Einen Moment, bitte, Herr Kollege Hillmer! - Ich darf das Plenum noch einmal um Aufmerksamkeit bitten. Offenbar sind Ihre Worte sehr inspirierend. Aber jetzt bitte ich doch um etwas mehr Ruhe im Plenarsaal.
Jetzt gibt es eine Entwicklung, die uns vom Bundesfinanzministerium erreicht. Dort wird gesagt, die Angebote der Volkshochschulen müssten nun in weiten Teilen mit Umsatzsteuer belegt werden. Da sage ich: Das geht nicht. Wir können diese wichtige Aufgabe für die Einrichtungen nicht erschweren, indem wir sie erstens mit Bürokratie überziehen und zweitens die Leistungsangebote um diese 19 % teurer machen.
Ich bin ausdrücklich sehr froh darüber, dass die Bundestagsfraktionen das in diesen Tagen erst einmal wieder von der Tagesordnung genommen haben. Aber seien wir wachsam! Das kommt wieder.
Denn es wird aus Europa gedrängt. Dort wird nicht anerkannt, dass es bei uns neben der staatlichen Ebene und der privatwirtschaftlichen Ebene auch noch so etwas wie Kommunen, die selbst z. B. in den Volkshochschulen tätig sind, oder freie gemeinnützige Träger gibt. Das wird im europäischen Recht nicht anerkannt. Da müssen wir alle gemeinsam den Rücken gerade machen und Europa erklären - das haben wir ja auch bei Sparkassen und Volksbanken geschafft -, dass es hier in Deutschland Besonderheiten gibt, die nicht in allen Ländern Europas so vorhanden sind, aber trotzdem für den Zusammenhalt in der Gesellschaft wichtig sind.
Deshalb schließe ich: Die Volkshochschulen und die Erwachsenenbildung bleiben wichtig. Wir sollten sie in ihrer wichtigen Arbeit unterstützen und nicht behindern.
Vielen Dank, Herr Kollege Hillmer. - Nun folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Viehoff. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um das vorauszuschicken: Ich finde Töpferkurse und haptisches Tun sehr wichtig;
(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Hill- mer [CDU]: Wir sind auch für Töpfer- kurse! - Dirk Toepffer [CDU]: Politi- sche Bildung, Frau Kollegin!)
Einen Moment, Frau Kollegin! Auch Sie sollen die Aufmerksamkeit des Hauses haben. - Ich darf um Ruhe bitten.
Wir haben heute schon viel über die Geschichte, über die Entstehung und über die Tatsache gehört, dass wir im heutigen Jahr 2019 100 Jahre Volkshochschule feiern und dieses Jubiläum auch an vielen Stellen feierlich begangen wird.
Auch ich war bei der Veranstaltung, bei der Ada Lessing endlich mit einem frauenORT geehrt wurde. Das war dringend notwendig. Denn wer die Geschichte von Ada Lessing kennt, der weiß, dass sie nicht immer sehr positiv war, insbesondere in den Zeiten des Naziregimes hier in Deutschland.
Ada Lessing hat schon sehr früh erkannt, welche Bedeutung die Erwachsenenbildung hat. Sie hat sie auch heute noch. Ihr Wahlspruch war: „Wissen ist Macht! Wissen macht frei! Bildung ist Schönheit!“ Dieses Motto - das will ich gerne noch einmal betonen - gilt auch heute noch.
Die Volkshochschulen in Niedersachsen haben wie überall in Deutschland eine besondere Rolle. Gerade im Flächenland Niedersachsen sind sie aber über den gesamten Bereich von Stadt und Land auch Begegnungsstätten - Begegnungsstätten für Menschen mit all ihrer Unterschiedlichkeit,
all ihrer Vielfalt und all ihrer Diversität. Daher gehen die Angebote der Volkshochschulen auch deutlich über die aktuell bei den Diskussionen zur Umsatzsteuer bemühte berufliche Verwertbarkeit von Erwachsenenbildung hinaus. Erwachsenenbildung ist sehr viel mehr.
Meine Damen und Herren, das leisten die Volkshochschulen mit den uns allen bekannten Programmen, die zum Teil ja auch zum Amüsement führen, wie wir gerade gehört haben. Sie sind insgesamt Bildung.
Volkshochschulen sind aber auch Orte der Bildungskompensation. Denn ehrlicherweise muss man sagen, dass nicht alle Menschen in ihrer Jugend den Drive oder den Drang haben, tatsächlich einen höheren Abschluss zu machen. Gerade die Angebote des zweiten Bildungsweges, die die Volkshochschulen flächendeckend machen, werden von den Volkshochschulen häufig oder fast immer durch eine Querfinanzierung ermöglicht. Denn sie müssen für alle gesellschaftlichen Gruppen erschwinglich sein, wenn wir lebenslanges Lernen ernst nehmen.
Gleiches gilt natürlich für die Angebote des Spracherwerbs. Deutsch lernen kann man weder in einem halben Jahr noch in einem Jahr und auch nicht in zwei Jahren. Ich behaupte, ich selbst würde zehn Jahre brauchen, bis ich arabisch kann.
Zu den Angeboten zur Alphabetisierung: Wir gehen in Niedersachsen von 750 000 funktionalen Analphabeten aus. Herr Hilmer hat es erwähnt. Dort gibt es dringenden Handlungsbedarf. Und auch im Bereich der Digitalisierung ist Aktivität notwendig.
Neben der hier schon genannten leidvollen Diskussion, ob diese Kurse in ihrer Breite umsatzsteuerpflichtig sind, müssen wir erkennen, dass auch das Land Niedersachsen die Bedeutung der
Im Jubiläumsjahr ist es über die politische Liste einmalig gelungen, eine Dynamisierung bei der Förderung der Erwachsenenbildung einzubringen. Aber wer den Haushalt 2020 liest, wird sehen, dass davon nichts mehr zu erkennen ist.
Ich gehe davon aus, dass sich demnächst, wenn die politische Liste kommt, die beiden Seiten mit viel Trara und Tamtam loben werden,
dass sie es wieder geschafft haben, eine Dynamisierung in die Erwachsenenbildung zu bringen. Aber die Forderung muss doch sein, dass es eine stetige, eine verlässliche Förderung der Erwachsenenbildung gibt,
dass es endlich zu einer verlässlichen Dynamisierung in der Erwachsenenbildung kommt und dass endlich das mittelfristige Ziel ins Auge gefasst wird, dass 1 % des Bildungshaushaltes in Niedersachsen der Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt werden.
Lebenslanges Lernen braucht es also immer. Ich gehe auch davon aus, dass vielleicht nicht wir, aber unsere nächste Generation „200 Jahre Volkshochschulen“ feiert. Aber bitte mit einer vernünftigen finanziellen Ausstattung und immer mit dem Zitat von Ada Lessing: „Wissen ist Macht! Wissen macht frei! Bildung ist Schönheit!“