Protokoll der Sitzung vom 07.10.2020

Wir wollen auch das Thema Denkmalschutz gemeinsam diskutieren. Wir haben hier noch kein ideales Lösungsbild vor Augen, obwohl wir uns in den letzten Monaten sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Ich glaube, wir müssen uns dazu aber Gedanken machen; denn Denkmalschutz ist für die Entwicklung einer Stadt manchmal Fluch und Segen zugleich, kann entscheidend für eine mögliche Entwicklungsperspektive sein und wird unterschiedlich gehandhabt.

In Lüneburg beispielsweise ist der Denkmalschutz sehr auf die Fassade bezogen, damit der erste Eindruck das alte Denkmal erhält. In der Stadt Celle beinhaltet der Denkmalschutz das komplette Gebäude, bis zum letzten Balken innen und auch den Hinterhof - was nicht unbedingt besser ist, weil dadurch keinerlei Modernisierung, Erneuerung und Nutzung stattfinden und deshalb hinten sozusagen alles zerfällt.

Weil gerade die Entscheidung, wie man beim Denkmalschutz vorangeht, bedeutend für die Entwicklung einer Stadt ist, kann man durchaus überlegen, ob man hier die Kompetenzen anders verteilen sollte. Bisher entscheidet letztlich ein Denkmalpfleger in der kommunalen Verwaltung allein darüber, wie mit solchen grundsätzlichen Fragen umgegangen wird. Aber warum soll das z. B. nicht die kommunale Körperschaft vor Ort tun, um auch den demokratischen Prozess dabei breiter aufzustellen und die Abwägung transparent und öffentlich zu machen? Denn manchmal weiß man gar nicht, warum Entscheidungen so oder anders fallen - und dann auch noch abhängig davon, in welcher Stadt man sich befindet.

Auch die Themen Verkehr und Erreichbarkeit sind wichtig. Da werden wir in der Diskussion natürlich ein paar Reibungspunkte mit den Grünen haben. Wir haben hier vielleicht ein bisschen provokant formuliert: keine City-Maut, den Verkehr nicht aussperren. - Ich bin zwar der festen Überzeugung, dass Verkehr nicht ausgesperrt werden darf und

dass eine City-Maut gerade in der jetzigen Situation der Städte falsch ist, aber das heißt ja nicht, dass es im Innenstadtbereich keine komplett autofreien Bereiche gibt - diese muss es auch geben. Das muss miteinander kombiniert werden. Der Lieferverkehr muss möglich sein. Der Kundenverkehr muss auch möglich sein - übrigens nicht nur mit dem Auto, auch mit dem Fahrrad etc.

(Glocke der Präsidentin)

Es wäre meines Erachtens ganz sinnvoll, wenn man hier einmal nicht nur die Kampfbegriffe nach vorne stellt, sondern gemeinsam überlegt, was eine vernünftige Lösung im Sinne aller Beteiligten sein kann.

Ich würde mir wünschen - das ist der letzte Satz, Frau Präsidentin -, dass wir fraktionsübergreifend zu einer Initiative für unsere Innenstädte kommen und dann die Dinge, die auf den Weg gebracht werden - beispielsweise das Quartiersgesetz -, auch mit einer haushaltsmäßigen Unterstützung versehen. IHKen und andere haben verstanden, dass es nicht nur darum geht, woanders Geld einzusammeln, sondern die Initiativen auch mit Startmitteln auszustatten, damit dort etwas passieren kann. Dazu habe ich im Haushalt bisher aber noch nichts gefunden.

Jetzt wirklich letzter Satz!

Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir hier auch weiter vorankommen.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die Beratungen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank Ihnen. - Von der SPD-Fraktion liegt eine Wortmeldung des Abgeordneten Stefan Klein vor. Bitte, Herr Klein!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, vielen Dank für das Aufgreifen oder besser gesagt: Wiederaufgreifen dieses Themas, das mich und viele Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, sicher aber auch anderer Fraktionen schon seit

Jahren umtreibt, nämlich die Entwicklung unserer Innenstädte.

Sie haben die Situation der Innenstädte aus meiner Sicht durchaus treffend beschrieben, Herr Bode. Neben der Konkurrenz auf der sogenannten grünen Wiese - die meines Erachtens immer ein wenig die stadtplanerischen Defizite der Vergangenheit deutlich macht -, dem Onlinehandel und ECommerce kommen die Auswirkungen der

Corona-Pandemie hinzu. Das alles belastet die Akteure sehr und bringt unsere zentralen Orte, aber auch viele Händlerinnen und Händler an Grenzen.

Uns eint zunächst die Zielsetzung: Wir brauchen lebendige und prosperierende Innenstädte als Handelsplatz, Orte des Wohnens und Arbeitens, für Kultur und Freizeit. Wo, wenn nicht dort in den Innenstädten, können so viele Funktionen gleichzeitig wahrgenommen werden?

Deshalb haben CDU und SPD im Koalitionsvertrag auch verankert, dass Förderprogramme oder gegebenenfalls Modellvorhaben für unsere Innenstädte auf den Weg gebracht werden sollen. Genau deshalb wird dieses Thema von mehreren Ministerien dieser Regierung gleichzeitig, aber mit Blick auf unterschiedliche Facetten bearbeitet, um Innenstädte zu stärken - und das ist gut und richtig so, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings, liebe Antragsteller, müssen trotz aller Initiativen dieser Landesregierung die Verantwortlichen erst einmal klar benannt werden. Sie haben das in Ansätzen auch bereits getan. In erster Linie sind es drei Gruppen, die zu einer lebendigen Innenstadt und damit auch zum Erhalt ihrer gesellschaftlichen Bedeutung beitragen können.

Erstens sind das natürlich die Kommunen, die primär für die Innenstädte zuständig sind und im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung diverse Maßnahmen gerade auch stadtplanerisch anschieben können.

Beitragen können - zweitens - aber natürlich auch die Händlerinnen und Händler. Viele richten sich schon länger an den Kunden aus, stärken ihre Profile, digitalisieren sich, beteiligen sich in ihren Interessengemeinschaften und legen dabei auch großen Wert auf gute Arbeit, was sich letztlich auch positiv auf die Kunden und das Geschäft auswirkt. Das tun aber nicht alle. Auch bei diesen Akteuren ist noch eine ganze Menge Luft nach oben; das ist zumindest meine Erfahrung vor Ort.

Letztendlich bedarf es aber auch - drittens - der Gruppe der Kundinnen und Kunden. Es ist ja gerade im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten, dass Innenstädte lebensfähig sind und bleiben. Dabei muss es auch darum gehen, Menschen zu bewegen, in ihre Innenstädte zu kommen und dort einkaufen. Ich erlebe das immer bei Nahversorgern: Am meisten regen sich die auf, die nie da gewesen sind. - Aber wenn sie weg sind, ist es eben schon ein Problem. Das beste Rezept ist es, dorthin zu gehen und für ihren Erhalt zu sorgen.

Nun noch zu einigen konkreten Punkten aus Ihrem Antrag - Sie haben ja relativ viele Punkte aufgeführt -: Sie möchten QiN und „Ab in die Mitte“ reaktivieren, zum Teil modifiziert. Wir haben grundsätzlich Sympathien für solche Förderprogramme - sie stehen ja, wie gesagt, auch im Koalitionsvertrag. Letztlich sind es aber nur Anstöße. Was sind die nachhaltigen Effekte? Sie haben es eben schon angedeutet. Salzgitter war z. B. auch Förderempfängerin des Programms „Ab in die Mitte“. Der Effekt war relativ schnell verpufft. Es geht also um Beispiele, die auf andere Kommunen zu übertragen sind.

Hierfür haben wir Förderprogramme.

Ich verweise auf das Angebot des Ministeriums für Regionale Entwicklung. Frau Ministerin Honé und das Haus unterstützen über das Programm „Zukunftsräume Niedersachsen“ in Klein- und Mittelstädten in ländlichen Räumen mit über 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern genau solche Projekte. Auf der Homepage des MB finden Sie aktuelle Beispiele, etwa aus den Innenstädten der Kommunen Winsen (Luhe), Lüchow oder Nordhorn.

Das Umwelt- und Bauministerium hat beispielsweise das angesprochene Quartiersgesetz eingebracht, um Initiativen in den zentralen Quartieren der Kommunen zu unterstützen. Eine Anschubfinanzierung ist im Haushalt eingestellt - und das ist auch gut so.

Das Wirtschaftsministerium veranstaltet seit 2017 den Wettbewerb „Gemeinsam aktiv - Handel(n) vor Ort“, bei dem gute Beispiele prämiert werden.

Es gibt also eine ganze Menge.

Sie sprechen bei „Ab in die Mitte“ auch von „4.0“ - es gibt diverse Fördermöglichkeiten für die Digitalisierung, die gerade gestern erst von der IHKN im Fokus Niedersachsen ausdrücklich gelobt wurden. Wahrscheinlich haben Sie es gelesen.

(Dr. Christos Pantazis [SPD]: Genau!)

Sie haben in Ihrem neuen Antrag die beiden ersten Punkte Ihres ursprünglichen Antrags von 2017 herausgenommen, die die Breitband- und WLANVersorgung betrafen. Sie selbst scheinen also sehr zufrieden mit der Arbeit der Landesregierung auf diesem Feld zu sein - zu Recht.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Mareike Wulf [CDU])

Sie sehen, dass es in verschiedenen Ressorts unterschiedliche Projekte zur Stärkung von Innenstädten gibt. Das macht eines deutlich: Wir kümmern uns um unsere Innenstädte - und das ist richtig so.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Mareike Wulf [CDU])

Lassen Sie uns im Anschluss in den Ausschüssen - wir kündigen an, dass der federführende Ausschuss auch den Umweltausschuss beteiligen wird - diskutieren, ob wir noch weitere oder veränderte Förderoptionen benötigen. Digitallotsen z. B. halten wir grundsätzlich für einen guten Ansatz.

Leider ist Ihr Antrag an vielen Stellen außerordentlich abstrakt. Sie haben zwar eben schon etwas erläutert, aber beim ersten Lesen war nicht klar zu erkennen, was Sie damit meinen, bestimmte Landesnormen „konsequent anzuwenden und bei Bedarf anzupassen“. Das kann ich nicht wirklich definieren. Die Formulierung „zusammen mit den Kommunen Hindernisse und Auflagen … auf ein Minimum zu reduzieren“ ist für mich auch nicht so richtig greifbar, aber Sie werden es im Ausschuss sicherlich aufklären, damit wir sachlich und konstruktiv diskutieren können.

Beim Ziel sind wir uns im Grunde einig. Ob wir uns bei den Maßnahmen einig werden, wird die Diskussion zeigen. In jedem Fall enthält der Antrag einige gute Ansätze, über die wir sprechen können.

In diesem Sinne: Glückauf!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Mareike Wulf [CDU])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Klein. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält nun der Abgeordnete Detlev Schulz-Hendel das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Bode, Sie haben schon angesprochen, dass es bei diesem Antrag an der einen oder anderen Stelle Differenzen gibt. Wir werden sehen, wie sich das weiterentwickelt.

„Gesellschaftliche Bedeutung der Innenstädte

stärken“ ist ein wahrhaft starker Titel für einen Antrag, der - das räumen Sie selbst ein - mit Blick auf viele Detailfragen oder Forderungspunkte vielleicht noch etwas schwach, wenig zweckmäßig und schon gar nicht in jedem Punkt zukunftsgerichtet wirkt.

So setzen Sie weiter auf das Auto in der Innenstadt. Die Debatte über mehr Autofreiheit und wegfallende Parkplätze im Innenstadtbereich wird somit auch von Ihnen, Herr Kollege Bode, einmal mehr defizitorientiert geführt, zumindest zum Teil. Auch Sie reden am Ende des Tages nur darüber, dass etwas Schreckliches passiert, wenn Parkplätze wegfallen, anstatt mit uns gemeinsam darüber zu reden, welchen Zugewinn dies für den Erlebnisraum Innenstadt und damit auch für den Handel in den Innenstädten bedeutet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In niedersächsischen Städten wie Hannover, Göttingen oder Osnabrück, aber auch Lüneburg oder Goslar finden immer weniger reine Versorgungseinkäufe statt. Vielmehr geht es zunehmend um das Erlebniseinkaufen. Auf der anderen Seite schreiben Sie in Ihrem Antrag ganz richtig, dass Projekte und Bühnen beispielsweise für kulturelle Angebote im städtischen Raum geschaffen werden müssen.

Sie sagen auch - auch das ist richtig -, dass man für die Stabilisierung des Einzelhandels vor Ort einen Mix aus Handel, Gastronomie, Freizeit, Dienstleistung, aber auch Kultur benötigt. Aber dafür bedarf es eben weniger Flächen für das Auto in den Innenstädten - und das ist kein ideologischer Kampf. Am Ende ist das auch gar nicht schlimm. Denn aktuelle Forschungsergebnisse - ich hatte das hier im Rahmen der Debatte über Sonntagsöffnungen schon einmal gesagt - belegen sehr deutlich: ÖPNV-Nutzerinnen und -Nutzer, Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer und Fußgängerinnen und Fußgänger gehen deutlich öfter einkaufen und machen auf eine Woche berechnet mehr Umsatz als Autofahrerinnen und Autofahrer.

Wir brauchen also deutlich mehr Platz für das Rad und den Fußverkehr. Darüber hinaus ist es uner

lässlich, dass der Handel vor Ort endlich wirkungsvolle Unterstützung - da bin ich wieder bei Ihnen - bei der Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen und Logistikkonzepten erhält. Denn vorrangige Aufgabe muss es sein, den Handel vor Ort krisenfester zu gestalten - gerade auch vor dem Hintergrund eines immer stärkeren Onlinehandels.