Protokoll der Sitzung vom 27.02.2025

Der § 188 StGB muss in der jetzigen Form abgeschafft werden. Keine Sonderrechte für Politiker, meine Damen und Herren!

Abschließend zum Thema Hass im Netz. Hass ist weder gut noch schön. Aber es ist kein Verbrechen, und der Staat hat auch nicht das Recht, Emotionen zu kriminalisieren. Es ist nicht die Aufgabe der Regierung, die Gefühle ihrer Bürger zu regulieren. Und wenn sie es doch tut,

(Glocke der Präsidentin)

dann nutzt sie das Strafrecht nicht zum Schutz der Menschen, sondern missbraucht es zur Unterdrückung der Meinungsvielfalt im eigenen Land.

Zurück zur Freiheit, meine Damen und Herren! Beenden wir diesen Unsinn!

Zurück zum Ende der Rede, ja. Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der SPD: Und wieder mal verkackt! - Vol- ker Bajus [GRÜNE]: Oh, oh! Das war wohl nichts! - Gegenruf von Stephan Bothe [AfD]: So viel zur „freien Rede“ hier! - Gegenruf von Ulrich Watermann [SPD]: Der hat nicht frei gesprochen, sondern einfach ideologisch! - Doris Schröder-Köpf [SPD] geht zum Präsi- dium)

- Frau Schröder-Köpf, Kurzinterventionen sind nicht zugelassen.

(Doris Schröder-Köpf [SPD]: Ich weiß, aber eine persönliche Erklärung schon!)

Eine persönliche Bemerkung der Abgeordneten Schröder-Köpf lasse ich jetzt zu.

(Klaus Wichmann [AfD]: Normaler- weise kommt eine persönliche Bemer- kung erst im Nachgang! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Sehr geehrter Herr Kollege Bothe, Sie haben alle Politikerinnen und Politiker angesprochen, also auch mich. Deswegen möchte ich dazu auch etwas sagen.

Ich habe vernommen, dass eine Familie in der Region Hannover ein Transparent an ihrem Haus aufgehängt hat, auf dem stand: „Björn Höcke ist ein Nazi“. Dieses Transparent wurde in Kooperation mit der Polizei entfernt. Finden Sie, dass diese Familie dann auch das Recht hat, solch ein Transparent hängen zu lassen, auf dem das steht?

(Klaus Wichmann [AfD]: Das ist aber keine persönliche Erklärung!)

Frau Schröder-Köpf, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass das keine persönliche Bemerkung war, sondern eine Frage.

Wiederum zu einer persönlichen Bemerkung hat sich der Abgeordnete Stephan Bothe gemeldet. Bitte schön!

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal erklären, dass ich mich hier in meinen Abgeordnetenrechten eingeschränkt fühle.

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Oh! - Un- ruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich konnte meine Redezeit nicht nutzen. Ich war durch mehrfache Unterbrechungen in verschiedenen Bereichen nicht in der Lage, meine Redezeit zu nutzen.

(Wiard Siebels [SPD]: Das ist auch nicht Gegenstand einer persönlichen Bemerkung!)

Ich möchte auf die Kollegin Schröder-Köpf, die ja auch eine persönliche Bemerkung abgegeben hat, sagen: Frau Schröder-Kopf, Sie werden in dem HAZ-Artikel gelesen haben, dass ich mich dazu nicht geäußert habe. Wir leben in einem freien Land, und aus meiner Sicht müssen wir als Politiker diese Dinge aushalten. Mimosen haben in der Politik und im richtigen Leben noch nie was vorangebracht!

(Beifall bei der AfD)

Ich weise aus gegebenem Anlass noch einmal auf § 76 unserer Geschäftsordnung hin, wo es zu dem Thema persönliche Bemerkung heißt:

„Das Mitglied des Landtages darf in der persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen es gerichtet wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen.“

(Klaus Wichmann [AfD]: Nicht stellver- tretend!)

Wir fahren fort in der Beratung der Aktuellen Stunde. Für die Fraktion der SPD hat sich zu Wort gemeldet: der Abgeordnete Constantin Grosch.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuallererst sagen: Mimosen sollten sich vielleicht auch nicht darüber beschweren, dass sie zu wenig Redezeit haben.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und von Carina Hermann [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Aktuellen Stunde zeigt sich deutlich, wie Sie als Alternative zu Deutschland sich zum Spielball fremder Kräfte machen lassen.

