Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wie denn?)

und zwar pro verkaufter Einheit Anteil an die Landwirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Wir als Politik haben dafür zu sorgen, dass höhere Anforderungen z. B. an das Tierwohl als Dienstleistung jenseits des Marktes angemessen entlohnt werden.

Gerichtet an den Lebensmitteleinzelhandel: Wir nehmen die ersten konstruktiven Ansätze, die wir in den letzten Tagen zu verzeichnen hatten, als durchaus sehr positiv zur Kenntnis, aber Sie als Lebensmitteleinzelhandel konnten jahrelang mehr als hervorragend von der Marge leben.

Ich appelliere an Sie:

(Christian Meyer [GRÜNE]: Nur Ap- pelle?)

Geben Sie den Bauern den gerechten Teil davon ab. Denn auch die Landwirte müssen leben!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Kein einziger Vorschlag! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wir als Politik sollen „bitte, bitte“ sagen, aber für die Landwirtschaft ändert sich nichts!)

Vielen Dank, Herr Dr. Mohrmann.

(Mitarbeiter der Landtagsverwaltung befestigen die gelöste Glasabtren- nung)

- Vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Haustechnik dafür, dass Sie sich sofort des Problems angenommen haben.

Uns liegt nun zu dieser Aktuellen Stunde noch eine Wortmeldung aus der FDP-Fraktion vor. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Hermann Grupe. Bitte schön!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Er will bestimmt nicht „bitte, bitte“ sagen!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ja, es gibt wirklich einen aktuellen Anlass für diese Aktuelle Stunde. Unsere Landwirte haben den Lebensmitteleinzelhandel besucht. Wie man hört, haben einige mit ihren Treckern wohl etwas ungeschickt geparkt,

(Heiterkeit bei der FDP)

weil dort Autos standen, mit denen die Kinder zur Schule gebracht werden mussten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine, diese kleinen Überschreitungen der Grenzen des Legalen waren mehr als berechtigt. Leider wird man in unserer heutigen Gesellschaft erst zur Kenntnis genommen, wenn man sehr deutlich wird.

Dafür gibt es allen Grund. Die Zahlen wurden genannt. Frau Staudte hat sich nach unserem Empfinden noch vorsichtig ausgedrückt, was die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels angeht. Marco Mohrmann hat die Zahlen genannt,

wie die Landwirtsfamilien gestellt sind, was wirklich auf unseren Höfen ankommt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Er hat aber keinen einzigen Vorschlag ge- macht!)

Erschwerend kommt hinzu: Gerade diese Krise gibt dem Lebensmitteleinzelhandel die Chance, ganz besonderen Preisdruck auszuüben. Das ist ganz besonders verwerflich. Das sage ich hier ganz deutlich.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Warum ist das dem Lebensmitteleinzelhandel möglich? Hier sind wir als Politik gefragt, uns selbst an die Nase zu fassen. Diese Marktmacht hat der Lebensmitteleinzelhandel, weil diese Strukturen so geschaffen wurden. Wir alle erinnern uns daran, welche Minister - vielleicht auch noch mit Ministergenehmigung - die Marktmacht solcher Konzerne gestärkt haben.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei den Grünen)

Nun haben wir in manchen Bereichen weltweite Zusammenhänge. Dass es weltweiten Handel und entsprechende Strukturen gibt, ist richtig. Aber wir haben es hier mit verderblichen Gütern zu tun. Wir haben es mit Lebensmitteln zu tun, die nur in einem begrenzten Markt gehandelt werden können. Wenn dort Konzerne gegenüber den vielen Landwirten agieren, dann haben die Landwirte schlicht und ergreifend keine Chance.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir selber sind gefragt!

Wenn einer der Player im Lebensmitteleinzelhandel sagt: „Ihr Bauern bekommt 50 Millionen Euro“, trifft er damit genau den Nerv. Wir alle erinnern uns an die Bauernmilliarde.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Von Frau Klöckner!)

