Das sage ich insbesondere auch denjenigen laut und deutlich, die derzeit Verschwörungstheorien anhängen. Die Bilder aus anderen Teilen der Welt sind keine Fake News, sie sind die Realität! Wenn wir in Deutschland bislang von solchen schlimmen Zuständen bislang verschont geblieben sind, dann nicht etwa trotz unserer Vorbeugungsmaßnahmen, sondern wegen ihnen. Das Coronavirus ist keine Verschwörung, das Virus ist eine Gefahr, und sie besteht fort, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die andere Seite sind die Schäden: die Schäden in der Gesellschaft und in der Wirtschaft. Wir haben erfolgreich eine steil ansteigende Kurve bei der Zahl der Infektionen bekämpft, aber gleichzeitig steigt die Kurve der Schäden und Belastungen in der Gesellschaft nach wie vor steil an. Das gilt für Familien, die unter Belastungen ächzen. Das gilt für Menschen, die herbe Einkommenseinbußen verkraften müssen und sich Sorgen um ihre Zukunft machen.
Das gilt für Unternehmen, die sich fragen, wann und wie sie denn eigentlich wieder ihren Geschäften nachgehen können.
Es wäre sträflich, dieser Schadenskurve freien Lauf zu lassen. Keine Gesellschaft ist beliebig belastbar, auch nicht unsere.
Das ist der Hintergrund, vor dem wir den politischen Kurs der nächsten Zeit abstecken müssen - vorsichtig, umsichtig und auch zielstrebig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung stellt sich dieser Aufgabe mit einem Stufenplan, der den Weg in einen neuen Alltag unter den Bedingungen von Corona bei uns in Niedersachsen aufzeigen soll. Wir wollen für die nächsten Monate die Schritte aufzeigen, in denen alle Bereiche nach und nach wieder einen geregelten Alltag aufnehmen können, so gut das eben unter den Bedingungen der Pandemie möglich ist. Das ist kein kleiner Anspruch. Eine solche Planung ist auch beileibe nicht selbstverständlich. Ich kenne in Deutschland bislang keinen anderen Plan, der in dieser Weise den Infektionsschutz und die Bedürfnisse in unserer Gesellschaft zusammenzubringen versucht.
Dafür sind klare Grundsätze notwendig, die der Planung zugrunde liegen. Es gibt fünf Grundsätze, die uns dabei besonders wichtig sind:
Erstens. Der Infektionsschutz muss gewahrt bleiben; ich habe die Begründung dafür bereits ausgeführt. Deswegen sind Abstandspflichten, Kontaktbeschränkungen und Masken beim Einkaufen, in Bus und Bahn etc. noch längere Zeit Teile unseres Alltags. Und ich füge sehr klar hinzu: Die Polizei und die kommunalen Behörden werden sehr konsequent darauf achten, dass diese Vorgaben auch eingehalten werden. Denn sie sind die Grundlage für die Lockerungen, die wir anstreben.
In den Krankenhäusern werden wir durchgängig Reserven für C-19-Patienten vorhalten, nicht wegen des aktuellen Bedarfs, aber um möglichen Entwicklungen vorzubeugen. Das ist wichtig, um dann schnell reagieren zu können. Bei Bedarf können auch weitere Kapazitäten in 72 Stunden wieder freigezogen werden.
Wir setzen beim Infektionsschutz verstärkt auf ein regionales Vorgehen. Es ist uns gelungen, das Infektionsgeschehen so weit zu reduzieren, dass die genaue Nachverfolgung von Infektionsketten jetzt wieder wesentlich besser möglich ist als noch vor einigen Wochen. Die Infektionen sind ja auch bei uns in Niedersachsen nicht überall im gleichen Ausmaß vorhanden, und die aktuellen Ausbrüche in einzelnen Kommunen können sofort die Zahlen für das ganze Land prägen. Das spricht dafür, sehr genau vor Ort die Entwicklung zu beobachten und sorgfältig zu begleiten.
Ein Beispiel dafür sind die Reihentests in den Betrieben der Fleischindustrie, die in den nächsten Tagen vorgesehen sind. Ich will deutlich sagen: Das Verhalten von Unternehmen, die offenbar in dieser Branche Arbeitnehmer hin und her über die Landesgrenzen geschoben haben, ist völlig inakzeptabel und wird von uns konsequent unterbunden werden.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU sowie Zustimmung von Jo- chen Beekhuis [fraktionslos])
Ich möchte den kommunalen Gesundheitsbehörden in Niedersachsen ein großes Kompliment machen. Sie tragen bis jetzt bereits einen großen Teil der coronabedingten Aufgaben, und sie haben das bislang hervorragend getan. Wir wollen ihre Möglichkeiten weiter stärken. In der vergangenen Woche haben Wissenschaftsminister Björn Thümler und ich gemeinsam das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig besucht. Es gibt dort inzwischen erprobte und praxisgerechte technische Lösungen, die dieses regionale Krisenmanagement deutlich erleichtern werden. Wir haben uns vorgenommen: Wir wollen als Land den Kommunen auch diese Möglichkeiten bieten.