Sie haben ja dankenswerterweise auf den Hintergrund der heutigen Aktuellen Stunde hingewiesen. Es sind Bemerkungen des US-amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance und natürlich auch seines

Kollegen Elon Musk, der nicht weit weg ist. Er schreibt:

„Menschen wegen Memes oder Beleidigung eines deutschen Politikers ins Gefängnis zu werfen, ist verrückt.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jeder, der sich ein wenig mit den Vereinigten Staaten auseinandersetzt, weiß, dass dort in Teilen der Bevölkerung eine maximal radikale Ansicht zu Meinungsäußerungen existiert. Insofern verwundert es überhaupt nicht, dass die gespielte Empörung des MAGA-Kults im Anblick der relevanten Handlungen - insbesondere, wenn man sich das Triumvirat um Trump, Musk und Vance anguckt - uns eigentlich relativ egal sein könnte - wenn nicht ein Ableger dieser Ideologie hier unter uns säße.

Die AfD präsentiert sich als Hüterin der Meinungsfreiheit, doch ihre Handlungen sprechen eine andere Sprache. Sie attackiert unabhängige Medien als „Systempresse“, unterstellt ihnen eine große Verschwörung gegen die Wahrheit und verunglimpft damit ein zentrales Element jeder freien Gesellschaft. Und ihr Heilsbringer Elon Musk justiert den Algorithmus seiner sozialen Medienplattform nach Gutsherrenart.

(Jens-Christoph Brockmann [AfD]: Der ist öffentlich!)

Der Philosoph John Stuart Mill schrieb in seinem Werk über die Freiheit: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie anfängt, die Freiheit eines anderen zu verletzen.“ Dieser Grundsatz, der die Balance zwischen individueller Freiheit und kollektivem Schutz einfängt, ist das Herzstück unserer demokratischen Grundordnung.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Wenn die Amerikaner nun Beleidigungen und Ehrverletzungen kultivieren wollen - bitte! Aber an Sie von ganz rechts außen: Hier bei uns in Deutschland haben wir eine lange gesellschaftspolitische Historie, die Beleidigungen, Aufhetzung und Ehrverletzung unter Strafe stellt. Schon das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 sah mehr als 150 entsprechende Tatbestände vor. Unsere heutige Verfassung ist ebenfalls unmissverständlich.

(Zuruf von der AfD)

- Sie lesen nicht so oft unsere Verfassung, das weiß ich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN - Klaus Wichmann [AfD]: Wieso zitieren Sie denn gerade das preußi- sche Landrecht? Das ist aus gutem Grund abgeschafft worden!)

In Artikel 5 setzt unser Grundgesetz ganz klare Grenzen, was die Meinungsäußerung angeht. Der Soziologe Émile Durkheim ergänzt diese Perspektive mit seiner Idee der moralischen Ordnung. Er argumentiert, dass eine Gesellschaft nur durch Institutionen und Regeln überleben kann, die das kollektive Wohl über die egoistischen Impulse des Einzelnen stellt. Ehrlicherweise wurde das heute Morgen schon ganz gut verdeutlicht.

Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet ist genau ein solches Instrument: ein Korrektiv in einer digitalen Welt, in der Hass sich mit exponentieller Geschwindigkeit verbreiten kann.

Was die AfD als Freiheit verteidigt, ist in Wahrheit eine selektive Freiheit - eine, die nur für sie selbst und ihre Anhänger gelten soll. Sobald andere diese Freiheit nutzen, um Widerspruch zu artikulieren, wird sie zur Bedrohung erklärt.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und von Carina Hermann [CDU])

Dieses Verhalten erinnert an die Warnung des Soziologen Max Weber, der darauf hinwies, dass Freiheit ohne Verantwortung in Anarchie oder Tyrannei mündet. Die AfD riskiert beides: eine Anarchie der Worte, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerfrisst, und eine Tyrannei der Lautesten, die jede abweichende Stimme zum Schweigen bringen will.

Die AfD behauptet, die Zentralstelle sei ein Werkzeug der Zensur, ein Angriff auf die freie Rede. Schauen wir uns das genau an! Im vergangenen Jahr führte die Zentralstelle knapp über 3 500 Ermittlungen durch, die in 500 Anklagen oder Strafbefehlen resultierten. Wissen Sie, wie viele Kommentare, Tweets, Bild- und Videopostings im selben Zeitraum von Bürgerinnen und Bürgern im Internet veröffentlicht wurden? Ich, ehrlich gesagt, auch nicht,

(Heiterkeit)

aber es werden Hunderte Millionen im Jahr gewesen sein. Und dann sollen 3 500 Ermittlungen regierungskritische Äußerungen unterbinden? Das meinen Sie doch nicht ernst!