Der Bauernverband ist da aus den Reihen der Landwirte schwer unter Druck gekommen. Ich sage das hier ganz offen. Diese Art und Weise, den Bauern zu sagen: „Kommt, ihr bekommt ein bisschen Geld, jetzt haltet aber auch die Klappe!“, funktioniert nicht mehr. Ich bin stolz auf diesen Berufsstand, dass er so reagiert.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Diese 50 Millionen Euro bedeuten in Niedersachsen 3 Euro pro Hektar. Das nur einmal, damit man weiß, worüber man redet. Das hilft niemandem, aber man wird ausgebootet.

Jetzt, auf einmal, will der Lebensmitteleinzelhandel reagieren. Sie, Frau Ministerin, hatten eingeladen. Das war der eigentliche Anlass. Die Gespräche sind aber ergebnislos geendet, wie ich der Presse entnommen habe. Jetzt haben die Bauern nachgelegt. Jetzt, auf einmal, will der Lebensmitteleinzelhandel doch reden. Jetzt redet man nicht nur von den 50 Millionen Euro, sondern auch darüber, die Preise zu erhöhen. Das macht der Lebensmitteleinzelhandel gleich als Werbeaktion mit dem Hinweis: „Das wird an die Bauern durchgereicht“. Ich bin mal hoch gespannt!

Seien wir mal ehrlich: Das ist jetzt vom Goodwill des Lebensmitteleinzelhandels abhängig. Er

scheint die Macht in diesem Staat zu haben.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ja, richtig!)

„Jawoll, wir machen eine Werbeaktion. Wir geben jetzt direkt 13 % mehr an die Bauern durch. Liebe Menschen, kauft bei uns, weil wir so gut sind!“ - Wer hat denn in diesem Staat das Sagen? Haben wir hier demokratische Strukturen, oder haben wir die Macht schon an diese Konzerne abgegeben? Das kann doch nicht wahr sein!

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Liebe Frau Staudte, Sie haben es noch vorsichtig formuliert. Marco Mohrmann hat gesagt, wir haben hier oligopole Strukturen. - Ja, das sind monolpolartige Strukturen. Die Waffen des Kartellamts sind in dieser Hinsicht stumpf, um es einmal ganz offen zu sagen. Wir müssen dafür sorgen, dass wieder ein Gleichgewicht der Kräfte erreicht wird, damit der Markt überhaupt funktionieren kann!

In diesem Sinne sollten wir die Proteste der Bauern zum Anlass nehmen, uns als Politik sehr ernsthaft mit dieser Thematik zu beschäftigen und Wege aufzuzeigen, damit diese Märkte wieder in Ordnung gebracht werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Grupe. - Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort der Frau Abgeordneten Karin Logemann. Bitte, Frau Logemann!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Bauernproteste und Blockaden vor Handelslagern und Verteilzentren des Lebensmitteleinzelhandels haben für Aufmerksamkeit gesorgt; das ist richtig und wichtig.

Dass sich Landwirte gegen die für sie existenzbedrohende Politik der Handelsketten zur Wehr setzen, ist für mich absolut nachvollziehbar. Das gemeinsame Vorgehen in den letzten Wochen von verschiedenen landwirtschaftlichen Organisationen und Verbänden wie Land schafft Verbindung, dem Bund Deutscher Milchviehhalter, dem Landvolk, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirt

schaft - es wurde bereits darauf hingewiesen - ist ein sehr starkes Signal.

Was fordern die Praktiker? Auch das sollte hier erwähnt werden. - Sie wollen

„die Preissituation … verbessern und das System der Billig-Landwirtschaft … überwinden. In der gesamten Erzeugungs- und Vermarktungskette gelte es, Veränderungen einzuleiten, damit sich Bäuerinnen und Bauern ökonomisch, ökologisch und sozial zukunftsfest aufstellen können.“

Sie fordern u. a. ein Verbot von Billigpreiswerbung für Milch und Fleisch. Unlautere Handelspraktiken - auch das wurde bereits mehrfach gefordert - müssen untersagt werden! „Mit einem qualifizierten Außenschutz und einem Lieferkettengesetz“ könne einem Preisdumping, so eine Pressemitteilung der AbL, begegnet werden.

Dabei fordern sie nicht nur - nein, sie präsentieren auch Lösungen. Sie haben konkrete Vorschläge, wie ihre Forderungen umgesetzt werden können. Über die folgenden Vorschläge wird zu sprechen sein: