Protokoll der Sitzung vom 08.12.2020

Aber wenn man sich heute den Haushalt anschaut, bekommt man das Gefühl, dass die Landesregierung dieses Ministerium nun selbst wieder abschaffen will. Denn Sie wollen 250 000 Euro einsparen, und zwar beim Europäischen InformationsZentrum (EIZ), und dort auch noch bei dessen Topf für Öffentlichkeitsarbeit, bei dem wir bereits im letzten Jahr 50 000 Euro gespart haben. Das kann man doch nicht mit der Europawahl erklären; denn die war 2019, und wir reden hier über den Haushalt 2021. Deshalb müssen wir unseres Erachtens mehr über Europa informieren und nicht weniger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch einmal: Das ist ein falsches Signal. Erst kürzlich wurden wir im Ausschuss über die Bedeutung des EIZ unterrichtet. Wir alle kennen seine wichtige Arbeit und hoffen, dass gerade in den Schulen positiv über Europa informiert wird.

Wir hoffen auch, dass es vielleicht nächstes Jahr möglich sein wird, den Europatag in den Schulen durchzuführen. Vielleicht wird das noch nicht im Mai möglich sein. Aber dann sollte man ihn später nachholen. Ich habe ihn jedenfalls immer sehr genossen, weil man auch von den Schülerinnen und Schülern sehr viel Feedback bekommt, wie wichtig ein einiges Europa eigentlich ist.

Wir wissen auch, dass wir für die großen Herausforderungen, die wir in Europa haben, gegen die nationalistischen Bestrebungen und gegen den Populismus Europa vorgehen müssen. Deshalb ist es fatal, dass man ausgerechnet hier spart. Man merkt: Die Einsparvorgaben werden gemacht, und dann spart man an der Öffentlichkeitsarbeit für Europa.

Meine Damen und Herren, wenn es um Regionalentwicklung geht, begrüßen wir die Aufstockung des Programms „Zukunftsräume“. Das ist ein sehr gutes Projekt. Die FDP will diese zusätzlichen 4 Millionen Euro drauf ja ersatzlos streichen.

Aber ich frage mich immer schon: Wo ist eigentlich das Konzept der Landesregierung aus einem Guss für die Regionalentwicklung der Landesregierung?

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Das Südniedersachsenprogramm, das wir unter Rot-Grün erfolgreich umgesetzt haben, wird jetzt quasi - - - Es gibt zwar neue Konzepte. Aber es gibt keinen Plan. Das ML hält sich nicht daran, das

MW hält sich nicht daran. Die Regionalpolitik ist nicht aus einem Guss.

Dabei müsste man doch gerade in der CoronaKrise sagen: Wenn wir jetzt - zu Recht - viel Geld in die Regionen investieren - und wir wollen ja in die Zukunft investieren; es wird eine neue Normalität sein -, also in Klimaschutz, in Naturschutz und in Innovationen in den Betrieben, dann müssen wir doch auch regionale Strategien haben und in Lüneburg anders fördern als vielleicht in Cloppenburg oder in Vechta und in Südniedersachsen wieder anders.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber da hat jedes Ministerium seine Eigenheiten und verteilt weiter nach Parteipolitik. Die rot-grüne Regionalentwicklung hatte alle Regionen noch gleichbehandelt, aber jetzt ist es weiterhin so, dass das Agrarministerium die Mittel für Dorfentwicklung den Regionen Braunschweig oder Südniedersachsen - - -

(Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])

- Frau Heiligenstadt, es gab damals große Worte: Der Ministerpräsident wollte sich dafür einsetzen. Herr Oesterhelweg hat gesagt, er wolle sich für eine Gleichbehandlung einsetzen. Aber es ist immer noch so, dass z. B. das Amt für regionale Landesentwicklung Braunschweig 30 % weniger Fördermittel bekommt als die Region Weser-Ems.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Da- bei haben sie es doch so nötig! Das ist unfassbar!)

Das hat das ARL mit einem Erlass gemacht, der bis heute nicht aufgehoben worden ist. Es wurde immer nur angekündigt: Wir wollen einmal schauen, wie die Mittel denn abgeflossen sind. - Daher ist es weiterhin so, dass Braunschweig und LeineWeser deutlich weniger EU-Fördermittel bekommen als z. B. Weser-Ems, und das ermöglicht nun einmal keine gezielte Regionalentwicklung.

Wir verabschieden morgen ein Klimaschutzgesetz und haben beim letzten Plenum das Naturschutzgesetz verabschiedet. Was heißt das eigentlich für die vielen EU-Fördertöpfe? Was heißt das für den EFRE? Was heißt das für den Wirtschaftsförderfonds? Was macht eigentlich das Wirtschaftsministerium in der nächsten EU-Förderperiode? Das sind unsere Gestaltungsmittel. Müssen wir, wenn wir klimaneutral werden wollen - 2050 wie die Re

gierung oder 2035 wie wir -, jetzt nicht endlich auch eine Förderpolitik aus einem Guss haben?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Mittel werden nicht mehr. Wir müssen doch mehr in den Klimaschutz stecken.