Der zweite Grundsatz: Wir brauchen Perspektiven für alle Bereiche. Es macht keinen Sinn, erst die Familien zu entlasten und dann die Wirtschaft an den Start zu bringen oder umgekehrt zunächst die Wirtschaft und dann die Familien in den Blick zu nehmen. Nein, für eine erfolgreiche Krisenbewältigung müssen alle Bereiche unserer Gesellschaft ein Gefühl dafür gewinnen, wann und unter welchen Bedingungen sie einen einigermaßen normalen Alltag wiederaufnehmen können.
Das führt übergangslos zu dem dritten Grundsatz: Wir müssen in Phasen denken. Wenn wir Perspektiven für alle Bereiche eröffnen wollen, werden wir umgekehrt nicht gleichzeitig allen alles ermöglichen können. Es kommt darauf an, die richtigen Schritte zu definieren und so zu begründen, dass sie nachvollziehbar sind und überzeugend.
Deswegen - viertens - muss es um eine plausible Abwägung zwischen Risiken und Schäden gehen - Risiken für die Gesundheit und das Leben von Menschen durch Infektionen, Schäden durch die Einschränkungen aus Gründen des Infektionsschutzes.
Wir beginnen in den ersten Stufen verständlicherweise mit denjenigen Maßnahmen, bei denen das Infektionsrisiko überschaubar ist und umgekehrt
der gesellschaftliche und wirtschaftliche Schaden besonders hoch ist. Gibt uns das Infektionsgeschehen dafür eine Grundlage, dann können wir in den nächsten Phasen auch höhere Risikostufen und geringere Schadensstufen in den Blick nehmen, aber eben nur dann.
Die notwendige Abwägung zwischen Risiko und Schaden wird an einem Beispiel deutlich, das ich - wie wahrscheinlich alle von uns - als besonders belastend empfinde: Immer häufiger hören wir teilweise erschütternde Berichte über die Situation von alten Menschen in unseren Heimen, die sich isoliert fühlen und sich nach ihren Angehörigen sehnen. Diese Angehörigen wiederum haben größte Sorgen, wenn sie an die Auswirkungen dieser Situation auf ihre hochbetagten Familienmitglieder denken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen in dieser Hinsicht vor einem echten Dilemma. Einerseits wünschen wir uns nichts mehr, als wieder die dringend notwendigen Kontakte zwischen alten Menschen und ihren Liebsten möglich zu machen. Andererseits müssen die Einrichtungen auch den Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner und der Pflegekräfte gewährleisten. So schwer es ist: Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass etwa die Hälfte aller Todesfälle infolge von Corona in den Alten- und Pflegeheimen zu verzeichnen ist, in denen das Virus grassiert.
In immer mehr Heimen sind Besuche derzeit auf Basis spezieller Hygienekonzepte wieder möglich. Ich unterstütze das ausdrücklich. Wir werden in weiteren Gesprächen mit den Trägern darauf drängen, diese Möglichkeiten sehr schnell und sehr zeitnah in allen niedersächsischen Heimen für alle Bewohnerinnen und Bewohner zu eröffnen. In der Bund-Länder-Besprechung der vergangenen Woche haben wir festgelegt, dass diese alten Menschen mindestens mit einer fest benannten Person Kontakt haben können sollen. Das ist unser Ziel ausdrücklich auch für Niedersachsen.
Als Land werden wir diese Anstrengungen auch durch das Angebot von Schutzmaterial unterstützen können. Inzwischen hat sich die Versorgungslage insoweit wieder deutlich verbessert. Ich erwarte auf dieser Grundlage, dass die Einrichtungen auch den Schutz für die Beschäftigten in der Pflege weiter verbessern. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wünschen wir uns sicherlich alle.
persönliche Hygiene, das Halten von Abstand, regelmäßiges Händewaschen, die Begrenzung persönlicher Kontakte - das alles ist das eigentliche Fundament für ein normales Leben unter den Bedingungen von Corona. Mehr denn je werden wir deswegen in den nächsten Monaten die dafür notwendige Einsicht und Bereitschaft zum Mitmachen bei allen Bürgerinnen und Bürgern benötigen.
