Protokoll der Sitzung vom 17.12.2019

Tagesordnungspunkt 19: Mitteilungen der Präsidentin

Ich darf die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 20, der Aktuellen Stunde. Wie gestern beschlossen, behandeln wir heute nur den Antrag der Fraktion der SPD und anschließend die beiden Dringlichen Anfragen der Fraktion der AfD und der Fraktion der FDP. Danach setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort und beginnen mit der Beratung des Haushalts für das Jahr 2020. Die heutige Sitzung soll gegen 21.45 Uhr enden.

Die eingegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr Frau Schriftführerin Menge mit. Bitte, Frau Kollegin!

Auch von mir einen schönen guten Morgen! Entschuldigt sind: von der Fraktion der SPD Frau Doris Schröder-Köpf, Holger Ansmann, ab der Mittagspause Axel Brammer und von 13 bis 19 Uhr Ulrich Watermann, von der Fraktion der CDU ist Dr. Stephan Siemer ab der Mittagspause entschuldigt, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Viehoff bis zur Mittagspause und der fraktionslose Abgeordnete Jochen Beekhuis bis zur Mittagspause.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 20: Aktuelle Stunde

Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich als bekannt voraus.

Ich eröffne die Besprechung zu

c) Soziale Sicherheit nicht nur zur Weihnachtszeit - Gerechte Politik für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/5374

Ich erteile Herrn Abgeordneten Lottke das Wort zur Einbringung. Bitte!

(Unruhe)

- Alle anderen darf ich um Aufmerksamkeit bitten.

Bitte, Herr Lottke!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Einer trage des anderen Last“, so formuliert es Paulus in seinem Galaterbrief.

(Zustimmung bei der SPD)

Der darin zum Ausdruck gebrachte Gedanke ist ein sehr frühes Bekenntnis zur Solidarität. Dieses Wort erinnert uns daran, dass wir nicht allein leben, sondern in Gemeinschaft und Beziehungen.

Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, im konzentrierten Zusammenwirken der Landes- und der Bundesebene das Paketbotenschutzgesetz ins Werk zu bringen.

Wir erinnern uns: Anfang des Jahres war es die SPD-geführte Landesregierung - namentlich Sozialministerin Carola Reimann, aber auch Ministerpräsident Stephan Weil persönlich -, die eine Bundesratsinitiative ins Leben rief. Ziel war es, die sogenannte Nachunternehmerhaftung auch auf den Bereich der Paketzustell-, Express- und Kurierdienste auszudehnen. Das Prinzip, dass dadurch der Generalauftragnehmer für seine Subunternehmer haftet, hat zuvor schon im Baugewerbe und in der Fleisch verarbeitenden Industrie gute Erfolge verbuchen können. Das ist ein nachhaltiger Einsatz für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung von Helge Limburg [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, Bundesarbeitsminister Heil hat die Initiative aus Niedersachsen aufgegriffen und nicht nur ein wirksames Gesetz geschaffen, sondern mit der Übertragung von dessen Überwachung auf den Zoll klargemacht, dass dieses Gesetz kein zahnloser Tiger sein soll. Der

Bundestag hat im Oktober und die Länderkammer vor wenigen Wochen zugestimmt, sodass bereits das diesjährige Weihnachtsfest unter den neuen besseren Vorzeichen für die Beschäftigten in der Paketzustellbranche steht.

Ich danke Carola Reimann und Ministerpräsident Stephan Weil, aber auch Hubertus Heil für ihren Einsatz, ein so solides Gesetz so sportlich über kurze Strecke ins Ziel zu bringen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 3,7 Milliarden Pakete und Päckchen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland von A nach B geschickt. Tagein, tagaus sind dafür Zigtausend Frauen und Männer bei Wind und Wetter unterwegs. Unser Ministerpräsident Stephan Weil ist in der letzten Woche selbst als Zusteller auf Tour gewesen, um sich ein eigenes Bild zu machen. Respekt für diesen Rollenwechsel! Respekt aber auch vor allem für die vielen Menschen, die in der Zustellung arbeiten!

(Beifall bei der SPD)

Dass es kein leichtes Geschäft ist, hängt nicht nur mit der Witterung zusammen. Das, was heute alles am Tablet angeklickt, alsbald verschickt und meist tags darauf zugestellt wird, ist nicht immer leichtgewichtig. Bücher, Kleidung, Geschenkartikel, aber auch Lebensmittel, hochwertige Elektronik, Fernseher und sogar richtig schwere Sportgeräte - das ist ein Knochenjob, den die Kolleginnen und Kollegen da draußen tagein, tagaus machen. Meine Damen und Herren, ein Job, den viele von uns nicht machen würden, manche von uns auch nicht machen könnten; ich schließe mich da ein. Und das Mindeste ist, dass die Menschen unseren Respekt bekommen und natürlich guten Lohn für gute Arbeit. Da sich das aber leider nicht von selbst versteht, war es gut und richtig, dass Niedersachsen vorangegangen ist und der Bund mitgezogen hat.

(Beifall bei der SPD)

So haben wir als SPD bei unserem jüngsten Bundesparteitag auch deutlich gemacht, dass wir einen höheren Mindestlohn brauchen, damit wir Menschen, die ihr ganzes Leben lang auf unterschiedlichste Weise hart gearbeitet haben, ein Leben in Armut ersparen und ein menschenwürdiges Altern ermöglichen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Job der Paketzustellerinnen und Paketzusteller braucht mehr Wertschätzung. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist - nett formuliert - ausbaufähig, wie in manch anderen Berufen. Und einmal Hand aufs Herz: Wer flucht nicht, wenn ein gelber Van in zweiter Reihe parkt? Wir sind es gewohnt, dass heute Bestelltes in aller Regel morgen, spätestens übermorgen bei uns ankommt. Aber die wenigsten sind zu Hause, wenn der Paketbote klingelt, und kaum jemand ist bereit, mal ein Paket für die Nachbarn anzunehmen. All das produziert Frustration bei den Zustellerinnen und Zustellern, unnötige doppelte Weg und insgesamt viel Ärger rund um die Dinge, die unser Leben eigentlich schöner machen sollten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bald ist Weihnachten. Und wenn wir ehrlich sind, gibt es im Alltag - auch losgelöst von diesem Hochfest - viel Gelegenheit, Dankbarkeit zu zeigen, die uns recht wenig Mühe kostet. Jeder Tag ist voller Möglichkeiten, mit mehr Nachsicht und Respekt unsere Dienstleistenden wertzuschätzen, auch wenn sie einmal in zweiter Reihe parken oder wenn wir ein Paket für die Nachbarn annehmen sollen.

Paulus hat uns daran erinnert, dass wir nicht alleine sind, dass wir in einer Gemeinschaft füreinander einstehen, dass uns das Wohlergehen unseres Nächsten nicht egal sein sollte, dass wir dann besonders stark und solidarisch sind, wenn wir uns mit den Schwächeren unterhaken. Dies zu bedenken und zu beherzigen ist eine gute Tat zum Weihnachtsfest. Es darf aber auch gern zum Alltag werden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD sowie Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lottke. - Es folgt nun für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Hillmer. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD hat das umfassende Thema „Soziale Sicherheit und gerechte Politik“ aufgerufen.

Dazu könnte man natürlich vieles sagen, dazu könnte man alles sagen, dazu fällt mir fast nichts ein, was man dazu nicht sagen könnte. Aber Sie haben die Konkretisierung in dem Thema der schwierigen Situation der Paketzusteller gefunden.

Meine Damen und Herren, durch den zunehmenden Onlinehandel - - -

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Herr Kollege Hillmer! - Ich freue mich, dass es hier am frühen Morgen schon so munter zugeht. Trotzdem wäre es wunderbar, wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit dem Redner zukommen lassen könnten.

Bitte, Herr Hillmer!

Danke schön, Frau Präsidentin.

Durch den zunehmenden Onlinehandel hat sich seit 2000 die Zahl der Paketsendungen mehr als verdoppelt. Auch im letzten Jahr waren es über 3,5 Milliarden Pakete. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen.

Laut Bundesagentur für Arbeit arbeiten 427 000 Beschäftigte in der Kurier-, Express- und Paketbranche. Jährlich kommen 10 000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinzu.

Unternehmen wie z. B. DHL oder UPS, die Mitarbeiter fest beschäftigen und nach Tarif bezahlen, stehen Wettbewerber gegenüber, die hauptsächlich mit Subunternehmern arbeiten. Nicht selten müssen diese Subunternehmer 16 Stunden am Tag arbeiten - und das für Stundenvergütungen von unter 6 Euro.

2018 entstand ein Schaden in Höhe von 72 Millionen Euro, weil Sozialversicherungsbeiträge nicht ordnungsgemäß abgeführt wurden.

Meine Damen und Herren, in der sozialen Marktwirtschaft ist es die Aufgabe des Staates, für einen fairen Wettbewerb zu sorgen und Ausbeutung zu verhindern. Deshalb hat die von CDU und SPD getragene Bundesregierung ein Gesetz zur Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche in den Bundestag eingebracht, das im Oktober 2019 verabschiedet wurde.

Die CDU, meine Damen und Herren, steht für Sozialpartnerschaft und Tarifbindung. Wir brauchen starke Unternehmen und starke Gewerkschaften.

Dazu stehen wir sogar dann, wenn andere den Gewerkschaften schon nichts mehr zutrauen und stattdessen Pflegekammern gründen.

Ich möchte hier nicht den Eindruck entstehen lassen, dass jedes Subunternehmertum per se verwerflich ist. Ganz viele Unternehmer sind auch als Subunternehmer tätig. Viele heute große Unternehmen haben einmal klein mit Unternehmern angefangen, die sich nicht geschont haben, die vielleicht 16 Stunden am Tag gearbeitet und jahrelang kein Geld verdient haben. Diese Unternehmer, meine Damen und Herren, sind das Rückgrat unserer Wirtschaft.