Oder nehmen wir den riesigen Agrartopf von 1 Milliarde Euro. Man wird nicht darum herumkommen, die zweite Säule, also die Mittel für den ländlichen Raum, aufzustocken. Wir haben im Zusammenhang mit dem Naturschutz darüber geredet, den Flächenverbrauch auf null zu reduzieren. Insofern müssen wir über Flurbereinigung sprechen: Wie schaffen wir Anreize zur Entsiegelung? Wir müssen im Klimaschutz über die Moorentwicklung - das ist ein ganz wichtiges Thema - und über Wälder reden. Da müssen wir Geld in die Hand nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unter Rot-Grün haben wir die Mittel für Naturschutz und Klimaschutz bzw. den Prozentanteil in dieser Säule schon verdoppelt. Da müssen wir weiter nach vorne gehen.

Aber das heißt eben auch: Dafür muss etwas anderes wegfallen. Dann kann man nicht mehr so viel Wegebau machen. Dann kann man nicht große Ställe fördern. Dann muss man sich auch von althergebrachten Fördermaßnahmen verabschieden. Denn es wird nicht einfach mehr Geld geben. In Bezug auf den Naturschutz sagt im Übrigen auch die EU: Förderbedingung ist der Green New Deal. - Wir haben eine EU-Biodiversitätsstrategie. Da kann man nicht sagen, dass der Agrartopf ausgeschlossen wird.

Zurzeit wird im Trilog über die GAP diskutiert. Aus Niedersachsen erkenne ich aber keine einheitliche Linie. Die Regionalministerin Birgit Honé spricht sich für eine starke zweite Säule aus, und die Agrarministerin verteidigt die erste Säule. Wir werden uns aber entscheiden müssen, wie viel wir umschichten. Wir brauchen dieses Geld, um die Herausforderungen bei Klimaschutz und Naturschutz zu bewältigen. Sonst bleiben die Gesetze, die wir hier im Landtag verabschieden, hohl.

Deshalb verlangen wir: Es darf nicht eine ministeriale Eigenstaatlichkeit geben. Vielmehr brauchen wir eine Europapolitik und eine Förderpolitik aus einem Guss -

(Beifall bei den GRÜNEN)

auch schon allein wegen der Bürokratie, die damit verbunden ist. Man kann sich mit Anträgen zu bestimmten Innovationen an vier verschiedene Häuser wenden und von verschiedenen Fördertöpfen etc. profitieren.

Daher ist ein kleiner Änderungsantrag, den wir gestellt haben, wieder einmal sehr sinnvoll: Wir wollen Geld für eine digitale Antragsplattform einsetzen. Dort kann ich mich beraten lassen, wenn ich eine Idee habe. Denn wenn ich an die falsche Stelle - sogar in einem Ministerium - gerate, wird mir gesagt: Nein, dafür gibt es keine Förderung. Dass ein anderes Ministerium die Förderung gewährt, ist häufig unbekannt. Dass das Agrarministerium auch Tourismus fördert, dass dort auch Kultur aus dem ELER gefördert wird und dass das Regionalministerium jetzt aus dem Programm „Zukunftsräume“ Arztpraxen entwickelt, nicht nur das Sozial- und Gesundheitsministerium, wissen viele nicht. Dass Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten im ländlichen Raum Förderungen aus dem Agrarministerium bekommen können und nicht von Herrn Althusmann, wissen viele nicht.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ja, das stimmt!)

Ich sehe die entsetzten Gesichter. Wir brauchen also eine Förderpolitik aus einem Guss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen die EU-Strategie gemeinsam angehen. Jetzt beginnt die neue Förderperiode. Da muss die Landesregierung die Hausaufgaben machen. Dafür braucht man eigentlich ein starkes Europa- und Regionalministerium. Wenn man das hat, dann muss es diese Ziele Klimaschutz, Naturschutz und soziale Gerechtigkeit in einer Linie verfolgen, und dann müssen wir mit diesen Ressortegoismen - keiner will was abgeben - und mit unterschiedlichen Ämterstrukturen wie den Ämtern für regionale Landesentwicklung aufhören: Die NBank fördert wieder was, das Hochschulministerium fördert was, das Kulturministerium fördert was, und das Sozialministerium fördert was.

Es wäre eine wichtige Aufgabe, dass wir - und darum geht es beim Haushalt - Fördermittel sinnvoll einsetzen. Dann kommen wir mit Europa auch richtig nach vorne, und Niedersachsen wäre wirklich ein Vorbild, weil wir unsere Ziele auch im Agrarbereich und auch beim Wirtschaftsförderfonds endlich gezielt umsetzen. Das gilt auch für die EU-Ziele. Die EU will ja klimaneutral werden.