Die Corona-Krise lässt sich nicht durch eine noch so durchdachte Politik alleine lösen. Davon bin ich fest überzeugt. Wir brauchen die eigenen Beiträge von jeder Einzelnen und von jedem Einzelnen in unserem Land. Dafür zu werben, immer und immer und immer wieder, darum bitte ich auch Sie persönlich ganz herzlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn wir die bis zum 6. Mai erfolgten Lockerungen einmal als eine erste Stufe ansehen, dann sind wir seit gestern in der zweiten Stufe dieses Konzepts. Der Einzelhandel ist wieder ohne Flächenbegrenzungen möglich, aber selbstverständlich mit klaren Abstands- und Hygienevorschriften. Nach den Friseuren gilt dasselbe nun auch für viele andere der sogenannten personennahen Dienstleistungen. Der Tourismus nimmt allmählich wieder seine Aktivitäten auf. Wir haben mit dem sogenannten autarken Wohnen begonnen, also mit der Nutzung von Ferienwohnungen, Campingplätzen etc. - aber auch alles dies unter sehr engen bereichsspezifischen Vorgaben.
Besonders spürbar, aber auch besonders herausfordernd ist sicherlich die Öffnung der Gastronomiebetriebe, auf deren Angebote sich viele von uns natürlich gerade bei dem schönen Wetter besonders freuen. Auch dies beginnt in dieser Woche, auch dies wiederum betont vorsichtig. Uns erwartet ein anderer Restaurantbesuch, als wir ihn gewohnt waren. 2 m Abstand zwischen den Tischen, maximal 50 % Auslastung und eine dringende Empfehlung einer vorangegangenen Reservierung - alles das sind sehr ernst gemeinte Bedingungen, unter denen die Gastronomie jetzt wieder ihre Arbeit aufnehmen kann.
Auch für die Familien soll sich in den nächsten Wochen eine spürbare Erleichterung ergeben, vor allem durch die wiederum spürbare Erweiterung der Notbetreuung in den Kindertagesstätten. Dort soll es bis zu den Sommerferien möglichst viele, aber eben auch deutlich kleinere Gruppen als bislang geben. Dasselbe gilt für die Schulen, in denen
nach und nach jetzt auch die jüngeren Jahrgänge wieder den Unterricht aufnehmen - wie Sie wissen, allerdings nur in geteilten Klassen. Dass wir unter diesen Vorgaben jetzt auch die Erwachsenenbildung wieder an den Start bringen können, freut mich ganz besonders.
Und schließlich ist da noch ein Thema, das für die Corona-Bekämpfung besonders wichtig ist; denn Infektionen entstehen nun einmal durch Kontakte. Die Beschränkung auf Kontakte innerhalb bestehender Hausgemeinschaften oder jeweils einer weiteren Person zählten zu den einschneidendsten, aber nach meinem Eindruck durchaus auch wirkungsvollsten Maßnahmen, die bislang ergriffen wurden.
Wir haben uns in der vergangenen Woche in den Gesprächen mit der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der 16 Länder darauf verständigt, auch insoweit für die nächste Stufe eine Erweiterung vorzusehen, als sich jetzt Mitglieder von zwei verschiedenen Hausständen treffen können sollen. Das typische Beispiel dürfte dabei sicherlich die Begegnung von zwei Paaren sein. Das freut mich für uns alle, setzt aber - ich wiederhole mich - wiederum unser aller Umsicht im Alltag voraus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist also ein deutlich spürbarer Schritt in Richtung Normalität, den wir in dieser Woche gehen, und wir sollten das unbedingt mit der gebotenen Vorsicht tun. Aber auf diese Weise können wir uns auch die nächsten Schritte in den nächsten Phasen vorstellen.
Wir wollen nach jeweils zwei Wochen die Infektionslage auswerten und entscheiden, ob wir mit der nächsten Stufe beginnen können. Ich weise in aller Form darauf hin, dass dies nicht so daher gesagt ist. Es ist überhaupt nicht ausgeschlossen, dass wir mit weiteren Lockerungen erst einmal noch zuwarten oder - im Falle eines Falles - sogar neue Beschränkungen vorsehen müssen. Niemand möge bitte von einem Automatismus ausgehen. Wir freuen uns aber über jede Möglichkeit - und werden sie auch nutzen -, wieder mehr Normalität möglich zu machen. Gleichzeitig kennen wir sehr genau unsere Verantwortung für die Gesundheit in Niedersachsen.
