsidentin einen Schluck nehmen zu dürfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter den gegebenen Bedingungen ist es aber leider sogar notwendig, weitere Einschränkungen vorzunehmen; das sagte ich.