Es wird auch in unseren Ausschüssen zu beraten sein, dass es nicht unbedingt ein Widerspruch ist, einen Wald oder einen Forst zu nutzen und trotzdem Arten zu schützen und zu erhalten.
Sie legen es z. B. darauf an, für den Ausbau bzw. die Pflege der Wälder noch einheimische Arten in Betracht zu ziehen. Aber was macht die Douglasie?
Sie sehen selber, dass im Klimawandel eventuell auch geeignete Arten aus südlichen Regionen Europas oder aus Regionen außerhalb Europas verwendet werden müssen.
Da haben Sie einen Widerspruch. Sie werden nicht allein mit einheimischen Arten den Artenschutz fortsetzen können. Sie werden da tatsächlich über den Tellerrand hinausblicken müssen.
Das und vieles andere ist Thema in den Ausschüssen. Wir freuen uns darauf und verweisen das gern weiter.
Vielen Dank, Herr Kollege Wirtz. - Wir setzen fort. Herr Kollege Bäumer, sind Sie dran - mit einem längeren Redebeitrag. Ich habe mich bemüht, ein Glas Wasser für Sie zu organisieren. - Da kommt es. Ja, man muss auf alle Eventualitäten gefasst sein. Eigentlich kriegt das jeder. Aber manche sind so schnell, dass wir nicht nachliefern können, Herr Kollege Dr. Birkner.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Heute ist ein historischer Tag. Heute bringen die Fraktionen von SPD und CDU den Entwurf eines Gesetzes in den Landtag ein, das den Naturschutz in Niedersachsen deutlich verbessern wird.
Nun wird das Wort „historisch“ viel und gerne benutzt, manchmal sogar inflationär. Deshalb will ich Ihnen drei Gründe nennen, warum ich den heutigen Tag für historisch halte.
Erster Grund: Es sind die Fraktionen von SPD und CDU, die für einen verbesserten Naturschutz sorgen. Wer hätte das gedacht! In der öffentlichen Wahrnehmung entsteht manchmal das Gefühl, als könne das nur eine Partei hinbekommen. Die Wahrheit ist aber - mein Kollege Bosse hat es vorhin schon erzählt -, dass es hier in Niedersachsen einmal einen grünen Umweltminister und einen grünen Landwirtschaftsminister gab, aber deren Erfolgsbilanz in Sachen Naturschutz blamabel war.
Wie hat es damals das Umweltforum Osnabrücker Land formuliert? Diesen Minister - gemeint war Herr Wenzel - interessiert eine rostige Schraube am Zaun von Gorleben mehr als der Naturschutz in Niedersachsen.
SPD und CDU, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind mit diesem Niedersächsischen Weg weiter gekommen als alle anderen zuvor.
Zweiter Grund: Die Vorarbeiten für dieses Gesetz sind im Konsens zwischen Regierung, Landwirtschaft und Naturschutz entstanden. Das Landvolk
hatte bereits im Jahre 2018 eine eigene Selbstverpflichtung mit der Kammer eingebracht. Ein Jahr später kamen die Forderungen der Verbände des Naturschutzes dazu. Aus beiden Positionen hat die Landesregierung unter Beteiligung der Akteure Vorschläge entwickelt, die den Naturschutz hier in Niedersachsen voranbringen werden, ohne die Landwirtschaft zu zerstören.
Dritter Grund: Etwas wie das, was wir hier machen - diesen Niedersächsischen Weg -, gibt es nirgendwo anders in der Bundesrepublik Deutschland. Unser Weg ist in dieser Form, wie er entstanden ist, einmalig. Wenn das nicht historisch ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann weiß ich es nicht.
Für diese konstruktive Arbeit will ich mich im Namen meiner Fraktion bei unserer Landesregierung, namentlich Ministerin Bärbel Otte-Kinast und Minister Olaf Lies, sowie dem Landvolk mit dem Präsidenten Albert Schulte to Brinke und dem BUNDVorsitzenden Heiner Baumgarten bedanken.
Sie haben über Monate über einzelne Details diskutiert und am Ende ein Gesamtpaket entworfen, das einen Interessenausgleich ermöglicht.
Dieses Gesamtpaket, meine sehr geehrten Damen und Herren, umfasst zahlreiche Punkte, von denen ich nur die wichtigsten nennen möchte:
Wir wollen den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 3 ha pro Tag reduzieren. Ab dem Jahr 2050 kann nur noch versiegelt werden, wenn anderswo entsiegelt wird - also eine Politik der Nettonullneuversiegelung.
Wir wollen den Ökolandbau voranbringen: aktuell auf 4,7 % der Flächen, bis zum Jahr 2025 auf 10 % und bis zum Jahr 2030 auf 15 %.
Wir wollen das Entfernen von Baumreihen - Alleen, Herr Kollege -, naturnahen Feldgehölzen und sonstigen Feldhecken als Eingriff benennen, der dann kompensiert werden muss.
Wir wollen einen Biotopverbund schaffen, der bis zum Jahr 2030 10 % des Offenlandes in Niedersachsen umfasst.
Wir wollen neue Formen als geschützte Biotope etablieren: Nasswiesen, artenreiches Feucht- und Nassgrünland sowie mesophiles Grünland und Streuobstwiesen.
