Protokoll der Sitzung vom 02.07.2020

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Für Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Susanne Menge zu Wort gemeldet. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Genthe, herzlichen Dank für die sehr differenzierte Rede, gerade was den Aspekt der sexualisierten Gewalt angeht.

Aus Anlass der Fälle in der Katholischen Kirche hat das Land Niedersachsen eine Kommission zur Prävention sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen beim Landespräventionsrat angesiedelt. Ihr Bericht ist fertig und fordert uns auf, aktiv zu werden. Wir alle in diesem Raum wollen vom Reden ins Handeln kommen. Das heißt, wir müssen die operativen Maßnahmen zum Schutz der Kinder anpassen, die aus diesem Bericht deutlich werden, und wir müssen unsere parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, um Entscheidungen zu treffen.

Wir wollen für eine Diskussion eintreten, die Mut und Offenheit erfordert und alle Dimensionen sexualisierter Gewalt an Kindern erfasst. Das setzt voraus, dass wir uns in einem entsprechenden Gremium auch keine Tabus auferlegen. Die kritische Betrachtung des Systems gehört sicherlich dazu.

Ich bin deshalb sehr verwundert, dass die kommunalen Spitzenverbände unisono sagen, es dürfe keine Kritik an der Arbeit der Jugendämter geben. Nein, auch dort müssen wir kritisch hinschauen, Lösungen im Interesse und vor allen Dingen aus der Perspektive von Kindern finden. Kinder müssen dazu etwas sagen dürfen, und Kinder müssen dazu gehört werden. Wir haben heute gute Mög

lichkeiten, dies vorsichtig, sensibel und schützend anzupacken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Staat muss das Ziel verfolgen - und will das auch -, diesen Schutz bestmöglich zu gewährleisten. Wie kann er das? Ich rufe in Erinnerung, was ich am Dienstag dazu gesagt habe: Ein Kind muss in unserer Gesellschaft in dem Moment, in dem ihm etwas angetan wird, in dem sexualisierte Gewalt ausgeübt wird, sofort kriseninterventiv Ansprüche anmelden können. Es hat Anspruch darauf, dass wir den Ermittlungsdruck erhöhen und dass wir auch Prävention leisten. Es hat Anspruch darauf, dass Kinderärzte Rechtssicherheit bekommen, es hat Anspruch darauf, dass Kitas, Schulen und Sportvereine Schutzkonzepte erstellen. Und - ich wiederhole mich - wir müssen uns auch überlegen, ob die UN-Kinderrechtskonvention als verbindlicher Bestandteil in das Curriculum der Schulen übernommen wird. Ich halte das für einen sehr wichtigen Schritt, und ich glaube auch, dass es wichtig ist, Kindern zu vermitteln, welche Rechte sie haben und an welcher Stelle sie nein sagen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen die Strukturen stärken, um eine höhere Sensibilität zu erreichen, damit natürlich auch eine bessere und höhere Qualifikation vermitteln. Wir müssen Kinderschutzkonzepte entwickeln und auch von internationaler Kooperation profitieren. Das darf nicht dem Idealismus Einzelner geschuldet sein. Wir müssen ein System entwickeln, in dem diese Bedingungen, Konzepte und Strukturen für alle verbindlich und nicht nur in einzelnen Institutionen oder abhängig von einzelnen Menschen sind.

Selbstverständlich muss man in diesem Zusammenhang die Einzelverantwortung klären. Wir helfen aber keinem Kind, wenn wir Delikte sexualisierter Gewalt gegen Kinder nutzen, um dienstrechtliche Angelegenheiten eines Landkreises in die politische Auseinandersetzung dieses Landtages holen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Sonderausschuss - das habe ich vorhin den Ausführungen meines geschätzten Kollegen Limburg entnehmen dürfen - ist offenbar auf einem guten Weg. Genau dorthin gehört die ganze Diskussion und die ganze Dimension dessen. Wenn sich dieser Sonderausschuss konstituiert hat, dann glaube ich, dass wir uns freuen dürfen, dass wir

ihn haben. Ich bestreite, dass er uns Freude bereiten wird, aber ich hoffe, dass wir in diesem Ausschuss sehr konstruktiv gemeinsam arbeiten und dem Landtag gute Vorschläge für Veränderungen vorlegen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Frau Menge. - Für die AfD-Fraktion hat sich erneut Herr Christopher Emden zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das klang ja sehr vielversprechend, was wir hier bisher hören durften, gerade auch vonseiten der SPD mit dem Antrag, den Sie hier miteingebracht haben, und auch vonseiten der Grünen.

