Außerdem bietet die App juristische Informationen sowie als zentrale Funktion ein Gewalttagebuch zur Protokollierung von Gewaltvorfällen zwecks Erleichterung der Beweisführung vor Gericht.
Die IMK hat auf Initiative von Niedersachsen und Berlin einstimmig beschlossen, dass genau diese App bisher als einzige den Sicherheitsanforderungen dieser sensiblen Daten gerecht wird und ihre Einführung ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung häuslicher Gewalt ist.
Sehr geehrte Abgeordnete, nun sind wir gefragt. Die App soll hier Stück für Stück landesweit eingeführt werden. Dazu soll ein niedersächsisches Projektbüro eingerichtet werden, damit sichere Kommunikationswege gewährleistet und lokale Beratungsstrukturen berücksichtigt werden können. Niedersachsen ist gerade als Flächenland besonders geeignet, weil die App besonders im ländlichen Raum, also da, wo Hilfsangebote im Allgemeinen weniger verbreitet sind als in der Stadt, ihre Vorteile ausspielen kann.
Sehr geehrte Abgeordnete, der zweite wichtige Teil unseres Antrags befasst sich mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung, umgangssprachlich:
elektronische Fußfessel. Kontakt- und Annäherungsverbote nach dem Gewaltschutzgesetz erweisen sich als zahnloser Tiger, wenn Täter ständig gegen diese verstoßen. Daher setzt Spanien bereits seit 2009 bei der Überwachung von Kontakt- und Annäherungsverboten auf ihren Einsatz. In den ersten zehn Jahren wurde im Rahmen des Programms keine einzige Frau getötet, und zwar entweder, weil
In mehreren Bundesländern ist der Einsatz einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Kontext häuslicher Gewalt möglich. In Niedersachsen besteht diese Möglichkeit im NPOG bisher nur im Kontext der Führungsaufsicht, was auch schon gut ist, oder terroristischer oder schwerer organisierter Straftaten.
Wir wollen aber mit unserem Antrag erreichen, dass die elektronische Fußfessel bundesweit eingeführt wird, weil eine Lösung auf Landesebene die schlechtere und kürzer greifende Lösung wäre. Ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Länderregelungen muss vermieden werden.
Daneben sehe ich aber auch genauso wie Frau Butter, dass sich die Lage in dieser Woche geändert hat. Deswegen haben wir genau so, auch vorausschauend, schon gesagt, dass wir hilfsweise auch auf Landesebene handeln wollen.
Die Justizminister*innenkonferenz hat den ehemaligen Bundesjustizminister schon 2023 gebeten, die Aufnahme der elektronischen Fußfessel in das Gewaltschutzgesetz aufzunehmen - bisher leider ohne Erfolg. Für den Fall, dass es dabei bleibt, finde ich es total wichtig, dass wir nicht länger warten, sondern handeln. Dass wir das hier in Niedersachsen tun, haben die Frauen verdient.
Ich bitte hier um Ihre wohlwollende Prüfung in den Ausschüssen und nehme gerne den Vorschlag mit auf - das finde ich total wichtig -, auch den Sozialausschuss mit zu berücksichtigen. Ich fände es allerdings besser, dass wir das im Innenausschuss beraten und die Mitglieder des Sozialausschusses dazu einladen - es gibt dafür ja mehrere Möglichkeiten -, und freue mich auf die Beratung.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sein der Ausschuss für Inneres und Sport und mitberatend der Sozialausschuss. Wer dem so zustimmen will, den - - -
(Birgit Butter [CDU]: Ja, aber Frau Kol- legin Camuz hat gesagt, es geht jetzt auch darum, dass wir schnell ins Han- deln kommen! Deswegen: Wenn die Kollegen des Sozialausschusses im Innenausschuss mit involviert sind, ziehe ich den Antrag auf Mitberatung zurück!)
- Okay. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das sind alle Fraktionen.
Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Unterstützung durch Klassenassistenzen im niedersächsischen Schulwesen verstärken - für einen inklusiven und effizienten Unterricht - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 19/5646
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Schulische Inklusion ist kein Bildungskonzept und sollte auch kein weit entferntes Ziel oder eine Ideologie sein. Nein, eigentlich sollte schulische Inklusion ein Versprechen sein, das wir unseren Kindern und Jugendlichen gegeben haben. Es darf aber kein leeres Versprechen sein! Es ist unsere Verantwortung, sich dafür starkzumachen, dass jedem Kind die bestmögliche Unterstützung geboten wird, um sein Potenzial auch voll ausschöpfen zu können.
Inklusion heißt, dass niemand ausgeschlossen wird, sondern gemäß seinen Stärken und Schwächen individuell gefördert und gefordert wird.
Das Deutsche Schulbarometer, eine repräsentative Umfrage der Robert-Bosch-Stiftung, hat allerdings gezeigt, dass sich viele Lehrerinnen und Lehrer mit der Umsetzung der Inklusion überfordert fühlen.
Auch in Niedersachsen hören wir das bei fast jedem Schulbesuch. Die Leidtragenden sind neben den Lehrkräften vor allen Dingen die Kinder und Jugendlichen, die es eigentlich verdient hätten, guten inklusiven Unterricht zu bekommen.
Wenn wir uns ein Lagebild über die Situation der schulischen Inklusion in Niedersachsen verschaffen, so hören wir aus allen Regionen und aus allen Schulformen, dass man an seine Grenzen stößt, dass vieles nicht so funktioniert, wie man es sich wünscht.
Wir alle miteinander sind unseren Lehrkräften und dem pädagogischen Personal in den Schulen zu großem Dank verpflichtet, weil sie das Bestmögliche herausholen, um es mit irgendwelchen Mitteln irgendwie möglich zu machen, dass inklusiver Unterricht stattfindet. Sie sagen uns aber auch, dass sie den eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden können, weil bestimmte Bedingungen nicht erfüllt sind.
Ich glaube, wir alle miteinander müssen bei der schulischen Inklusion besser werden. Lassen Sie mich das an drei Punkten festmachen:
Der erste Punkt sind die notwendigen, aber aktuell nicht ausreichenden Ressourcen für den inklusiven Bereich. Frau Ministerin Hamburg, leider passiert auch in Ihrer Regierungszeit nichts, um bei der Inklusion in der Schule besser zu werden. Die Lage wird immer dramatischer. Sie, Frau Ministerin, bleiben beim Thema Inklusion in unseren Schulen weit hinter den von Ihnen selbst gesetzten Ansprüchen zurück.
Zweitens. Auch das ist wichtig: Wir brauchen in diesem Land starke Förderschulen und vor allen Dingen auch Unterstützung für und Vertrauen in die Arbeit in unseren Förderschulen. Sie als Regierung haben allerdings bewiesen, dass Sie mit den Förderschulen nichts anfangen können. Das haben wir in den Debatten zur Abschaffung der Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen gemerkt.
Der dritte Punkt betrifft die Fragen der Konzepte und der Unterrichtsorganisation. Auch dazu dient der Antrag, den wir heute in den Landtag einbringen.
Das darin angesprochene Modell der Klassenassistenzen ist nichts Neues, sondern etwas, was in einigen Regionen an einigen Schulen in Teilen schon umgesetzt wird. Dieses Modell zeigt, dass Inklusion funktionieren kann, wenn man es richtig macht. Statt Schulbegleitungen, die jeweils nur in Bezug
auf ein einziges Kind organisiert sind und nur dessen Förderbedarf unterstützen, sind die Klassenassistenzen für alle Kinder in der Klasse zuständig. Sie arbeiten langfristig gemeinsam mit der Lehrkraft als Klassenteam in gemeinsamer Verantwortung und mit abgestimmten Aufgaben.
