Protokoll der Sitzung vom 07.02.2024

ein klassischer Fall, ein typischer Fall für das Handeln als Solidargemeinschaft. Das kennen wir aus anderen Konstellationen. Das ist ausdrücklich richtig, und deswegen haben wir eine sehr klare Erwartungshaltung, dass das vom Bund vorangetrieben wird.

Letztlich möchte ich noch einmal den Bogen zu den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern spannen. Auch an meine Fraktion wurde herangetragen, dass es Unklarheiten und Problemlagen bei der Freistellung gegeben hat. Wir haben daher zu diesem Punkt in den Entschließungsantrag aufgenommen, die Landesregierung zu bitten, zu prüfen, ob hier etwaiger Regulierungs- und Klärungsbedarf bestehen könnte. Die Innenministerin hat erklärt, wenn es Unklarheiten gibt, wenn es Lücken gibt, werden diese geschlossen.

(Volker Bajus [GRÜNE]: So ist das!)

Der Ministerpräsident hat eben gerade genau dasselbe auch noch mal zu Ausdruck gebracht: Gibt es Lücken, dann werden wir diese schließen. - Der Gesetzentwurf der CDU hat diese Idee ebenso. Aber wir sehen, dass es dann doch vielleicht ganz gut ist, sich die Fälle von: „Wo können Lücken entstehen?“, anzugucken und daraus dann eine juristische Ableitung zu ziehen

(Wiard Siebels [SPD]: So ist das! So ist das!)

und nicht den umgekehrten Weg zu gehen; denn wir werden, wenn wir in die Detailberatung dieses Gesetzentwurfes gehen, sehen,

(Zuruf von der CDU: Den haben Sie im Sommer noch nicht fertig!)

dass er eben nicht die Fälle trifft, die rechtlich möglicherweise gerade nicht abgedeckt sind. Meine Damen und Herren, da werden wir dann in den Details deutlich intensiver arbeiten müssen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN - Wiard Siebels [SPD]: So ist es! - Ulrich Watermann [SPD] - zur CDU -: Ihr könnt doch eure Vergangenheit nicht so vergessen haben! - Wiard Sie- bels [SPD]: Sauber gearbeitet! - Se- bastian Lechner [CDU]: Das riecht da- nach, dass wir in dieser Periode keinen Entwurf mehr sehen werden!)

Das Hochwasser über den Jahreswechsel hat gezeigt und zeigt immer noch: Niedersachsen hält zusammen. Der Katastrophenschutz ist gut aufgestellt.

Ich will aber auch noch einmal sehr deutlich den Blick auf die betroffenen Menschen richten, die ihre Häuser verlassen mussten, die Einschränkungen hatten oder die schlichtweg in Angst gelebt haben. Wir alle wünschen ihnen, dass es schnellstmöglich eine Rückkehr zur Normalität gibt - auch aus dieser Debatte hier in diesem Hohen Haus.

Die Debatte zum Nachtragshaushalt ist ein extrem wichtiger Schritt. Aber auch darüber hinaus gilt, wir werden mit dem Signal „Wir lassen niemanden alleine bei der Bewältigung der Schäden“ ein wertvolles Signal in das Land Niedersachsen senden. Wir werden uns mit dem Signal „Es wird mehr Vorsorge getroffen“ auch darauf einstellen, dass wir in Zukunft alle Herausforderungen, die auf uns zukommen, vernünftig bewältigen können.

Und wir vergewissern uns: In dem Moment, in dem alle Ebenen und viele Menschen gut miteinander zusammenarbeiten, sind wir in der Lage, auch eine solch besondere Herausforderung gut zu meistern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Herzlichen Dank, Herr Tonne. - Für die Fraktion der AfD hat sich der Abgeordnete Stephan Bothe zu Wort gemeldet. Herr Bothe, bitte!

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Verehrte Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch wir danken herzlich den Angehörigen der vielen Ortsfeuerwehren und des THW sowie den vielen freiwilligen Helfern für die geleistete Arbeit beim Weihnachtshochwasser.

