aber es werden Hunderte Millionen im Jahr gewesen sein. Und dann sollen 3 500 Ermittlungen regierungskritische Äußerungen unterbinden? Das meinen Sie doch nicht ernst!
Anders, als Sie das darstellen, sind das keine willkürlichen Eingriffe, sondern präzise Maßnahmen gegen Straftaten, gegen Hass, der nicht nur Worte bleibt, sondern reale Schäden anrichtet:
Ich weiß sehr wohl, wie sich Beleidigungen, persönliche Angriffe und Mobbing anfühlen und was ihre Auswirkungen auf Betroffene sind, und zwar nicht erst, seit ich politisch in der Öffentlichkeit stehe. Hass bedroht, er isoliert, er zerstört, er macht einen handlungsunfähig und unsichtbar. Die Beispiele spare ich mir.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: In dieser Aktuellen Stunde ist von der AfD populistische Ideologie pur gezeigt worden. Denn selbst wenn man sich innerlich auf die Forderungen der AfD, nämlich die Abschaffung der Zentralstelle, einließe, so änderte das überhaupt gar nichts - nichts an den Straftatbeständen, nichts an der Notwendigkeit, dass das verfolgt werden muss, nichts daran, dass Mobbing in unserer Gesellschaft keine Zukunft haben darf.
Vielen Dank, Herr Grosch. - Für die Fraktion der CDU hat sich zu Wort gemeldet: der Abgeordnete Jens Nacke. Bitte schön!
„Wir sind stolz darauf, dass wir ein Land sind, in dem Meinungsfreiheit herrscht und in dem daher Kritik am Staat geübt werden kann.“
Als der ehemalige Bundespräsident Karl Carstens diesen Satz gesagt hat, hatte er ganz gewiss nicht die sozialen Medien oder Angebote im Internet im Auge. Gleichwohl gilt diese Feststellung bis in die heutige Zeit.
Andererseits gilt damals wie heute, dass sich der Meinungsaustausch an Regeln halten muss. Und da sind aus meiner Sicht vier Punkte besonders zu beachten.
Erstens. Das Strafrecht gilt auch im Internet. Wer wie die AfD die Abschaffung der erst in der letzten Wahlperiode unter CDU-Führung eingeführten Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität fordert, der fordert in Wirklichkeit die Straffreiheit von Hass und Hetze. Dann sollte man das allerdings auch so sagen.
Natürlich befinden wir uns an dieser Stelle in einem Dilemma. Politische Mandatsträger dürfen für sich in Anspruch nehmen, für das Volk zu sprechen und zu entscheiden. Das ist ein besonderes Privileg. Mit diesem Privileg werden wir aber gleichzeitig zu den Repräsentanten des Staates und zum Adressaten der Kritik, von der Karl Carstens gesprochen hat.
Politische Verantwortungsträger dürfen daher nicht zimperlich sein. Wer regelmäßig diesen Plenarsaal verlässt, weil er oder sie sich nicht in der Lage sieht, die Meinung der anderen anzuhören, ist hier falsch.
Aber niemand von uns ist Freiwild. Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung sind auch in den sozialen Medien strafbar und müssen verfolgt und geahndet werden. Wenn Sie das ändern wollen, dann sagen Sie das auch klar heraus.
Dieser Satz des 2003 verstorbenen amerikanischen Politikers und Soziologen Daniel Patrick Moynihan war ebenfalls nicht auf das Netz bezogen, macht die Problemlage aber sehr deutlich.
Da bleibt die Frage, ob die Behauptung falscher Fakten strafbar sein darf. Die Antwort lautet eher nein. Das kann aber natürlich nicht gelten, wenn aus der falschen Darstellung von Fakten oder einer Darstellung der eigenen Meinung die Aufforderung entsteht, die Menschen zu kriminellem Verhalten aufzurufen. Die öffentliche Aufforderung zu Straftaten und die Volksverhetzung sind auch in sozialen Medien strafbar und müssen verfolgt und geahndet werden. Wenn Sie das ändern wollen, dann sagen Sie auch das hier klar heraus.
Drittens. Der Staat muss sich gegen seine Feinde zur Wehr setzen. Wer dazu auffordert, diesen Staat zu überwinden und sich einen Führerstaat oder ein
Kalifat wünscht, wer eine anarchische oder kommunistische Staatsform anstrebt, wird von uns beobachtet und bekämpft. Wenn die AfD eine Abschaffung von staatsanwaltschaftlichen Einrichtungen oder, wie an anderer Stelle, des Verfassungsschutzes fordert, dann hängt das wohl damit zusammen, dass Sie Ihr Verhältnis zu verfassungsfeindlichen Positionen aus dem rechtsextremen Spektrum nicht geklärt haben und in Ihren Reihen zulassen.
Viertens. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte und stehen unter einem besonderen staatlichen Schutz - und dieser wird auch gewährleistet. Die Behauptung, diese Freiheiten würden von staatlichen Einrichtungen eingeschränkt, ist ein wiederkehrendes Stilmittel populistischer Parteien. Es soll dazu dienen, die Demokratie zu delegitimieren und zu destabilisieren. Meine Damen und Herren, die weinerliche Rede von Herrn Bothe ist dafür ein Beispiel.
Ich möchte daher schließen mit einem Zitat aus einem lesenswerten Artikel des freien Journalisten Hannes Stein aus der Welt vom 15. September 2020. Es lautet:
„Jene, die in der liberalen Demokratie am lautesten kläffen, ihre Meinungsfreiheit werde eingeschränkt, wären in einer Diktatur die stillsten und geducktesten Bürger.“
„Leute, die wirklich Repressalien zu befürchten haben, Leute, die etwas riskieren, wenn sie auf die Straße gehen und ihren Herrschern die Stirn bieten, sind nicht weinerlich - das können sie sich gar nicht leisten -, sondern kämpferisch. Die Weinerlichkeit ist die bleiche Schwester der Brutalität.“
Vielen Dank, Herr Nacke. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich zu Wort gemeldet: die Abgeordnete Evrim Camuz. Frau Camuz, bitte!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Vielen Dank für die Rede. Umso mehr würde ich mich freuen, wenn die CDU auch im Bundestag diese starken Stimmen - zum Beispiel die „Omas gegen Rechts“, die tagtäglich auf die Straße gehen und sich für den Rechtsstaat und den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft einsetzen - unterstützen und nicht einschränken würde.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Laut der Studie „Hass in der Stadt“ des LKA Niedersachsen gab es von 2012 bis 2022, also in zehn Jahren, 7 837 Fälle von Hasskriminalität, vor allem leider mit fremdenfeindlichem, antisemitischem, ausländerfeindlichem oder rassistischem Hintergrund. Besonders hoch bezüglich der Betroffenheit war der Anteil unter jüdischen Menschen mit 58,8 % und Menschen mit queerer Geschlechtsidentität. Das hat nichts mit staatlicher Verfolgung von regierungskritischen Meinungen zu tun, Herr Bothe, sondern mit der Ahndung von Hass und Hetze, und das ist richtig so.
Das Problem ist also riesig, und deshalb müssen Straftaten im Zusammenhang mit digitalem Hass konsequent verfolgt und die Täter*innen bestraft werden. Damit das gelingt, hat unsere Landesregierung die Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Hass und Hetze im Internet bei der Staatsanwaltschaft Göttingen eingerichtet und bereits personell massiv verstärkt. Durch das eigene Meldeportal unter hassanzeigen.de - - -
Frau Camuz, Sie haben gesagt, Sie haben die unter Rot-Grün eingerichtet. Ist Ihnen bekannt, dass die