Wir wollen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich reduzieren. An Gewässern erster Ordnung gilt zukünftig ein Gewässerrandstreifen von 10 m, an Gewässern zweiter Ordnung von 5 m und an Gewässern dritter Ordnung von 3 m. Auf diesen Gewässerrandstreifen ist das Ausbringen von Dünger und Pflanzenschutzmitteln verboten.
Es kann aber auch Ausnahmen geben. Wer sich in Ostfriesland ein wenig auskennt, der weiß: Dort gibt es nicht nur alle 1 000 m Gräben, dort gibt es manchmal alle 50 m Gräben. Wenn Sie da links und rechts an jedem Graben einen Gewässerrandstreifen machen, dann bleibt dem Landwirt, der seine Kühe dorthin treibt und der das Gras irgendwann auch einmal mähen möchte, relativ wenig, um da etwas zu ernten. Deshalb muss man an dieser Stelle Ausnahmen zulassen. Sonst macht man Landwirtschaft kaputt.
Der Laubbaumanteil in den Landesforsten - lieber Kollege, ich glaube, Sie haben das vorhin missverstanden - soll langfristig auf 65 % erhöht werden, ebenso wie der Anteil von Bäumen, die 100 Jahre und älter sind.
Alles das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein deutlicher Schritt nach vorn und wird den Naturschutz und den Gewässerschutz in Niedersachsen verbessern.
Der wichtigste Bestandteil dieses Weges ist aus meiner Sicht allerdings, dass die Eingriffe in das Eigentum der Landeigentümer vom Staat angemessen entschädigt werden; denn wer bestimmte Teile seines Ackerlandes nicht mehr düngen darf, wird dort auch weniger ernten und damit weniger Erträge haben. Das muss ausgeglichen werden; denn sonst werden wir die Landwirte als Pfleger unserer Kulturlandschaft verlieren.
Bei der Entschädigung reden wir auch nicht von Kleingeld. Es geht um Millionenbeträge, die im Interesse der betroffenen Landeigentümer dauerhaft abzusichern sind.
Der Landesregierung ist das mit dem Vorschlag gelungen, die Wasserentnahmegebühr zu verdoppeln. Hier bestand durch die Abschaltung der Kernkraftwerke Emsland und Grohnde sowieso Handlungsbedarf. Mit der jetzt vorgesehenen Verdoppelung steigt die Gebühr für die öffentliche Wasserversorgung von 7,5 Cent pro Kubikmeter auf zukünftig 15 Cent pro Kubikmeter.
Das wird - das gehört zur Ehrlichkeit dazu - das Trinkwasser für die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen teurer machen. Aber damit leistet jeder Bürger in Niedersachsen seinen Anteil zur Finanzierung des Niedersächsischen Weges. Naturschutz, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es nämlich nicht zum Nulltarif.
Für mehr Naturschutz muss in Niedersachsen auch niemand unterschreiben. Ich sage das deshalb, weil ich gehört habe, dass in Niedersachsen an Unterschriftenständen den Bürgerinnen und Bürgern suggeriert wird, sie würden mit ihrer Unterschrift unseren Niedersächsischen Weg vorantreiben. Das ist nicht der Fall. Dieser Weg kommt mit den Fraktionen von SPD und CDU ins Parlament. Wir werden die Gesetze unter Wahrung der Qualität so schnell wie möglich beraten. Dann kann das Gesamtpaket um die Jahreswende in Kraft treten.
Damit komme ich zu den Unterschieden zwischen unserem Niedersächsischen Weg und dem Volksbegehren Artenvielfalt Niedersachsen.
Erster Unterschied: Wir sind schneller. Die Gesetzesänderungen gehen noch heute nach der Beratung hier im Landtag in den parlamentarischen Beratungsgang. Die Anhörungen dazu sind schon terminiert. Beim Volksbegehren läuft immer noch die erste Stufe. Ein bisschen ist das wie bei den beiden spanischen Orten Villarriba und Villabajo: Während unsere Gesetze schon in Kraft getreten sind, wird das Volksbegehren vermutlich noch Unterschriften sammeln, wenn es nicht vorher beendet wird.
Zweiter Unterschied: Unser Niedersächsischer Weg ist mit einem Finanzierungskonzept hinterlegt. Davon finde ich im Volksbegehren nichts. Zwar wird dort prognostiziert, dass der Landeshaushalt jährlich mit 45 Millionen Euro belastet wird. Aber dazu, woher das Geld kommen soll, schweigt sich
das Volksbegehren aus. Während also beim Volksbegehren in Zeiten Corona-bedingter Steuerausfälle erst noch nach einer Finanzierung gesucht werden muss, ist unser Konzept schon fertig - wie bei Villarriba und Villabajo.
Dritter Unterschied: Wir nehmen Naturschützer und Landwirte mit. Unser Weg versöhnt, anstatt zu spalten, und kann daher auf eine wesentlich größere Akzeptanz bauen.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die Umsetzungschancen im Interesse der Natur deutlich verbessern. Das Volksbegehren dagegen wedelt mit der ordnungsrechtlichen Peitsche. Das kann am Ende nur scheitern.