Was ich aber, wenn Sie beide hier auch auf schonungslose Aufklärung und besonderen Opferschutz pochen, bisher vermisse, ist eine eindeutige Distanzierung von den Vorgängen in Ihren jeweiligen Parteien, die mich zweifeln lassen, wie ernst das Ganze eigentlich gemeint ist.

(Zustimmung bei der AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte daran erinnern: Die Grünen haben in ihrem Grundsatzprogramm von 1980 eine weitgehende Liberalisierung von sexuellen Handlungen mit Kindern gefordert. Bis in die 90er-Jahre hinein hat es bei den Grünen Menschen gegeben, die Pädophilie nicht nur propagiert, sondern auch praktiziert haben - Stichwort „Falckenstein-Keller“. In Wahlkämpfen wurde für die Straffreiheit der Pädophilie eingetreten.

Noch 2013 bemängelte Alice Schwarzer - das bemängele auch ich -, dass die Grünen es bis heute nicht vermocht haben, sich davon wirklich einmal zu distanzieren und das kritisch aufzuarbeiten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das gehört zur Wahrheit.

(Beifall bei der AfD)

Zur Wahrheit gehört auch, dass noch kürzlich in Ihren Reihen ein Herr Adomat saß, der jetzt Landrat in Hameln-Pyrmont ist und den Mitarbeitern seines Jugendamtes, die eine Aussage vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Nordrhein-Westfalen hätten machen müssen, auf Kosten des Kreishauses einen Anwalt zur Seite gestellt hat, der diesen geraten hat, nicht auszusa

gen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau dieser Landrat hat als Kandidat im Wahlkampf - wie alle anderen Landratskandidaten auch - eine schonungslose Aufklärung gefordert. Das ist aber genau das Gegenteil davon. Hier wird bewusst und gezielt jede Aufklärung vermieden, und das unter Missachtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Beifall bei der AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Wahrheit gehört auch, dass Sie eventuell einmal Ihr Verhältnis zu einem Helmut Kentler aufarbeiten sollten, der bekanntermaßen pädophil war und unter dem Schatten sozialdemokratischer Unterstützung

(Dr. Silke Lesemann [SPD]: Das ist ja unmöglich!)

aus dem Berliner Senat praktisch freie Hand hatte, um sogar Schutzbefohlene pädophiliebekannten Personen auszuliefern, damit diese sich dann entsprechend an den jugendlichen Schutzbefohlenen vergehen konnten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sebastian Edathy ist ein weiterer Fall, den man in dieser Reihe nennen kann - nur beispielhaft.

(Glocke der Präsidentin)

Es gibt also die meiner Meinung nach durchaus berechtigte Frage: Wie ernst ist es Ihnen eigentlich damit? - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe da so meine Zweifel.

Die Jusos fordern allen Ernstes Straffreiheit für Schwangerschaftsabbrüche bis zum neunten Monat.

(Wiard Siebels [SPD]: Das stimmt nicht! Es ist die Unwahrheit!)

- Dann lesen Sie doch einmal nach, was Ihre Jusos da verlangen!

(Wiard Siebels [SPD]: Das ist die Un- wahrheit! Sie verbreiten die Unwahr- heit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei einer solchen menschenverachtenden Position der SPD

(Wiard Siebels [SPD]: Sie verbreiten die Unwahrheit!)

- damit kennen Sie sich ja aus, Herr Siebels -

(Wiard Siebels [SPD]: Dass Sie Un- wahrheiten verbreiten, damit kenne ich mich aus! - Glocke der Präsiden- tin)

fällt direkt die generelle Beschimpfung von Polizisten als latent rassistisch, die Unterstützung des Erdogan-Regimes durch jemanden, der kürzlich noch in Ihren Reihen war

(Helge Limburg [GRÜNE]: Können Sie vielleicht einmal zum Thema zurück- kehren?)

und jetzt für das Terrorregime Erdogans sogar - - -

Herr Emden, Sie haben einfach keine Zeit mehr. Aber das Thema hieß anders.

- - - oder auch die vielfältigen Schulterschlüsse mit der Antifa zeigen Ihren eigentlichen Blick auf die Welt.

(Glocke der Präsidentin)

Wenn der Verfassungsschutz, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine objektive und neutrale Institution wäre, dann müsste er Sie in den Blick nehmen.

(Beifall bei der AfD - Lachen bei der SPD - Miriam Staudte [GRÜNE]: Le- sen Sie mal die Welt am Sonntag, welche Abgeordneten am meisten Er- fahrung mit Kriminalität haben!)

Frau Menge hat noch Restredezeit von 1:40 Minuten. Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Danke schön, Frau Präsidentin. - Es ist die Unwahrheit, Herr Emden, wenn Sie behaupten, dass wir die Probleme in der eigenen Partei nicht aufgearbeitet hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN)