Protokoll der Sitzung vom 08.12.2020

(Beifall bei der FDP)

Die klare Haltung der FDP-Fraktion lautet: Wir brauchen Europa, auch in Niedersachsen. Wir brauchen die Kommunikation und die Abstimmung zum und mit dem Bund. Wir brauchen Kompetenz im Bereich Regionalentwicklung. Wir brauchen dafür aber kein eigenes Ministerium, keinen separaten Ministerposten und keine Landesbeauftragten für regionale Landesentwicklung.

(Beifall bei der FDP)

Und wie hieß es vorhin einmal? Das sind dann Fördermittel aus einem Guss.

Im Sommer wurde über den Nachtragshaushalt debattiert. Seit Beginn von Corona streitet man über Gelder und Hilfen für Betroffene. Es werden Schulden in hohem Maße aufgenommen, die übrigens irgendwie wieder ausgeglichen werden müssen. Sparen Sie sich das Ministergehalt und die zusätzlich geschaffenen Stellen! Geben Sie die Aufgabenbereiche an die Staatskanzlei zurück! Und nutzen Sie alles, was dann noch übrig bleibt, um der immer lauter werdenden Kritik von allen

Seiten gerecht zu werden und die Gelder nachhaltiger einzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Mit diesem Appell beende ich meinen Wortbeitrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brüninghoff. - Jetzt folgt der Wortbeitrag der Ministerin Frau Birgit Honé. Bitte, Frau Ministerin!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden: Ein schwieriges Jahr geht zu Ende. Oder um eine prominente britische Bürgerin zu zitieren: Ein Annus horribilis geht zu Ende. - Das passt ja vielleicht auch zu dem Thema Brexit.

Es gab viele große Herausforderungen, die die Europäische Union besonders gefordert haben: die Corona-Krise, der Brexit, die schwierigen Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen, die Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit.

Deutschland hat den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft in einer Zeit übernommen, die zweifelsohne eine Ausnahmesituation darstellt, und musste ihre ursprüngliche Agenda den aktuellen Gegebenheiten anpassen. Herr Brüninghoff, ich würde es einfach nur fair finden, auch anzuerkennen, dass das eine Ratspräsidentschaft unter ganz besonderen Vorzeichen war.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Die Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie bestimmt die Tagesordnung der Europäischen Union und damit auch den Verlauf der deutschen Ratspräsidentschaft. Gleichwohl hat die Ratspräsidentschaft weitere wichtige Zukunftsthemen aufgegriffen und angestoßen. Hierzu gehören der Klimaschutz, die Digitalisierung und Innovationen, die dringend notwendige Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems, die Stärkung der sozialen Dimension der Europäischen Union und auch das Thema der Rechtsstaatlichkeits-Konditionalität,

das uns hier im Oktober-Plenum beschäftigt hat.

Das Motto der deutschen EU-Ratspräsidentschaft „Gemeinsam. Europa wieder stark machen.“ hatte in den vergangenen Monaten wirklich eine beson

dere Bedeutung. Ich fürchte, sie wird sie auch in den nächsten Monaten haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Folgen der Pandemie wirken sich natürlich auch auf die Arbeit in meinem Haus aus. Die Arbeit unserer beiden Landesvertretungen in Berlin und Brüssel und des Europäischen Informations-Zentrums war und ist besonders betroffen. Für die Bediensteten in Brüssel und Berlin waren die letzten Monate aufgrund der hohen Inzidenzwerte besonders belastend.

Dialog und persönliche Begegnungen prägen die Arbeit unserer Landesvertretungen und des EIZ. Durch die Pandemie konnten die bisher bewährten Abläufe und Strukturen nicht mehr aufrechterhalten werden.

(Stefan Wenzel [GRÜNE] und Miriam Staudte [GRÜNE] sprechen miteinan- der)

Herr Kollege Wenzel! - Warten Sie bitte kurz, Frau Ministerin! - Vielleicht habe ich zu gute Ohren, aber uns hier oben stört es. - Bitte, Frau Ministerin!

Hier galt es, zu improvisieren und kurzfristig neue und kreative Alternativen zu entwickeln. Ich möchte an dieser Stelle - das ist vielleicht ungewöhnlich - mal die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen loben. Ich möchte es deutlich sagen: Die haben wirklich eine Menge geleistet, unter ausgesprochen schwierigen Bedingungen. Wir haben jetzt digitale Veranstaltungsformate entwickelt, die ausgesprochen gut angenommen werden. Wir hatten in der letzten Woche z. B. in Brüssel eine digitale Veranstaltung zur KI. Dort haben wir über 260 Teilnehmer gehabt. Das ist wirklich eine außerordentlich gute Quote. Die Umstellung ist also gut gelungen.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiteres zentrales Arbeitsfeld der deutschen Ratspräsidentschaft - und auch für unser Land - war und ist der Brexit. Leider trägt die britische Regierung wenig dazu bei, dass es nach dem Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union zu einer tragfähigen Lösung kommt. Wir wollen mal gucken - es ist schon gesagt worden -: Jetzt kommt Herr Johnson nach Brüssel.

Vielleicht kommt es ja doch noch zu einer Lösung. Ich sage mal: Die Skepsis überwiegt dann doch.

Aber, bei allen Schwierigkeiten: Eine enge und ambitionierte, auf die Zukunft ausgerichtete Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich ist weiterhin unser Ziel; denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch für Niedersachsen hängt viel davon ab, dass es zu einer partnerschaftlichen Vereinbarung kommt: für unsere Wissenschaft, für unsere Wirtschaft, für unsere Fischer und vor allen Dingen für unsere jungen Menschen, für unsere Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten.

Aber: Der Schutz des Binnenmarktes muss für die EU und auch für uns oberste Priorität haben. Einen unfairen Wettbewerb, aber auch das Untergraben der hohen EU-Standards in den Bereichen Umwelt, Verbraucherschutz sowie Arbeit und Soziales werden wir nicht akzeptieren. Hier geht es auch um ein faires Miteinander in den künftigen Beziehungen.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung hat unter Federführung meines Hauses alles unternommen, um unser Land so gut wie möglich auf den Brexit vorzubereiten. Ich kann Ihnen versichern: Wir sind für alle Szenarien gut vorbereitet.

Der Europäische Rat hat sich Mitte Juli auf den kommenden Mehrjährigen Finanzrahmen sowie auf die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität „Next Generation EU“ geeinigt. Die Europäische Union nimmt enorme Summen in die Hand, um das Solidaritätsversprechen der Staaten in Europa mit Leben zu erfüllen. Erstmalig ist die Auszahlung von EU-Mitteln an die Einhaltung rechtsstaatlicher Kriterien gekoppelt. Auch darauf wurde bereits hingewiesen.

(Unruhe - Dr. Stefan Birkner [FDP] und Christian Grascha [FDP] begeben sich auf ihre Plätze)

Warten Sie kurz, Frau Ministerin, bis auch die FDP-Fraktion wieder Platz genommen hat! Sie möchte sich ja zu ihrem Antrag bestimmt noch äußern.

Das habe ich ja schon teilweise.

Das haben Sie schon. Aber jetzt sind die Herren ja alle wieder am Start.

Stichwort: „Rechtsstaatlichkeit“: Polen und Ungarn haben zwar ihr Veto gegen den im Trilog gefundenen Kompromiss eingelegt. Ich setze aber darauf, dass beide Regierungen schließlich einlenken werden.

(Unruhe)

Meine Herren von der FDP-Fraktion, ich war vorhin doch sehr deutlich. Kaum sitzen Sie auf Ihren Plätzen, geht das Reden wieder los. Wir können jetzt einfach warten. Zippeln Sie untereinander aus, wer angefangen hat. Zeigen Sie weiter mit dem Finger aufeinander. Aber seien Sie einfach ruhig, und lassen Sie die Ministerin ausführen!

(Heiterkeit)

So, jetzt warten wir noch etwas.

(Zurufe von der FDP - Dr. Stefan Birkner [FDP] und Christian Grascha [FDP] schütteln den Kopf)

- Tja, da können Sie auch den Kopf schütteln. Wir nehmen das hier oben schon sehr wohl wahr. Und das bin ich nicht nur alleine.

Bitte, Frau Ministerin!

Ich hatte gesagt: Polen und Ungarn haben zwar ihr Veto gegen den im Trilog gefundenen Kompromiss eingelegt. Ich setze aber darauf, dass beide Regierungen letztendlich noch einlenken. Wenn sie das nicht tun, dann müssen sie - und Sie wissen, es gibt dazu schon auf unterschiedlichen Ebenen Debatten - schlimmstenfalls damit rechnen, von den Mitteln aus dem Wiederaufbauprogramm ausgeschlossen zu werden.

Ich bin überzeugt: Mit diesem Mehrjährigen Finanzrahmen und dem Wiederaufbauprogramm können wir der massiven pandemiebedingten Wirtschaftskrise wirksam begegnen.

Für Niedersachsen bedeutet die Einigung zum MFR, dass es nicht zum befürchteten Mittelrückgang kommen wird. Die innerdeutschen Verhand

lungen laufen zwar noch, aber wir wissen bereits jetzt, wie viel in Niedersachsen ankommen wird. Frau Pieper hat auf die Summen hingewiesen: Im Bereich der Kohäsionspolitik erhält Niedersachsen über 1 Milliarde Euro.

Das ist ein erfreuliches Gesamtergebnis, das sogar einen Anstieg um über 8 % für Niedersachsen bedeutet. Der ELER - auch das ist gesagt worden - steigt sogar noch stärker an: auf mindestens 1,4 Milliarden Euro, also 300 Millionen Euro mehr als bisher. Für unsere ländlichen Räume ist dies eine sehr gute Nachricht; denn dieser Mittelaufwuchs wird auch genutzt werden müssen, um die Pandemiefolgen zu bekämpfen und die damit verbundene Stärkung der Resilienz aktiv voranzubringen. Die Programme für die ländliche Entwicklung werden dazu einen wichtigen Beitrag leisten und müssen - dies sage ich ausdrücklich - gestärkt werden.

Aus dem Programm „Next Generation EU“ werden Mittel zur Überbrückung zwischen den Förderperioden und zur Krisenbewältigung zur Verfügung stehen. Hier wird Niedersachsen ebenfalls mit einem Betrag von rund 205 Millionen Euro dabei sein.

Wir werden also in der kommenden EU-Förderperiode unter dem Strich mehr Mittel als in der laufenden Förderperiode haben. Dafür haben wir uns auf allen Ebenen in vielen Verhandlungen mit aller Kraft eingesetzt. Ich denke, das Ergebnis kann sich sehen lassen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)