(Beifall bei der AfD)

Es war eine grandiose Leistung des kommunalen Katastrophenschutzes, innerhalb von 24 Stunden 3 500 Helfer an die Deiche zu bekommen. Die über Generationen gewachsenen Strukturen der Freiwilligen Feuerwehren und anderen ehrenamtlichen Organisationen haben uns wieder einmal sturmfest für Krisensituationen gemacht. Noch mal herzlichen Dank an alle Hochwasserhelfer.

(Beifall bei der AfD)

Auch die Hochwasserschutzmaßnahmen des letzten und dieses Jahrhunderts haben ihre Funktionalität erfolgreich gezeigt und an vielen Stellen Schlimmeres verhindert. Dennoch, meine Damen und Herren, sind Häuser von Menschen von den Fluten betroffen gewesen. Hiermit möchten wir ihnen unsere vollste Solidarität zusichern.

Herr Ministerpräsident, eine Pflichtversicherung für Elementarschäden - wenn Sie sich ehrlich machen - wird es in naher Zukunft nicht geben, weil es überhaupt keine Versicherer gibt, die solche Risiken übernehmen. Nein, meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident: Niedersachsen muss unterstützen, und es darf dabei nicht bei willkürlichen Maßnahmen der Landesregierung bleiben. Wir brauchen hier nachhaltige, verlässliche Hilfesysteme für Betroffene in Zukunft. Niemand darf in solchen Situationen alleingelassen werden. Das zeichnet nämlich einen starken Staat aus.

Somit kommen wir zur Landesregierung und zu Ihnen, Herr Ministerpräsident. Dazu sagten Sie heute wenig. Wir begrüßen selbstverständlich den Willen der Landesregierung zur Beseitigung der Flutschäden für Kommunen und betroffene Bürger. Aber auch Sie müssen am Ende einräumen, dass im Bereich von Investitionen in den Katastrophen- und Zivilschutz Ihre Landesregierung leider zu spät aufgewacht ist. Die Abschaffung des Truppführerlehrgangs an den Landesfeuerwehrschulen war und ist hierfür ein klarer Beleg.

Aber auch die Vorgängerregierungen haben sich hier nicht mit Ruhm bekleckert. Herr Lechner, bitte erinnern Sie sich: Bis vorletztes Jahr saßen Sie auch auf der Regierungsbank.

(Beifall bei der AfD)

Es muss also nachgerüstet werden, insbesondere was Fahrzeuge, mobile Deiche und sonstige notwendige technische Ausstattung zur Bewältigung von Flut- und anderen möglichen Katastrophen angeht. Das Land steht hier in einer klaren Verantwortung zur Sicherstellung des Bevölkerungsschutzes.

Aber wir müssen auch über andere Dinge reden, Herr Ministerpräsident. Selbstverständlich ist es Ihre Aufgabe, vor Ort den Helfern Dank auszusprechen und den Menschen weitere Unterstützung zuzusichern. Das begrüßen wir. Aber dieser Alarmismus, mit dem Sie dort agiert haben und den Sie heute wiederholen - Ihr Fraktionsvorsitzender genauso -,

(Zuruf von der SPD)

lässt einen doch mit Kopfschütteln zurück. Sie sagen als Ministerpräsident vor Ort zu der Presse:

„Ein Hochwasser dieses Ausmaßes hat es hier bei uns zuvor nie gegeben. Experten warnen seit Langem davor, dass die immer häufigeren Wetterextreme mit dem Klimawandel zusammenhängen.“

Heute wiederholten Sie Ähnliches. Wenn Sie also als Ministerpräsident von Niedersachsen so etwas sagen, muss ich als gebürtiger Niedersachse und Parlamentarier drei Dinge feststellen:

Erstens. Die Hochwasserhistorie in Niedersachsen scheint Ihnen nicht bekannt zu sein, Herr Ministerpräsident. Wenn ich Sie einmal an die Elbehochwasser von 2002 oder 2006 oder an die Hochwasser 2013 an der Aller und der Weser erinnern darf: ähnliche Pegelstände, ähnliche Hochwasserlagen!

(Sebastian Zinke [SPD]: Es geht nicht nur um die Pegelstände! Das haben Sie nicht verstanden!)

Als ehemaliger Oberbürgermeister von Hannover sollten Sie sich auch mal mit der Hochwasserhistorie Ihrer eigenen Stadt beschäftigen. Ich spreche hier zum Beispiel von dem Hochwasser 1946, als fast die gesamte Innenstadt unter Wasser lag.

Zweitens. Es bleibt festzuhalten, dass bei aller Dramatik der Lage - die ist unwidersprochen - an 34 Pegelmessstellen an Aller, Weser und Leine laut Ihrer eigenen Behörde, des NLWKN, lediglich 4 Pegelstände auf einem Allzeithoch waren - 30 nicht! Somit fällt diese Behauptung des Jahrhunderthochwassers, die Sie aufgrund der von Ihnen herbeigeredeten Klimakatastrophe aufstellten, in den Bereich des Populismus und hilft der Debatte um einen erfolgreichen Hochwasserschutz in Niedersachsen mitnichten weiter!

(Beifall bei der AfD)

Im Gegenteil! CO2-Einsparungen werden uns ja auch nicht weiterhelfen.

Es gab keine Apokalypse, meine Damen und Herren, sondern vielmehr eine Lage, mit der Niedersachsen immer zu rechnen hat und in der Vergangenheit auch immer rechnen musste. Ihre Aufgabe als Ministerpräsident ist, alle Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu treffen, anstatt den Weltuntergang herbeizureden.

Drittens. Man gewinnt leider den Eindruck, dass Sie, Herr Ministerpräsident, eine Hochwasserlage ausnutzten, um hier weiter Ihre Klimapanik und Ihre

Klimaagenda zu verbreiten - wahrscheinlich auch, um weitere Werbung für Ihre Agenda für nicht wettbewerbsfähige Elektroautos, für noch weniger wettbewerbsfähigen grünen Stahl und für überflüssige Heizungsgesetze auf dem Rücken der betroffenen Menschen in den Hochwassergebieten zu betreiben.

(Beifall bei der AfD)

Ich persönlich finde alle diese drei Dinge besorgniserregend und halte sie an dieser Stelle eines Ministerpräsidenten für unwürdig, meine Damen und Herren.

Herr Ministerpräsident, es bleiben darüber hinaus viele Fragen offen. Herr Tonne, dann sprechen wir doch mal über das Wassermanagement der Harztalsperren und über die Rolle der Okertalsperre. Das ist nämlich keine Verschwörungstheorie. In der Antwort auf die von Ihnen schon zitierte Anfrage unserer Fraktion sagte das Fachministerium:

„Ein zunehmender Mehreinstau von Wasser im letzten Quartal des Jahres 2023 hat nicht stattgefunden.“

Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, das ist die Unwahrheit! Allen vorliegenden Daten nach kam es zu einem deutlichen Mehreinstau. Ende Dezember kam es dadurch zum Super-GAU. Der Füllstand der Harztalsperren lag bei 98,5 %. Einzelne Talsperren wie die Okertalsperre mussten deswegen unkontrolliert Wasser abgeben und verschärften somit die Hochwasserlage in Niedersachsen.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Nein! - Das ist Quatsch!)

- Das ist Fakt!

(Beifall bei der AfD)

Von einer wohldosierten Abgabe, wie Sie es heute sagten, kann ja wohl keine Rede sein.

Es bleibt auch die Frage - es ist das Recht der Opposition, das zu fragen, Herr Tonne -, ob es hier zu Fehleinschätzungen aufgrund der immer wiederkehrenden Dürrepanik auch dieses Ministers und dieser Landesregierung kam.