Eine Grundschule in Wesendorf im Landkreis Gifhorn hat das Modell der Klassenassistenzen mit einer wissenschaftlichen Begleitung schon länger untersucht und beeindruckende Ergebnisse geliefert: Durch den gezielten Einsatz von Klassenassistenten konnten die Unterrichtsqualität gesteigert und die soziale Integration verbessert werden, die Lernatmosphäre ebenfalls. Es ist ein Beweis dafür, dass eine zusätzliche Unterstützung für Lehrkräfte eine spürbare Entlastung bringt und gleichwohl das Wohl der Kinder und der Schülerinnen und Schüler fördert.
Damit die flächendeckende Einführung von Klassenassistenzen in Niedersachsen gelingen kann, braucht es Klarheit - rechtliche Klarheit, organisatorische Klarheit. Daher ist es wichtig, dass wir als Land Niedersachsen hier endlich eine verlässliche Grundlage schaffen. Eine rechtliche Absicherung der Klassenassistenzen in den Schulen ist entscheidend, damit wir auch langfristig mit diesen Fachkräften planen können und Inklusion endlich besser machen, als es aktuell der Fall ist.
Für die Kinder mit besonderen Bedürfnissen bedeutet das, dass sie nicht pausenlos eine alleinige Betreuung bekommen. Für die gesamte Klasse bedeutet das, dass weniger Unterrichtungsstörungen stattfinden und die Konzentrationsfähigkeit verbessert wird. Für die Lehrkräfte bedeutet es Entlastung, die es ihnen ermöglicht, ihre pädagogische Energie auf die Schülerinnen und Schüler zu konzentrieren, die individuelle Förderung zu intensivieren und gleichzeitig auch die Gruppendynamik im Blick zu haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Inklusion bedeutet mehr als die bloße Anwesenheit von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Bedürfnissen im Klassenzimmer. Sie bedeutet, dass alle Kinder unabhängig von ihrer individuellen Fähigkeit und sozialen Hintergründen gleichberechtigt am Unterricht teilhaben können. Das System der Klassenassistenzen - ich glaube, davon sind wir gemeinsam überzeugt - kann ein wesentlicher Baustein sein, um dieses Ziel zu erreichen.
Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, unseren Antrag im weiteren Verfahren mit großer Ernsthaftigkeit zu verfolgen. Vor einigen Monaten saßen wir auf einer Podiumsdiskussion beim Grundschulleiterverband. Frau Lansmann war dabei, Herr Mennen war dabei. Da ging es genau um dieses Thema. Am Ende stand eine Frage im Raum: Wenn wir uns doch politisch einig sind, warum setzen wir das dann nicht einfach um? - Auch dazu dient unser Antrag.
Ich freue mich, wenn wir hier auf Zustimmung stoßen und in einem konstruktiven Prozess an der Verbesserung der Inklusion in Niederachsen arbeiten und mit diesem Antrag einen Ansatz zu finden, wie das gelingen kann.
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Es geht um die Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen, die Förderbedarfe haben. Denen wird in Niedersachsen immer zu wenig eine Stimme gegeben. Das zu verändern, sollte unser gemeinsames Anliegen sein. Das Modell der Klassenassistenzen kann dafür ein erster Baustein sein.
Herzlichen Dank, Herr Fühner. - Die nächste Wortmeldung kommt aus der SPD-Fraktion. Frau Lansmann, bitte!
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor: Sie sind Klassenlehrerin oder Klassenlehrer einer zweiten Klasse mit 25 Schülerinnen und Schülern. Ein Kind wird unruhig und stört den Unterricht. Was machen Sie? - Sie werden vermutlich erst einmal versuchen, das Kind zu ermahnen, ruhiger zu sein. Aber nicht immer gelingt dies. Wenn Sie mit dem Kind vor die Tür gehen, lassen Sie Ihre Klasse unbeaufsichtigt. Schicken Sie das störende Kind nach mehrmaligen Ermahnungen heraus, ist dies unbeaufsichtigt. So oder so wird erst einmal der reguläre Unterricht unterbrochen.