Parallel dazu werden viele besondere Bereiche besonders intensiv betrachtet. Auch das beste Konzept der Welt kann unmöglich alle gesellschaftlichen Bereiche in den Blick nehmen. Das gilt z. B. für die Vielfalt im Bereich der sozialen Arbeit, von den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen bis hin zur offenen Kinder- und Jugendarbeit. Sie
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wozu führt dieser Plan dann unter dem Strich, wenn alles so kommt, wie wir es uns wünschen? Nun, dann können wir uns vorstellen, dass wir im Sommer zu einer neuen Normalität unter den Bedingungen des Coronavirus gekommen sind - sehr vorsichtig, aber eben auch unter Wiederaufnahme unserer gesellschaftlichen Aktivitäten. Und ein neu gestalteter Regelbetrieb in den neuen Kita- und Schuljahren ist dafür dann vielleicht und hoffentlich ein gutes Symbol.
Manches wird aber auch noch länger nicht möglich sein. Auch das will ich hier deutlich ansprechen. Große Versammlungen mit vielen Menschen z. B. werden mindestens bis zum Ende des Monats August zu gefährlich sein, vielleicht sogar noch länger. Und wann wir wieder unbesorgt in die verschiedenen Teile der Welt reisen können, steht auch dahin.
Das ist in groben Zügen der Stufenplan, der unserer weiteren Arbeit zugrunde liegt. In der Öffentlichkeit ist unser Plan weitestgehend sehr positiv aufgenommen worden. Es war - so interpretiere ich das - ganz unabhängig von den Maßnahmen im Einzelnen vor allen Dingen das Gefühl der Erleichterung, wieder eine Perspektive zu haben. Ich habe mich über diese Rückmeldungen sehr gefreut und bitte auch weiterhin um die Unterstützung bei der Umsetzung dieses Plans.
Ebenfalls in der letzten Woche konnten wir feststellen, dass unsere Planungen sich gut in das Zusammenspiel von Bund und Ländern einpassen. Sie wissen, in den vergangenen Wochen - und ehrlich gesagt auch in der letzten Woche - hatten diese Vereinbarungen gelegentlich nur eine relativ kurze Geltungsdauer. Stattdessen haben wir erlebt - und wir erleben das auch weiter - bei vielen Maßnahmen so etwas wie einen Wettlauf von Ländern. Auf der Basis unseres Stufenplans, der ganz bewusst mittelfristig angelegt ist, wollen wir uns an diesem Wettbewerb nicht beteiligen. Wir wollen nicht deutscher Lockerungsmeister werden. Wir orientieren uns an unserem Plan, wir werden ihn immer wieder im Lichte der Erkenntnisse überprüfen, und wir werden ihn nach und nach umsetzen, wenn wir die Möglichkeit dazu haben.
aber dennoch eine Normalität sein soll. Das ist unser Weg, der Bürgerinnen und Bürgern, der allen Beteiligten in der Gesellschaft eine Orientierung und eine Planungsgrundlage geben soll, und das ist der Weg, bei dem ich Sie herzlich um Unterstützung bitte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch daraus will ich aber keinen Hehl machen: Die durch das Coronavirus ausgelösten Schäden werden uns noch lange, lange beschäftigen, ganz unabhängig von dem Stufenplan. Das Virus, so sagen Experten, wird existieren, bis ein wirksamer Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht, und das mag noch ein Jahr oder länger dauern. Deswegen werden wir so lange eben auch gewisse durch den Infektionsschutz gebotene Einschränkungen akzeptieren müssen.
Vor allem die Schäden im Wirtschaftsleben sind beträchtlich und unter dem Strich derzeit noch gar nicht absehbar. Der Dienstleistungssektor etwa ist durch die Einschränkungen hart getroffen worden und wird in wichtigen Bereichen auch über die Sofortprogramme hinaus Unterstützung brauchen.
In der Industrie ist deutlich erkennbar, dass sich eine zum Teil mehrjährige Durststrecke abzeichnet. Ich nenne als Beispiele den Schiffs- und den Flugzeugbau, wo weltweit die Märkte nachhaltigen Schaden genommen haben. Die Auswirkungen für unsere Unternehmen sind derzeit noch nicht zu überblicken.
Auf wichtigen Märkten werden sich Bund und Länder anstrengen müssen, dazu beizutragen, sehr schnell die Nachfrage wieder anzukurbeln. Ein gerade für unser Land besonders wichtiges Beispiel ist der Kfz-Sektor, wo die Nachfrage bekanntlich beinahe zum Erliegen gekommen ist. Diejenigen, die Kaufanreize mit starken Worten ablehnen, möchte ich daran erinnern - - -