Sie ist ehrgeiziger, wenn ich die Pläne von Frau von der Leyen sehe.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer. - Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Immacolata Glosemeyer zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Kollegin!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Meyer, das, was Sie hier vorgetragen haben, war für mich ein klares Bekenntnis zu diesem Ministerium. Vielen Dank! Denn Sie haben noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass die Fördermittel an die richtigen Stellen kommen. Ich werde in meiner Rede darauf eingehen und Ihnen berichten, dass das auch genau so erfolgt.

Heute beraten wir den Einzelplan 16 des Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung. Der Haushalt des Ministeriums sieht für 2021 ein Volumen von rund 43 Millionen Euro vor. Das ist nicht der größte Haushalt. Der größte Haushalt ist, wie wir vorhin gehört haben, der Sozialhaushalt. Aber auch mit 43 Millionen Euro können wir eine ganze Menge wuppen.

Sehr geehrte Frau Ministerin Honé, ich möchte Ihnen und dem gesamten Ministerium für Ihre geleistete Arbeit danken. Sie haben viele wegweisende Projekte auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der SPD)

Einige möchte ich besonders erwähnen: das Förderprogramm „Zukunftsräume“ für zentrale Orte in ländlichen Regionen, die Zukunftsregionen, die eine bedarfsorientierte Förderung und Unterstützung erhalten, und das Modellprojekt der Regionalen Versorgungszentren, die Dienstleistungen zur Daseinsvorsorge an gut erreichbaren Orten bündeln sollen.

Darüber hinaus hat sich Frau Ministerin Honé im Europäischen Ausschuss der Regionen in Brüssel als Berichterstatterin erfolgreich für die EU-Wasserstoffstrategie eingesetzt. Sie hat früh erkannt, dass Europa nur dann bis 2050 klimaneutral werden kann, wenn die grüne Wasserstoffwirtschaft aktiv gefördert wird. Davon profitiert auch Niedersachsen; denn durch Innovationen und Wertschöpfung entstehen Arbeitsplätze.

Allein in Niedersachsen gibt es mehr als 20 Wasserstoffprojekte. Ein Vorzeigeobjekt befindet sich am Standort Salzgitter. Ich hoffe, Herr Meyer, Sie werden jetzt sagen: „Das ist auch gut so“; denn Salzgitter gehört zur Region Braunschweig, und Sie haben ja gerade kritisiert, dass zu wenig Geld dorthin fließt. Mit dem Wasserstoff-Campus ist dort ein wegweisendes Projekt entstanden. Es ist ein Ankerpunkt der Wasserstoffwirtschaft in der Region Braunschweig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Jahr haben wir das fünfjährige Jubiläum des erfolgreichen Südniedersachsenprogramms gefeiert. Insgesamt wurden mit dem Südniedersachsenprogramm in sechs Handlungsfeldern bislang 39 Leuchtturm- und landkreisübergreifende Kooperationsprojekte bewilligt und umgesetzt. Über

107 Millionen Euro an zusätzlichen Fördergeldern sind inklusive der Kofinanzierung bisher in die Region geflossen. Mit der neuen Regionalstrategie 2020 bis 2025 wird das Konzept weiterentwickelt.

Allein an diesen zwei Beispielen sehen wir, wie wichtig es ist, alle Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie die kommunalen Spitzen zusammenzubringen, um mit ihnen eine gemeinsame Entwicklungsstrategie zu erarbeiten. Denn nur so können wir langfristig erfolgreich sein. Diese wichtige Aufgabe übernimmt das Europaministerium mit den Landesbeauftragten. Sie sind die Schnittstelle zu den Fördermöglichkeiten der Europäischen Union und kennen die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vor Ort.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir blicken auf ein ereignisreiches Jahr 2020 zurück, in dem die COVID-19-Pandemie alles auf den Kopf gestellt hat. Hier bei uns in Niedersachsen stehen besonders die kleinen und mittleren Zentren in unseren Kommunen vor großen Herausforderungen. Ladengeschäfte, die mit dem Onlinehandel nicht konkurrieren können, müssen oft schließen. Das ist ein Trend, der spürbare Auswirkungen auf Stadt- und Dorfzentren und auch auf Begegnungsorte für Jung und Alt hat. Sie gehen verloren.

Kulturelle Angebote und Mobilität sind ein Standortfaktor, den es zu erhalten gilt. Wir müssen die Strukturen vor Ort stärken. Niedersachsen als Flächenland ist in seinen jeweiligen Regionen vielfältig und divers. Keine Region gleicht der anderen. Um diesen regionalen Unterschieden gerecht zu werden, müssen und werden wir bedarfsge